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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.

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Erstes Buch.
den Gesellen X; kaufften auch umb XX Kronen eine köstliche Wund Salbe von jhm/ wo-
mit man alle frische Wunden in kurzer frist heilen kunte/ und nahmen des folgenden Tages
gar früh Abscheid/ in hoffnung/ Gott würde sie an ort und ende führen/ woselbst sie Ruhm
und Preiß erwerben könten. Als sie über die Gasse vor Herr Zinna/ Herkules gewesenen
Herrn Wohnung vorbey ritten/ ward dessen Tochter/ Fr. Zezilia jhrer gewahr/ winkete
ihrem lieben Herkules/ auff ein Wort stille zu halten/ verwieß ihm höchlich/ daß er sich so
lange noch zu Rom auffgehalten/ und ihr kein mahl zugesprochen hätte. Er aber entschul-
digte sich sehr/ daß er und sein Freund vor etlichen Wochen gefährlich verwundet/ und
kaum vor wenig Tagen erst genesen währen; hätte gestriges Tages Zeitung von Hause
gehabt/ sich eilend daselbst einzustellen/ weil seine Fr. Mutter to des verblichen/ und er die
Haußhaltung wider seinen Willen antreten müste; bähte demnach dienstlich/ ihm zu ver-
zeihen/ daß er ihr länger Geselschaft nicht leisten könte. Ich habe wol gewust/ sagte sie/ daß
ihr noch stets zu Rom seyd gewesen/ aber eure Herberge nicht erfahren können/ sonst hät-
te ich euch diesen Denkring meiner guten Gewogenheit/ durch meine Leib dienerin zuge-
schikt/ welchen ich euch nun selbst liefern wil/ mit Bitte/ jhn eurer ergebenen Freundin Ze-
zilien wegen zu tragen/ und bey demselben der Engelländischen Geschichte (diese ist im fünf-
ten Buche zu lesen) stets eingedenke zu seyn. Hochwerte wahre Freundin/ antwortete er;
ich bedanke mich der annoch ferner bezeigeten Gutwilligkeit/ die ich/ wo ich leben sol/ zu er-
setzen/ unvergessen seyn werde; Die Erinnerung aber der Geschichte wird sie ohn Zweifel
mit solchem Herzen vorbringen/ als ich sie auffnehme; und wolle/ bitte ich sehr/ ihre gelieb-
te Eltern unser beyder wegen dienstlich grüssen; vielleicht gibt es die Gelegenheit/ daß wir
uns dereins wieder sprechen. Hieb damit sein Roß an/ und rante mit seiner Geselschafft
eilig fort/ weil er sich befürchtete/ von Herrn Zinna auffgehalten zu werden. Als er zum
äussersten Tohr außritte/ seufzete er/ und sagte zu Ladiska: Nimmermehr werde ich das al-
lerliebste Rom auß meinem Gedächtniß kommen lassen/ ob ich gleich noch hundert Jahr
leben solte; Dann ungeachtet ich hieselbst anderthalbjährige Leibeigenschafft und harte
Dienstbarkeit außgestanden/ muß ich doch gestehen/ daß nähst Gott/ ich diesem Orte allein
meiner Seelen Wolfahrt/ und Gewissensvergnügung zu danken habe; weil ich hieselbst
endlich funden/ was meinen Verstand erleuchtet/ meinen Willen sättiget/ mich in Trau-
rigkeit freudig machet/ und wider alle Unfälle mich kräfftiget und stärket. O glükseliger
Tag/ da ich im Böhmerwalde von den Pannonischen Räubern gefangen; noch glükseli-
ger/ da ich von den Römischen jhnen wieder geraubet/ und in dieser Stadt verkauft ward;
Dann durch diese gelegenheit bin ich zur Erkäntniß meines Gottes und Heylandes kom-
men/ ohn welche ich ungezweifelt hätte ewig müssen verdamt und verlohren seyn. Ich weiß
nicht/ antwortete Ladisla/ was sonderliches du doch in diesem Glauben funden hast/ ohn ei-
nen vermeynten neuen Gott/ der etwa vor 225 Jahren/ wie du selbst gestehest/ von schlech-
ten armen Eltern im Viehstalle gebohren/ in Mangel und Armut auferzogen/ von seinen
eigenen Freunden und Blutsverwandten verachtet/ verfolget/ endlich gar als ein Ubeltäh-
ter zwischen zween Mördern aus Kreuz auffgehenket ist. Nun betrachte dagegen unsere
Götter; wie von grossen Leuten/ ja von Göttern selbst sind sie entsprossen; wie herrliche
Tahten haben sie verrichtet/ und umb die ganze Welt sich so hoch verdient gemacht/ dz man

sie

Erſtes Buch.
