Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.

Bild:
<< vorherige Seite

Siebendes Buch.
verführe. Mein Herr/ antwortete er/ es ist der verwägene Schelm/ welcher meinen gnä-
digsten Groß Fürsten durch falschen Schwuhr in die Gefängniß gebracht. Was? sagte
er/ ist das mein geträuer Niklot? So sol sein Nahme seyn/ antwortete Gallus. Krito ent-
setzete sich über der harten Straffe/ daß ihm alle Krafft entging/ trat ihm näher/ und sage-
te: Du mein geträuer Niklot/ dein Jammer gehet mir sehr zu herzen/ weil ich dir aber nit
helffen kan/ wünsche ich dir einen schleunigen Tod zu Abhelffung deiner unleidlichen Pein.
Dieser sahe zwar seinen Fürsten an/ aber weil ihm die Vernunfft aus übergrosser Pein
schier vergangen wahr/ antwortete er nichts/ sondern brüllete vor Angst immerhin wie ein
Ochse/ trieb auch mit den gebundenen Händen und freyen Füssen solchen Jammer/ daß
alle Zuseher ein Abscheu daran hatten/ und doch bekenneten/ er hätte noch wol ein mehres
verdienet. Krito kunte seine wehmühtige Trähnen nicht einzwingen/ und begehrete an Gal-
lus/ daß dem redlichen Ritter seine Pein verkürzet würde. Aber er antwortete ihm: Wäh-
re er ein redlicher Ritter/ dürffte er nicht am Pfale stecken/ weil aber sein begangener hoher
Verraht solches verdienet/ muß er andern zum Abscheuh und Schrecken ihm diesen Lohn
gefallen lassen/ biß ihm Gott den Tod zuschicket; und nimt mich wunder über wunder/ daß
der Fürst nicht erkennen kan noch wil/ wie hohe Beleidigung dem Großmächtigsten Groß-
Fürsten in seinem eigenen Reiche/ unter dem schein eines guten Willen/ von ihm und die-
sem seinem verrähterischen Niklot angetahn ist. Dieser schwieg stille darzu/ taht gleichwol
als wann ers beantworten wolte/ aber als er sahe/ daß er schon bey dem Gerichte angelan-
get wahr/ stellete er sich vor die obgedachte Richter/ und fragete/ wer sie währen/ dz sie sich
unterstehen dürfften seine Richter zuseyn/ da er doch keines Menschen Oberbotmässig-
keit unterworffen währe. Siegward gab ihm zur Antwort: Es könte ihm gleiche viel
seyn/ wer sie währen/ nachdem er leicht zuerkennen hätte/ daß sie von dem Großmachtig-
sten Groß Fürsten verordnet währen/ ihm seine wolverdiente Straffe anzusagen. Ich höre
eurer keinen/ wiederantwortete er/ sondern wil und muß den Groß Fürsten selber sprechen/
dem ich durch meine entschuldigung ein solches Vergnügen geben werde/ daß er meines
Blutes nicht begehren wird. Habt ihr/ Krito/ so erhebliche entschuldigungen sagte Sieg-
ward/ die sollet und müsset ihr vor uns euren Richtern anmelden/ oder in dessen verwege-
rung die Endurtel über euch nehmen/ massen der Großmächtigste Groß Fürst seinen fre-
chen/ unbefugten und meinäidigen Räuber vor seinen Augen nicht dulden kan. Er wolte
antworten/ sahe sich aber ohngefehr nach der linken Hand umb/ und ward gewahr/ daß sei-
nes Sohns Leichnam daselbst in der nähe auff dem Rücken lage/ welches ihn wunder nam/
und zu den Richtern sagete: Ehe ich mich weiter mit euch einlasse/ begehre ich zu wissen/
auff was weise dieser mein ungerahtener Sohn/ welcher ohnzweiffel meines Unglüks und
der erlittenen Niederlage die gröste Ursach ist/ umbkommen sey. Leches gab ihm auff Sieg-
wards befehl zur Antwort; Dieser sein Sohn/ weil er Zeit wehrender Schlacht sich hätte
dürffen gelüsten lassen/ dz Durchleuchtigste Fräulein als einen Raub über den Iselstrohm
davon zu führen/ hätte man ihn verfolget/ ertappet/ und als einen Räuber nidergehauen/
daß er noch also dem wolverdienetem Henkersschwert entgangen währe. Ihm ist recht
geschehen/ antwortete Krito/ massen er seinem leiblichen Vater das Herz hat stehlen und
die Seele rauben wollen. Euch aber ihr vermeineten Richter frage ich nochmahl/ was

euch

Siebendes Buch.
