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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.

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Sechstes Buch.
der abscheuhlichen Kreuzigung sie sich entsetzete; daher er so viel Kühnheit nam/ daß er
anfangs ihre zarte Händichen ergriff/ und sie bald hernach zu unterschiedlichen mahlen
küssete/ rühmete hernach deren Volkommenheit/ und nach etlichen tief ausgelassenen seuf-
zen/ wiederhohlete er seine heut f[r]üh angelegte Bitte/ daß er vor ihren Ritter möchte ange-
nommen werden; welches sie nur vor einen Scherz ausdeutete/ einwendend/ die so der Rit-
terschafft nachzögen/ suchten fast allenthalben dergleichen Teidung; dessen sie an einem
Römischen Ritter/ nahmens M. Anizius einen unbetrieglichen Spiegel hätte/ und einen
solchen falschen Hund darstellen könte/ der inwendig halben Jahresfrist/ 63 Römischen äd-
len Jungfern und hochädlen Fräulein sich zum Ritter verpflichtet/ so daß er einer jeden
teur versprochen/ ausser ihr keiner andern aufzuwarten/ wodurch ihrer 18 verleitet/ auf sein
stränges anhalten ihm eheliche Liebe versprochen/ und deren 6 gar von ihm zu unfall ge-
bracht währen. Sehet Durchleuchtigster Fürst/ sagte sie/ dieser träulose Bube/ der es end-
lich gar mit einem Schelmen verlauffen müssen/ hat dannoch durch seine Bosheit so viel
gutes gestifftet/ daß wir jungen einfältigen Fräulein uns fein lernen vorsehen/ und nicht
einer jeden süssen Pfeiffe gehör geben. Zwar Eure Liebe sehe ich nicht vor einen solchen an/
dann wie könte der allergeträueste Liebhaber Groß Fürst Herkules einen so ungleichen be-
trieglichen Bruder haben? aber obgedachtes Römische Frauenzimmer haben den Bö-
sewicht Anizius auch nicht vor einen solchen gehalten/ und darüber ihre Leichtgläubigkeit
gar zu spät bereuen und beweinen müssen. Der Erz Schelm hat ver dienet/ sagte Baldrich/
daß ein jeder redlicher Ritter Rache an ihm üben solte/ weil durch solche Büberey der
löblichen Ritterschaffter diesen Schandflek angehänget/ daß eines auffrichtigen ritterli-
chen Herzen standhaffte Träue in zweifel muß gezogen werden; ich vor mein Haupt gelo-
be hiemit an/ wann ich wüste/ an was Ort und Ende er sich auf hielte/ ich nicht ruhen wol-
te/ biß er durch Büttels Hand die verdiente Straffe empfangen hätte/ und wanns mög-
lich währe/ 63 mahl gekreuziget würde; versichere auch Eure Liebe beständig/ daß wann
ein solcher Bube in meinem Vaterlande sich würde finden lassen/ der nur einer einigen Her-
ren-Standes-Fräulein solche Unträue beweisen dürffte/ müste er allenthalben durchäch-
tet/ und da er nicht zufin den währe/ als ein verlauffener Schelm an den Galgen geschlagen
werden; baht hierauff inständig/ ihre Vortrefligkeit möchte doch dergleichen Argwohn
von ihm nicht fassen/ nachdem er lieber ungebohren/ als seinem Herr Bruder so ungleich
seyn wolte; fassete endlich ihre Hände/ küssete sie abermahl inbrünstig/ und sagete: Ihr
Götter/ die ihr den Ritterstand zur Beschützung weibliches Geschlechts ohn zweifel in-
sonderheit eingesezt habet/ straffet ja bitte ich alle dieselben/ welche ein ehrliebendes Fräu-
lein oder ander Weibesbild zubetriegen die Gedanken fassen dürffen/ absonderlich aber su-
chet mich mit eurem Donnerstrahl heim/ wann ich jemahl einem andern Fräulein mich
vor ihrem Ritter anbiete/ als dieser Hochgebornen Fräulein Lukrezien Pompejen. Be-
hüte Gott/ Durchleuchtigster Fürst/ antwortete sie/ warum verwünschet er sich dergestalt?
