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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.

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Siebendes Buch.
kähme/ und wohin sie gedächte. O sagte sie/ ich komme von der Isel/ und mein weg ist nach
der Elbe/ wann ich ihn nur finden könte. Nach der Elbe? antwortete sie/ das ist weit hin;
doch zu zeiten kehren Karren und Wagen bey mir ein die des Weges hinreisen/ mit wel-
chen ihr füglich werdet überkommen; und wann ihr euch mit nähen behelffen köntet/ wolte
ich biß zu solcher Gelegenheit euch gerne bey mir behalten/ dann mein Mann ist mir leider
vorm halben Jahre mit Tode abgangen/ und hat mich schwanger hinter sich verlassen/ daß
ich nunmehr alle Tage der Entbindung gewärtig bin; wollet ihr mir nun etlich Kinder-
zeug verfertigen/ wil ich euch dessen gebührlich lohnen/ und eurem Manne auch im Hause
Arbeit verschaffen/ daß er die Kost haben sol. Dem frommen Fräulein gefiel dieser Vor-
trag sehr wol/ weil ihr unmöglich wahr/ auff ihren Füssen zu wandern; ließ sich mit ihr ein/
und machete alles was sie begehrete/ wolte aber kein Geld zu lohne haben/ sondern baht/ daß
sie umb so viel besser gespeiset würde/ weil ihr Magen die harten Speisen nicht wol verdauen
könte; schmierete auch diese Zeit über ihre Füsse fleissig/ daß sie in kurzer Zeit ganz heile
wurden/ und bezeigete sich im Hause nit anders als eine Dienstmagd/ welche von Jugend
auff darzu gewähnet währe/ daß Wolfgang sich dessen nicht gnug verwundern kunte. Ih-
re Frau aber gewann sie sehr lieb wegen ihrer träue und fleisses/ daß sie sich erboht/ sie so
lange zubehalten/ als es ihr selbst gefallen wunrde. Einsmahls fragete sie Wolfgang/ ob ihr
das Herz nicht weh tähte/ daß sie einer so geringen Frauen müste auffwärtig seyn; dem sie
zur Antwort gab: Mein guter lieber Freund/ warumb solte mir deswegen mein Herz we-
he tuhn? Der Almächtige Gott/ dem wir Menschen alle mit einander auff gleiche weise
unterworffen sind/ hat mir seinem Kinde solches aufferleget/ solte ich dann demselben ent-
gegen murren? Nein O nein! derselbe verfähret ja noch gnädig mit mir/ giebet mir das
tägliche Brod/ und bewahret mich vor Unehr und Schande; davor bin ich schuldig ihm
von herzen zudanken/ und daneben nicht zuzweifeln/ daß es ihm gar ein geringes und leich-
tes sey/ mich in vorigen Stand wieder zusetzen. Diesem gingen wegen solcher Rede die
Trähnen aus den Augen/ und fing darauff also an: Ach Frau (anders muste er sie nit nen-
nen)/ ich bitte euch lauter umb Gottes willen/ gönnet mir doch/ daß ich allein nach euren
Eltern reise/ ihnen euren Zustand anzumelden/ damit ihr diesem Elende möget entrissen
werden; Ihr seyd ja nun an einem Orte/ da ich euch zufinden weiß/ und sollet meinem gu-
ten Raht nach/ hie selbst verbleiben/ biß euch gnugsame Begleitung zugeschicket werde;
solte aber solches in dreyen Wochen nicht erfolgen/ daß ich etwa auff meiner Reife in Un-
fal kähme/ welches ich doch nicht hoffen wil/ so gebet euch dieser Wirtin nur kühnlich kund/
dieselbe wird alsdann alles ihr Vermögen (aus Hoffnung grosser Vergeltung) gerne
daran wenden daß euch gebührlich geholffen werde; Und dafern ihr in diesen meinen ge-
träuen Raht nicht werdet einwilligen/ wird mir entweder mein Herz aus Mitleiden zer-
springen/ oder ich werde wider euren Willen mich auff den Weg machen. Welche Rede
er mit einem hefftigen weinen beschloß/ und (weil sie allein wahren) durch einen Fußfal
baht/ ihren Willen in seine Reise zugeben. Das Fräulein kunte seiner grossen herzlichen
Träue sich nicht gnug verwundern/ umfing ihn als ihren Bruder/ und sagte: Mein lieber
und wahrer Freund/ was hat doch mein Gott mir vor eine grosse Gnade und Woltaht er-
zeiget/ daß er euch zu mir geführet hat. Zwar ich habe mir bißher steiff vorgenommen/

