Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.Siebendes Buch. Geld und Kleinote/ deren er unterschiedliche bey sich hatte/ zu sich/ hing die Bauren Plötzean die Seite/ und hatte mit dem Fräulein mühe gnug/ ehe er ihr von der steigeren Leiter hel- fen kunte. Als sie hinunter kahmen/ gedauchte den Alten/ das Fräulein währe ihm gestern Abend im dunkeln ungleich schöner vorkommen/ wolte doch nach ihrer Verenderung nicht fragen/ sondern reichete ihr ein weisses Stäblein/ wo bey sie gehen solte/ welches sie mit diesen Worten hinnam: Lieber Vater/ ihr habt wol als ein Vater bey mir gehandelt/ welches ich auch als eine dankbahre Tochter erkennen wil/ und vor diesen Stab euer Stab im Alter seyn/ so und dergestalt/ daß ihrs nicht besser wünschen sollet. Würde sich nun al- hie bey euch meinetwegen weitere Nachfrage begeben/ die von dem Teutschen Großfürsten oder seinen Söhnen herrührete/ so stellet ihnen meine auff dem Häu hinterlassene Kleider zu/ und berichtet alles was ihr von mir wisset/ insonderheit/ da inwendig sieben Tage ihr von uns keine Botschafft haben soltet/ so schaffet euch Fuhre umb dieses Geld (dann sie legete ihm 20 Kronen in die Hand) fahret hin/ wo das Teutsche Heer sich auffhalten wird/ und bringet meine Kleider hochgedachten Herrn über/ die werden euch schon des Weges zu- lohnen wissen. Dieser euer Wolffgang aber sol mein Diener seyn/ und sein künfftiges Glük noch zur Zeit nicht außrechnen können. Ach liebe junge Frau/ antwortete der Alte/ so hohes erbietens bin ich nicht wirdig/ und möchte nur wünschen zuwissen/ was vor liebe Leute ich beherberget habe/ welches bey mir sterben solte. Das Fräulein fragete den Fürsten auff La- teinisch/ ob sie ihm etwas Nachricht geben dürffte/ und auff Erläubniß nam sie ihn abson- derlich/ und sagte zu ihm; Sehet Vater/ daß ihr vor erst meinen guten Willen spüret/ ver- sichere ich euch in hohem vertrauen/ dz ihr Braut und Bräutigam beherberget habet/ welche Gott wunderlich zusammen gesellet hat/ und ihres Standes so hoch sind/ als einiger Mensch in diesem Königreiche. Der Alte erschrak dessen höchlich/ baht um Gnade und Verzeihung/ wünschete ihnen Glük und sichere Reise zu den ihrigen/ und befahl sich ihrer beharlichen Gewogenheit. Arbianes nam auch freundlichen Abscheid von ihm/ bedankete sich der er- wiesenen Träue/ und versprach ihm gnugsahme Vergeltung neben der Erinnerung/ er sol- te seine und seiner Liebsten Kleider beyeinander lassen/ und sie/ wann er etwa abgehohlet würde/ mit sich bringen. Welches er willig versprach/ auch zugleich eine Vorbitte wegen seines ungehorsamen Sohns einlegete/ damit derselbe auch dereins seiner Befoderung möchte zugeniessen haben; dann er währe jung/ und von böser Geselschafft verleitet/ wür- de alsdann das böse wol ablegen/ und alle Mögligkeit leisten. Worauff Arbianes ihm al- len freundlichen Willen verhieß; nam einen Springstecken zur Hand/ ließ Wolffgang mit dem Fräulein ein wenig voran gehen/ und folgete gemehlig nach/ Gott den HErrn von Herzen anflehend/ er möchte ihr Geleitsman seyn/ und sie in kurzen zu den ihren brin- gen. Als sie in das offene Feld kamen/ und zwischen dem Korn/ welches gleich in der Blü- te stund/ daher gingen/ erhub sich ein überaus ungestümes Ungewitter/ da nicht allein ihnen der Wind gerade entgegen stund/ welcher den scharffen Regen mit zimlichen grossen Schlossen vermischet/ ihnen ins Gesichte schlug/ sondern der Bliz und Donner sich der- gestalt sehen und hören ließ/ daß auch ein Herzhaffter dadurch in Furcht und Schrecken gesetzet ward. Das Fräulein beschirmete ihr Angesicht mit dem Leilach so best sie kunte/ und wurden sie ingesamt in kurzer Zeit so pfützenaß/ daß ihnen kein trockener Fadem übrig blieb. b b b b