Mein Gott und Schöpffer weiß/ daß mir solches von herzen zuwider ist; nicht daß Eure
Liebe ich zu solchem Freunde ausschlagen wolte/ dessen Wirdigkeit ich ja nicht eins gleich
legen kan/ sondern derselben anderwerz viel höhere Glükseligkeiten zubefodern/ wil ich
meinen Gott bitten/ daß er Euer Liebe jeztgeführete Reden/ als ungesprochen rechnen und

vorbey

Sechſtes Buch.
der abſcheuhlichen Kreuzigung ſie ſich entſetzete; daher er ſo viel Kuͤhnheit nam/ daß er
anfangs ihre zarte Haͤndichen ergriff/ und ſie bald hernach zu unterſchiedlichen mahlen
kuͤſſete/ ruͤhmete hernach deren Volkommenheit/ und nach etlichen tief ausgelaſſenen ſeuf-
zen/ wiederhohlete er ſeine heut f[r]uͤh angelegte Bitte/ daß er vor ihren Ritter moͤchte ange-
nommen werdẽ; welches ſie nur vor einen Scherz ausdeutete/ einwendend/ die ſo der Rit-
terſchafft nachzoͤgen/ ſuchten faſt allenthalben dergleichen Teidung; deſſen ſie an einem
Roͤmiſchen Ritter/ nahmens M. Anizius einen unbetrieglichen Spiegel haͤtte/ und einen
ſolchen falſchen Hund darſtellen koͤnte/ der inwendig halben Jahꝛesfriſt/ 63 Roͤmiſchen aͤd-
len Jungfern und hochaͤdlen Fraͤulein ſich zum Ritter verpflichtet/ ſo daß er einer jeden
teur verſprochen/ auſſer ihr keiner andern aufzuwarten/ woduꝛch ihrer 18 verleitet/ auf ſein
ſtraͤnges anhalten ihm eheliche Liebe verſprochen/ und deren 6 gar von ihm zu unfall ge-
bracht waͤhren. Sehet Durchleuchtigſter Fuͤrſt/ ſagte ſie/ dieſer traͤuloſe Bube/ der es end-
lich gar mit einem Schelmen verlauffen muͤſſen/ hat dannoch durch ſeine Bosheit ſo viel
gutes geſtifftet/ daß wir jungen einfaͤltigen Fraͤulein uns fein lernen vorſehen/ und nicht
einer jeden ſuͤſſen Pfeiffe gehoͤr geben. Zwar Eure Liebe ſehe ich nicht vor einen ſolchen an/
dann wie koͤnte der allergetraͤueſte Liebhaber Groß Fuͤrſt Herkules einen ſo ungleichen be-
trieglichen Bruder haben? aber obgedachtes Roͤmiſche Frauenzimmer haben den Boͤ-
ſewicht Anizius auch nicht vor einen ſolchen gehalten/ und daruͤber ihre Leichtglaͤubigkeit
gar zu ſpaͤt bereuen und beweinẽ muͤſſen. Der Erz Schelm hat ver dienet/ ſagte Baldrich/
daß ein jeder redlicher Ritter Rache an ihm uͤben ſolte/ weil durch ſolche Buͤberey der
loͤblichen Ritterſchaffter dieſen Schandflek angehaͤnget/ daß eines auffrichtigen ritterli-
chen Herzen ſtandhaffte Traͤue in zweifel muß gezogen werden; ich vor mein Haupt gelo-
be hiemit an/ wann ich wuͤſte/ an was Ort und Ende er ſich auf hielte/ ich nicht ruhen wol-
te/ biß er durch Büttels Hand die verdiente Straffe empfangen haͤtte/ und wanns moͤg-
lich waͤhre/ 63 mahl gekreuziget wuͤrde; verſichere auch Eure Liebe beſtaͤndig/ daß wann
