Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.

Bild:
<< vorherige Seite

Siebendes Buch.
schen an/ und wirket bey denen die ihn suchen und seine Erkäntnis begehren; so mache dich
nun früh mit dem Tage auff die Strassen/ da wirstu einen Mann antreffen/ welcher dir des
Himmels Schlüssel zeigen/ und auff deine Bitte gerne mitteilen wird. Nach welcher Re-
de endigung/ däuchte mich/ er in einen Winkel getreten/ und unsichtbar worden währe.
Bald hernach stellete sich ein heßlicher ungestalter Teuffel vor mir/ mit feurspeiendem Ra-
chen/ und scheußlichen Geberden/ ohn zweiffel/ den die unwissende Teutschen unter dem
nahmen Krodo verehren; derselb dräuete mir mit einer grossen Keule/ und ließ sich zugleich
vernehmen/ dafern ich diesem falschen und verführischen Bilde (so nennete er den Engel)
folge leisten würde/ solte mit seiner Straffkeule ich Zeit meines lebens geschlagen werden.
Er währe derselbe wahre Gott/ welcher bisdaher den Teutschen Königen und Fürsten wie-
der alle ihre Feinde Schuz geleistet/ und des Landes Freyheit erhalten hätte. Kaum kunte
er diese Dräuungen ausreden/ da ging vorgedachter Engel auff ihn loß mit einem feuri-
gen Schwert/ vor welchen er sich im geringsten nicht schützen kunte/ sondern unter zittern-
der Furcht davon lauffen muste. Gleich hierüber erwachete ich/ hörete meine Pferde wrin-
schen und kratzen (dann ich schlieff im Mahrstalle) empfand anfangs etwas grausen wegen
des teuflischen Gespenstes/ aber bald darauff eine herzliche Freude/ mich auff des Engels
Trostund beystand verlassend/ daher ich des lieben tages mit grossem verlangen erwartete/
welcher kaum hervor ragete/ da ich meine Kleider anlegete und mich auff die Gassen hin-
aus machete/ die eine ab/ die andere auff ging/ wie mirs vorkam/ der gewissen Hoffnung/
Gott würde mir den durch seinen Engel verheisse[n]en Lehrer zuschicken; stund auch nicht
lange an/ daß ein alter und hagerer Mann/ ehrbahres ansehens mir auffsties/ welcher un-
ter einem langen Mantel ein zimlich grosses Buch verborgen trug. Diesen grüssete ich
freundlich/ und fragete ihn/ was vor ein Buch das währe; dann der Mantel schlug ihm
ohngefehr vorne auf/ dz ich dasselbe eigentlich sehen kunte. Er aber nach geschehenem Wie-
dergrusse antwortete mir; Lieber Sohn/ wer seid ihr/ und warumb fraget ihr darnach? Ich
bin ein Leibeigener Knecht/ antwortete ich/ wie meine Kette ausweiset/ und durch blossen
unglüksfal aus Fürstlichen Stand in dienstbarkeit gerahten; habe sonst vor diesem auch
meine Lehrer gebabt/ und liesse mich noch gerne in allem guten/ sonderlich in göttlichen Sa-
chen unterrichten/ hoffe auch schier einen solchen anzutreffen/ der meinen Begierden/ die
nach der erkäntnis des wahren Gottes streben/ ein genügen tuhn werde; massen ich dessen
versichert bin/ daß/ wann ich nur dessen Erkäntnis haben möchte/ wolte ich durch unablässi-
ges Gebeht schon bey demselben erlangen/ daß ich aus der Knechtschaft wieder in freien
Stand gesetzet würde. Der alte sahe mich an als in höchster verwunderung/ weiß nicht
was ihm an mir gefallen möchte/ und gab mir zur Antwort: Schönster ädler jüngling/
ich halte euch in warheit mitten unter eurer knechtischen Kette vor einen solchen/ und wün-
sche euch des almächtigen wahren und einigen Gottes Gnade zu eurem Gottseligen vor-
haben/ kan auch inbetrachtung eures äusserlichen wesens/ nicht gläuben/ daß ihr aus Spot
oder verachtung solches redet; darumb folget mir unvermerket nach/ dann dieses (auff
sein Buch zeigend) ist des Himmels Schlüssel/ und die einige geöfnete Pforte zur heilsa-
men erkäntnis des wahren Gottes/ der allein Gott ist; dann alle Götter der Heyden sind
falsche Götzen/ aber der HErr/ der einige/ ewige almächtige Gott hat den Himmel gemacht/

und

Siebendes Buch.