Siebendes Buch. Geld und Kleinote/ deren er unterſchiedliche bey ſich hatte/ zu ſich/ hing die Bauren Ploͤtzean die Seite/ und hatte mit dem Fraͤulein muͤhe gnug/ ehe er ihr von der ſteigerẽ Leiter hel- fen kunte. Als ſie hinunter kahmen/ gedauchte den Alten/ das Fraͤulein waͤhre ihm geſtern Abend im dunkeln ungleich ſchoͤner vorkommen/ wolte doch nach ihrer Verenderung nicht fragen/ ſondern reichete ihr ein weiſſes Staͤblein/ wo bey ſie gehen ſolte/ welches ſie mit dieſen Worten hinnam: Lieber Vater/ ihr habt wol als ein Vater bey mir gehandelt/ welches ich auch als eine dankbahre Tochter erkennen wil/ und vor dieſen Stab euer Stab im Alter ſeyn/ ſo und dergeſtalt/ daß ihrs nicht beſſer wuͤnſchen ſollet. Wuͤrde ſich nun al- hie bey euch meinetwegen weitere Nachfrage begeben/ die von dem Teutſchen Großfuͤrſten oder ſeinen Soͤhnen herruͤhrete/ ſo ſtellet ihnen meine auff dem Haͤu hinterlaſſene Kleider zu/ und berichtet alles was ihr von mir wiſſet/ inſonderheit/ da inwendig ſieben Tage ihr von uns keine Botſchafft haben ſoltet/ ſo ſchaffet euch Fuhre umb dieſes Geld (dann ſie legete ihm 20 Kronen in die Hand) fahret hin/ wo das Teutſche Heer ſich auffhalten wird/ und bringet meine Kleider hochgedachten Herrn uͤber/ die werden euch ſchon des Weges zu- lohnen wiſſen. Dieſer euer Wolffgang aber ſol mein Diener ſeyn/ und ſein kuͤnfftiges Glük noch zur Zeit nicht außrechnen koͤnnen. Ach liebe junge Frau/ antwortete der Alte/ ſo hohes erbietens bin ich nicht wirdig/ und moͤchte nur wuͤnſchen zuwiſſen/ was vor liebe Leute ich beherberget habe/ welches bey mir ſterben ſolte. Das Fraͤulein fragete den Fuͤrſten auff La- teiniſch/ ob ſie ihm etwas Nachricht geben duͤrffte/ und auff Erlaͤubniß nam ſie ihn abſon- derlich/ und ſagte zu ihm; Sehet Vater/ daß ihr vor erſt meinen guten Willen ſpuͤret/ ver- ſichere ich euch in hohem vertrauen/ dz ihr Bꝛaut uñ Braͤutigam beherberget habet/ welche Gott wundeꝛlich zuſammen geſellet hat/ und ihꝛes Standes ſo hoch ſind/ als einigeꝛ Menſch in dieſem Koͤnigreiche. Der Alte erſchrak deſſen hoͤchlich/ baht um Gnade und Verzeihung/ wuͤnſchete ihnen Gluͤk und ſichere Reiſe zu den ihrigen/ und befahl ſich ihrer beharlichen Gewogenheit. Arbianes nam auch freundlichen Abſcheid von ihm/ bedankete ſich der er- wieſenen Traͤue/ und verſprach ihm gnugſahme Vergeltung neben der Erinnerung/ er ſol- te ſeine und ſeiner Liebſten Kleider beyeinander laſſen/ und ſie/ wann er etwa abgehohlet wuͤrde/ mit ſich bringen. Welches er willig verſprach/ auch zugleich eine Vorbitte wegen ſeines ungehorſamen Sohns einlegete/ damit derſelbe auch dereins ſeiner Befoderung moͤchte zugenieſſen haben; dann er waͤhre jung/ und von boͤſer Geſelſchafft verleitet/ wuͤr- de alsdann das boͤſe wol ablegen/ und alle Moͤgligkeit leiſten. Worauff Arbianes ihm al- len freundlichen Willen verhieß; nam einen Springſtecken zur Hand/ ließ Wolffgang mit dem Fraͤulein ein wenig voran gehen/ und folgete gemehlig nach/ Gott den HErrn von Herzen anflehend/ er moͤchte ihr Geleitsman ſeyn/ und ſie in kurzen zu den ihren brin- gen. Als ſie in das offene Feld kamen/ und zwiſchen dem Korn/ welches gleich in der Bluͤ- te ſtund/ daher gingen/ erhub ſich ein uͤberaus ungeſtuͤmes Ungewitter/ da nicht allein ihnẽ der Wind gerade entgegen ſtund/ welcher den ſcharffen Regen mit zimlichen groſſen Schloſſen vermiſchet/ ihnen ins Geſichte ſchlug/ ſondern der Bliz und Donner ſich der- geſtalt ſehen und hoͤren ließ/ daß auch ein Herzhaffter dadurch in Furcht und Schrecken geſetzet ward. Das Fraͤulein beſchirmete ihr Angeſicht mit dem Leilach ſo beſt ſie kunte/ und wurden ſie ingeſamt in kurzer Zeit ſo pfuͤtzenaß/ daß ihnen kein trockener Fadem uͤbrig blieb. b b b b
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Geld und Kleinote/ deren er unterſchiedliche bey ſich hatte/ zu ſich/ hing die Bauren Ploͤtze