den Geſellen X; kaufften auch umb XX Kronen eine koͤſtliche Wund Salbe von jhm/ wo-
mit man alle friſche Wunden in kurzer friſt heilen kunte/ und nahmen des folgenden Tages
gar fruͤh Abſcheid/ in hoffnung/ Gott wuͤrde ſie an ort und ende fuͤhren/ woſelbſt ſie Ruhm
und Preiß erwerben koͤnten. Als ſie uͤber die Gaſſe vor Herr Zinna/ Herkules geweſenen
Herrn Wohnung vorbey ritten/ ward deſſen Tochter/ Fr. Zezilia jhrer gewahr/ winkete
ihrem lieben Herkules/ auff ein Wort ſtille zu halten/ verwieß ihm hoͤchlich/ daß er ſich ſo
lange noch zu Rom auffgehalten/ und ihr kein mahl zugeſprochen haͤtte. Er aber entſchul-
digte ſich ſehr/ daß er und ſein Freund vor etlichen Wochen gefaͤhrlich verwundet/ und
kaum vor wenig Tagen erſt geneſen waͤhren; haͤtte geſtriges Tages Zeitung von Hauſe
gehabt/ ſich eilend daſelbſt einzuſtellen/ weil ſeine Fr. Mutter to des verblichen/ und er die
Haußhaltung wider ſeinen Willen antreten muͤſte; baͤhte demnach dienſtlich/ ihm zu ver-
zeihen/ daß er ihr laͤnger Geſelſchaft nicht leiſten koͤnte. Ich habe wol gewuſt/ ſagte ſie/ daß
ihr noch ſtets zu Rom ſeyd geweſen/ aber eure Herberge nicht erfahren koͤnnen/ ſonſt haͤt-
te ich euch dieſen Denkring meiner guten Gewogenheit/ durch meine Leib dienerin zuge-
ſchikt/ welchen ich euch nun ſelbſt liefern wil/ mit Bitte/ jhn eurer ergebenen Freundin Ze-
zilien wegen zu tragen/ und bey demſelben der Engellaͤndiſchẽ Geſchichte (dieſe iſt im fuͤnf-
ten Buche zu leſen) ſtets eingedenke zu ſeyn. Hochwerte wahre Freundin/ antwortete er;
ich bedanke mich der annoch ferner bezeigeten Gutwilligkeit/ die ich/ wo ich leben ſol/ zu er-
ſetzen/ unvergeſſen ſeyn werde; Die Erinnerung aber der Geſchichte wird ſie ohn Zweifel
mit ſolchem Herzen vorbringen/ als ich ſie auffnehme; und wolle/ bitte ich ſehr/ ihre gelieb-
te Eltern unſer beyder wegen dienſtlich gruͤſſen; vielleicht gibt es die Gelegenheit/ daß wir
uns dereins wieder ſprechen. Hieb damit ſein Roß an/ und rante mit ſeiner Geſelſchafft
eilig fort/ weil er ſich befuͤrchtete/ von Herrn Zinna auffgehalten zu werden. Als er zum
aͤuſſerſten Tohr außritte/ ſeufzete er/ und ſagte zu Ladiſka: Nimmermehr werde ich das al-
lerliebſte Rom auß meinem Gedaͤchtniß kommen laſſen/ ob ich gleich noch hundert Jahr
leben ſolte; Dann ungeachtet ich hieſelbſt anderthalbjaͤhrige Leibeigenſchafft und harte
Dienſtbarkeit außgeſtanden/ muß ich doch geſtehen/ daß naͤhſt Gott/ ich dieſem Orte allein
meiner Seelen Wolfahrt/ und Gewiſſensvergnuͤgung zu danken habe; weil ich hieſelbſt
endlich funden/ was meinen Verſtand erleuchtet/ meinen Willen ſaͤttiget/ mich in Trau-
rigkeit freudig machet/ und wider alle Unfaͤlle mich kraͤfftiget und ſtaͤrket. O gluͤkſeliger
Tag/ da ich im Boͤhmerwalde von den Pannoniſchen Raͤubern gefangen; noch gluͤkſeli-
ger/ da ich von den Roͤmiſchen jhnen wieder geraubet/ und in dieſer Stadt verkauft ward;
Dann durch dieſe gelegenheit bin ich zur Erkaͤntniß meines Gottes und Heylandes kom-
men/ ohn welche ich ungezweifelt haͤtte ewig muͤſſen verdamt und verlohren ſeyn. Ich weiß
nicht/ antwortete Ladiſla/ was ſonderliches du doch in dieſem Glauben funden haſt/ ohn ei-
nen vermeynten neuen Gott/ der etwa vor 225 Jahren/ wie du ſelbſt geſteheſt/ von ſchlech-
ten armen Eltern im Viehſtalle gebohren/ in Mangel und Armut auferzogen/ von ſeinen
eigenen Freunden und Blutsverwandten verachtet/ verfolget/ endlich gar als ein Ubeltaͤh-
ter zwiſchen zween Moͤrdern aus Kreuz auffgehenket iſt. Nun betrachte dagegen unſere
Goͤtter; wie von groſſen Leuten/ ja von Goͤttern ſelbſt ſind ſie entſproſſen; wie herꝛliche