verfuͤhre. Mein Herr/ antwortete er/ es iſt der verwaͤgene Schelm/ welcher meinen gnaͤ-
digſten Groß Fuͤrſten durch falſchen Schwuhr in die Gefaͤngniß gebracht. Was? ſagte
er/ iſt das mein getraͤuer Niklot? So ſol ſein Nahme ſeyn/ antwortete Gallus. Krito ent-
ſetzete ſich uͤber der harten Straffe/ daß ihm alle Krafft entging/ trat ihm naͤher/ und ſage-
te: Du mein getraͤuer Niklot/ dein Jammer gehet mir ſehr zu herzen/ weil ich dir aber nit
helffen kan/ wuͤnſche ich dir einen ſchleunigen Tod zu Abhelffung deiner unleidlichẽ Pein.
Dieſer ſahe zwar ſeinen Fuͤrſten an/ aber weil ihm die Vernunfft aus uͤbergroſſer Pein
ſchier vergangen wahr/ antwortete er nichts/ ſondern bruͤllete vor Angſt immerhin wie ein
Ochſe/ trieb auch mit den gebundenen Haͤnden und freyen Fuͤſſen ſolchen Jammer/ daß
alle Zuſeher ein Abſcheu daran hatten/ und doch bekenneten/ er haͤtte noch wol ein mehres
verdienet. Krito kunte ſeine wehmuͤhtige Traͤhnen nicht einzwingen/ uñ begehrete an Gal-
lus/ daß dem redlichen Ritter ſeine Pein verkuͤrzet wuͤrde. Aber er antwortete ihm: Waͤh-
re er ein redlicher Ritter/ duͤrffte er nicht am Pfale ſtecken/ weil aber ſein begangener hoher
Verraht ſolches verdienet/ muß er andern zum Abſcheuh und Schrecken ihm dieſen Lohn
gefallen laſſen/ biß ihm Gott den Tod zuſchicket; und nimt mich wunder uͤber wundeꝛ/ daß
der Fuͤrſt nicht erkennen kan noch wil/ wie hohe Beleidigung dem Großmaͤchtigſten Groß-
Fuͤrſten in ſeinem eigenen Reiche/ unter dem ſchein eines guten Willen/ von ihm und die-
ſem ſeinem verraͤhteriſchen Niklot angetahn iſt. Dieſer ſchwieg ſtille darzu/ taht gleichwol
als wann ers beantworten wolte/ aber als er ſahe/ daß er ſchon bey dem Gerichte angelan-
get wahr/ ſtellete er ſich vor die obgedachte Richter/ und fragete/ wer ſie waͤhren/ dz ſie ſich
unterſtehen duͤrfften ſeine Richter zuſeyn/ da er doch keines Menſchen Oberbotmaͤſſig-
keit unterworffen waͤhre. Siegward gab ihm zur Antwort: Es koͤnte ihm gleiche viel
ſeyn/ wer ſie waͤhren/ nachdem er leicht zuerkennen haͤtte/ daß ſie von dem Großmachtig-
ſten Groß Fuͤrſten verordnet waͤhren/ ihm ſeine wolverdiente Straffe anzuſagen. Ich hoͤre
eurer keinen/ wiederantwortete er/ ſondern wil und muß den Groß Fuͤrſten ſelber ſprechen/
dem ich durch meine entſchuldigung ein ſolches Vergnuͤgen geben werde/ daß er meines
Blutes nicht begehren wird. Habt ihr/ Krito/ ſo erhebliche entſchuldigungen ſagte Sieg-
ward/ die ſollet und muͤſſet ihr vor uns euren Richtern anmelden/ oder in deſſen verwege-
rung die Endurtel uͤber euch nehmen/ maſſen der Großmaͤchtigſte Groß Fuͤrſt ſeinen fre-
chen/ unbefugten und meinaͤidigen Raͤuber vor ſeinen Augen nicht dulden kan. Er wolte
antworten/ ſahe ſich aber ohngefehr nach der linken Hand umb/ und ward gewahr/ daß ſei-
nes Sohns Leichnam daſelbſt in der naͤhe auff dem Ruͤcken lage/ welches ihn wunder nam/
und zu den Richtern ſagete: Ehe ich mich weiter mit euch einlaſſe/ begehre ich zu wiſſen/
auff was weiſe dieſer mein ungerahtener Sohn/ welcher ohnzweiffel meines Ungluͤks und
der erlittenen Niederlage die groͤſte Urſach iſt/ umbkommen ſey. Leches gab ihm auff Sieg-
wards befehl zur Antwort; Dieſer ſein Sohn/ weil er Zeit wehrender Schlacht ſich haͤtte
