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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.

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Sechstes Buch.
sprach sich ihr zu aller Liebe und Träue; welches nicht allein von ihr gebührlich angenom-
men ward/ sondern sie gönnete ihm auch auff sein anhalten/ daß er sie nach ihres Vaters
Hofe geleiten möchte; ließ ihren Eltern solches andeuten/ und ward er von denselben nit
allein wol empfangen/ sondern auffs neue mit seiner Liebsten versprochen/ erhielt auch/ daß
bald des nähstfolgenden Tages das Beilager eingewilliget ward.

Diesen Abend kam die Groß Fürstin bey Sibyllen zu sitzen/ von welcher sie überaus
herzlich geliebet ward/ und sie hinwiederumb nicht geringe neigung zu ihr trug/ welches zu-
bezeugen/ sie mit den Armen sich umbschränket hielten/ und fing Sibylla also an: Durchl.
Fr. Schwester/ ich bin ganz unwirdig der Ehren/ die von ihrer Liebe mir angetahn wird;
doch wie dem allen/ so beteure ich bey meinem teil des Himmels/ daß meine inbrünstige
Liebe und neigung mich dergestalt gegen sie entzündet hat/ daß mich unmöglich däucht/ de-
ren trennung erdulden können. Ach daß ich doch nicht über Meer mit meinem liebsten Für-
sten fahren dürfte/ damit ihrer Liebe gegenwart ich stets geniessen möchte. Aber Durchl.
Fr. Schwester/ ich habe schon erfahren/ daß man derselben hat vorbringen dürffen/ als
währen zwischen dem Durchl. Groß Fürsten Herkules und meiner wenigkeit einige Hey-
rahtsgedanken vorgangen/ welches zwar in des Pöfels/ und vielleicht auch wol anderer
Leute Wahn/ aber in mein Herz niemahls kommen ist/ gestaltsam ich mich dessen allemahl
unfähig erkennet habe/ ungeachtet von ihrer beyder Liebe mir durchaus nichts bewust ge-
wesen/ biß des allerliebsten Fürsten Ohmacht und Klagereden/ wegen damahligen verlu-
stes eurer Liebe/ mich davon in etwas berichteten/ wiewol auch dazumahl noch/ König La-
disla davon nicht das geringste weder gestehen noch wissen wolte; wie ich auch davor hal-
te/ ihm solche Liebe verborgen gewesen sey; möchten demnach meine Fr. Schwester So-
phia und ich/ herzlich gerne wissen/ wie doch ihre Durchl. eine so volkommene Liebe in sol-
cher Jugend dermassen bedachtsam führen und heimlich halten können/ daß weder ihre
Eltern noch ihr Bruder deren inne worden; solten wir überdas auch können gewirdiget
seyn/ den Anfang und die beharligkeit ihrer beyder Liebe zuerfahren/ würde es uns die aller
angenehmste Geschichte seyn/ die uns könte vorgetragen werden; jedoch wann wir hierin
zuviel wünschen/ hoffe ich bey meiner Fr. Schwester dessen noch wolvergebung zuerlangen.
Die Groß Fürstin lächelte hierauff/ küssete sie inniglich/ und antwortete ihr also: Mein
auserwähltes Schwesterchen/ sie erinnert mich einer Sache/ daran ich lieber gedenke/ als
viel Worte davon mache/ wiewol in ansehung unser vertrauligkeit ich euer Liebe solches
nicht verschweigen kan/ und mag sie demnach sich wol versichern/ daß sie/ meine einige Li-
bussen/ als meines Herzen erkennerin ausgenommen/ die erste ist/ die es aus meinem Mun-
de erfähret. Ich bedinge mich aber hiebey anfangs/ daß eure Liebe mir es nicht zum Hoch-
muht auslege/ wann in erzählung etlicher von meinem allerliebsten Schatze geführeten re-
den/ ich mir unverdienete stolze Ehrennahmen gebe/ deren ich mich zwar allerdinge unwir-
dig weiß/ und doch die wahre begebenheit erfodert/ daß ichs hinan hänge. Sibylla wolte
hier mit vielen behäupten/ es währe ihre unvergleichliche volkommenheit also beschaffen/
daß sie nicht wirdig gnug möchte benahmet werden; aber die Groß Fürstin verhinderte
ihre reden/ mit einem Kusse/ und fuhr also fort: Es sind nunmehr vier Jahr und zween

Tage

Sechſtes Buch.
ſprach ſich ihr zu aller Liebe und Traͤue; welches nicht allein von ihr gebuͤhrlich angenom-
men ward/ ſondern ſie goͤnnete ihm auch auff ſein anhalten/ daß er ſie nach ihres Vaters
Hofe geleiten moͤchte; ließ ihren Eltern ſolches andeuten/ und ward er von denſelben nit
allein wol empfangen/ ſondern auffs neue mit ſeiner Liebſten verſprochen/ erhielt auch/ daß
bald des naͤhſtfolgenden Tages das Beilager eingewilliget ward.

