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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.

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Siebendes Buch.
keinen Menschen dabey/ doch schöpffete er guten Trost/ sie müsten von vorüberreisenden
Leuten loßgemacht/ und davon kommen seyn; nahm auch den Weg nach derselben Stad
vor sich/ in Meinung/ sie würden alles ungeachtet/ gleichwol noch dahin gereiset seyn. Wie
wollen ihn aber seinen mühseligen Unglüks Weg fortgehen lassen/ und zu rechter Zeit ihn
im elenden Betlers Stande wieder finden.

Das liebe Fräulein wahr willens/ ihren geträuen Wolffgang nach ihren Eltern lauf-
fen zulassen/ als sie sechs Tage im erwähneten Flecken bey der Wittiben in fleissiger Nähe-
Arbeit sich auffgehalten hatte; aber es kam eine neue Verhinderung darzwischen; dann
des Abends kehrete ein fremder Herr mit seiner Frauen und jungen schier manbaren Toch-
ter in ihrer Herberge ein/ da diese Frau der Fräulein schönes Nähewerk besichtigte/ und sie
fragete/ ob sie sich zu ihr vermieten wolte/ solte sie gut essen und trinken/ auch ein gewiß Jahr-
lohn haben/ und könte ihr Mann wol bey ihr bleiben/ weil ihr Herr solcher Leute bedurffte.
Sie aber bedankete sich dessen/ einwendend/ sie müste mit ihrem Manne nach dem Elbstrom
reisen/ woselbst ihre nahe Anverwantin wohnete/ welche zubesuchen/ sie keinen umgang ha-
ben könte/ weil sie ihre Verlassenschafft ihr erblich zuvermachen bedacht währe. Diese
Frau/ Nahmens Mechtild/ welche auff jenseit des Reins im Römischen Gebiet wohnete/
erdachte diese List/ und fragete; ob sie und ihr Mann des Weges nach der Elbe vor diesem
gereiset? Und als sie aus Einfalt Nein sagete/ fing diese an: So bin ich mit diesem meinen
Herrn hieselbst zu eurem guten Glük angelanget/ dann unser Weg gehet auch dahin/ und
wil euch aus guter Gewogenheit zu mir auff meine Gutsche nehmen/ wann sonst euer Mann
beyher lauffen/ und zuzeiten hinten auff sitzen wil. Wem wahr zu diesem vermeyneten Glük
lieber/ als dem grundfrommen Fräulein; Sie bedankete sich mit höflichen Geberden/ so
viel ihr vermummeter Stand zulassen wolte/ welche sie doch schier verrahten hätten; mas-
sen die Frau nicht unterlassen kunte/ sie zubefragen von was Leuten sie währe; dessen ursach
sie merkend/ zur Antwort gab: Ihre Eltern währen arme Leute/ und gar geringes Stan-
des/ und hätten sie in der Jugend vor vier Jahren zu einer Aedel Frauen vermietet/ welche
ihr das nähen gezeiget/ und ihres Junkern Gutscher gefreyet hätte/ welcher Wolffgang sie
aber Armgart hiesse. Diese ließ sich damit abspeisen/ und geboht ihren Leuten ernstlich/ da
einer fragen würde/ wohin ihr Weg ginge/ solten sie nicht den Rein/ sondern die Elbe nen-
nen. Wolffgang ward des guten Glüks von dem Fräulein bald berichtet/ der zugleich mit
ihr sich freuete/ auch auff der Reise gerne bey dem Wagen herlief/ und nunmehr ihm die
Rechnung machete/ wie bald er vom reichen Manne spielen/ und der erlittenen Unruhe
sich ergetzen wolte; dann gedachte er/ wie er den hohen Adelstand/ damit ihm das Fräulein
hatte gedräuet/ von sich ablehnen/ und sonsten ihm einen solchen Dienst loßbitten könte/
der ihm angenehmer währe/ weil doch das Fräulein sich hatte verlauten lassen/ daß sie ihn
nimmermehr von sich lassen wolte; Aber seine gefassete Freude währete nicht lange; dann
wie sie des andern Tages den Reinstrom erreicheten/ und hinüber schiffeten/ höreten beydes
er und das Fräulein/ daß sie schändlich betrogen wahren/ daher sie dann zu der Frauen sa-
gete: Ach mein Gott/ warumb habt ihr so gar übel an mir getahn/ und mich nach dem Rein
geführet/ da ich doch an der Elbe zuschaffen habe? Die Frau aber/ wie sie dann ein überaus
böses und unbarmherziges Weib wahr/ gab ihr diese trotzige Antwort: Schweig du junge

Metze/

Siebendes Buch.
keinen Menſchen dabey/ doch ſchoͤpffete er guten Troſt/ ſie muͤſten von voruͤberreiſenden
Leuten loßgemacht/ und davon kommen ſeyn; nahm auch den Weg nach derſelben Stad
vor ſich/ in Meinung/ ſie wuͤrden alles ungeachtet/ gleichwol noch dahin gereiſet ſeyn. Wie
wollen ihn aber ſeinen muͤhſeligen Unglüks Weg fortgehen laſſen/ und zu rechter Zeit ihn
im elenden Betlers Stande wieder finden.

