Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.Drittes Buch. Speisen auffzutragen genöhtiget werde. Niemand war über Tische/ dem die klaren Träh-nen nicht in den Augen gestanden währen; Das Frauenzimmer aber fingüberlaut an zu weinen/ und Arbianes wahr der Ohmacht am nähesten. Diese Traurigkeit nun in etwas zulindern/ foderte Herkuliskus die Harffe/ und mit einem Liebes-brennenden Angesichte/ sang er folgendes Lied in Griechischer Sprache: 1 WAnn mein Wunsch in Krafft bestünde/Und mein wollen/ können fünde; Solte meine Dankbarkeit Feste stehn zu aller Zeit. 2 Wann die Hände könten zahlen/Was Gedanken wol abmahlen/ Solte meine Dankbarkeit Feste stehn zu aller Zeit. 3 Aber O! von Armut wegen/Kan ich gar kein Zeichen legen; Drumb steht meine Dankbarkeit Nur im wollen allezeit. 4 Ja mein Herz/ sih wie es gehet;Wer zu hohe Gunst empfähet/ [Spaltenumbruch] Und mehr als er tragen kan/ Schauet niemand frölich an. 5 Wer zu schwer wird überladen/Wann er muß durch Fluten waden/ Trägt vergebens seinen Sin Nach dem fernen Ufer hin. 6 Herz/ jezt lernestu gar eben/Mehr zu nehmen als zu geben; Solte das nun Tugend seyn; Währstu voller Tugendschein. 7 Doch du hast zwar nehmen müssen;Drumb wird Gott zu lohnen wissen/ Was ein schwacher Schuldes-Mann Durch sich nicht ersetzen kan. Der Groß Fürst erhohlete sich unterdessen/ und die weiblichen Trähnen wurden gestillet/ dend/ H h h h
Drittes Buch. Speiſen auffzutragen genoͤhtiget werde. Niemand war uͤber Tiſche/ dem die klaren Traͤh-nen nicht in den Augen geſtanden waͤhren; Das Frauenzimmer aber fingüberlaut an zu weinen/ und Arbianes wahr der Ohmacht am naͤheſten. Dieſe Traurigkeit nun in etwas zulindern/ foderte Herkuliſkus die Harffe/ und mit einem Liebes-brennenden Angeſichte/ ſang er folgendes Lied in Griechiſcher Sprache: 1 WAnn mein Wunſch in Krafft beſtuͤnde/Und mein wollen/ koͤnnen fuͤnde; Solte meine Dankbarkeit Feſte ſtehn zu aller Zeit. 2 Wann die Haͤnde koͤnten zahlen/Was Gedanken wol abmahlen/ Solte meine Dankbarkeit Feſte ſtehn zu aller Zeit. 3 Aber O! von Armut wegen/Kan ich gar kein Zeichen legen; Drumb ſteht meine Dankbarkeit Nur im wollen allezeit. 4 Ja mein Herz/ ſih wie es gehet;Wer zu hohe Gunſt empfaͤhet/ [Spaltenumbruch] Und mehr als er tragen kan/ Schauet niemand froͤlich an. 5 Wer zu ſchwer wird uͤberladen/Wann er muß durch Fluten waden/ Traͤgt vergebens ſeinen Sin Nach dem fernen Ufer hin. 6 Herz/ jezt lerneſtu gar eben/Mehr zu nehmen als zu geben; Solte das nun Tugend ſeyn; Waͤhrſtu voller Tugendſchein. 7 Doch du haſt zwar nehmen muͤſſen;Drumb wird Gott zu lohnen wiſſen/ Was ein ſchwacher Schuldes-Mann Durch ſich nicht erſetzen kan. Der Groß Fuͤrſt erhohlete ſich unterdeſſen/ und die weiblichen Traͤhnen wurden geſtillet/ dend/ H h h h
<TEI> <text> <body> <div n="2"> <p><pb facs="#f0647" n="609"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Drittes Buch.</hi></fw><lb/> Speiſen auffzutragen genoͤhtiget werde. Niemand war uͤber Tiſche/ dem die klaren Traͤh-<lb/> nen nicht in den Augen geſtanden waͤhren; Das Frauenzimmer aber fingüberlaut an zu<lb/> weinen/ und Arbianes wahr der Ohmacht am naͤheſten. Dieſe Traurigkeit nun in etwas<lb/> zulindern/ foderte Herkuliſkus die Harffe/ und mit einem Liebes-brennenden Angeſichte/<lb/> ſang er folgendes Lied in Griechiſcher Sprache:</p><lb/> <cb type="start"/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <head>1</head> <l><hi rendition="#in">W</hi>Ann mein Wunſch in Krafft beſtuͤnde/</l><lb/> <l>Und mein wollen/ koͤnnen fuͤnde;</l><lb/> <l>Solte meine Dankbarkeit</l><lb/> <l>Feſte ſtehn zu aller Zeit.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <head>2</head> <l>Wann die Haͤnde koͤnten zahlen/</l><lb/> <l>Was Gedanken wol abmahlen/</l><lb/> <l>Solte meine Dankbarkeit</l><lb/> <l>Feſte ſtehn zu aller Zeit.