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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.

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Achtes Buch.
ge seumeten/ und ich mich in der Lufft nicht umsehen kunte. Die erste Nacht hatten wir un-
ser Lager in einem dicken Gesträuche/ daselbst speiseten sie/ und teileten mir reichlich mit/
zeigeten mir auch an/ ich müste mit ihnen/ und könte vielleicht noch zur täglichen Hausar-
beit wieder angewehnet werden; wogegen ich nicht das allergeringste sagen durffte/ und
baht sie nur/ sie möchten mir erläuben/ diese Nacht zwischen ihnen ein wenig umherzuge-
hen/ daß meine erstarreten Glieder wieder gelenk würden; welches ich nicht allein erhielt/
sondern weil ein Wund Arzt bey ihnen wahr/ schmierete mich derselbe an den Gelenken und
am Rücken/ gab mir auch Oel/ damit ich mich am ganzen Leibe bestreichen muste/ welches
mir grosse Hülffe taht/ so daß ich am dritten Tage etliche Stunden aneinander mit fort-
hinken kunte/ welches mir die höchste Freude wahr/ ob wol der Rükgrad mir nicht wieder
gerade werden wolte/ wie er dann wol biß an mein Ende mich der Gedächtniß meines E-
lendes erinnern wird. Ich scheuhete mich/ einiges Lösegeldes gegen sie zugedenken/ und ge-
lebete der tröstlichen Hoffnung/ wann ich bey einem Herrn in Dienst getreten währe/ wol-
te ich meine Freyheit desto besser zu werk richten/ ward aber heßlich betrogen/ weil durch
ganz Pannonien bey Leib- und Lebensstraffe gebohten ward/ keinen Böhmischen Leibeigenen
oder Gefangenen loßzugeben/ oder umbs Geld sich lösen zulassen/ wie dann gegenwärtiger
König/ Herr Mnata bezeugen wird. Bey Teilung der Beute/ ward ich einem verwägenen
Menschen zugeloset/ der aus Spot fragete/ was er mit dem alten Krüppel vor Vogel fahen
solte/ der nirgend besser/ als auff der Schindgrube läge; trat auch mit dem Worte zu mir
ein/ und wolte mich mit einer schweren Hacke niderschlagen; aber der mich aus dem Loche
gezogen hatte/ wehrete ihm/ und erlegete vor mich den dritten Teil einer Krone; So teur
ward der Böhmische König dazumahl geschätzet/ und auff seinem eigenen Grund und
Boden verkaufft. Ich bedankete mich gegen meinen Käuffer höchlich/ versprach alle mög-
liche Arbeit gerne zuverrichten/ und mit gar geringer Speise vorlieb zunehmen. O mein
herzgeliebeter Herr und Gemahl/ fing hieselbst die alte Königin an zuruffen; ich bitte durch
Gott/ Eure Liebe wolle mein Herz nicht weiter mit Erzählung dieses gar zu grossen Jam-
mers quählen/ sondern vielmehr gedenken/ daß der heutige Tag zur sonderlichen Ergetzung
des Frauenzimmers bestimmet ist/ daß wir demnach ihn nicht gar mit heulen und weinen
zum Ende bringen mögen/ und lasset uns vielmehr Gottes Barmherzigkeit danken/ durch
welche Eure Liebe wunderlich errettet ist; solte aber noch etwas zuerzählen übrig feyn/
kan solches auff bequemere Gelegenheit verschoben werden. Das sämtliche Frauenzim-
mer halff mit bitten/ daher der König seiner Rede die Endschafft gab/ weil er ohndas sahe
und wuste/ daß kein einiger Mensch an seiner warhafftigen Gegenwart Zweifel trug. Die
Gefangenen wurden in Leches/ Neda und Gallus beywesen/ jeder absonderlich sehr scharff
befraget/ da der Sohn bald anfangs alles willig bekennete/ und umb einen gnädigen Tod
anhielt; der Vater aber gar hart gefoltert ward/ welches er beständig erlitte/ unter der Hof-
nung/ hiedurch das Leben einzubüssen; als er aber die hefftige Pein länger nicht erdulden
kunte/ begehrete er Erlassung/ und daß er alles aussagen wolte; wie er solches auch umb-
ständlich vorbrachte/ insonderheit/ daß er selbst gegen das wunder-schöne Fräulein sich
hefftig verliebet befunden/ und ihr hin und wieder auff dem Gejägde/ und wann sie ausge-
ritten währe/ nachgetrachtet hätte/ wiewol allemahl vergebens/ so dz er mit Händen greif-

