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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.

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Vierdes Buch.
so ädler unerschrockener Geist von geschworner Träue können rükfällig werden/ und durch
den nicht werten Valikules sich zur Flucht bereden lassen? Aber O du falscher Valikules/
was vor Ungnade oder Wiederwillen haben wir dir erzeiget/ daß du uns nach dem inner-
sten unser Seelen greiffest/ und uns den lebendigen Teil unsers Herzen raubest? Bago-
phanes erkühnete sich und sagete: Allergnädigster König/ eure Hocheit wollen die Klage
und den Eifer mässigen/ und vielmehr darauff bedacht seyn/ ob man das Fräulein in der
Flucht ergreiffen könte. Geschwinde/ antwortete er/ daß alle Reuter dieser grossen Stad
versamlet werden/ ja daß alle unsere Untertahnen/ Persenland als eine Fluht von fornen
und hinten überschwemmen/ damit unser Fräulein wiederbracht werde. Die Königli-
chen Trommeter fielen teils auff ungesattelte/ teils auff ungezäumete Pferde/ und bliesen
erschröklich Lermen durch alle Gassen/ so weit die Pferde lauffen kunten; etliche renneten
ihre Pferde gar übern hauffen/ nahmen aus den Häusern andere/ und höreten etliche Stun-
denlang nicht auff zu blasen. Die ganze Stad ward hier über erschrecket/ daß alles was
Waffen führen kunte/ solche ergriff/ und dem Schlosse zueilete/ daher die nähesten Gassen
dermassen mit Menschen angefüllet wurden/ daß kein Reuter hindurch kommen kunte/
und entstund durch diese Zudrängung ein solches Jammern und Wehklagen/ daß der
Schal biß gen Himmel fuhr/ weil in die 4000 Menschen erdrucket wurden/ und endlich
die so zu Fusse wahren/ sich in die nähesten Häuser zogen/ wodurch den Reutern etlicher
massen Luft gegeben ward. Inmittelst ließ doch das grausame Geschrey nicht nach/ da ei-
ner rieff; der König währe erschlagen; ein ander/ die Feinde hätten sich der Stad bemäch-
tiget; und wuste keiner was er gläuben solte/ biß endlich Bagophanes es dem Könige zu-
wissen taht/ und ihn erinnerte/ er möchte mit seinem Königlichen Stabesich dem Volke
auff der Zinnen zeigen/ sonst währe unmöglich/ den Aufflauff zustillen/ und etwas bestän-
diges vorzunehmen. Der König folgete diesem Raht/ und winkete/ daß jederman stille seyn
solte; da Bagophanes über laut also rieff; Des grossen Königes Artabanus ernstlicher
Befehl ist/ daß alles Fuß Volk sich stündlich hinweg/ und an ihre Arbeit mache/ die Reute-
rey aber mit ihrem besten Gewehr erscheine. Da gab sich nun jederman zu frieden/ und zo-
gen hinter sich in die Häuser/ deren eines auff allen Boden und Gemächern so gar über-
häuffet ward/ das es einfiel/ und über 5000 Menschen teils erschlug/ teils an allen Glied-
massen beschädigte/ daß nicht 100 davon das Leben behielten. Noch kunten die Reuter kei-
nen freien Zurit haben/ welches das Nachdrücken aus den abgelegenen Gassen verursa-
chete/ biß gewisse Leute verordnet wurden/ die hin und wieder außrieffen/ dz das Fuß Volk
zurük weichen/ und den Reutern Luft geben solte. Als sich nun auff diese Weise die Reute-
rey häuffig mehrete/ und ihrer 16000 gezählet wurden/ gab der König seinem Hoffmei-
ster Befehl/ er solte als gevolmächtigter Feld Obrister ihm die Völker lassen anbefohlen
seyn/ sie auff allen Wegen Persenwerz verteilen/ und ihnen eine gewisse Grenze Stad zur
Versamlung ernennen; Wirstu nun/ sagte er/ unser Fräulein uns wieder lieffern/ es ge-
schehe gleich ohn oder mit der Völker Verlust/ sol dir grössere Belohnung als nie keinem
Menschen vor dir/ wie derfahren; massen du der näheste nach uns seyn/ und ganz Persen-
land erblich besitzen solt. Ihrer Königl. Hocheit gelebe ich gehorsamst/ antwortete er; wie
aber/ wann das Fräulein sich beschweren solte/ mit mir umbzukehren/ und vor der Straffe

sich
T t t t t

Vierdes Buch.