dürffen geluͤſten laſſen/ dz Durchleuchtigſte Fraͤulein als einen Raub uͤber den Iſelſtrohm
davon zu fuͤhren/ haͤtte man ihn verfolget/ ertappet/ und als einen Raͤuber nidergehauen/
daß er noch alſo dem wolverdienetem Henkersſchwert entgangen waͤhre. Ihm iſt recht
geſchehen/ antwortete Krito/ maſſen er ſeinem leiblichen Vater das Herz hat ſtehlen und
die Seele rauben wollen. Euch aber ihr vermeineten Richter frage ich nochmahl/ was

euch
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0556" n="550"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Siebendes Buch.</hi></fw><lb/>
verfu&#x0364;hre. Mein Herr/ antwortete er/ es i&#x017F;t der verwa&#x0364;gene Schelm/ welcher meinen gna&#x0364;-<lb/>
dig&#x017F;ten Groß Fu&#x0364;r&#x017F;ten durch fal&#x017F;chen Schwuhr in die Gefa&#x0364;ngniß gebracht. Was? &#x017F;agte<lb/>
er/ i&#x017F;t das mein getra&#x0364;uer Niklot? So &#x017F;ol &#x017F;ein Nahme &#x017F;eyn/ antwortete Gallus. Krito ent-<lb/>
&#x017F;etzete &#x017F;ich u&#x0364;ber der harten Straffe/ daß ihm alle Krafft entging/ trat ihm na&#x0364;her/ und &#x017F;age-<lb/>
te: Du mein getra&#x0364;uer Niklot/ dein Jammer gehet mir &#x017F;ehr zu herzen/ weil ich dir aber nit<lb/>
helffen kan/ wu&#x0364;n&#x017F;che ich dir einen &#x017F;chleunigen Tod zu Abhelffung deiner unleidliche&#x0303; Pein.<lb/>
Die&#x017F;er &#x017F;ahe zwar &#x017F;einen Fu&#x0364;r&#x017F;ten an/ aber weil ihm die Vernunfft aus u&#x0364;bergro&#x017F;&#x017F;er Pein<lb/>
&#x017F;chier vergangen wahr/ antwortete er nichts/ &#x017F;ondern bru&#x0364;llete vor Ang&#x017F;t immerhin wie ein<lb/>
Och&#x017F;e/ trieb auch mit den gebundenen Ha&#x0364;nden und freyen Fu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en &#x017F;olchen Jammer/ daß<lb/>
alle Zu&#x017F;eher ein Ab&#x017F;cheu daran hatten/ und doch bekenneten/ er ha&#x0364;tte noch wol ein mehres<lb/>
verdienet. Krito kunte &#x017F;eine wehmu&#x0364;htige Tra&#x0364;hnen nicht einzwingen/ un&#x0303; begehrete an Gal-<lb/>
lus/ daß dem redlichen Ritter &#x017F;eine Pein verku&#x0364;rzet wu&#x0364;rde. Aber er antwortete ihm: Wa&#x0364;h-<lb/>
re er ein redlicher Ritter/ du&#x0364;rffte er nicht am Pfale &#x017F;tecken/ weil aber &#x017F;ein begangener hoher<lb/>
Verraht &#x017F;olches verdienet/ muß er andern zum Ab&#x017F;cheuh und Schrecken ihm die&#x017F;en Lohn<lb/>
gefallen la&#x017F;&#x017F;en/ biß ihm Gott den Tod zu&#x017F;chicket; und nimt mich wunder u&#x0364;ber wunde&#xA75B;/ daß<lb/>
der Fu&#x0364;r&#x017F;t nicht erkennen kan noch wil/ wie hohe Beleidigung dem Großma&#x0364;chtig&#x017F;ten Groß-<lb/>
Fu&#x0364;r&#x017F;ten in &#x017F;einem eigenen Reiche/ unter dem &#x017F;chein eines guten Willen/ von ihm und die-<lb/>
&#x017F;em &#x017F;einem verra&#x0364;hteri&#x017F;chen Niklot angetahn i&#x017F;t. Die&#x017F;er &#x017F;chwieg &#x017F;tille darzu/ taht gleichwol<lb/>
als wann ers beantworten wolte/ aber als er &#x017F;ahe/ daß er &#x017F;chon bey dem Gerichte angelan-<lb/>
get wahr/ &#x017F;tellete er &#x017F;ich vor die obgedachte Richter/ und fragete/ wer &#x017F;ie wa&#x0364;hren/ dz &#x017F;ie &#x017F;ich<lb/>
unter&#x017F;tehen du&#x0364;rfften &#x017F;eine Richter zu&#x017F;eyn/ da er doch keines Men&#x017F;chen Oberbotma&#x0364;&#x017F;&#x017F;ig-<lb/>
