Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.Sechstes Buch. te; daher sie hinzu trat/ ein weisses Fleklein einer Haselnus groß in das Schwarze mache-te/ hernach einen schwarzen Quehrstreich mitten über die Scheibe zohe/ und durch den Dolmetscher anmelden ließ/ sie wolte den gemahleten Strich von der Rechten nach der Linken zu/ biß an das weisse Fleklein vor sich nehmen/ und voller Pfeile schiessen/ die andern möchten von der Linken nach der Rechten zu/ ihren Schuß nehmen/ und den Strich mit Pfeilen füllen/ hernach solte das Weisse den Meisterschuß geben. Die Anwesende hielten solches vor eine Unmögligkeit/ und sahen ihrem beginnen fleissig zu/ da sie einen Pfeil nach dem andern/ dem geraden Zuge nach/ in die Scheibe schoß/ als währen sie nach der Schnuhr hinein gestecket; und da sie den achten abdrücken wolte/ flog ein Geier hoch in lüften über ihr her/ welchen sie ohngefehr sahe/ und ihn alsbald herunter schoß/ daß er Skaurus auff die Achsel fiel; volführete darauff ihr Vorhaben/ biß 19 Pfeile in der Reihe stecketen/ und drey Daumen breit von dem weissen Flek übrig wahr. Der Käyser sahe diesem mit höch- ster verwunderung zu/ und sagte zu Dio: Ich wahr schier halb willens/ das Schiessen mit zu halten (wie er dann ein guter Schütze wahr) aber nun ist mirs Lieb/ daß ich mich des Bogen geäussert; dann dieser vermummeten Amazonin gleichen lebet nicht. Es ließ sich niemand im Platze finden/ der lust hatte dieses Schiessen mit anzutreten/ biß die Amazo- nin sie anreden ließ/ wer in vorigen übungen sich mit gewaget hätte/ würde ihr auch in der lezten Geselschaft leisten. Also trat Ladisla zu erst hin/ schoß seinen Pfeil ans äusserste der Linken in den Strich/ doch daß er nicht gar in die mitte kam/ sondern ein wenig zu hoch stec- kete/ weil er aber den Strich über die Halbscheid rührete/ ließ man ihn stecken. Herkules fol- gete/ und schoß den seinen recht nach gebühr. Baldrich kam etwas zu niedrig/ deßwegen ward er ausgezogen. Siegward hoffete es besser zu machen/ aber er traff nicht allein zu hoch/ sondern auch zu weit nach der Rechten. Arbianes hatte das Glük/ daß seyn Pfeil/ gleich Ladislaen stecken blieb. Pupienus schoß gar fein/ aber er beteurete daß es ein blosser Glückesschuß währe; die übrigen alle schossen gröblich fehl. Also kam die Ordnung wieder an Ladisla/ der traff dißmahl recht. Herkules im gleichen; die übrigen fehleten alle. Zum drittenmahl fehlete Ladisla des Streichs/ auch alle anderen/ ohn Herkules/ und machte es Pupienus am schlimmesten/ daher sich niemand mehr wolte gebrauchen lassen/ ohn allein Herkules füllete die Zeile/ wiewol nicht so gar gleich als die Amazonin/ wolte doch nit desto weniger den Meisterschuß mit halten/ da ihm dann der Vorschuß gegönnet ward/ welcher so wol geriet/ daß er mitten auff das Weisse zustecken kam; dessen die Amazonin sich herz- lich erfreuete/ ließ das Löchlein nach ausgezogenem Pfeile zupflöcken/ legete an/ und schoß in eben dasselbe Loch/ welches Herkules gemacht hatte/ wie es dann von allen/ die sich mit übeten/ besichtiget ward. Arbianes wolte nicht mehr zweiffeln/ es müste die unvergleichli- che Schützin Valiska seyn/ trat zu ihr hin/ und sagete auff Medisch: Fr. Schwester/ sie ist es und keine andere; welche ihm dann lachend antwortete: Ein Freund verräht den an- dern nicht; legte ihren Bogen nider/ setzete sich auff ein gerades Pferd/ und ließ ihr das Ge- schoß wieder reichen; bald kahmen nach ihrem geheiß etliche Hasen hergelauffen/ denen sie nachsetzete/ und alle/ die sich nicht unter die Leute und Pferde verstecketen/ im vollen rennen/ zu bodem schoß/ daß der Käyser überlaut sagete: O wunder der volkommenheit/ wiltu nicht schier auffhören zu wundern! sie taht hierauff noch etliche zierliche ritte/ schoß einen Pfeil gerade
Sechſtes Buch. te; daher ſie hinzu trat/ ein weiſſes Fleklein einer Haſelnus groß in das Schwarze mache-te/ hernach einen ſchwarzen Quehrſtreich mitten uͤber die Scheibe zohe/ und durch den Dolmetſcher anmelden ließ/ ſie wolte den gemahleten Strich von der Rechten nach der Linken zu/ biß an das weiſſe Fleklein vor ſich nehmen/ und voller Pfeile ſchieſſen/ die andern moͤchten von der Linken nach der Rechten zu/ ihren Schuß nehmen/ und den Strich mit Pfeilen füllen/ hernach ſolte das Weiſſe den Meiſterſchuß geben. Die Anweſende hielten ſolches vor eine Unmoͤgligkeit/ und ſahen ihrem beginnen fleiſſig zu/ da ſie einen Pfeil nach dem andern/ dem geraden Zuge nach/ in die Scheibe ſchoß/ als waͤhrẽ ſie nach der Schnuhꝛ hinein geſtecket; und da ſie den achten abdruͤcken wolte/ flog ein Geier hoch in luͤften uͤber ihr her/ welchen ſie ohngefehr ſahe/ und ihn alsbald herunter ſchoß/ daß er Skaurus auff die Achſel fiel; volfuͤhrete darauff ihr Vorhaben/ biß 19 Pfeile in der Reihe ſtecketen/ und drey Daumen breit von dem weiſſen Flek uͤbrig wahr. Der Kaͤyſer ſahe dieſem mit hoͤch- ſter verwunderung zu/ und ſagte zu Dio: Ich wahr ſchier halb willens/ das Schieſſen mit zu halten (wie er dann ein guter Schuͤtze wahr) aber nun iſt mirs Lieb/ daß ich mich des Bogen geaͤuſſert; dann dieſer vermummeten Amazonin gleichen lebet nicht. Es ließ ſich niemand im Platze finden/ der luſt hatte dieſes Schieſſen mit anzutreten/ biß die Amazo- nin ſie anreden ließ/ wer in vorigen uͤbungen ſich mit gewaget haͤtte/ wuͤrde ihr auch in der lezten Geſelſchaft leiſten. Alſo trat Ladiſla zu erſt hin/ ſchoß ſeinen Pfeil ans aͤuſſerſte der Linken in den Strich/ doch daß er nicht gar in die mitte kam/ ſondern ein wenig zu hoch ſtec- kete/ weil er aber den Strich uͤber die Halbſcheid ruͤhrete/ ließ man ihn ſteckẽ. Herkules fol- gete/ und ſchoß den ſeinen recht nach gebuͤhr. Baldrich kam etwas zu niedrig/ deßwegen ward er ausgezogen. Siegward hoffete es beſſer zu machen/ aber er traff nicht allein zu hoch/ ſondern auch zu weit nach der Rechten. Arbianes hatte das Gluͤk/ daß ſeyn Pfeil/ gleich Ladiſlaen ſtecken blieb. Pupienus ſchoß gar fein/ aber er beteurete daß es ein bloſſer Gluͤckesſchuß waͤhre; die uͤbrigen alle ſchoſſen groͤblich fehl. Alſo kam die Ordnung wieder an Ladiſla/ der traff dißmahl recht. Herkules im gleichen; die uͤbrigen fehleten alle. Zum drittenmahl fehlete Ladiſla des Streichs/ auch alle anderen/ ohn Herkules/ und machte es Pupienus am ſchlimmeſten/ daher ſich niemand mehr wolte gebrauchen laſſen/ ohn allein Herkules fuͤllete die Zeile/ wiewol nicht ſo gar gleich als die Amazonin/ wolte doch nit deſto weniger den Meiſterſchuß mit halten/ da ihm dann der Vorſchuß gegoͤnnet ward/ welcheꝛ ſo wol geriet/ daß er mitten auff das Weiſſe zuſtecken kam; deſſen die Amazonin ſich herz- lich erfreuete/ ließ das Loͤchlein nach ausgezogenem Pfeile zupfloͤcken/ legete an/ und ſchoß in eben daſſelbe Loch/ welches Herkules gemacht hatte/ wie es dann von allen/ die ſich mit übeten/ beſichtiget ward. Arbianes wolte nicht mehr zweiffeln/ es muͤſte die unvergleichli- che Schuͤtzin Valiſka ſeyn/ trat zu ihr hin/ und ſagete auff Mediſch: Fr. Schweſter/ ſie iſt es und keine andere; welche ihm dann lachend antwortete: Ein Freund verraͤht den an- dern nicht; legte ihren Bogen nider/ ſetzete ſich auff ein gerades Pferd/ und ließ ihr das Ge- ſchoß wieder reichen; bald kahmen nach ihrem geheiß etliche Haſen hergelauffen/ denen ſie nachſetzete/ und alle/ die ſich nicht unter die Leute und Pferde verſtecketen/ im vollen rennen/ zu bodem ſchoß/ daß der Kaͤyſer uͤberlaut ſagete: O wunder der volkommenheit/ wiltu nicht ſchier auffhoͤren zu wundern! ſie taht hierauff noch etliche zierliche ritte/ ſchoß einen Pfeil gerade
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Sechſtes Buch.
te; daher ſie hinzu trat/ ein weiſſes Fleklein einer Haſelnus groß in das Schwarze mache-
te/ hernach einen ſchwarzen Quehrſtreich mitten uͤber die Scheibe zohe/ und durch den
Dolmetſcher anmelden ließ/ ſie wolte den gemahleten Strich von der Rechten nach der
Linken zu/ biß an das weiſſe Fleklein vor ſich nehmen/ und voller Pfeile ſchieſſen/ die andern
moͤchten von der Linken nach der Rechten zu/ ihren Schuß nehmen/ und den Strich mit
Pfeilen füllen/ hernach ſolte das Weiſſe den Meiſterſchuß geben. Die Anweſende hielten
ſolches vor eine Unmoͤgligkeit/ und ſahen ihrem beginnen fleiſſig zu/ da ſie einen Pfeil nach
dem andern/ dem geraden Zuge nach/ in die Scheibe ſchoß/ als waͤhrẽ ſie nach der Schnuhꝛ
hinein geſtecket; und da ſie den achten abdruͤcken wolte/ flog ein Geier hoch in luͤften uͤber
ihr her/ welchen ſie ohngefehr ſahe/ und ihn alsbald herunter ſchoß/ daß er Skaurus auff
die Achſel fiel; volfuͤhrete darauff ihr Vorhaben/ biß 19 Pfeile in der Reihe ſtecketen/ und
drey Daumen breit von dem weiſſen Flek uͤbrig wahr. Der Kaͤyſer ſahe dieſem mit hoͤch-
ſter verwunderung zu/ und ſagte zu Dio: Ich wahr ſchier halb willens/ das Schieſſen mit
zu halten (wie er dann ein guter Schuͤtze wahr) aber nun iſt mirs Lieb/ daß ich mich des
Bogen geaͤuſſert; dann dieſer vermummeten Amazonin gleichen lebet nicht. Es ließ ſich
niemand im Platze finden/ der luſt hatte dieſes Schieſſen mit anzutreten/ biß die Amazo-
nin ſie anreden ließ/ wer in vorigen uͤbungen ſich mit gewaget haͤtte/ wuͤrde ihr auch in der
lezten Geſelſchaft leiſten. Alſo trat Ladiſla zu erſt hin/ ſchoß ſeinen Pfeil ans aͤuſſerſte der
Linken in den Strich/ doch daß er nicht gar in die mitte kam/ ſondern ein wenig zu hoch ſtec-
kete/ weil er aber den Strich uͤber die Halbſcheid ruͤhrete/ ließ man ihn ſteckẽ. Herkules fol-
gete/ und ſchoß den ſeinen recht nach gebuͤhr. Baldrich kam etwas zu niedrig/ deßwegen
ward er ausgezogen. Siegward hoffete es beſſer zu machen/ aber er traff nicht allein zu
hoch/ ſondern auch zu weit nach der Rechten. Arbianes hatte das Gluͤk/ daß ſeyn Pfeil/
gleich Ladiſlaen ſtecken blieb. Pupienus ſchoß gar fein/ aber er beteurete daß es ein bloſſer
Gluͤckesſchuß waͤhre; die uͤbrigen alle ſchoſſen groͤblich fehl. Alſo kam die Ordnung wieder
an Ladiſla/ der traff dißmahl recht. Herkules im gleichen; die uͤbrigen fehleten alle. Zum
drittenmahl fehlete Ladiſla des Streichs/ auch alle anderen/ ohn Herkules/ und machte es
Pupienus am ſchlimmeſten/ daher ſich niemand mehr wolte gebrauchen laſſen/ ohn allein
Herkules fuͤllete die Zeile/ wiewol nicht ſo gar gleich als die Amazonin/ wolte doch nit deſto
weniger den Meiſterſchuß mit halten/ da ihm dann der Vorſchuß gegoͤnnet ward/ welcheꝛ
ſo wol geriet/ daß er mitten auff das Weiſſe zuſtecken kam; deſſen die Amazonin ſich herz-
lich erfreuete/ ließ das Loͤchlein nach ausgezogenem Pfeile zupfloͤcken/ legete an/ und ſchoß
in eben daſſelbe Loch/ welches Herkules gemacht hatte/ wie es dann von allen/ die ſich mit
übeten/ beſichtiget ward. Arbianes wolte nicht mehr zweiffeln/ es muͤſte die unvergleichli-
che Schuͤtzin Valiſka ſeyn/ trat zu ihr hin/ und ſagete auff Mediſch: Fr. Schweſter/ ſie iſt
es und keine andere; welche ihm dann lachend antwortete: Ein Freund verraͤht den an-
dern nicht; legte ihren Bogen nider/ ſetzete ſich auff ein gerades Pferd/ und ließ ihr das Ge-
ſchoß wieder reichen; bald kahmen nach ihrem geheiß etliche Haſen hergelauffen/ denen ſie
nachſetzete/ und alle/ die ſich nicht unter die Leute und Pferde verſtecketen/ im vollen rennen/
zu bodem ſchoß/ daß der Kaͤyſer uͤberlaut ſagete: O wunder der volkommenheit/ wiltu nicht
ſchier auffhoͤren zu wundern! ſie taht hierauff noch etliche zierliche ritte/ ſchoß einen Pfeil
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Zitationshilfe: | Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 423. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/429>, abgerufen am 16.07.2024. |