ſchen an/ und wirket bey denen die ihn ſuchen und ſeine Erkaͤntnis begehren; ſo mache dich
nun fruͤh mit dem Tage auff die Straſſen/ da wirſtu einen Mañ antreffen/ welcher dir des
Himmels Schluͤſſel zeigen/ und auff deine Bitte gerne mitteilen wird. Nach welcher Re-
de endigung/ daͤuchte mich/ er in einen Winkel getreten/ und unſichtbar worden waͤhre.
Bald hernach ſtellete ſich ein heßlicher ungeſtalter Teuffel vor mir/ mit feurſpeiendem Ra-
chen/ und ſcheußlichen Geberden/ ohn zweiffel/ den die unwiſſende Teutſchen unter dem
nahmen Krodo verehren; derſelb draͤuete mir mit einer groſſen Keule/ uñ ließ ſich zugleich
vernehmen/ dafern ich dieſem falſchen und verfuͤhriſchen Bilde (ſo nennete er den Engel)
folge leiſten wuͤrde/ ſolte mit ſeiner Straffkeule ich Zeit meines lebens geſchlagen werden.
Er waͤhre derſelbe wahre Gott/ welcher bisdaher den Teutſchen Koͤnigen und Fuͤrſten wie-
der alle ihre Feinde Schuz geleiſtet/ und des Landes Freyheit erhalten haͤtte. Kaum kunte
er dieſe Draͤuungen ausreden/ da ging vorgedachter Engel auff ihn loß mit einem feuri-
gen Schwert/ vor welchen er ſich im geringſten nicht ſchuͤtzen kunte/ ſondern unter zittern-
der Furcht davon lauffen muſte. Gleich hieruͤber erwachete ich/ hoͤrete meine Pferde wrin-
ſchen und kratzen (dann ich ſchlieff im Mahrſtalle) empfand anfangs etwas grauſen wegen
des teufliſchen Geſpenſtes/ aber bald darauff eine herzliche Freude/ mich auff des Engels
Troſtund beyſtand verlaſſend/ daher ich des lieben tages mit groſſem verlangen erwartete/
welcher kaum hervor ragete/ da ich meine Kleider anlegete und mich auff die Gaſſen hin-
aus machete/ die eine ab/ die andere auff ging/ wie mirs vorkam/ der gewiſſen Hoffnung/
Gott wuͤrde mir den durch ſeinen Engel verheiſſe[n]en Lehrer zuſchicken; ſtund auch nicht
lange an/ daß ein alter und hagerer Mann/ ehrbahres anſehens mir auffſties/ welcher un-
ter einem langen Mantel ein zimlich groſſes Buch verborgen trug. Dieſen gruͤſſete ich
freundlich/ und fragete ihn/ was vor ein Buch das waͤhre; dann der Mantel ſchlug ihm
ohngefehr vorne auf/ dz ich daſſelbe eigentlich ſehen kunte. Er aber nach geſchehenem Wie-
dergruſſe antwortete mir; Lieber Sohn/ wer ſeid ihr/ uñ warumb fraget ihr darnach? Ich
bin ein Leibeigener Knecht/ antwortete ich/ wie meine Kette ausweiſet/ und durch bloſſen
unglüksfal aus Fürſtlichen Stand in dienſtbarkeit gerahten; habe ſonſt vor dieſem auch
meine Lehrer gebabt/ und lieſſe mich noch gerne in allem guten/ ſonderlich in goͤttlichen Sa-
chen unterrichten/ hoffe auch ſchier einen ſolchen anzutreffen/ der meinen Begierden/ die
nach der erkaͤntnis des wahren Gottes ſtreben/ ein genuͤgen tuhn werde; maſſen ich deſſen
verſicheꝛt bin/ daß/ wann ich nur deſſen Erkaͤntnis haben moͤchte/ wolte ich durch unablaͤſſi-
ges Gebeht ſchon bey demſelben erlangen/ daß ich aus der Knechtſchaft wieder in freien
Stand geſetzet wuͤrde. Der alte ſahe mich an als in hoͤchſter verwunderung/ weiß nicht
was ihm an mir gefallen moͤchte/ und gab mir zur Antwort: Schoͤnſter aͤdler jüngling/
ich halte euch in warheit mitten unter eurer knechtiſchen Kette vor einen ſolchen/ und wün-
ſche euch des almaͤchtigen wahren und einigen Gottes Gnade zu eurem Gottſeligen vor-