Das liebe Fraͤulein wahr willens/ ihren getraͤuen Wolffgang nach ihren Eltern lauf-
fen zulaſſen/ als ſie ſechs Tage im erwaͤhneten Flecken bey der Wittiben in fleiſſiger Naͤhe-
Arbeit ſich auffgehalten hatte; aber es kam eine neue Verhinderung darzwiſchen; dann
des Abends kehrete ein fremder Herr mit ſeiner Frauen und jungen ſchier manbaren Toch-
ter in ihrer Herberge ein/ da dieſe Frau der Fraͤulein ſchoͤnes Naͤhewerk beſichtigte/ und ſie
fragete/ ob ſie ſich zu ihr vermieten wolte/ ſolte ſie gut eſſen uñ tꝛinken/ auch ein gewiß Jahr-
lohn haben/ und koͤnte ihr Mann wol bey ihr bleiben/ weil ihr Herr ſolcher Leute bedurffte.
Sie aber bedankete ſich deſſen/ einwendend/ ſie muͤſte mit ihrem Mañe nach dem Elbſtrom
reiſen/ woſelbſt ihre nahe Anverwantin wohnete/ welche zubeſuchen/ ſie keinen umgang ha-
ben koͤnte/ weil ſie ihre Verlaſſenſchafft ihr erblich zuvermachen bedacht waͤhre. Dieſe
Frau/ Nahmens Mechtild/ welche auff jenſeit des Reins im Roͤmiſchen Gebiet wohnete/
erdachte dieſe Liſt/ und fragete; ob ſie und ihr Mann des Weges nach der Elbe vor dieſem
gereiſet? Und als ſie aus Einfalt Nein ſagete/ fing dieſe an: So bin ich mit dieſem meinen
Herrn hieſelbſt zu eurem guten Gluͤk angelanget/ dann unſer Weg gehet auch dahin/ und
wil euch aus guter Gewogenheit zu mir auff meine Gutſche nehmen/ wañ ſonſt euer Mañ
beyher lauffen/ und zuzeiten hinten auff ſitzen wil. Wem wahr zu dieſem vermeynetẽ Gluͤk
lieber/ als dem grundfrommen Fraͤulein; Sie bedankete ſich mit hoͤflichen Geberden/ ſo
viel ihr vermummeter Stand zulaſſen wolte/ welche ſie doch ſchier verrahten haͤtten; maſ-
ſen die Frau nicht unterlaſſen kunte/ ſie zubefragen von was Leuten ſie waͤhꝛe; deſſen urſach
ſie merkend/ zur Antwort gab: Ihre Eltern waͤhren arme Leute/ und gar geringes Stan-
des/ und haͤtten ſie in der Jugend vor vier Jahren zu einer Aedel Frauen vermietet/ welche
ihr das naͤhen gezeiget/ und ihres Junkern Gutſcher gefreyet haͤtte/ welcher Wolffgang ſie
aber Armgart hieſſe. Dieſe ließ ſich damit abſpeiſen/ und geboht ihren Leuten ernſtlich/ da
einer fragen wuͤrde/ wohin ihr Weg ginge/ ſolten ſie nicht den Rein/ ſondern die Elbe nen-
nen. Wolffgang ward des guten Gluͤks von dem Fraͤulein bald berichtet/ der zugleich mit
ihr ſich freuete/ auch auff der Reiſe gerne bey dem Wagen herlief/ und nunmehr ihm die
Rechnung machete/ wie bald er vom reichen Manne ſpielen/ und der erlittenen Unruhe
ſich ergetzen wolte; dann gedachte er/ wie er den hohen Adelſtand/ damit ihm das Fraͤulein
hatte gedraͤuet/ von ſich ablehnen/ und ſonſten ihm einen ſolchen Dienſt loßbitten koͤnte/
der ihm angenehmer waͤhre/ weil doch das Fraͤulein ſich hatte verlauten laſſen/ daß ſie ihn
nimmermehr von ſich laſſen wolte; Aber ſeine gefaſſete Freude waͤhrete nicht lange; dañ
wie ſie des andern Tages den Reinſtrom erreichetẽ/ und hinuͤber ſchiffeten/ hoͤreten beydes
er und das Fraͤulein/ daß ſie ſchaͤndlich betrogen wahren/ daher ſie dann zu der Frauen ſa-
gete: Ach mein Gott/ warumb habt ihr ſo gar uͤbel an mir getahn/ uñ mich nach dem Rein
gefuͤhret/ da ich doch an der Elbe zuſchaffen habe? Die Frau aber/ wie ſie dann ein uͤberaus