keit unterworffen wa&#x0364;hre. Siegward gab ihm zur Antwort: Es ko&#x0364;nte ihm gleiche viel<lb/>
&#x017F;eyn/ wer &#x017F;ie wa&#x0364;hren/ nachdem er leicht zuerkennen ha&#x0364;tte/ daß &#x017F;ie von dem Großmachtig-<lb/>
&#x017F;ten Groß Fu&#x0364;r&#x017F;ten verordnet wa&#x0364;hren/ ihm &#x017F;eine wolverdiente Straffe anzu&#x017F;agen. Ich ho&#x0364;re<lb/>
eurer keinen/ wiederantwortete er/ &#x017F;ondern wil und muß den Groß Fu&#x0364;r&#x017F;ten &#x017F;elber &#x017F;prechen/<lb/>
dem ich durch meine ent&#x017F;chuldigung ein &#x017F;olches Vergnu&#x0364;gen geben werde/ daß er meines<lb/>
Blutes nicht begehren wird. Habt ihr/ Krito/ &#x017F;o erhebliche ent&#x017F;chuldigungen &#x017F;agte Sieg-<lb/>
ward/ die &#x017F;ollet und mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;et ihr vor uns euren Richtern anmelden/ oder in de&#x017F;&#x017F;en verwege-<lb/>
rung die Endurtel u&#x0364;ber euch nehmen/ ma&#x017F;&#x017F;en der Großma&#x0364;chtig&#x017F;te Groß Fu&#x0364;r&#x017F;t &#x017F;einen fre-<lb/>
chen/ unbefugten und meina&#x0364;idigen Ra&#x0364;uber vor &#x017F;einen Augen nicht dulden kan. Er wolte<lb/>
antworten/ &#x017F;ahe &#x017F;ich aber ohngefehr nach der linken Hand umb/ und ward gewahr/ daß &#x017F;ei-<lb/>
nes Sohns Leichnam da&#x017F;elb&#x017F;t in der na&#x0364;he auff dem Ru&#x0364;cken lage/ welches ihn wunder nam/<lb/>
und zu den Richtern &#x017F;agete: Ehe ich mich weiter mit euch einla&#x017F;&#x017F;e/ begehre ich zu wi&#x017F;&#x017F;en/<lb/>
auff was wei&#x017F;e die&#x017F;er mein ungerahtener Sohn/ welcher ohnzweiffel meines Unglu&#x0364;ks und<lb/>
der erlittenen Niederlage die gro&#x0364;&#x017F;te Ur&#x017F;ach i&#x017F;t/ umbkommen &#x017F;ey. Leches gab ihm auff Sieg-<lb/>
wards befehl zur Antwort; Die&#x017F;er &#x017F;ein Sohn/ weil er Zeit wehrender Schlacht &#x017F;ich ha&#x0364;tte<lb/>
dürffen gelu&#x0364;&#x017F;ten la&#x017F;&#x017F;en/ dz Durchleuchtig&#x017F;te Fra&#x0364;ulein als einen Raub u&#x0364;ber den I&#x017F;el&#x017F;trohm<lb/>
davon zu fu&#x0364;hren/ ha&#x0364;tte man ihn verfolget/ ertappet/ und als einen Ra&#x0364;uber nidergehauen/<lb/>
daß er noch al&#x017F;o dem wolverdienetem Henkers&#x017F;chwert entgangen wa&#x0364;hre. Ihm i&#x017F;t recht<lb/>
ge&#x017F;chehen/ antwortete Krito/ ma&#x017F;&#x017F;en er &#x017F;einem leiblichen Vater das Herz hat &#x017F;tehlen und<lb/>
die Seele rauben wollen. Euch aber ihr vermeineten Richter frage ich nochmahl/ was<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">euch</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[550/0556] Siebendes Buch. verfuͤhre. Mein Herr/ antwortete er/ es iſt der verwaͤgene Schelm/ welcher meinen gnaͤ- digſten Groß Fuͤrſten durch falſchen Schwuhr in die Gefaͤngniß gebracht. Was? ſagte er/ iſt das mein getraͤuer Niklot? So ſol ſein Nahme ſeyn/ antwortete Gallus. Krito ent- ſetzete ſich uͤber der harten Straffe/ daß ihm alle Krafft entging/ trat ihm naͤher/ und ſage- te: Du mein getraͤuer Niklot/ dein Jammer gehet mir ſehr zu herzen/ weil ich dir aber nit helffen kan/ wuͤnſche ich dir einen ſchleunigen Tod zu Abhelffung deiner unleidlichẽ Pein. Dieſer ſahe zwar ſeinen Fuͤrſten an/ aber weil ihm die Vernunfft