haben/ kan auch inbetrachtung eures aͤuſſerlichen weſens/ nicht glaͤuben/ daß ihr aus Spot
oder verachtung ſolches redet; darumb folget mir unvermerket nach/ dann dieſes (auff
ſein Buch zeigend) iſt des Himmels Schluͤſſel/ und die einige geoͤfnete Pforte zur heilſa-
men erkaͤntnis des wahren Gottes/ der allein Gott iſt; dann alle Goͤtter der Heyden ſind
falſche Goͤtzen/ aber der HErr/ der einige/ ewige almaͤchtige Gott hat den Himmel gemacht/

und
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0540" n="534"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Siebendes Buch.</hi></fw><lb/>
&#x017F;chen an/ und wirket bey denen die ihn &#x017F;uchen und &#x017F;eine Erka&#x0364;ntnis begehren; &#x017F;o mache dich<lb/>
nun fru&#x0364;h mit dem Tage auff die Stra&#x017F;&#x017F;en/ da wir&#x017F;tu einen Man&#x0303; antreffen/ welcher dir des<lb/>
Himmels Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el zeigen/ und auff deine Bitte gerne mitteilen wird. Nach welcher Re-<lb/>
de endigung/ da&#x0364;uchte mich/ er in einen Winkel getreten/ und un&#x017F;ichtbar worden wa&#x0364;hre.<lb/>
Bald hernach &#x017F;tellete &#x017F;ich ein heßlicher unge&#x017F;talter Teuffel vor mir/ mit feur&#x017F;peiendem Ra-<lb/>
chen/ und &#x017F;cheußlichen Geberden/ ohn zweiffel/ den die unwi&#x017F;&#x017F;ende Teut&#x017F;chen unter dem<lb/>
nahmen Krodo verehren; der&#x017F;elb dra&#x0364;uete mir mit einer gro&#x017F;&#x017F;en Keule/ un&#x0303; ließ &#x017F;ich zugleich<lb/>
vernehmen/ dafern ich die&#x017F;em fal&#x017F;chen und verfu&#x0364;hri&#x017F;chen Bilde (&#x017F;o nennete er den Engel)<lb/>
folge lei&#x017F;ten wu&#x0364;rde/ &#x017F;olte mit &#x017F;einer Straffkeule ich Zeit meines lebens ge&#x017F;chlagen werden.<lb/>
Er wa&#x0364;hre der&#x017F;elbe wahre Gott/ welcher bisdaher den Teut&#x017F;chen Ko&#x0364;nigen und Fu&#x0364;r&#x017F;ten wie-<lb/>
der alle ihre Feinde Schuz gelei&#x017F;tet/ und des Landes Freyheit erhalten ha&#x0364;tte. Kaum kunte<lb/>
er die&#x017F;e Dra&#x0364;uungen ausreden/ da ging vorgedachter Engel auff ihn loß mit einem feuri-<lb/>
gen Schwert/ vor welchen er &#x017F;ich im gering&#x017F;ten nicht &#x017F;chu&#x0364;tzen kunte/ &#x017F;ondern unter zittern-<lb/>
der Furcht davon lauffen mu&#x017F;te. Gleich hieru&#x0364;ber erwachete ich/ ho&#x0364;rete meine Pferde wrin-<lb/>
&#x017F;chen und kratzen (dann ich &#x017F;chlieff im Mahr&#x017F;talle) empfand anfangs etwas grau&#x017F;en wegen<lb/>
des teufli&#x017F;chen Ge&#x017F;pen&#x017F;tes/ aber bald darauff eine herzliche Freude/ mich auff des Engels<lb/>
Tro&#x017F;tund bey&#x017F;tand verla&#x017F;&#x017F;end/ daher ich des lieben tages mit gro&#x017F;&#x017F;em verlangen erwartete/<lb/>
welcher kaum hervor ragete/ da ich meine Kleider anlegete und mich auff die Ga&#x017F;&#x017F;en hin-<lb/>
aus machete/ die eine ab/ die andere auff ging/ wie mirs vorkam/ der gewi&#x017F;&#x017F;en Hoffnung/<lb/>
Gott wu&#x0364;rde mir den durch &#x017F;einen Engel verhei&#x017F;&#x017F;e<supplied>n</supplied>en Lehrer zu&#x017F;chicken; &#x017F;tund auch nicht<lb/>
lange an/ daß ein alter und hagerer Mann/ ehrbahres an&#x017F;ehens mir auff&#x017F;ties/ welcher un-<lb/>
ter einem langen Mantel ein zimlich gro&#x017F;&#x017F;es Buch verborgen trug. Die&#x017F;en gru&#x0364;&#x017F;&#x017F;ete ich<lb/>
freundlich/ und fragete ihn/ was vor ein Buch das wa&#x0364;hre; dann der Mantel &#x017F;chlug ihm<lb/>
ohngefehr vorne auf/ dz ich da&#x017F;&#x017F;elbe eigentlich &#x017F;ehen kunte. Er aber nach ge&#x017F;chehenem Wie-<lb/>
dergru&#x017F;&#x017F;e antwortete mir; Lieber Sohn/ wer &#x017F;eid ihr/ un&#x0303; warumb fraget ihr darnach? Ich<lb/>
bin ein Leibeigener Knecht/ antwortete ich/ wie meine Kette auswei&#x017F;et/ und durch blo&#x017F;&#x017F;en<lb/>
unglüksfal aus Für&#x017F;tlichen Stand in dien&#x017F;tbarkeit gerahten; habe &#x017F;on&#x017F;t vor die&#x017F;em auch<lb/>
meine Lehrer gebabt/ und lie&#x017F;&#x017F;e mich noch gerne in allem guten/ &#x017F;onderlich in go&#x0364;ttlichen Sa-<lb/>
chen unterrichten/ hoffe auch &#x017F;chier einen &#x017F;olchen anzutreffen/ der meinen Begierden/ die<lb/>
nach der erka&#x0364;ntnis des wahren Gottes &#x017F;treben/ ein genu&#x0364;gen tuhn werde; ma&#x017F;&#x017F;en ich de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
ver&#x017F;iche&#xA75B;t bin/ daß/ wann ich nur de&#x017F;&#x017F;en Erka&#x0364;ntnis haben mo&#x0364;chte/ wolte ich durch unabla&#x0364;&#x017F;&#x017F;i-<lb/>
ges Gebeht &#x017F;chon bey dem&#x017F;elben erlangen/ daß ich aus der Knecht&#x017F;chaft wieder in freien<lb/>
Stand ge&#x017F;etzet wu&#x0364;rde. Der alte &#x017F;ahe mich an als in ho&#x0364;ch&#x017F;ter verwunderung/ weiß nicht<lb/>
was ihm an mir gefallen mo&#x0364;chte/ und gab mir zur Antwort: Scho&#x0364;n&#x017F;ter a&#x0364;dler jüngling/<lb/>
ich halte euch in warheit mitten unter eurer knechti&#x017F;chen Kette vor einen &#x017F;olchen/ und wün-<lb/>
&#x017F;che euch des alma&#x0364;chtigen wahren und einigen Gottes Gnade zu eurem Gott&#x017F;eligen vor-<lb/>
haben/ kan auch inbetrachtung eures a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erlichen we&#x017F;ens/ nicht gla&#x0364;uben/ daß ihr aus Spot<lb/>
oder verachtung &#x017F;olches redet; darumb folget mir unvermerket nach/ dann die&#x017F;es (auff<lb/>
&#x017F;ein Buch zeigend) i&#x017F;t des Himmels Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el/ und die einige geo&#x0364;fnete Pforte zur heil&#x017F;a-<lb/>
men erka&#x0364;ntnis des wahren Gottes/ der allein Gott i&#x017F;t; dann alle Go&#x0364;tter der Heyden &#x017F;ind<lb/>
fal&#x017F;che Go&#x0364;tzen/ aber der HErr/ der einige/ ewige alma&#x0364;chtige Gott hat den Himmel gemacht/<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[534/0540] Siebendes Buch. ſchen an/ und wirket bey denen die ihn ſuchen und ſeine Erkaͤntnis begehren; ſo mache dich nun fruͤh mit dem Tage auff die Straſſen/ da wirſtu einen Mañ antreffen/ welcher dir des Himmels Schluͤſſel zeigen/ und auff deine Bitte gerne mitteilen wird. Nach welcher Re- de endigung/ daͤuchte mich/ er in einen Winkel getreten/ und unſichtbar worden waͤhre. Bald hernach ſtellete ſich ein heßlicher ungeſtalter Teuffel vor mir/ mit feurſpeiendem Ra- chen/ und ſcheußlichen Geberden/ ohn zweiffel/ den die unwiſſende Teutſchen unter dem nahmen Krodo verehren; derſelb draͤuete mir mit einer groſſen Keule/ uñ ließ ſich zugleich vernehmen/ dafern ich dieſem falſchen und verfuͤhriſchen Bilde (ſo nennete er den Engel) folge leiſten wuͤrde/ ſolte mit ſeiner Straffkeule ich Zeit meines lebens geſchlagen werden. Er waͤhre derſelbe wahre Gott/ welcher bisdaher den Teutſchen Koͤnigen und Fuͤrſten wie- der alle ihre Feinde Schuz geleiſtet/ und des Landes Freyheit erhalten haͤtte. Kaum kunte er dieſe Draͤuungen ausreden/ da ging vorgedachter Engel auff ihn loß mit einem feuri- gen Schwert/ vor welchen er ſich im geringſten nicht ſchuͤtzen kunte/ ſondern unter zittern- der Furcht davon lauffen muſte. Gleich hieruͤber erwachete ich/ hoͤrete meine Pferde wrin- ſchen und kratzen (dann ich ſchlieff im Mahrſtalle) empfand anfangs etwas grauſen wegen des teufliſchen Geſpenſtes/ aber bald darauff eine herzliche Freude/ mich auff des Engels Troſtund beyſtand verlaſſend/ daher ich des lieben tages mit groſſem verlangen erwartete/ welcher kaum hervor ragete/ da ich meine Kleider anlegete und mich auff die Gaſſen hin- aus machete/ die eine ab/ die andere auff ging/ wie mirs vorkam/ der gewiſſen Hoffnung/ Gott wuͤrde mir den durch ſeinen Engel verheiſſenen Lehrer zuſchicken; ſtund auch nicht lange an/ daß ein alter und hagerer Mann/ ehrbahres anſehens mir auffſties/ welcher un- ter einem langen Mantel ein zimlich groſſes Buch verborgen trug. Dieſen gruͤſſete ich freundlich/ und fragete ihn/ was vor ein Buch das waͤhre; dann der Mantel ſchlug ihm ohngefehr vorne auf/ dz ich daſſelbe eigentlich ſehen kunte. Er aber nach geſchehenem Wie- dergruſſe antwortete mir; Lieber Sohn/ wer ſeid ihr/ uñ warumb fraget ihr darnach? Ich bin ein Leibeigener Knecht/ antwortete ich/ wie meine Kette ausweiſet/ und durch bloſſen unglüksfal aus Fürſtlichen Stand in dienſtbarkeit gerahten; habe ſonſt vor dieſem auch meine Lehrer gebabt/ und lieſſe mich noch gerne in allem guten/ ſonderlich in goͤttlichen Sa- chen unterrichten/ hoffe auch ſchier einen ſolchen anzutreffen/ der meinen Begierden/ die nach der erkaͤntnis des wahren Gottes ſtreben/ ein genuͤgen tuhn werde; maſſen ich deſſen verſicheꝛt bin/ daß/ wann ich nur deſſen Erkaͤntnis haben moͤchte/ wolte ich durch unablaͤſſi- ges Gebeht ſchon bey demſelben erlangen/ daß ich aus der Knechtſchaft wieder in freien Stand geſetzet wuͤrde. Der alte ſahe mich an als in hoͤchſter verwunderung/ weiß nicht was ihm an mir gefallen moͤchte/ und gab mir zur Antwort: Schoͤnſter aͤdler jüngling/ ich halte euch in warheit mitten unter eurer knechtiſchen Kette vor einen ſolchen/ und wün- ſche euch des almaͤchtigen wahren und einigen Gottes Gnade zu eurem Gottſeligen vor- haben/ kan auch inbetrachtung eures aͤuſſerlichen weſens/ nicht glaͤuben/ daß ihr aus Spot oder verachtung ſolches redet; darumb folget mir unvermerket nach/ dann dieſes (auff ſein Buch zeigend) iſt des Himmels Schluͤſſel/ und die einige geoͤfnete Pforte zur heilſa- men erkaͤntnis des wahren Gottes/ der allein Gott iſt; dann alle Goͤtter der Heyden ſind falſche Goͤtzen/ aber der HErr/ der einige/ ewige almaͤchtige Gott hat den Himmel gemacht/ und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/540
Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 534. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/540>, abgerufen am 27.05.2024.