euch

Siebendes Buch.
kaͤhme/ und wohin ſie gedaͤchte. O ſagte ſie/ ich komme von der Iſel/ und mein weg iſt nach
der Elbe/ wann ich ihn nur finden koͤnte. Nach der Elbe? antwortete ſie/ das iſt weit hin;
doch zu zeiten kehren Karren und Wagen bey mir ein die des Weges hinreiſen/ mit wel-
chen ihr fuͤglich werdet uͤberkommen; und wann ihr euch mit naͤhen behelffen koͤntet/ wolte
ich biß zu ſolcher Gelegenheit euch gerne bey mir behalten/ dann mein Mañ iſt mir leider
vorm halben Jahre mit Tode abgangen/ und hat mich ſchwanger hinter ſich verlaſſen/ daß
ich nunmehr alle Tage der Entbindung gewaͤrtig bin; wollet ihr mir nun etlich Kinder-
zeug verfertigen/ wil ich euch deſſen gebuͤhrlich lohnen/ und eurem Manne auch im Hauſe
Arbeit verſchaffen/ daß er die Koſt haben ſol. Dem frommen Fraͤulein gefiel dieſer Vor-
trag ſehr wol/ weil ihr unmoͤglich wahr/ auff ihren Fuͤſſen zu wandern; ließ ſich mit ihr ein/
und machete alles was ſie begehrete/ wolte aber kein Geld zu lohne haben/ ſondern baht/ daß
ſie umb ſo viel beſſer geſpeiſet wuͤrde/ weil ihr Magen die harten Speiſen nicht wol verdauẽ
koͤnte; ſchmierete auch dieſe Zeit über ihre Fuͤſſe fleiſſig/ daß ſie in kurzer Zeit ganz heile
wurden/ und bezeigete ſich im Hauſe nit andeꝛs als eine Dienſtmagd/ welche von Jugend
auff darzu gewaͤhnet waͤhre/ daß Wolfgang ſich deſſen nicht gnug verwundern kunte. Ih-
re Frau aber gewann ſie ſehr lieb wegen ihrer traͤue und fleiſſes/ daß ſie ſich erboht/ ſie ſo
lange zubehalten/ als es ihr ſelbſt gefallen wūrde. Einsmahls fragete ſie Wolfgang/ ob ihr
das Herz nicht weh taͤhte/ daß ſie einer ſo geringen Frauen muͤſte auffwaͤrtig ſeyn; dem ſie
zur Antwort gab: Mein guter lieber Freund/ warumb ſolte mir deswegen mein Herz we-
he tuhn? Der Almaͤchtige Gott/ dem wir Menſchen alle mit einander auff gleiche weiſe
unterworffen ſind/ hat mir ſeinem Kinde ſolches aufferleget/ ſolte ich dann demſelben ent-
gegen murren? Nein O nein! derſelbe verfaͤhret ja noch gnaͤdig mit mir/ giebet mir das
taͤgliche Brod/ und bewahret mich vor Unehr und Schande; davor bin ich ſchuldig ihm
von herzen zudanken/ und daneben nicht zuzweifeln/ daß es ihm gar ein geringes und leich-
tes ſey/ mich in vorigen Stand wieder zuſetzen. Dieſem gingen wegen ſolcher Rede die
Traͤhnen aus den Augen/ und fing darauff alſo an: Ach Frau (anders muſte er ſie nit nen-
nen)/ ich bitte euch lauter umb Gottes willen/ goͤnnet mir doch/ daß ich allein nach euren
Eltern reiſe/ ihnen euren Zuſtand anzumelden/ damit ihr dieſem Elende moͤget entriſſen
werden; Ihr ſeyd ja nun an einem Orte/ da ich euch zufinden weiß/ und ſollet meinem gu-
ten Raht nach/ hie ſelbſt verbleiben/ biß euch gnugſame Begleitung zugeſchicket werde;
ſolte aber ſolches in dreyen Wochen nicht erfolgen/ daß ich etwa auff meiner Reife in Un-
fal kaͤhme/ welches ich doch nicht hoffen wil/ ſo gebet euch dieſer Wirtin nur kuͤhnlich kund/
dieſelbe wird alsdann alles ihr Vermoͤgen (aus Hoffnung groſſer Vergeltung) gerne
daran wenden daß euch gebuͤhrlich geholffen werde; Und dafern ihr in dieſen meinen ge-
traͤuen Raht nicht werdet einwilligen/ wird mir entweder mein Herz aus Mitleiden zer-
ſpringen/ oder ich werde wider euren Willen mich auff den Weg machen. Welche Rede
er mit einem hefftigen weinen beſchloß/ und (weil ſie allein wahren) durch einen Fußfal
baht/ ihren Willen in ſeine Reiſe zugeben. Das Fraͤulein kunte ſeiner groſſen herzlichen
Traͤue ſich nicht gnug verwundern/ umfing ihn als ihren Bruder/ und ſagte: Mein lieber
und wahrer Freund/ was hat doch mein Gott mir vor eine groſſe Gnade und Woltaht eꝛ-
zeiget/ daß er euch zu mir gefuͤhret hat. Zwar ich habe mir bißher ſteiff vorgenommen/

