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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.

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Siebendes Buch.
müht noch etwas besser prüfen/ und begehrete/ daß ein gar ungestaltes Mensch in ihrem
Sudelkleide (dann sie wahr in der Gesindes-Küche Schüsselwäscherin) nach dem Ge-
richte gehen/ und/ noch ehe Wolffgang die Gnade brachte/ dem Richter Leches vortragen
muste/ sie hätte bey Königin Valiska gleich jetzo bitlich erhalten/ daß man ihr diesen verur-
teileten jungen Mann allergnädigst zum Ehegatten geben/ und ihm Leben und Freyheit
schenken möchte/ da sie bereit währe/ mit ihm in das Elende sich hinschicken zulassen/ und
sie sich mit einander wol ernähren wolten. Leches enderte darauff die Urtel alsbald/ und
schenkete ihm unter dieser Bedingung das Leben. Er aber trat hin zu der heßlichen Dirne/
und nachdem er sie wol beschauet hatte/ ließ er einen tieffen Seuffzen aus dem innersten
seines Herzen gehen/ und sagte zu ihr: Gutes Mensch/ was hastu von mir je gutes em-
pfangen/ daß du dich mein so träulich annehmen/ und mich vom Tode erlösen wilt? Zohe
hierauff 6 Kronen heraus/ sprechend: Dieses hatte ich dem Nachrichter zur Verehrung
ganz zugedacht/ wil es aber teilen/ und euch die Helffte schenken/ mit Bitte/ solches vor eu-
ren guten Willen vor lieb zunehmen; reichete ihr solches dar/ und fing zu dem Richter also
an: Ob zwar kein Ding in der ganzen Welt einem Menschen angenehmer seyn kan/ als
das Leben/ und mannicher/ dasselbe zuerretten/ wol eine Verheissung tuhn würde/ die er zu
halten nicht gemeinet währe; so ist doch nunmehr/ Gott Lob/ mein unbewäglicher Sinn
und Vorsaz/ entweder ehrlich und redlich zu leben und handeln/ oder bald zu sterben; und
weil ich sehe und merke/ daß zu diesem guten frommen Mädchen ich ein solches Herz nicht
tragen kan/ daß ich ihr geträu bliebe/ wil ich immerhin sterben/ damit ich nicht veranlasset
werde/ auffs neue zu sündigen. Wie so? fing die Dirne an; warumb woltet ihr nicht lieber
euch mit mir verehlichen/ als unter des Büttels Hand einen so abscheulichen Tod leiden?
ich bin ja/ ohn ruhm zu melden/ noch Mensch gnug/ und ärgert euch nicht an diesem mei-
nen schmutzigen Kittel/ mit welchem ich aus der Küche von meiner arbeit hergelauffen bin/
ich habe noch andere säuberliche Kleider/ meinem Stande gemäß/ und über die hundert
Gulden durch meine saure arbeit verdienet/ die wil ich euch geben/ und werde ich in meinen
Feirkleidern euch schon besser gefallen. Ach mein gutes Mädchen/ antwortete er/ seid ge-
behten/ und bekümmert euch ferner nicht umb meinen Tod/ welchen ich wol verschuldet ha-
be; danket auch dem Himmel/ daß ich nicht ein solcher bin/ der aus begierde des Lebens/ euch
zu äffen bedacht währe/ und euch hernach im elende wolte sitzen lassen; die Götter werden
euch schon denselben zum Manne bescheren/ den sie euch ausersehen haben. Wolfgang
kam gleich darzu/ umb zuvernehmen wessen er sich erkläret hätte; da die Dirne Reicharten
diese Antwort gab. Mein Liebster/ wisset ihr dann nicht/ daß man euch mit dem Rade alle
eure Knochen entzwey stossen sol! O wie werdet ihr es bereuen/ daß ihr diese meine Liebe
ausgeschlagen habet/ wann euch nun der erste Stoß gegeben wird/ und gedenket nur nicht/
daß ich euch alsdann loß bitten werde. Ihr sollet/ gute Freundin aller dieser Ansprache von
mir wol enthoben seyn/ sagte Reichard/ die Götter nehmen euch in ihren Schuz. Kehrete
sich nach Wolfgang/ und sagete: Mein Freund/ habt ihr mir die Gnade der beerdigung
erhalten? Ja/ sagte er/ dieselbe ist euch ganz richtig erteilet/ aber ihr werdet vernommen ha-
ben/ daß diese gute Dirne euch viel eine grössere/ nehmlich/ Leben und Freiheit erbehten hat.
Nein/ mein Wolfgang sagte er/ ich wil nun gerne sterben/ damit ich nicht an diesem from-