aus uͤbergroſſer Pein ſchier vergangen wahr/ antwortete er nichts/ ſondern bruͤllete vor Angſt immerhin wie ein Ochſe/ trieb auch mit den gebundenen Haͤnden und freyen Fuͤſſen ſolchen Jammer/ daß alle Zuſeher ein Abſcheu daran hatten/ und doch bekenneten/ er haͤtte noch wol ein mehres verdienet. Krito kunte ſeine wehmuͤhtige Traͤhnen nicht einzwingen/ uñ begehrete an Gal- lus/ daß dem redlichen Ritter ſeine Pein verkuͤrzet wuͤrde. Aber er antwortete ihm: Waͤh- re er ein redlicher Ritter/ duͤrffte er nicht am Pfale ſtecken/ weil aber ſein begangener hoher Verraht ſolches verdienet/ muß er andern zum Abſcheuh und Schrecken ihm dieſen Lohn gefallen laſſen/ biß ihm Gott den Tod zuſchicket; und nimt mich wunder uͤber wundeꝛ/ daß der Fuͤrſt nicht erkennen kan noch wil/ wie hohe Beleidigung dem Großmaͤchtigſten Groß- Fuͤrſten in ſeinem eigenen Reiche/ unter dem ſchein eines guten Willen/ von ihm und die- ſem ſeinem verraͤhteriſchen Niklot angetahn iſt. Dieſer ſchwieg ſtille darzu/ taht gleichwol als wann ers beantworten wolte/ aber als er ſahe/ daß er ſchon bey dem Gerichte angelan- get wahr/ ſtellete er ſich vor die obgedachte Richter/ und fragete/ wer ſie waͤhren/ dz ſie ſich unterſtehen duͤrfften ſeine Richter zuſeyn/ da er doch keines Menſchen Oberbotmaͤſſig- keit unterworffen waͤhre. Siegward gab ihm zur Antwort: Es koͤnte ihm gleiche viel ſeyn/ wer ſie waͤhren/ nachdem er leicht zuerkennen haͤtte/ daß ſie von dem Großmachtig- ſten Groß Fuͤrſten verordnet waͤhren/ ihm ſeine wolverdiente Straffe anzuſagen. Ich hoͤre eurer keinen/ wiederantwortete er/ ſondern wil und muß den Groß Fuͤrſten ſelber ſprechen/ dem ich durch meine entſchuldigung ein ſolches Vergnuͤgen geben werde/ daß er meines Blutes nicht begehren wird. Habt ihr/ Krito/ ſo erhebliche entſchuldigungen ſagte Sieg- ward/ die ſollet und muͤſſet ihr vor uns euren Richtern anmelden/ oder in deſſen verwege- rung die Endurtel uͤber euch nehmen/ maſſen der Großmaͤchtigſte Groß Fuͤrſt ſeinen fre- chen/ unbefugten und meinaͤidigen Raͤuber vor ſeinen Augen nicht dulden kan. Er wolte antworten/ ſahe ſich aber ohngefehr nach der linken Hand umb/ und ward gewahr/ daß ſei- nes Sohns Leichnam daſelbſt in der naͤhe auff dem Ruͤcken lage/ welches ihn wunder nam/ und zu den Richtern ſagete: Ehe ich mich weiter mit euch einlaſſe/ begehre ich zu wiſſen/ auff was weiſe dieſer mein ungerahtener Sohn/ welcher ohnzweiffel meines Ungluͤks und der erlittenen Niederlage die groͤſte Urſach iſt/ umbkommen ſey. Leches gab ihm auff Sieg- wards befehl zur Antwort; Dieſer ſein Sohn/ weil er Zeit wehrender Schlacht ſich haͤtte dürffen geluͤſten laſſen/ dz Durchleuchtigſte Fraͤulein als einen Raub uͤber den Iſelſtrohm davon zu fuͤhren/ haͤtte man ihn verfolget/ ertappet/ und als einen Raͤuber nidergehauen/ daß er noch alſo dem wolverdienetem Henkersſchwert entgangen waͤhre. Ihm iſt recht geſchehen/ antwortete Krito/ maſſen er ſeinem leiblichen Vater das Herz hat ſtehlen und die Seele rauben wollen. Euch aber ihr vermeineten Richter frage ich nochmahl/ was euch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/556
Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 550. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/556>, abgerufen am 23.11.2024.