ein ſolcher Bube in meinem Vaterlande ſich wuͤrde finden laſſen/ der nur einer einigẽ Her-
ren-Standes-Fraͤulein ſolche Untraͤue beweiſen duͤrffte/ muͤſte er allenthalben durchaͤch-
tet/ und da er nicht zufin den waͤhre/ als ein verlauffener Schelm an den Galgen geſchlagẽ
werden; baht hierauff inſtaͤndig/ ihre Vortrefligkeit moͤchte doch dergleichen Argwohn
von ihm nicht faſſen/ nachdem er lieber ungebohren/ als ſeinem Herr Bruder ſo ungleich
ſeyn wolte; faſſete endlich ihre Haͤnde/ kuͤſſete ſie abermahl inbruͤnſtig/ und ſagete: Ihr
Goͤtter/ die ihr den Ritterſtand zur Beſchuͤtzung weibliches Geſchlechts ohn zweifel in-
ſonderheit eingeſezt habet/ ſtraffet ja bitte ich alle dieſelben/ welche ein ehrliebendes Fraͤu-
lein oder ander Weibesbild zubetriegen die Gedanken faſſen duͤrffen/ abſonderlich aber ſu-
chet mich mit eurem Donnerſtrahl heim/ wann ich jemahl einem andern Fraͤulein mich
vor ihrem Ritter anbiete/ als dieſer Hochgebornen Fraͤulein Lukrezien Pompejen. Be-
huͤte Gott/ Durchleuchtigſter Fuͤrſt/ antwortete ſie/ warum verwuͤnſchet er ſich dergeſtalt?
Mein Gott und Schoͤpffer weiß/ daß mir ſolches von herzen zuwider iſt; nicht daß Eure
Liebe ich zu ſolchem Freunde ausſchlagen wolte/ deſſen Wirdigkeit ich ja nicht eins gleich
legen kan/ ſondern derſelben anderwerz viel hoͤhere Gluͤkſeligkeiten zubefodern/ wil ich
meinen Gott bitten/ daß er Euer Liebe jeztgefuͤhrete Reden/ als ungeſprochen rechnen und

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[306/0312] Sechſtes Buch. der abſcheuhlichen Kreuzigung ſie ſich entſetzete; daher er ſo viel Kuͤhnheit nam/ daß er anfangs ihre zarte Haͤndichen ergriff/ und ſie bald hernach zu unterſchiedlichen mahlen kuͤſſete/ ruͤhmete hernach deren Volkommenheit/ und nach etlichen tief ausgelaſſenen ſeuf- zen/ wiederhohlete er ſeine heut fruͤh angelegte Bitte/ daß er vor ihren Ritter moͤchte ange- nommen werdẽ; welches ſie nur vor einen Scherz ausdeutete/ einwendend/ die ſo der Rit- terſchafft nachzoͤgen/ ſuchten faſt allenthalben dergleichen Teidung; deſſen ſie an einem Roͤmiſchen Ritter/ nahmens M. Anizius einen unbetrieglichen Spiegel haͤtte/ und einen ſolchen falſchen Hund darſtellen koͤnte/ der inwendig halben Jahꝛesfriſt/ 63 Roͤmiſchen aͤd- len Jungfern und hochaͤdlen Fraͤulein ſich zum Ritter verpflichtet/ ſo daß er einer jeden teur verſprochen/ auſſer ihr keiner andern aufzuwarten/ woduꝛch ihrer 18 verleitet/ auf ſein ſtraͤnges anhalten ihm eheliche Liebe verſprochen/ und deren 6 gar von ihm zu unfall ge- bracht waͤhren. Sehet Durchleuchtigſter Fuͤrſt/ ſagte ſie/ dieſer traͤuloſe Bube/ der es end- lich gar mit einem Schelmen verlauffen muͤſſen/ hat dannoch durch ſeine Bosheit ſo viel