men

Siebendes Buch.
muͤht noch etwas beſſer pruͤfen/ und begehrete/ daß ein gar ungeſtaltes Menſch in ihrem
Sudelkleide (dann ſie wahr in der Geſindes-Kuͤche Schuͤſſelwaͤſcherin) nach dem Ge-
richte gehen/ und/ noch ehe Wolffgang die Gnade brachte/ dem Richter Leches vortragen
muſte/ ſie haͤtte bey Koͤnigin Valiſka gleich jetzo bitlich erhalten/ daß man ihr dieſen verur-
teileten jungen Mann allergnaͤdigſt zum Ehegatten geben/ und ihm Leben und Freyheit
ſchenken moͤchte/ da ſie bereit waͤhre/ mit ihm in das Elende ſich hinſchicken zulaſſen/ und
ſie ſich mit einander wol ernaͤhren wolten. Leches enderte darauff die Urtel alsbald/ und
ſchenkete ihm unter dieſer Bedingung das Leben. Er aber trat hin zu der heßlichen Dirne/
und nachdem er ſie wol beſchauet hatte/ ließ er einen tieffen Seuffzen aus dem innerſten
ſeines Herzen gehen/ und ſagte zu ihr: Gutes Menſch/ was haſtu von mir je gutes em-
pfangen/ daß du dich mein ſo traͤulich annehmen/ und mich vom Tode erloͤſen wilt? Zohe
hierauff 6 Kronen heraus/ ſprechend: Dieſes hatte ich dem Nachrichter zur Verehrung
ganz zugedacht/ wil es aber teilen/ und euch die Helffte ſchenken/ mit Bitte/ ſolches vor eu-
ren guten Willen vor lieb zunehmen; reichete ihr ſolches dar/ und fing zu dem Richter alſo
an: Ob zwar kein Ding in der ganzen Welt einem Menſchen angenehmer ſeyn kan/ als
das Leben/ und mannicher/ daſſelbe zuerretten/ wol eine Verheiſſung tuhn wuͤrde/ die er zu
halten nicht gemeinet waͤhre; ſo iſt doch nunmehr/ Gott Lob/ mein unbewaͤglicher Sinn
und Vorſaz/ entweder ehrlich und redlich zu leben und handeln/ oder bald zu ſterben; und
weil ich ſehe und merke/ daß zu dieſem guten frommen Maͤdchen ich ein ſolches Herz nicht
tragen kan/ daß ich ihr getraͤu bliebe/ wil ich immerhin ſterben/ damit ich nicht veranlaſſet
werde/ auffs neue zu ſuͤndigen. Wie ſo? fing die Dirne an; warumb woltet ihr nicht liebeꝛ
euch mit mir verehlichen/ als unter des Buͤttels Hand einen ſo abſcheulichen Tod leiden?
ich bin ja/ ohn ruhm zu melden/ noch Menſch gnug/ und aͤrgert euch nicht an dieſem mei-
nen ſchmutzigen Kittel/ mit welchem ich aus der Kuͤche von meiner arbeit hergelauffen bin/
ich habe noch andere ſaͤuberliche Kleider/ meinem Stande gemaͤß/ und uͤber die hundert
Gulden durch meine ſaure arbeit verdienet/ die wil ich euch geben/ uñ werde ich in meinen
Feirkleidern euch ſchon beſſer gefallen. Ach mein gutes Maͤdchen/ antwortete er/ ſeid ge-
behten/ und bekuͤmmert euch ferner nicht umb meinen Tod/ welchen ich wol veꝛſchuldet ha-
be; danket auch dem Him̃el/ daß ich nicht ein ſolcher bin/ der aus begierde des Lebens/ euch
zu aͤffen bedacht waͤhre/ und euch hernach im elende wolte ſitzen laſſen; die Goͤtter werden
euch ſchon denſelben zum Manne beſcheren/ den ſie euch auserſehen haben. Wolfgang
kam gleich darzu/ umb zuvernehmen weſſen er ſich erklaͤret haͤtte; da die Dirne Reichartẽ
dieſe Antwort gab. Mein Liebſter/ wiſſet ihr dann nicht/ daß man euch mit dem Rade alle
eure Knochen entzwey ſtoſſen ſol! O wie werdet ihr es bereuen/ daß ihr dieſe meine Liebe
ausgeſchlagen habet/ wann euch nun der erſte Stoß gegeben wird/ und gedenket nur nicht/
daß ich euch alsdañ loß bitten werde. Ihr ſollet/ gute Freundin aller dieſer Anſprache von
mir wol enthoben ſeyn/ ſagte Reichard/ die Goͤtter nehmen euch in ihren Schuz. Kehrete
ſich nach Wolfgang/ und ſagete: Mein Freund/ habt ihr mir die Gnade der beerdigung
erhalten? Ja/ ſagte er/ dieſelbe iſt euch ganz richtig erteilet/ aber ihr werdet vernommen ha-
ben/ daß dieſe gute Dirne euch viel eine groͤſſere/ nehmlich/ Leben und Freiheit erbehten hat.
Nein/ mein Wolfgang ſagte er/ ich wil nun gerne ſterben/ damit ich nicht an dieſem from-

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[702/0708] Siebendes Buch. muͤht noch etwas beſſer pruͤfen/ und begehrete/ daß ein gar ungeſtaltes Menſch in ihrem Sudelkleide (dann ſie wahr in der Geſindes-Kuͤche Schuͤſſelwaͤſcherin) nach dem Ge- richte gehen/ und/ noch ehe Wolffgang die Gnade brachte/ dem Richter Leches vortragen muſte/ ſie haͤtte bey Koͤnigin Valiſka gleich jetzo bitlich erhalten/ daß man ihr dieſen verur- teileten jungen Mann allergnaͤdigſt zum Ehegatten geben/ und ihm Leben und Freyheit ſchenken moͤchte/ da ſie bereit waͤhre/ mit ihm in das Elende ſich hinſchicken zulaſſen/ und ſie ſich mit einander wol ernaͤhren wolten. Leches enderte darauff die Urtel alsbald/ und ſchenkete ihm unter dieſer Bedingung das Leben. Er aber trat hin zu der heßlichen Dirne/ und nachdem er ſie wol beſchauet hatte/ ließ er einen tieffen Seuffzen aus dem innerſten ſeines Herzen gehen/ und ſagte zu ihr: Gutes Menſch/ was haſtu von mir je gutes em- pfangen/ daß du dich mein ſo traͤulich annehmen/ und mich vom Tode erloͤſen wilt? Zohe hierauff 6 Kronen heraus/ ſprechend: Dieſes hatte ich dem Nachrichter zur Verehrung ganz zugedacht/ wil es aber teilen/ und euch die Helffte ſchenken/ mit Bitte/ ſolches vor eu- ren guten Willen vor lieb zunehmen; reichete ihr ſolches dar/ und fing zu dem Richter alſo an: Ob zwar kein Ding in der ganzen Welt einem Menſchen angenehmer ſeyn kan/ als das Leben/ und mannicher/ daſſelbe zuerretten/ wol eine Verheiſſung tuhn wuͤrde/ die er zu halten nicht gemeinet waͤhre; ſo iſt doch nunmehr/ Gott Lob/ mein unbewaͤglicher Sinn und Vorſaz/ entweder ehrlich und redlich zu leben und handeln/ oder bald zu ſterben; und weil ich ſehe und merke/ daß zu dieſem guten frommen Maͤdchen ich ein ſolches Herz nicht tragen kan/ daß ich ihr getraͤu bliebe/ wil ich immerhin ſterben/ damit ich nicht veranlaſſet werde/ auffs neue zu ſuͤndigen. Wie ſo? fing die Dirne an; warumb woltet ihr nicht liebeꝛ euch mit mir verehlichen/ als unter des Buͤttels Hand einen ſo abſcheulichen Tod leiden? ich bin ja/ ohn ruhm zu melden/ noch Menſch gnug/ und aͤrgert euch nicht an dieſem mei- nen ſchmutzigen Kittel/ mit welchem ich aus der Kuͤche von meiner arbeit hergelauffen bin/ ich habe noch andere ſaͤuberliche Kleider/ meinem Stande gemaͤß/ und uͤber die hundert Gulden durch meine ſaure arbeit verdienet/ die wil ich euch geben/ uñ werde ich in meinen Feirkleidern euch ſchon beſſer gefallen. Ach mein gutes Maͤdchen/ antwortete er/ ſeid ge- behten/ und bekuͤmmert euch ferner nicht umb meinen Tod/ welchen ich wol veꝛſchuldet ha- be; danket auch dem Him̃el/ daß ich nicht ein ſolcher bin/ der aus begierde des Lebens/ euch zu aͤffen bedacht waͤhre/ und euch hernach im elende wolte ſitzen laſſen; die Goͤtter werden euch ſchon denſelben zum Manne beſcheren/ den ſie euch auserſehen haben. Wolfgang kam gleich darzu/ umb zuvernehmen weſſen er ſich erklaͤret haͤtte; da die Dirne Reichartẽ dieſe Antwort gab. Mein Liebſter/ wiſſet ihr dann nicht/ daß man euch mit dem Rade alle eure Knochen entzwey ſtoſſen ſol! O wie werdet ihr es bereuen/ daß ihr dieſe meine Liebe ausgeſchlagen habet/ wann euch nun der erſte Stoß gegeben wird/ und gedenket nur nicht/ daß ich euch alsdañ loß bitten werde. Ihr ſollet/ gute Freundin aller dieſer Anſprache von mir wol enthoben ſeyn/ ſagte Reichard/ die Goͤtter nehmen euch in ihren Schuz. Kehrete ſich nach Wolfgang/ und ſagete: Mein Freund/ habt ihr mir die Gnade der beerdigung erhalten? Ja/ ſagte er/ dieſelbe iſt euch ganz richtig erteilet/ aber ihr werdet vernommen ha- ben/ daß dieſe gute Dirne euch viel eine groͤſſere/ nehmlich/ Leben und Freiheit erbehten hat. Nein/ mein Wolfgang ſagte er/ ich wil nun gerne ſterben/ damit ich nicht an dieſem from- men

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 702. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/708>, abgerufen am 23.11.2024.