Dieſen Abend kam die Groß Fuͤrſtin bey Sibyllen zu ſitzen/ von welcher ſie uͤberaus
herzlich geliebet ward/ und ſie hinwiederumb nicht geringe neigung zu ihr trug/ welches zu-
bezeugen/ ſie mit den Armen ſich umbſchraͤnket hielten/ und fing Sibylla alſo an: Durchl.
Fr. Schweſter/ ich bin ganz unwirdig der Ehren/ die von ihrer Liebe mir angetahn wird;
doch wie dem allen/ ſo beteure ich bey meinem teil des Himmels/ daß meine inbruͤnſtige
Liebe und neigung mich dergeſtalt gegen ſie entzuͤndet hat/ daß mich unmoͤglich daͤucht/ de-
ren trennung erdulden koͤnnen. Ach daß ich doch nicht uͤber Meer mit meinem liebſten Fuͤr-
ſten fahren duͤrfte/ damit ihrer Liebe gegenwart ich ſtets genieſſen moͤchte. Aber Durchl.
Fr. Schweſter/ ich habe ſchon erfahren/ daß man derſelben hat vorbringen duͤrffen/ als
waͤhren zwiſchen dem Durchl. Groß Fuͤrſten Herkules und meiner wenigkeit einige Hey-
rahtsgedanken vorgangen/ welches zwar in des Poͤfels/ und vielleicht auch wol anderer
Leute Wahn/ aber in mein Herz niemahls kommen iſt/ geſtaltſam ich mich deſſen allemahl
unfaͤhig erkennet habe/ ungeachtet von ihrer beyder Liebe mir durchaus nichts bewuſt ge-
weſen/ biß des allerliebſten Fuͤrſten Ohmacht und Klagereden/ wegen damahligen verlu-
ſtes eurer Liebe/ mich davon in etwas berichteten/ wiewol auch dazumahl noch/ Koͤnig La-
diſla davon nicht das geringſte weder geſtehen noch wiſſen wolte; wie ich auch davor hal-
te/ ihm ſolche Liebe verborgen geweſen ſey; moͤchten demnach meine Fr. Schweſter So-
phia und ich/ herzlich gerne wiſſen/ wie doch ihre Durchl. eine ſo volkommene Liebe in ſol-
cher Jugend dermaſſen bedachtſam fuͤhren und heimlich halten koͤnnen/ daß weder ihre
Eltern noch ihr Bruder deren inne worden; ſolten wir uͤberdas auch koͤnnen gewirdiget
ſeyn/ den Anfang und die beharligkeit ihrer beyder Liebe zuerfahren/ wuͤrde es uns die aller
angenehmſte Geſchichte ſeyn/ die uns koͤnte vorgetragen werden; jedoch wann wir hierin
zuviel wuͤnſchen/ hoffe ich bey meiner Fr. Schweſter deſſen noch wolvergebung zuerlangẽ.
Die Groß Fuͤrſtin laͤchelte hierauff/ kuͤſſete ſie inniglich/ und antwortete ihr alſo: Mein
auserwaͤhltes Schweſterchen/ ſie erinnert mich einer Sache/ daran ich lieber gedenke/ als
viel Worte davon mache/ wiewol in anſehung unſer vertrauligkeit ich euer Liebe ſolches
nicht verſchweigen kan/ und mag ſie demnach ſich wol verſichern/ daß ſie/ meine einige Li-
buſſen/ als meines Herzen erkennerin ausgenommen/ die erſte iſt/ die es aus meinem Mun-
de erfaͤhret. Ich bedinge mich aber hiebey anfangs/ daß eure Liebe mir es nicht zum Hoch-
muht auslege/ wann in erzaͤhlung etlicher von meinem allerliebſten Schatze gefuͤhreten re-
den/ ich mir unverdienete ſtolze Ehrennahmen gebe/ deren ich mich zwar allerdinge unwir-
dig weiß/ und doch die wahre begebenheit erfodert/ daß ichs hinan haͤnge. Sibylla wolte
hier mit vielen behaͤupten/ es waͤhre ihre unvergleichliche volkommenheit alſo beſchaffen/
daß ſie nicht wirdig gnug moͤchte benahmet werden; aber die Groß Fuͤrſtin verhinderte
ihre reden/ mit einem Kuſſe/ und fuhr alſo fort: Es ſind nunmehr vier Jahr und zween