an die Seite/ und hatte mit dem Fraͤulein muͤhe gnug/ ehe er ihr von der ſteigerẽ Leiter hel-
fen kunte. Als ſie hinunter kahmen/ gedauchte den Alten/ das Fraͤulein waͤhre ihm geſtern
Abend im dunkeln ungleich ſchoͤner vorkommen/ wolte doch nach ihrer Verenderung
nicht fragen/ ſondern reichete ihr ein weiſſes Staͤblein/ wo bey ſie gehen ſolte/ welches ſie
mit dieſen Worten hinnam: Lieber Vater/ ihr habt wol als ein Vater bey mir gehandelt/
welches ich auch als eine dankbahre Tochter erkennen wil/ und vor dieſen Stab euer Stab
im Alter ſeyn/ ſo und dergeſtalt/ daß ihrs nicht beſſer wuͤnſchen ſollet. Wuͤrde ſich nun al-
hie bey euch meinetwegen weitere Nachfrage begeben/ die von dem Teutſchen Großfuͤrſten
oder ſeinen Soͤhnen herruͤhrete/ ſo ſtellet ihnen meine auff dem Haͤu hinterlaſſene Kleider
zu/ und berichtet alles was ihr von mir wiſſet/ inſonderheit/ da inwendig ſieben Tage ihr
von uns keine Botſchafft haben ſoltet/ ſo ſchaffet euch Fuhre umb dieſes Geld (dann ſie legete
ihm 20 Kronen in die Hand) fahret hin/ wo das Teutſche Heer ſich auffhalten wird/ und
bringet meine Kleider hochgedachten Herrn uͤber/ die werden euch ſchon des Weges zu-
lohnen wiſſen. Dieſer euer Wolffgang aber ſol mein Diener ſeyn/ und ſein kuͤnfftiges Glük
noch zur Zeit nicht außrechnen koͤnnen. Ach liebe junge Frau/ antwortete der Alte/ ſo hohes
erbietens bin ich nicht wirdig/ und moͤchte nur wuͤnſchen zuwiſſen/ was vor liebe Leute ich
beherberget habe/ welches bey mir ſterben ſolte. Das Fraͤulein fragete den Fuͤrſten auff La-
teiniſch/ ob ſie ihm etwas Nachricht geben duͤrffte/ und auff Erlaͤubniß nam ſie ihn abſon-
derlich/ und ſagte zu ihm; Sehet Vater/ daß ihr vor erſt meinen guten Willen ſpuͤret/ ver-
ſichere ich euch in hohem vertrauen/ dz ihr Bꝛaut uñ Braͤutigam beherberget habet/ welche
Gott wundeꝛlich zuſammen geſellet hat/ und ihꝛes Standes ſo hoch ſind/ als einigeꝛ Menſch
in dieſem Koͤnigreiche. Der Alte erſchrak deſſen hoͤchlich/ baht um Gnade und Verzeihung/
wuͤnſchete ihnen Gluͤk und ſichere Reiſe zu den ihrigen/ und befahl ſich ihrer beharlichen
Gewogenheit. Arbianes nam auch freundlichen Abſcheid von ihm/ bedankete ſich der er-
wieſenen Traͤue/ und verſprach ihm gnugſahme Vergeltung neben der Erinnerung/ er ſol-
te ſeine und ſeiner Liebſten Kleider beyeinander laſſen/ und ſie/ wann er etwa abgehohlet
wuͤrde/ mit ſich bringen. Welches er willig verſprach/ auch zugleich eine Vorbitte wegen
ſeines ungehorſamen Sohns einlegete/ damit derſelbe auch dereins ſeiner Befoderung
moͤchte zugenieſſen haben; dann er waͤhre jung/ und von boͤſer Geſelſchafft verleitet/ wuͤr-
de alsdann das boͤſe wol ablegen/ und alle Moͤgligkeit leiſten. Worauff Arbianes ihm al-
len freundlichen Willen verhieß; nam einen Springſtecken zur Hand/ ließ Wolffgang
mit dem Fraͤulein ein wenig voran gehen/ und folgete gemehlig nach/ Gott den HErrn
von Herzen anflehend/ er moͤchte ihr Geleitsman ſeyn/ und ſie in kurzen zu den ihren brin-
gen. Als ſie in das offene Feld kamen/ und zwiſchen dem Korn/ welches gleich in der Bluͤ-
te ſtund/ daher gingen/ erhub ſich ein uͤberaus ungeſtuͤmes Ungewitter/ da nicht allein ihnẽ
der Wind gerade entgegen ſtund/ welcher den ſcharffen Regen mit zimlichen groſſen
Schloſſen vermiſchet/ ihnen ins Geſichte ſchlug/ ſondern der Bliz und Donner ſich der-
geſtalt ſehen und hoͤren ließ/ daß auch ein Herzhaffter dadurch in Furcht und Schrecken
geſetzet ward. Das Fraͤulein beſchirmete ihr Angeſicht mit dem Leilach ſo beſt ſie kunte/
und wurden ſie ingeſamt in kurzer Zeit ſo pfuͤtzenaß/ daß ihnen kein trockener Fadem uͤbrig
blieb.
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Zitationshilfe: | Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 561. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/567>, abgerufen am 16.07.2024. |