gutes geſtifftet/ daß wir jungen einfaͤltigen Fraͤulein uns fein lernen vorſehen/ und nicht einer jeden ſuͤſſen Pfeiffe gehoͤr geben. Zwar Eure Liebe ſehe ich nicht vor einen ſolchen an/ dann wie koͤnte der allergetraͤueſte Liebhaber Groß Fuͤrſt Herkules einen ſo ungleichen be- trieglichen Bruder haben? aber obgedachtes Roͤmiſche Frauenzimmer haben den Boͤ- ſewicht Anizius auch nicht vor einen ſolchen gehalten/ und daruͤber ihre Leichtglaͤubigkeit gar zu ſpaͤt bereuen und beweinẽ muͤſſen. Der Erz Schelm hat ver dienet/ ſagte Baldrich/ daß ein jeder redlicher Ritter Rache an ihm uͤben ſolte/ weil durch ſolche Buͤberey der loͤblichen Ritterſchaffter dieſen Schandflek angehaͤnget/ daß eines auffrichtigen ritterli- chen Herzen ſtandhaffte Traͤue in zweifel muß gezogen werden; ich vor mein Haupt gelo- be hiemit an/ wann ich wuͤſte/ an was Ort und Ende er ſich auf hielte/ ich nicht ruhen wol- te/ biß er durch Büttels Hand die verdiente Straffe empfangen haͤtte/ und wanns moͤg- lich waͤhre/ 63 mahl gekreuziget wuͤrde; verſichere auch Eure Liebe beſtaͤndig/ daß wann ein ſolcher Bube in meinem Vaterlande ſich wuͤrde finden laſſen/ der nur einer einigẽ Her- ren-Standes-Fraͤulein ſolche Untraͤue beweiſen duͤrffte/ muͤſte er allenthalben durchaͤch- tet/ und da er nicht zufin den waͤhre/ als ein verlauffener Schelm an den Galgen geſchlagẽ werden; baht hierauff inſtaͤndig/ ihre Vortrefligkeit moͤchte doch dergleichen Argwohn von ihm nicht faſſen/ nachdem er lieber ungebohren/ als ſeinem Herr Bruder ſo ungleich ſeyn wolte; faſſete endlich ihre Haͤnde/ kuͤſſete ſie abermahl inbruͤnſtig/ und ſagete: Ihr Goͤtter/ die ihr den Ritterſtand zur Beſchuͤtzung weibliches Geſchlechts ohn zweifel in- ſonderheit eingeſezt habet/ ſtraffet ja bitte ich alle dieſelben/ welche ein ehrliebendes Fraͤu- lein oder ander Weibesbild zubetriegen die Gedanken faſſen duͤrffen/ abſonderlich aber ſu- chet mich mit eurem Donnerſtrahl heim/ wann ich jemahl einem andern Fraͤulein mich vor ihrem Ritter anbiete/ als dieſer Hochgebornen Fraͤulein Lukrezien Pompejen. Be- huͤte Gott/ Durchleuchtigſter Fuͤrſt/ antwortete ſie/ warum verwuͤnſchet er ſich dergeſtalt? Mein Gott und Schoͤpffer weiß/ daß mir ſolches von herzen zuwider iſt; nicht daß Eure Liebe ich zu ſolchem Freunde ausſchlagen wolte/ deſſen Wirdigkeit ich ja nicht eins gleich legen kan/ ſondern derſelben anderwerz viel hoͤhere Gluͤkſeligkeiten zubefodern/ wil ich meinen Gott bitten/ daß er Euer Liebe jeztgefuͤhrete Reden/ als ungeſprochen rechnen und vorbey

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 306. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/312>, abgerufen am 22.11.2024.