ſo aͤdler unerſchrockener Geiſt von geſchworner Traͤue koͤnnen ruͤkfaͤllig werden/ uñ durch
den nicht werten Valikules ſich zur Flucht bereden laſſen? Aber O du falſcher Valikules/
was vor Ungnade oder Wiederwillen haben wir dir erzeiget/ daß du uns nach dem inner-
ſten unſer Seelen greiffeſt/ und uns den lebendigen Teil unſers Herzen raubeſt? Bago-
phanes erkühnete ſich und ſagete: Allergnaͤdigſter Koͤnig/ eure Hocheit wollen die Klage
und den Eifer maͤſſigen/ und vielmehr darauff bedacht ſeyn/ ob man das Fraͤulein in der
Flucht ergreiffen koͤnte. Geſchwinde/ antwortete er/ daß alle Reuter dieſer groſſen Stad
verſamlet werden/ ja daß alle unſere Untertahnen/ Perſenland als eine Fluht von fornen
und hinten uͤberſchwemmen/ damit unſer Fraͤulein wiederbracht werde. Die Koͤnigli-
chen Trommeter fielen teils auff ungeſattelte/ teils auff ungezaͤumete Pferde/ und blieſen
erſchroͤklich Lermen durch alle Gaſſen/ ſo weit die Pferde lauffen kunten; etliche renneten
ihre Pferde gar uͤbern hauffen/ nahmen aus den Haͤuſern andere/ uñ hoͤreten etliche Stun-
denlang nicht auff zu blaſen. Die ganze Stad ward hier uͤber erſchrecket/ daß alles was
Waffen fuͤhren kunte/ ſolche ergriff/ und dem Schloſſe zueilete/ daher die naͤheſten Gaſſen
dermaſſen mit Menſchen angefuͤllet wurden/ daß kein Reuter hindurch kommen kunte/
und entſtund durch dieſe Zudraͤngung ein ſolches Jammern und Wehklagen/ daß der
Schal biß gen Himmel fuhr/ weil in die 4000 Menſchen erdrucket wurden/ und endlich
die ſo zu Fuſſe wahren/ ſich in die naͤheſten Haͤuſer zogen/ wodurch den Reutern etlicher
maſſen Luft gegeben ward. Inmittelſt ließ doch das grauſame Geſchrey nicht nach/ da ei-
ner rieff; der Koͤnig waͤhre erſchlagen; ein ander/ die Feinde haͤtten ſich der Stad bemaͤch-
tiget; und wuſte keiner was er glaͤuben ſolte/ biß endlich Bagophanes es dem Koͤnige zu-
wiſſen taht/ und ihn erinnerte/ er moͤchte mit ſeinem Koͤniglichen Stabeſich dem Volke
auff der Zinnen zeigen/ ſonſt waͤhre unmoͤglich/ den Aufflauff zuſtillen/ und etwas beſtaͤn-
diges vorzunehmen. Der Koͤnig folgete dieſem Raht/ uñ winkete/ daß jederman ſtille ſeyn
ſolte; da Bagophanes uͤber laut alſo rieff; Des groſſen Koͤniges Artabanus ernſtlicher
Befehl iſt/ daß alles Fuß Volk ſich ſtündlich hinweg/ und an ihre Arbeit mache/ die Reute-
rey aber mit ihrem beſten Gewehr erſcheine. Da gab ſich nun jederman zu frieden/ und zo-
gen hinter ſich in die Haͤuſer/ deren eines auff allen Boden und Gemaͤchern ſo gar über-
haͤuffet ward/ das es einfiel/ und uͤber 5000 Menſchen teils erſchlug/ teils an allen Glied-
maſſen beſchaͤdigte/ daß nicht 100 davon das Leben behielten. Noch kunten die Reuter kei-
nen freien Zurit haben/ welches das Nachdrücken aus den abgelegenen Gaſſen verurſa-
chete/ biß gewiſſe Leute verordnet wurden/ die hin und wieder außrieffen/ dz das Fuß Volk
zuruͤk weichen/ und den Reutern Luft geben ſolte. Als ſich nun auff dieſe Weiſe die Reute-
rey haͤuffig mehrete/ und ihrer 16000 gezaͤhlet wurden/ gab der Koͤnig ſeinem Hoffmei-
ſter Befehl/ er ſolte als gevolmaͤchtigter Feld Obriſter ihm die Voͤlker laſſen anbefohlen
ſeyn/ ſie auff allen Wegen Perſenwerz verteilen/ und ihnen eine gewiſſe Grenze Stad zur
Verſamlung ernennen; Wirſtu nun/ ſagte er/ unſer Fraͤulein uns wieder lieffern/ es ge-
ſchehe gleich ohn oder mit der Voͤlker Verluſt/ ſol dir groͤſſere Belohnung als nie keinem
Menſchen vor dir/ wie derfahren; maſſen du der naͤheſte nach uns ſeyn/ und ganz Perſen-
land erblich beſitzen ſolt. Ihrer Koͤnigl. Hocheit gelebe ich gehorſamſt/ antwortete er; wie
