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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.

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Sechstes Buch.
sten Gott/ welchen er Jupiter nennet/ zum Ochsen umb Frl. Europen willen machet? O
du blinde Vernunft/ lerne doch erkennen/ daß Gott ein reines keusches unverendertes
ewiges Wesen sey/ dem kein Abzug kein Zufal/ kein Muhtwille/ keine Frecheit/ aber auch
keine Schwach- und Unvolkommenheit kan noch muß zugeleget werden; dann wie könte
Gott alle dingeordnen/ schaffen und erhalten/ wann einiger Gebrech an ihm währe? wie
könte er das höchste Gut sein/ wann einige zuneigung zum Bösen bey ihm währe? Ich re-
de kühnlich/ weil ich einen gnädigsten Käyser habe/ und umb so viel kühner/ weil ich dem
wahren Gott nichts unbilliches/ nichts vorwerfliches/ nichts gebrechliches antichte; weiß
auch/ daß die Grosmächtige Käyserliche Fr. Mutter mit mir allerdinge einig ist. Dann
warumb solte ich leugnen/ daß ich eine Christin bin? so weiß ich ja auch/ daß mannicher
Christ bey meinem Gnädigsten Käyser wol gelitten ist/ und dessen Hocheit meinem HErrn
und Heiland Jesus Christ selbst nicht verachtet (dieses sagte sie/ weil der Käyser denselben
auch mit unter seine andere Haus Götter rechnete). Weil dann die Christen/ fuhr sie fort/
den Tichtungen von den falschen Göttern und Göttinnen hertzlich feind sind/ hat der heu-
tige schändliche Lügen Tichter keine andere Belohnung bey mir zu hoffen/ als verachtung/
Feindschaft/ Haß/ Schmach und Straffe/ dafern ich seiner nur mächtig werden kan. Alle
Anwesende höreten ihr fleissig zu/ sahen ihr die Augen im Kopfe vor Zorn fünkeln/ und
sprach der Käyser sie zufrieden; sie möchte diesen Närrischen Tichter ihres ädlen Eifers
unwirdig halten; könte er ihn in erfahrung bringen/ solte es ihm ungestraffet nicht hingehen.
Worauf sie sich dann zufrieden gab/ und bey dem Käyser bitlich erhielt/ daß ausgeruffen
ward/ da iemand dergleichen Zettel gefunden/ solte er sie straks Angesichts einliefern/ deren
25 eines Inhalts herzugebracht und mit Feur verbrennet wurden. Es wahr dieses der
Sechste Tag der Hochzeit/ an welchem Herkules und Ladisla allen Römischen Herren/
Frauen und Fräulein köstliche Kleinot und Ringe/ teils aus der Räuber Höhle/ teils aus
Asten mitgebracht/ austeileten/ ihrer Freund- und Kundschaft dabey zudenken; insonder-
heit bestelleten sie bey Herr M. Fabius/ daß dem Käyser in der Stad Rom/ nicht weit von
ihren aufgerichteten Bildnissen/ ein Siegesbogen/ und eine hohe Spitze solte aufgebauet
werden/ dero behuef sie ihm dann 4 Tonnen Goldes einlieferten; Welches er dem Käyser
unangezeigt nicht lassen durfte/ der ihre Gewogenheit daraus erkennend/ hinwiederum je-
dem einen güldenen Königs Stab/ als freien Bundgenossen/ und des Römischen Reichs
Freunden/ schenkete.

Des nähstfolgenden Tages zimlich früh/ ward dem Käyser angemeldet; es hielte
ein sehr grosser starker Ritter/ scheußliches Angesichts mit 12 Gewapneten/ und 10 Leibdie-
nern vor dem Stad Tohr/ gäbe sich an vor einen Pannonischen Herren und Gesanten sei-
nes Königes/ und begehrete vor den Römischen Käyser gelassen zuwerden/ als welchen er
wegen seines Königes und des Pannonischen Reichs etwas vorzutragen hätte. Vielleicht/
antwortete Dio/ wil Pannonien sich dereins bequemen/ nachdem es uns etliche Jahr an-
einander manniche Ungelegenheit verursachet hat/ und verlanget mich zuwissen/ was die-
ser guts neues bringen wird. Der Käyser befahl/ man solte ihn neben den seinen in die
Stad lassen/ und in eine gute Herberge legen/ biß er nach gehaltenem Frühstücke (dann sie
wahren willens auf die Jagt zureiten/ welches hiedurch auffgeschoben ward) vorgefodert

würde;

Sechſtes Buch.
ſten Gott/ welchen er Jupiter nennet/ zum Ochſen umb Frl. Europen willen machet? O
du blinde Vernunft/ lerne doch erkennen/ daß Gott ein reines keuſches unverendertes
ewiges Weſen ſey/ dem kein Abzug kein Zufal/ kein Muhtwille/ keine Frecheit/ aber auch
keine Schwach- und Unvolkommenheit kan noch muß zugeleget werden; dann wie koͤnte
Gott alle dingeordnen/ ſchaffen und erhalten/ wann einiger Gebrech an ihm waͤhre? wie
koͤnte er das hoͤchſte Gut ſein/ wann einige zuneigung zum Boͤſen bey ihm waͤhre? Ich re-
de kühnlich/ weil ich einen gnaͤdigſten Kaͤyſer habe/ und umb ſo viel kuͤhner/ weil ich dem
wahren Gott nichts unbilliches/ nichts vorwerfliches/ nichts gebrechliches antichte; weiß
auch/ daß die Groſmaͤchtige Kaͤyſerliche Fr. Mutter mit mir allerdinge einig iſt. Dann
warumb ſolte ich leugnen/ daß ich eine Chriſtin bin? ſo weiß ich ja auch/ daß mannicher
Chriſt bey meinem Gnaͤdigſten Kaͤyſer wol gelitten iſt/ und deſſen Hocheit meinem HErrn
und Heiland Jeſus Chriſt ſelbſt nicht verachtet (dieſes ſagte ſie/ weil der Kaͤyſer denſelbẽ
auch mit unter ſeine andere Hauſ Goͤtter rechnete). Weil dann die Chriſten/ fuhr ſie fort/
den Tichtungen von den falſchen Goͤttern und Goͤttinnen hertzlich feind ſind/ hat der heu-
tige ſchaͤndliche Luͤgen Tichter keine andere Belohnung bey mir zu hoffen/ als verachtung/
Feindſchaft/ Haß/ Schmach und Straffe/ dafern ich ſeiner nur maͤchtig werden kan. Alle
Anweſende hoͤreten ihr fleiſſig zu/ ſahen ihr die Augen im Kopfe vor Zorn fuͤnkeln/ und
ſprach der Kaͤyſer ſie zufrieden; ſie moͤchte dieſen Naͤrriſchen Tichter ihres aͤdlen Eifers
unwirdig halten; koͤnte er ihn in eꝛfahrung bꝛingen/ ſolte es ihm ungeſtꝛaffet nicht hingehẽ.
Worauf ſie ſich dann zufrieden gab/ und bey dem Kaͤyſer bitlich erhielt/ daß auſgeruffen
ward/ da iemand dergleichen Zettel gefunden/ ſolte er ſie ſtraks Angeſichts einliefern/ derẽ
25 eines Inhalts herzugebracht und mit Feur verbrennet wurden. Es wahr dieſes der
Sechſte Tag der Hochzeit/ an welchem Herkules und Ladiſla allen Roͤmiſchen Herren/
Frauen und Fraͤulein koͤſtliche Kleinot und Ringe/ teils aus der Raͤuber Hoͤhle/ teils aus
Aſten mitgebracht/ austeileten/ ihrer Freund- und Kundſchaft dabey zudenken; inſonder-
heit beſtelleten ſie bey Herr M. Fabius/ daß dem Kaͤyſer in der Stad Rom/ nicht weit von
ihren aufgerichteten Bildniſſen/ ein Siegesbogen/ und eine hohe Spitze ſolte aufgebauet
werden/ dero behuef ſie ihm dann 4 Tonnen Goldes einlieferten; Welches er dem Kaͤyſer
unangezeigt nicht laſſen durfte/ der ihre Gewogenheit daraus erkennend/ hinwiederum je-
dem einen guͤldenen Koͤnigs Stab/ als freien Bundgenoſſen/ und des Roͤmiſchen Reichs
Freunden/ ſchenkete.

Des naͤhſtfolgenden Tages zimlich fruͤh/ ward dem Kaͤyſer angemeldet; es hielte
ein ſehr groſſer ſtarker Ritter/ ſcheußliches Angeſichts mit 12 Gewapneten/ und 10 Leibdie-
nern vor dem Stad Tohr/ gaͤbe ſich an vor einen Pannoniſchen Herren und Geſanten ſei-
nes Koͤniges/ und begehrete vor den Roͤmiſchen Kaͤyſer gelaſſen zuwerden/ als welchen er
wegen ſeines Koͤniges und des Pañoniſchen Reichs etwas vorzutragen haͤtte. Vielleicht/
antwortete Dio/ wil Pañonien ſich dereins bequemen/ nachdem es uns etliche Jahr an-
einander manniche Ungelegenheit verurſachet hat/ und verlanget mich zuwiſſen/ was die-
ſer guts neues bringen wird. Der Kaͤyſer befahl/ man ſolte ihn neben den ſeinen in die
Stad laſſen/ und in eine gute Herberge legen/ biß er nach gehaltenem Fruͤhſtuͤcke (dann ſie
wahren willens auf die Jagt zureiten/ welches hiedurch auffgeſchoben ward) vorgefodert

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[428/0434] Sechſtes Buch. ſten Gott/ welchen er Jupiter nennet/ zum Ochſen umb Frl. Europen willen machet? O du blinde Vernunft/ lerne doch erkennen/ daß Gott ein reines keuſches unverendertes ewiges Weſen ſey/ dem kein Abzug kein Zufal/ kein Muhtwille/ keine Frecheit/ aber auch keine Schwach- und Unvolkommenheit kan noch muß zugeleget werden; dann wie koͤnte Gott alle dingeordnen/ ſchaffen und erhalten/ wann einiger Gebrech an ihm waͤhre? wie koͤnte er das hoͤchſte Gut ſein/ wann einige zuneigung zum Boͤſen bey ihm waͤhre? Ich re- de kühnlich/ weil ich einen gnaͤdigſten Kaͤyſer habe/ und umb ſo viel kuͤhner/ weil ich dem wahren Gott nichts unbilliches/ nichts vorwerfliches/ nichts gebrechliches antichte; weiß auch/ daß die Groſmaͤchtige Kaͤyſerliche Fr. Mutter mit mir allerdinge einig iſt. Dann warumb ſolte ich leugnen/ daß ich eine Chriſtin bin? ſo weiß ich ja auch/ daß mannicher Chriſt bey meinem Gnaͤdigſten Kaͤyſer wol gelitten iſt/ und deſſen Hocheit meinem HErrn und Heiland Jeſus Chriſt ſelbſt nicht verachtet (dieſes ſagte ſie/ weil der Kaͤyſer denſelbẽ auch mit unter ſeine andere Hauſ Goͤtter rechnete). Weil dann die Chriſten/ fuhr ſie fort/ den Tichtungen von den falſchen Goͤttern und Goͤttinnen hertzlich feind ſind/ hat der heu- tige ſchaͤndliche Luͤgen Tichter keine andere Belohnung bey mir zu hoffen/ als verachtung/ Feindſchaft/ Haß/ Schmach und Straffe/ dafern ich ſeiner nur maͤchtig werden kan. Alle Anweſende hoͤreten ihr fleiſſig zu/ ſahen ihr die Augen im Kopfe vor Zorn fuͤnkeln/ und ſprach der Kaͤyſer ſie zufrieden; ſie moͤchte dieſen Naͤrriſchen Tichter ihres aͤdlen Eifers unwirdig halten; koͤnte er ihn in eꝛfahrung bꝛingen/ ſolte es ihm ungeſtꝛaffet nicht hingehẽ. Worauf ſie ſich dann zufrieden gab/ und bey dem Kaͤyſer bitlich erhielt/ daß auſgeruffen ward/ da iemand dergleichen Zettel gefunden/ ſolte er ſie ſtraks Angeſichts einliefern/ derẽ 25 eines Inhalts herzugebracht und mit Feur verbrennet wurden. Es wahr dieſes der Sechſte Tag der Hochzeit/ an welchem Herkules und Ladiſla allen Roͤmiſchen Herren/ Frauen und Fraͤulein koͤſtliche Kleinot und Ringe/ teils aus der Raͤuber Hoͤhle/ teils aus Aſten mitgebracht/ austeileten/ ihrer Freund- und Kundſchaft dabey zudenken; inſonder- heit beſtelleten ſie bey Herr M. Fabius/ daß dem Kaͤyſer in der Stad Rom/ nicht weit von ihren aufgerichteten Bildniſſen/ ein Siegesbogen/ und eine hohe Spitze ſolte aufgebauet werden/ dero behuef ſie ihm dann 4 Tonnen Goldes einlieferten; Welches er dem Kaͤyſer unangezeigt nicht laſſen durfte/ der ihre Gewogenheit daraus erkennend/ hinwiederum je- dem einen guͤldenen Koͤnigs Stab/ als freien Bundgenoſſen/ und des Roͤmiſchen Reichs Freunden/ ſchenkete. Des naͤhſtfolgenden Tages zimlich fruͤh/ ward dem Kaͤyſer angemeldet; es hielte ein ſehr groſſer ſtarker Ritter/ ſcheußliches Angeſichts mit 12 Gewapneten/ und 10 Leibdie- nern vor dem Stad Tohr/ gaͤbe ſich an vor einen Pannoniſchen Herren und Geſanten ſei- nes Koͤniges/ und begehrete vor den Roͤmiſchen Kaͤyſer gelaſſen zuwerden/ als welchen er wegen ſeines Koͤniges und des Pañoniſchen Reichs etwas vorzutragen haͤtte. Vielleicht/ antwortete Dio/ wil Pañonien ſich dereins bequemen/ nachdem es uns etliche Jahr an- einander manniche Ungelegenheit verurſachet hat/ und verlanget mich zuwiſſen/ was die- ſer guts neues bringen wird. Der Kaͤyſer befahl/ man ſolte ihn neben den ſeinen in die Stad laſſen/ und in eine gute Herberge legen/ biß er nach gehaltenem Fruͤhſtuͤcke (dann ſie wahren willens auf die Jagt zureiten/ welches hiedurch auffgeſchoben ward) vorgefodert wuͤrde;

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 428. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/434>, abgerufen am 22.11.2024.