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <head>3</head> <l>Aber O! von Armut wegen/</l><lb/> <l>Kan ich gar kein Zeichen legen;</l><lb/> <l>Drumb ſteht meine Dankbarkeit</l><lb/> <l>Nur im wollen allezeit.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <head>4</head> <l>Ja mein Herz/ ſih wie es gehet;</l><lb/> <l>Wer zu hohe Gunſt empfaͤhet/</l><lb/> <cb/> <l>Und mehr als er tragen kan/</l><lb/> <l>Schauet niemand froͤlich an.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <head>5</head> <l>Wer zu ſchwer wird uͤberladen/</l><lb/> <l>Wann er muß durch Fluten waden/</l><lb/> <l>Traͤgt vergebens ſeinen Sin</l><lb/> <l>Nach dem fernen Ufer hin.</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <head>6</head> <l>Herz/ jezt lerneſtu gar eben/</l><lb/> <l>Mehr zu nehmen als zu geben;</l><lb/> <l>Solte das nun Tugend ſeyn;</l><lb/> <l>Waͤhrſtu voller Tugendſchein.</l> </lg><lb/> <lg n="7"> <head>7</head> <l>Doch du haſt zwar nehmen muͤſſen;</l><lb/> <l>Drumb wird Gott zu lohnen wiſſen/</l><lb/> <l>Was ein ſchwacher Schuldes-Mann</l><lb/> <l>Durch ſich nicht erſetzen kan.</l> </lg> </lg><lb/> <cb type="end"/> <p>Der Groß Fuͤrſt erhohlete ſich unterdeſſen/ und die weiblichen Traͤhnen wurden geſtillet/<lb/> daß auch Arbianes ſich wieder erinnern kunte/ wo er wahr/ und gab Herr Mazeus nach<lb/> Groß Fuͤrſtlichem Befehl/ unſerm Herkuliſkus dieſe Antwort: Durchleuchtiger/ und von<lb/> Himliſcher Gunſtreichbegabeter Herr Herkuliſkus; Groß Fuͤrſtl. Durchl. allerſeits/ haͤlt<lb/> die hohe Dankſagung vor überfluͤſſig/ weil ſie ichtwas geleiſtet zuhaben/ ſich nicht erinnern<lb/> koͤnnen/ das eure Vollkommenheit nicht hundertfach verdienet haͤtte; wuͤnſchen nichts<lb/> mehr/ als daß ihnen Freyheit gegoͤnnet werde/ euch zeit ihres Lebens Elter- und Bruͤder-<lb/> liche Liebe zu erweiſen/ erbieten ſich bey Groß Fuͤrſtlichen Ehren/ es an keinem ermangeln<lb/> zulaſſen/ was in ihrem Vermoͤgen ſtehet. Auch wird mein Herr ſich erinnern/ was unſer<lb/> allerſeits Gn. Groß Fuͤrſt ſich neulich gegen ihn erboten/ aber er ſelbſt aͤidlich geunwilliget/<lb/> und ſich widerſetzet hat. Seine GF. Durchl. aber zweifelt nicht/ ihm werde gelegenheit<lb/> zuſtoſſen/ auch am bewuſten Orte ihm ſeine gewogenheit und vaͤterliches Herz ſehen zulaſ-<lb/> ſen. Darauff trat Herkuliſkus zu dem Groß Fuͤrſten/ ſetzete ſich auff ſeine Knie/ und kuͤſſete<lb/> ihm die Haͤnde in kindlicher Neigung/ biß ihn derſelbe auffrichtete/ und zu ihm ſagte: Mein<lb/> geliebter Sohn/ ich hoffe/ die guͤtigen Goͤtter werden uns verleihen/ uns unter einander beſ-<lb/> ſere Freundſchafft zuleiſten/ als bißher geſchehen. Er hingegen wendete ein/ er haͤtte ſchon<lb/> gar ein uͤbriges empfangen/ machte ſich hin zu der Groß Fuͤrſtin/ und wolte ſich auch vor<lb/> ihr niderlegen/ welche ihn aber umfing/ und nach erteiletem muͤtterlichen Kuſſe ſagete:<lb/> Mein Sohn/ die Goͤtter wollen euch beyſtehen; ein mehres wolte die herzbewaͤgende Trau-<lb/> rigkeit nicht zulaſſen. Arbianes meynete/ die Ordnung wuͤrde nun an ihm ſeyn/ empfand<lb/> aber in ſeinem Gemuͤht nicht/ wie er ſich verhalten ſolte; welches Herkuliſkus merkend/ zu<lb/> ihm ſagete: Hochgeliebter Fuͤrſt/ wir werden hernach allein bequemere gelegenheit haben/<lb/> uns vor dißmahl zuletzen; wendete ſich zu Pharnabazus/ ihm Ehre zubeweiſen/ welches er<lb/> aber nicht zugeben wolte/ ſondern ihm wider ſeinen Willen die zarte Hand kuͤſſete/ einwen-<lb/> <fw place="bottom" type="sig">H h h h</fw><fw place="bottom" type="catch">dend/</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [609/0647]
Drittes Buch.