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[656/0662] Siebendes Buch. keinen Menſchen dabey/ doch ſchoͤpffete er guten Troſt/ ſie muͤſten von voruͤberreiſenden Leuten loßgemacht/ und davon kommen ſeyn; nahm auch den Weg nach derſelben Stad vor ſich/ in Meinung/ ſie wuͤrden alles ungeachtet/ gleichwol noch dahin gereiſet ſeyn. Wie wollen ihn aber ſeinen muͤhſeligen Unglüks Weg fortgehen laſſen/ und zu rechter Zeit ihn im elenden Betlers Stande wieder finden. Das liebe Fraͤulein wahr willens/ ihren getraͤuen Wolffgang nach ihren Eltern lauf- fen zulaſſen/ als ſie ſechs Tage im erwaͤhneten Flecken bey der Wittiben in fleiſſiger Naͤhe- Arbeit ſich auffgehalten hatte; aber es kam eine neue Verhinderung darzwiſchen; dann des Abends kehrete ein fremder Herr mit ſeiner Frauen und jungen ſchier manbaren Toch- ter in ihrer Herberge ein/ da dieſe Frau der Fraͤulein ſchoͤnes Naͤhewerk beſichtigte/ und ſie fragete/ ob ſie ſich zu ihr vermieten wolte/ ſolte ſie gut eſſen uñ tꝛinken/ auch ein gewiß Jahr- lohn haben/ und koͤnte ihr Mann wol bey ihr bleiben/ weil ihr Herr ſolcher Leute bedurffte. Sie aber bedankete ſich deſſen/ einwendend/ ſie muͤſte mit ihrem Mañe nach dem Elbſtrom reiſen/ woſelbſt ihre nahe Anverwantin wohnete/ welche zubeſuchen/ ſie keinen umgang ha- ben koͤnte/ weil ſie ihre Verlaſſenſchafft ihr erblich zuvermachen bedacht waͤhre. Dieſe Frau/ Nahmens Mechtild/ welche auff jenſeit des Reins im Roͤmiſchen Gebiet wohnete/ erdachte dieſe Liſt/ und fragete; ob ſie und ihr Mann des Weges nach der Elbe vor dieſem gereiſet? Und als ſie aus Einfalt Nein ſagete/ fing dieſe an: So bin ich mit dieſem meinen Herrn hieſelbſt zu eurem guten Gluͤk angelanget/ dann unſer Weg gehet auch dahin/ und wil euch aus guter Gewogenheit zu mir auff meine Gutſche nehmen/ wañ ſonſt euer Mañ beyher lauffen/ und zuzeiten hinten auff ſitzen wil. Wem wahr zu dieſem vermeynetẽ Gluͤk lieber/ als dem grundfrommen Fraͤulein; Sie bedankete ſich mit hoͤflichen Geberden/ ſo viel ihr vermummeter Stand zulaſſen wolte/ welche ſie doch ſchier verrahten haͤtten; maſ- ſen die Frau nicht unterlaſſen kunte/ ſie zubefragen von was Leuten ſie waͤhꝛe; deſſen urſach ſie merkend/ zur Antwort gab: Ihre Eltern waͤhren arme Leute/ und gar geringes Stan- des/ und haͤtten ſie in der Jugend vor vier Jahren zu einer Aedel Frauen vermietet/ welche ihr das naͤhen gezeiget/ und ihres Junkern Gutſcher gefreyet haͤtte/ welcher Wolffgang ſie aber Armgart hieſſe. Dieſe ließ ſich damit abſpeiſen/ und geboht ihren Leuten ernſtlich/ da einer fragen wuͤrde/ wohin ihr Weg ginge/ ſolten ſie nicht den Rein/ ſondern die Elbe nen- nen. Wolffgang ward des guten Gluͤks von dem Fraͤulein bald berichtet/ der zugleich mit ihr ſich freuete/ auch auff der Reiſe gerne bey dem Wagen herlief/ und nunmehr ihm die Rechnung machete/ wie bald er vom reichen Manne ſpielen/ und der erlittenen Unruhe ſich ergetzen wolte; dann gedachte er/ wie er den hohen Adelſtand/ damit ihm das Fraͤulein hatte gedraͤuet/ von ſich ablehnen/ und ſonſten ihm einen ſolchen Dienſt loßbitten koͤnte/ der ihm angenehmer waͤhre/ weil doch das Fraͤulein ſich hatte verlauten laſſen/ daß ſie ihn nimmermehr von ſich laſſen wolte; Aber ſeine gefaſſete Freude waͤhrete nicht lange; dañ wie ſie des andern Tages den Reinſtrom erreichetẽ/ und hinuͤber ſchiffeten/ hoͤreten beydes er und das Fraͤulein/ daß ſie ſchaͤndlich betrogen wahren/ daher ſie dann zu der Frauen ſa- gete: Ach mein Gott/ warumb habt ihr ſo gar uͤbel an mir getahn/ uñ mich nach dem Rein gefuͤhret/ da ich doch an der Elbe zuſchaffen habe? Die Frau aber/ wie ſie dann ein uͤberaus boͤſes und unbarmherziges Weib wahr/ gab ihꝛ dieſe trotzige Antwort: Schweig du junge Metze/

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 656. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/662>, abgerufen am 23.11.2024.