Tage
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[367/0373] Sechſtes Buch. ſprach ſich ihr zu aller Liebe und Traͤue; welches nicht allein von ihr gebuͤhrlich angenom- men ward/ ſondern ſie goͤnnete ihm auch auff ſein anhalten/ daß er ſie nach ihres Vaters Hofe geleiten moͤchte; ließ ihren Eltern ſolches andeuten/ und ward er von denſelben nit allein wol empfangen/ ſondern auffs neue mit ſeiner Liebſten verſprochen/ erhielt auch/ daß bald des naͤhſtfolgenden Tages das Beilager eingewilliget ward. Dieſen Abend kam die Groß Fuͤrſtin bey Sibyllen zu ſitzen/ von welcher ſie uͤberaus herzlich geliebet ward/ und ſie hinwiederumb nicht geringe neigung zu ihr trug/ welches zu- bezeugen/ ſie mit den Armen ſich umbſchraͤnket hielten/ und fing Sibylla alſo an: Durchl. Fr. Schweſter/ ich bin ganz unwirdig der Ehren/ die von ihrer Liebe mir angetahn wird; doch wie dem allen/ ſo beteure ich bey meinem teil des Himmels/ daß meine inbruͤnſtige Liebe und neigung mich dergeſtalt gegen ſie entzuͤndet hat/ daß mich unmoͤglich daͤucht/ de- ren trennung erdulden koͤnnen. Ach daß ich doch nicht uͤber Meer mit meinem liebſten Fuͤr- ſten fahren duͤrfte/ damit ihrer Liebe gegenwart ich ſtets genieſſen moͤchte. Aber Durchl. Fr. Schweſter/ ich habe ſchon erfahren/ daß man derſelben hat vorbringen duͤrffen/ als waͤhren zwiſchen dem Durchl. Groß Fuͤrſten Herkules und meiner wenigkeit einige Hey- rahtsgedanken vorgangen/ welches zwar in des Poͤfels/ und vielleicht auch wol anderer Leute Wahn/ aber in mein Herz niemahls kommen iſt/ geſtaltſam ich mich deſſen allemahl unfaͤhig erkennet habe/ ungeachtet von ihrer beyder Liebe mir durchaus nichts bewuſt ge- weſen/ biß des allerliebſten Fuͤrſten Ohmacht und Klagereden/ wegen damahligen verlu- ſtes eurer Liebe/ mich davon in etwas berichteten/ wiewol auch dazumahl noch/ Koͤnig La- diſla davon nicht das geringſte weder geſtehen noch wiſſen wolte; wie ich auch davor hal- te/ ihm ſolche Liebe verborgen geweſen ſey; moͤchten demnach meine Fr. Schweſter So- phia und ich/ herzlich gerne wiſſen/ wie doch ihre Durchl. eine ſo volkommene Liebe in ſol- cher Jugend dermaſſen bedachtſam fuͤhren und heimlich halten koͤnnen/ daß weder ihre Eltern noch ihr Bruder deren inne worden; ſolten wir uͤberdas auch koͤnnen gewirdiget ſeyn/ den Anfang und die beharligkeit ihrer beyder Liebe zuerfahren/ wuͤrde es uns die aller angenehmſte Geſchichte ſeyn/ die uns koͤnte vorgetragen werden; jedoch wann wir hierin zuviel wuͤnſchen/ hoffe ich bey meiner Fr. Schweſter deſſen noch wolvergebung zuerlangẽ. Die Groß Fuͤrſtin laͤchelte hierauff/ kuͤſſete ſie inniglich/ und antwortete ihr alſo: Mein auserwaͤhltes Schweſterchen/ ſie erinnert mich einer Sache/ daran ich lieber gedenke/ als viel Worte davon mache/ wiewol in anſehung unſer vertrauligkeit ich euer Liebe ſolches nicht verſchweigen kan/ und mag ſie demnach ſich wol verſichern/ daß ſie/ meine einige Li- buſſen/ als meines Herzen erkennerin ausgenommen/ die erſte iſt/ die es aus meinem Mun- de erfaͤhret. Ich bedinge mich aber hiebey anfangs/ daß eure Liebe mir es nicht zum Hoch- muht auslege/ wann in erzaͤhlung etlicher von meinem allerliebſten Schatze gefuͤhreten re- den/ ich mir unverdienete ſtolze Ehrennahmen gebe/ deren ich mich zwar allerdinge unwir- dig weiß/ und doch die wahre begebenheit erfodert/ daß ichs hinan haͤnge. Sibylla wolte hier mit vielen behaͤupten/ es waͤhre ihre unvergleichliche volkommenheit alſo beſchaffen/ daß ſie nicht wirdig gnug moͤchte benahmet werden; aber die Groß Fuͤrſtin verhinderte ihre reden/ mit einem Kuſſe/ und fuhr alſo fort: Es ſind nunmehr vier Jahr und zween Tage

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 367. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/373>, abgerufen am 22.11.2024.