Speiſen auffzutragen genoͤhtiget werde. Niemand war uͤber Tiſche/ dem die klaren Traͤh-
nen nicht in den Augen geſtanden waͤhren; Das Frauenzimmer aber fingüberlaut an zu
weinen/ und Arbianes wahr der Ohmacht am naͤheſten. Dieſe Traurigkeit nun in etwas
zulindern/ foderte Herkuliſkus die Harffe/ und mit einem Liebes-brennenden Angeſichte/
ſang er folgendes Lied in Griechiſcher Sprache:
1 WAnn mein Wunſch in Krafft beſtuͤnde/
Und mein wollen/ koͤnnen fuͤnde;
Solte meine Dankbarkeit
Feſte ſtehn zu aller Zeit.
2 Wann die Haͤnde koͤnten zahlen/
Was Gedanken wol abmahlen/
Solte meine Dankbarkeit
Feſte ſtehn zu aller Zeit.
3 Aber O! von Armut wegen/
Kan ich gar kein Zeichen legen;
Drumb ſteht meine Dankbarkeit
Nur im wollen allezeit.
4 Ja mein Herz/ ſih wie es gehet;
Wer zu hohe Gunſt empfaͤhet/
Und mehr als er tragen kan/
Schauet niemand froͤlich an.
5 Wer zu ſchwer wird uͤberladen/
Wann er muß durch Fluten waden/
Traͤgt vergebens ſeinen Sin
Nach dem fernen Ufer hin.
6 Herz/ jezt lerneſtu gar eben/
Mehr zu nehmen als zu geben;
Solte das nun Tugend ſeyn;
Waͤhrſtu voller Tugendſchein.
7 Doch du haſt zwar nehmen muͤſſen;
Drumb wird Gott zu lohnen wiſſen/
Was ein ſchwacher Schuldes-Mann
Durch ſich nicht erſetzen kan.
Der Groß Fuͤrſt erhohlete ſich unterdeſſen/ und die weiblichen Traͤhnen wurden geſtillet/
daß auch Arbianes ſich wieder erinnern kunte/ wo er wahr/ und gab Herr Mazeus nach
Groß Fuͤrſtlichem Befehl/ unſerm Herkuliſkus dieſe Antwort: Durchleuchtiger/ und von
Himliſcher Gunſtreichbegabeter Herr Herkuliſkus; Groß Fuͤrſtl. Durchl. allerſeits/ haͤlt
die hohe Dankſagung vor überfluͤſſig/ weil ſie ichtwas geleiſtet zuhaben/ ſich nicht erinnern
koͤnnen/ das eure Vollkommenheit nicht hundertfach verdienet haͤtte; wuͤnſchen nichts
mehr/ als daß ihnen Freyheit gegoͤnnet werde/ euch zeit ihres Lebens Elter- und Bruͤder-
liche Liebe zu erweiſen/ erbieten ſich bey Groß Fuͤrſtlichen Ehren/ es an keinem ermangeln
zulaſſen/ was in ihrem Vermoͤgen ſtehet. Auch wird mein Herr ſich erinnern/ was unſer
allerſeits Gn. Groß Fuͤrſt ſich neulich gegen ihn erboten/ aber er ſelbſt aͤidlich geunwilliget/
und ſich widerſetzet hat. Seine GF. Durchl. aber zweifelt nicht/ ihm werde gelegenheit
zuſtoſſen/ auch am bewuſten Orte ihm ſeine gewogenheit und vaͤterliches Herz ſehen zulaſ-
ſen. Darauff trat Herkuliſkus zu dem Groß Fuͤrſten/ ſetzete ſich auff ſeine Knie/ und kuͤſſete
ihm die Haͤnde in kindlicher Neigung/ biß ihn derſelbe auffrichtete/ und zu ihm ſagte: Mein
geliebter Sohn/ ich hoffe/ die guͤtigen Goͤtter werden uns verleihen/ uns unter einander beſ-
ſere Freundſchafft zuleiſten/ als bißher geſchehen. Er hingegen wendete ein/ er haͤtte ſchon
gar ein uͤbriges empfangen/ machte ſich hin zu der Groß Fuͤrſtin/ und wolte ſich auch vor
ihr niderlegen/ welche ihn aber umfing/ und nach erteiletem muͤtterlichen Kuſſe ſagete:
Mein Sohn/ die Goͤtter wollen euch beyſtehen; ein mehres wolte die herzbewaͤgende Trau-
rigkeit nicht zulaſſen. Arbianes meynete/ die Ordnung wuͤrde nun an ihm ſeyn/ empfand
aber in ſeinem Gemuͤht nicht/ wie er ſich verhalten ſolte; welches Herkuliſkus merkend/ zu
ihm ſagete: Hochgeliebter Fuͤrſt/ wir werden hernach allein bequemere gelegenheit haben/
uns vor dißmahl zuletzen; wendete ſich zu Pharnabazus/ ihm Ehre zubeweiſen/ welches er
aber nicht zugeben wolte/ ſondern ihm wider ſeinen Willen die zarte Hand kuͤſſete/ einwen-
dend/
H h h h
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |