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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.

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Siebendes Buch.
seinen Gliedern/ daß er sich hätte erheben mögen; endlich richtete er sich langsam in die hö-
he/ sahe sie starre an/ und geschwand ihm zum andernmahl/ daß er nidersank/ sie auch an-
ders nicht meineten/ er würde gar verschieden seyn; sein Jäger welcher Zariaspes Sysi-
gamben Sohn wahr/ hatte nicht weit davon eine Flasche mit Wein stehen/ welche er herzu
hohlete/ und das Fräulein ihn damit erquickete/ da sie zugleich zu ihm sagete: Wie ist ihm
nun/ Fürst Arbianes/ wil mein Vertraueter nach überstandenem Elende es noch schlimmer
machen/ als im anfang auff dem Heu? lasset uns doch nach dem Leide die Trähnen abwi-
schen/ und nach dem Elende das Trauren einstellen/ damit wir nicht selbst diesen Tag zum
verworffenen machen/ welchen uns Gott zur ergetzung gegeben hat. Er schlug die Augen
wieder auff/ und sagete: Ach du gnadenreicher Heyland/ du Helffer aller die auff dich trauen;
lebet das allerfrömmeste und tugendreicheste Fräulein der Welt noch? ja lebet sie dem biß-
her elenden Betler Arbianes noch zu Trost und beständiger Träue? Schweiget/ mein al-
lerliebstes Herz/ sagete sie/ und schändet euch selber nicht; ihr wisset ja besser als ich/ daß wir
geduldig mit alle dem müssen friedlich seyn/ was von Gott uns zukomt. Er richtete sich
hiemit auff/ und gab zur Antwort: Dir sey dank HErr in ewigkeit/ daß du diesem König-
lichen Fräulein mit so reichem Trost-Geiste in ihrer Noht beygestanden bist/ und ihr ver-
trauen auff deine Hülffe so fest erhalten hast. Sie aber nam ihn bey der Hand und führete
ihn nach der Gutsche/ da die Anwesenden nicht anders meineten/ sie hätte ihren Wiz ver-
lohren/ oder dieser Betler hätte sie bezaubert/ daß sie dergestalt sich gegen ihn bezeigete. Ar-
bianes wegerte sich anfangs/ ihr zu folgen/ und taht den Vorschlag/ ihre Liebe möchten im
Nahmen Gottes nach der Stad fahren/ dieser sein Diener solte geschwinde hinreiten/ und
ihm gebührliche Kleider samt seinem Leibwagen heraus hohlen/ daß er ihr wirdig folgen
könte. Aber sie wolte durchaus nicht von ihm weichen. Was? sagte sie/ solte ich meinen
hochwerten Fürsten umb seines Betler-kleides willen verlassen/ welches er bloß meinetwe-
gen angelegt und getragen hat? Eure Liebe lasse den Diener in Gottes Nahmen reiten/ dz
er die Kleider heraus uns entgegen bringe auff das näheste Dorff der Stad/ inzwischen
wollen wir ihm gemählich folgen; muste also der Fürst auff den Wagen steigen/ da dz Fräu-
lein ihrem Amtman befahl/ hinter sich auff dem nähesten Dorffe mit allen seinen Leuten sich
biß Morgen niderzulassen und den Gefangenen fleissig zuverwahren; redete auch ihren
acht Reutern ganz freundlich zu/ sie solten bey dem Amtman verharren/ und auff Morgen
ihrer ergezligkeit gewärtig seyn. Wolfgang aber muste auff ein Pferd steigen/ und ihrem
Wagen etwas von weitem folgen. Auff der Gutsche ging das Herzen und drücken erst recht
an/ wiewol der Fürst wegen seiner Lumpen/ die nicht ohn Unziefer wahren/ sich übel schäme-
te/ da hingegen sie beteurete/ er währe in ihren Augen mit dieser Kleidung tausendmahl schö-
ner als in güldenen Stücken/ weil er sie ihretwegen trüge. Sie erinnerten sich ihrer schul-
digen Dankbarkeit gegen Gott/ der ihnen so wunder-gnädig geholffen hatte/ daher Arbia-
nes dieses Gebeht aus dem innersten seines herzen mit vielen Trähnen hervor suchete/ und
das Fräulein ihm ganz andächtig mit pfuntze-nassen Augen nachbehtete:

Gott unser Helffer! ach wie groß ist dein erbarmen/ wie unaussprechlich deine Güte! ich hätte
fast an deiner Hülffe verzweiffeln dürffen; der Fall wahr mir sehr nahe/ und strauchelte schon/ weil
ich den Stab deines Heils und den Trost deiner Hülffe nicht sichtbarlich empfand. Herr Gott/ sagte

ich

Siebendes Buch.
ſeinen Gliedern/ daß er ſich haͤtte erheben moͤgen; endlich richtete er ſich langſam in die hoͤ-
he/ ſahe ſie ſtarre an/ und geſchwand ihm zum andernmahl/ daß er niderſank/ ſie auch an-
ders nicht meineten/ er wuͤrde gar verſchieden ſeyn; ſein Jaͤger welcher Zariaſpes Syſi-
gamben Sohn wahr/ hatte nicht weit davon eine Flaſche mit Wein ſtehen/ welche er herzu
hohlete/ und das Fraͤulein ihn damit erquickete/ da ſie zugleich zu ihm ſagete: Wie iſt ihm
nun/ Fuͤrſt Arbianes/ wil mein Vertraueter nach uͤberſtandenem Elende es noch ſchlim̃er
machen/ als im anfang auff dem Heu? laſſet uns doch nach dem Leide die Traͤhnen abwi-
ſchen/ und nach dem Elende das Trauren einſtellen/ damit wir nicht ſelbſt dieſen Tag zum
verworffenen machen/ welchen uns Gott zur ergetzung gegeben hat. Er ſchlug die Augen
wieder auff/ uñ ſagete: Ach du gnadenreicher Heyland/ du Helffer aller die auff dich trauẽ;
lebet das allerfroͤmmeſte und tugendreicheſte Fraͤulein der Welt noch? ja lebet ſie dem biß-
her elenden Betler Arbianes noch zu Troſt und beſtaͤndiger Traͤue? Schweiget/ mein al-
lerliebſtes Herz/ ſagete ſie/ und ſchaͤndet euch ſelber nicht; ihr wiſſet ja beſſer als ich/ daß wir
geduldig mit alle dem muͤſſen friedlich ſeyn/ was von Gott uns zukomt. Er richtete ſich
hiemit auff/ und gab zur Antwort: Dir ſey dank HErr in ewigkeit/ daß du dieſem Koͤnig-
lichen Fraͤulein mit ſo reichem Troſt-Geiſte in ihrer Noht beygeſtanden biſt/ und ihr ver-
trauen auff deine Huͤlffe ſo feſt erhalten haſt. Sie aber nam ihn bey der Hand und führete
ihn nach der Gutſche/ da die Anweſenden nicht anders meineten/ ſie haͤtte ihren Wiz ver-
lohren/ oder dieſer Betler haͤtte ſie bezaubert/ daß ſie dergeſtalt ſich gegen ihn bezeigete. Ar-
bianes wegerte ſich anfangs/ ihr zu folgen/ und taht den Vorſchlag/ ihre Liebe moͤchten im
Nahmen Gottes nach der Stad fahren/ dieſer ſein Diener ſolte geſchwinde hinreiten/ und
ihm gebuͤhrliche Kleider ſamt ſeinem Leibwagen heraus hohlen/ daß er ihr wirdig folgen
koͤnte. Aber ſie wolte durchaus nicht von ihm weichen. Was? ſagte ſie/ ſolte ich meinen
hochwerten Fuͤrſten umb ſeines Betler-kleides willen verlaſſen/ welches er bloß meinetwe-
gen angelegt und getragen hat? Eure Liebe laſſe den Diener in Gottes Nahmen reiten/ dz
er die Kleider heraus uns entgegen bringe auff das naͤheſte Dorff der Stad/ inzwiſchen
wollen wir ihm gemaͤhlich folgen; muſte alſo der Fürſt auff den Wagen ſteigen/ da dz Fraͤu-
lein ihrem Amtman befahl/ hinter ſich auff dem naͤheſten Dorffe mit allen ſeinen Leuten ſich
biß Morgen niderzulaſſen und den Gefangenen fleiſſig zuverwahren; redete auch ihren
acht Reutern ganz freundlich zu/ ſie ſolten bey dem Amtman verharren/ und auff Morgen
ihrer ergezligkeit gewaͤrtig ſeyn. Wolfgang aber muſte auff ein Pferd ſteigen/ und ihrem
Wagen etwas von weitem folgen. Auff der Gutſche ging das Herzen uñ druͤcken erſt recht
an/ wiewol der Fuͤrſt wegen ſeiner Lumpen/ die nicht ohn Unziefer wahren/ ſich uͤbel ſchaͤme-
te/ da hingegen ſie beteurete/ er waͤhre in ihrẽ Augen mit dieſer Kleidung tauſendmahl ſchoͤ-
ner als in guͤldenen Stuͤcken/ weil er ſie ihretwegen truͤge. Sie erinnerten ſich ihrer ſchul-
digen Dankbarkeit gegen Gott/ der ihnen ſo wunder-gnaͤdig geholffen hatte/ daher Arbia-
nes dieſes Gebeht aus dem innerſten ſeines herzen mit vielen Traͤhnen hervor ſuchete/ und
das Fraͤulein ihm ganz andaͤchtig mit pfũtze-naſſen Augen nachbehtete:

Gott unſer Helffer! ach wie groß iſt dein erbarmen/ wie unausſprechlich deine Guͤte! ich haͤtte
faſt an deiner Huͤlffe verzweiffeln duͤrffen; der Fall wahr mir ſehr nahe/ und ſtrauchelte ſchon/ weil
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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 687. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/693>, abgerufen am 23.11.2024.