fen

Achtes Buch.
ge ſeumeten/ und ich mich in der Lufft nicht umſehen kunte. Die erſte Nacht hatten wir un-
ſer Lager in einem dicken Geſtraͤuche/ daſelbſt ſpeiſeten ſie/ und teileten mir reichlich mit/
zeigeten mir auch an/ ich muͤſte mit ihnen/ und koͤnte vielleicht noch zur taͤglichen Hausar-
beit wieder angewehnet werden; wogegen ich nicht das allergeringſte ſagen durffte/ und
baht ſie nur/ ſie moͤchten mir erlaͤuben/ dieſe Nacht zwiſchen ihnen ein wenig umherzuge-
hen/ daß meine erſtarreten Glieder wieder gelenk wuͤrden; welches ich nicht allein erhielt/
ſondern weil ein Wund Arzt bey ihnen wahr/ ſchmierete mich derſelbe an den Gelenken uñ
am Ruͤcken/ gab mir auch Oel/ damit ich mich am ganzen Leibe beſtreichen muſte/ welches
mir groſſe Huͤlffe taht/ ſo daß ich am dritten Tage etliche Stunden aneinander mit fort-
hinken kunte/ welches mir die hoͤchſte Freude wahr/ ob wol der Ruͤkgrad mir nicht wieder
gerade werden wolte/ wie er dann wol biß an mein Ende mich der Gedaͤchtniß meines E-
lendes erinnern wird. Ich ſcheuhete mich/ einiges Loͤſegeldes gegen ſie zugedenken/ und ge-
lebete der troͤſtlichen Hoffnung/ wann ich bey einem Herrn in Dienſt getreten waͤhre/ wol-
te ich meine Freyheit deſto beſſer zu werk richten/ ward aber heßlich betrogen/ weil durch
ganz Pannonien bey Leib- und Lebensſtraffe gebohten ward/ keinen Boͤhmiſchen Leibeigenẽ
oder Gefangenen loßzugeben/ oder umbs Geld ſich loͤſen zulaſſen/ wie dann gegenwaͤrtiger
Koͤnig/ Herr Mnata bezeugen wird. Bey Teilung der Beute/ ward ich einem verwaͤgenẽ
Menſchen zugeloſet/ der aus Spot fragete/ was er mit dem alten Kruͤppel vor Vogel fahẽ
ſolte/ der nirgend beſſer/ als auff der Schindgrube laͤge; trat auch mit dem Worte zu mir
ein/ und wolte mich mit einer ſchweren Hacke niderſchlagen; aber der mich aus dem Loche
gezogen hatte/ wehrete ihm/ und erlegete vor mich den dritten Teil einer Krone; So teur
ward der Boͤhmiſche Koͤnig dazumahl geſchaͤtzet/ und auff ſeinem eigenen Grund und
Boden verkaufft. Ich bedankete mich gegen meinẽ Kaͤuffer hoͤchlich/ verſprach alle moͤg-
liche Arbeit gerne zuverrichten/ und mit gar geringer Speiſe vorlieb zunehmen. O mein
herzgeliebeter Herr und Gemahl/ fing hieſelbſt die alte Koͤnigin an zuruffen; ich bitte durch
Gott/ Eure Liebe wolle mein Herz nicht weiter mit Erzaͤhlung dieſes gar zu groſſen Jam-
mers quaͤhlen/ ſondern vielmehr gedenken/ daß der heutige Tag zur ſonderlichen Ergetzung
des Frauenzimmers beſtimmet iſt/ daß wir demnach ihn nicht gar mit heulen und weinen
zum Ende bringen moͤgen/ und laſſet uns vielmehr Gottes Barmherzigkeit danken/ durch
welche Eure Liebe wunderlich errettet iſt; ſolte aber noch etwas zuerzaͤhlen uͤbrig feyn/
kan ſolches auff bequemere Gelegenheit verſchoben werden. Das ſaͤmtliche Frauenzim-
mer halff mit bitten/ daher der Koͤnig ſeiner Rede die Endſchafft gab/ weil er ohndas ſahe
und wuſte/ daß kein einiger Menſch an ſeiner warhafftigen Gegenwart Zweifel trug. Die
Gefangenen wurden in Leches/ Neda und Gallus beyweſen/ jeder abſonderlich ſehr ſcharff
befraget/ da der Sohn bald anfangs alles willig bekennete/ und umb einen gnaͤdigen Tod
anhielt; der Vater aber gar hart gefoltert ward/ welches er beſtaͤndig erlitte/ unter der Hof-
nung/ hiedurch das Leben einzubuͤſſen; als er aber die hefftige Pein laͤnger nicht erdulden
kunte/ begehrete er Erlaſſung/ und daß er alles ausſagen wolte; wie er ſolches auch umb-
ſtaͤndlich vorbrachte/ inſonderheit/ daß er ſelbſt gegen das wunder-ſchoͤne Fraͤulein ſich
hefftig verliebet befunden/ und ihr hin und wieder auff dem Gejaͤgde/ und wann ſie ausge-
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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 900. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/906>, abgerufen am 23.11.2024.