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[652/0658] Siebendes Buch. kaͤhme/ und wohin ſie gedaͤchte. O ſagte ſie/ ich komme von der Iſel/ und mein weg iſt nach der Elbe/ wann ich ihn nur finden koͤnte. Nach der Elbe? antwortete ſie/ das iſt weit hin; doch zu zeiten kehren Karren und Wagen bey mir ein die des Weges hinreiſen/ mit wel- chen ihr fuͤglich werdet uͤberkommen; und wann ihr euch mit naͤhen behelffen koͤntet/ wolte ich biß zu ſolcher Gelegenheit euch gerne bey mir behalten/ dann mein Mañ iſt mir leider vorm halben Jahre mit Tode abgangen/ und hat mich ſchwanger hinter ſich verlaſſen/ daß ich nunmehr alle Tage der Entbindung gewaͤrtig bin; wollet ihr mir nun etlich Kinder- zeug verfertigen/ wil ich euch deſſen gebuͤhrlich lohnen/ und eurem Manne auch im Hauſe Arbeit verſchaffen/ daß er die Koſt haben ſol. Dem frommen Fraͤulein gefiel dieſer Vor- trag ſehr wol/ weil ihr unmoͤglich wahr/ auff ihren Fuͤſſen zu wandern; ließ ſich mit ihr ein/ und machete alles was ſie begehrete/ wolte aber kein Geld zu lohne haben/ ſondern baht/ daß ſie umb ſo viel beſſer geſpeiſet wuͤrde/ weil ihr Magen die harten Speiſen nicht wol verdauẽ koͤnte; ſchmierete auch dieſe Zeit über ihre Fuͤſſe fleiſſig/ daß ſie in kurzer Zeit ganz heile wurden/ und bezeigete ſich im Hauſe nit andeꝛs als eine Dienſtmagd/ welche von Jugend auff darzu gewaͤhnet waͤhre/ daß Wolfgang ſich deſſen nicht gnug verwundern kunte. Ih- re Frau aber gewann ſie ſehr lieb wegen ihrer traͤue und fleiſſes/ daß ſie ſich erboht/ ſie ſo lange zubehalten/ als es ihr ſelbſt gefallen wūrde. Einsmahls fragete ſie Wolfgang/ ob ihr das Herz nicht weh taͤhte/ daß ſie einer ſo geringen Frauen muͤſte auffwaͤrtig ſeyn; dem ſie zur Antwort gab: Mein guter lieber Freund/ warumb ſolte mir deswegen mein Herz we- he tuhn? Der Almaͤchtige Gott/ dem wir Menſchen alle mit einander auff gleiche weiſe unterworffen ſind/ hat mir ſeinem Kinde ſolches aufferleget/ ſolte ich dann demſelben ent- gegen murren? Nein O nein! derſelbe verfaͤhret ja noch gnaͤdig mit mir/ giebet mir das taͤgliche Brod/ und bewahret mich vor Unehr und Schande; davor bin ich ſchuldig ihm von herzen zudanken/ und daneben nicht zuzweifeln/ daß es ihm gar ein geringes und leich- tes ſey/ mich in vorigen Stand wieder zuſetzen. Dieſem gingen wegen ſolcher Rede die Traͤhnen aus den Augen/ und fing darauff alſo an: Ach Frau (anders muſte er ſie nit nen- nen)/ ich bitte euch lauter umb Gottes willen/ goͤnnet mir doch/ daß ich allein nach euren Eltern reiſe/ ihnen euren Zuſtand anzumelden/ damit ihr dieſem Elende moͤget entriſſen werden; Ihr ſeyd ja nun an einem Orte/ da ich euch zufinden weiß/ und ſollet meinem gu- ten Raht nach/ hie ſelbſt verbleiben/ biß euch gnugſame Begleitung zugeſchicket werde; ſolte aber ſolches in dreyen Wochen nicht erfolgen/ daß ich etwa auff meiner Reife in Un- fal kaͤhme/ welches ich doch nicht hoffen wil/ ſo gebet euch dieſer Wirtin nur kuͤhnlich kund/ dieſelbe wird alsdann alles ihr Vermoͤgen (aus Hoffnung groſſer Vergeltung) gerne daran wenden daß euch gebuͤhrlich geholffen werde; Und dafern ihr in dieſen meinen ge- traͤuen Raht nicht werdet einwilligen/ wird mir entweder mein Herz aus Mitleiden zer- ſpringen/ oder ich werde wider euren Willen mich auff den Weg machen. Welche Rede er mit einem hefftigen weinen beſchloß/ und (weil ſie allein wahren) durch einen Fußfal baht/ ihren Willen in ſeine Reiſe zugeben. Das Fraͤulein kunte ſeiner groſſen herzlichen Traͤue ſich nicht gnug verwundern/ umfing ihn als ihren Bruder/ und ſagte: Mein lieber und wahrer Freund/ was hat doch mein Gott mir vor eine groſſe Gnade und Woltaht eꝛ- zeiget/ daß er euch zu mir gefuͤhret hat. Zwar ich habe mir bißher ſteiff vorgenommen/ euch

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 652. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/658>, abgerufen am 23.11.2024.