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[881/0919] Vierdes Buch. ſo aͤdler unerſchrockener Geiſt von geſchworner Traͤue koͤnnen ruͤkfaͤllig werden/ uñ durch den nicht werten Valikules ſich zur Flucht bereden laſſen? Aber O du falſcher Valikules/ was vor Ungnade oder Wiederwillen haben wir dir erzeiget/ daß du uns nach dem inner- ſten unſer Seelen greiffeſt/ und uns den lebendigen Teil unſers Herzen raubeſt? Bago- phanes erkühnete ſich und ſagete: Allergnaͤdigſter Koͤnig/ eure Hocheit wollen die Klage und den Eifer maͤſſigen/ und vielmehr darauff bedacht ſeyn/ ob man das Fraͤulein in der Flucht ergreiffen koͤnte. Geſchwinde/ antwortete er/ daß alle Reuter dieſer groſſen Stad verſamlet werden/ ja daß alle unſere Untertahnen/ Perſenland als eine Fluht von fornen und hinten uͤberſchwemmen/ damit unſer Fraͤulein wiederbracht werde. Die Koͤnigli- chen Trommeter fielen teils auff ungeſattelte/ teils auff ungezaͤumete Pferde/ und blieſen erſchroͤklich Lermen durch alle Gaſſen/ ſo weit die Pferde lauffen kunten; etliche renneten ihre Pferde gar uͤbern hauffen/ nahmen aus den Haͤuſern andere/ uñ hoͤreten etliche Stun- denlang nicht auff zu blaſen. Die ganze Stad ward hier uͤber erſchrecket/ daß alles was Waffen fuͤhren kunte/ ſolche ergriff/ und dem Schloſſe zueilete/ daher die naͤheſten Gaſſen dermaſſen mit Menſchen angefuͤllet wurden/ daß kein Reuter hindurch kommen kunte/ und entſtund durch dieſe Zudraͤngung ein ſolches Jammern und Wehklagen/ daß der Schal biß gen Himmel fuhr/ weil in die 4000 Menſchen erdrucket wurden/ und endlich die ſo zu Fuſſe wahren/ ſich in die naͤheſten Haͤuſer zogen/ wodurch den Reutern etlicher maſſen Luft gegeben ward. Inmittelſt ließ doch das grauſame Geſchrey nicht nach/ da ei- ner rieff; der Koͤnig waͤhre erſchlagen; ein ander/ die Feinde haͤtten ſich der Stad bemaͤch- tiget; und wuſte keiner was er glaͤuben ſolte/ biß endlich Bagophanes es dem Koͤnige zu- wiſſen taht/ und ihn erinnerte/ er moͤchte mit ſeinem Koͤniglichen Stabeſich dem Volke auff der Zinnen zeigen/ ſonſt waͤhre unmoͤglich/ den Aufflauff zuſtillen/ und etwas beſtaͤn- diges vorzunehmen. Der Koͤnig folgete dieſem Raht/ uñ winkete/ daß jederman ſtille ſeyn ſolte; da Bagophanes uͤber laut alſo rieff; Des groſſen Koͤniges Artabanus ernſtlicher Befehl iſt/ daß alles Fuß Volk ſich ſtündlich hinweg/ und an ihre Arbeit mache/ die Reute- rey aber mit ihrem beſten Gewehr erſcheine. Da gab ſich nun jederman zu frieden/ und zo- gen hinter ſich in die Haͤuſer/ deren eines auff allen Boden und Gemaͤchern ſo gar über- haͤuffet ward/ das es einfiel/ und uͤber 5000 Menſchen teils erſchlug/ teils an allen Glied- maſſen beſchaͤdigte/ daß nicht 100 davon das Leben behielten. Noch kunten die Reuter kei- nen freien Zurit haben/ welches das Nachdrücken aus den abgelegenen Gaſſen verurſa- chete/ biß gewiſſe Leute verordnet wurden/ die hin und wieder außrieffen/ dz das Fuß Volk zuruͤk weichen/ und den Reutern Luft geben ſolte. Als ſich nun auff dieſe Weiſe die Reute- rey haͤuffig mehrete/ und ihrer 16000 gezaͤhlet wurden/ gab der Koͤnig ſeinem Hoffmei- ſter Befehl/ er ſolte als gevolmaͤchtigter Feld Obriſter ihm die Voͤlker laſſen anbefohlen ſeyn/ ſie auff allen Wegen Perſenwerz verteilen/ und ihnen eine gewiſſe Grenze Stad zur Verſamlung ernennen; Wirſtu nun/ ſagte er/ unſer Fraͤulein uns wieder lieffern/ es ge- ſchehe gleich ohn oder mit der Voͤlker Verluſt/ ſol dir groͤſſere Belohnung als nie keinem Menſchen vor dir/ wie derfahren; maſſen du der naͤheſte nach uns ſeyn/ und ganz Perſen- land erblich beſitzen ſolt. Ihrer Koͤnigl. Hocheit gelebe ich gehorſamſt/ antwortete er; wie aber/ wann das Fraͤulein ſich beſchweren ſolte/ mit mir umbzukehren/ und vor der Straffe ſich T t t t t

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 881. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/919>, abgerufen am 22.12.2024.