Tahten haben ſie verrichtet/ und umb die ganze Welt ſich ſo hoch verdient gemacht/ dz man

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[18/0056] Erſtes Buch. den Geſellen X; kaufften auch umb XX Kronen eine koͤſtliche Wund Salbe von jhm/ wo- mit man alle friſche Wunden in kurzer friſt heilen kunte/ und nahmen des folgenden Tages gar fruͤh Abſcheid/ in hoffnung/ Gott wuͤrde ſie an ort und ende fuͤhren/ woſelbſt ſie Ruhm und Preiß erwerben koͤnten. Als ſie uͤber die Gaſſe vor Herr Zinna/ Herkules geweſenen Herrn Wohnung vorbey ritten/ ward deſſen Tochter/ Fr. Zezilia jhrer gewahr/ winkete ihrem lieben Herkules/ auff ein Wort ſtille zu halten/ verwieß ihm hoͤchlich/ daß er ſich ſo lange noch zu Rom auffgehalten/ und ihr kein mahl zugeſprochen haͤtte. Er aber entſchul- digte ſich ſehr/ daß er und ſein Freund vor etlichen Wochen gefaͤhrlich verwundet/ und kaum vor wenig Tagen erſt geneſen waͤhren; haͤtte geſtriges Tages Zeitung von Hauſe gehabt/ ſich eilend daſelbſt einzuſtellen/ weil ſeine Fr. Mutter to des verblichen/ und er die Haußhaltung wider ſeinen Willen antreten muͤſte; baͤhte demnach dienſtlich/ ihm zu ver- zeihen/ daß er ihr laͤnger Geſelſchaft nicht leiſten koͤnte. Ich habe wol gewuſt/ ſagte ſie/ daß ihr noch ſtets zu Rom ſeyd geweſen/ aber eure Herberge nicht erfahren koͤnnen/ ſonſt haͤt- te ich euch dieſen Denkring meiner guten Gewogenheit/ durch meine Leib dienerin zuge- ſchikt/ welchen ich euch nun ſelbſt liefern wil/ mit Bitte/ jhn eurer ergebenen Freundin Ze- zilien wegen zu tragen/ und bey demſelben der Engellaͤndiſchẽ Geſchichte (dieſe iſt im fuͤnf- ten Buche zu leſen) ſtets eingedenke zu ſeyn. Hochwerte wahre Freundin/ antwortete er; ich bedanke mich der annoch ferner bezeigeten Gutwilligkeit/ die ich/ wo ich leben ſol/ zu er- ſetzen/ unvergeſſen ſeyn werde; Die Erinnerung aber der Geſchichte wird ſie ohn Zweifel mit ſolchem Herzen vorbringen/ als ich ſie auffnehme; und wolle/ bitte ich ſehr/ ihre gelieb- te Eltern unſer beyder wegen dienſtlich gruͤſſen; vielleicht gibt es die Gelegenheit/ daß wir uns dereins wieder ſprechen. Hieb damit ſein Roß an/ und rante mit ſeiner Geſelſchafft eilig fort/ weil er ſich befuͤrchtete/ von Herrn Zinna auffgehalten zu werden. Als er zum aͤuſſerſten Tohr außritte/ ſeufzete er/ und ſagte zu Ladiſka: Nimmermehr werde ich das al- lerliebſte Rom auß meinem Gedaͤchtniß kommen laſſen/ ob ich gleich noch hundert Jahr leben ſolte; Dann ungeachtet ich hieſelbſt anderthalbjaͤhrige Leibeigenſchafft und harte Dienſtbarkeit außgeſtanden/ muß ich doch geſtehen/ daß naͤhſt Gott/ ich dieſem Orte allein meiner Seelen Wolfahrt/ und Gewiſſensvergnuͤgung zu danken habe; weil ich hieſelbſt endlich funden/ was meinen Verſtand erleuchtet/ meinen Willen ſaͤttiget/ mich in Trau- rigkeit freudig machet/ und wider alle Unfaͤlle mich kraͤfftiget und ſtaͤrket. O gluͤkſeliger Tag/ da ich im Boͤhmerwalde von den Pannoniſchen Raͤubern gefangen; noch gluͤkſeli- ger/ da ich von den Roͤmiſchen jhnen wieder geraubet/ und in dieſer Stadt verkauft ward; Dann durch dieſe gelegenheit bin ich zur Erkaͤntniß meines Gottes und Heylandes kom- men/ ohn welche ich ungezweifelt haͤtte ewig muͤſſen verdamt und verlohren ſeyn. Ich weiß nicht/ antwortete Ladiſla/ was ſonderliches du doch in dieſem Glauben funden haſt/ ohn ei- nen vermeynten neuen Gott/ der etwa vor 225 Jahren/ wie du ſelbſt geſteheſt/ von ſchlech- ten armen Eltern im Viehſtalle gebohren/ in Mangel und Armut auferzogen/ von ſeinen eigenen Freunden und Blutsverwandten verachtet/ verfolget/ endlich gar als ein Ubeltaͤh- ter zwiſchen zween Moͤrdern aus Kreuz auffgehenket iſt. Nun betrachte dagegen unſere Goͤtter; wie von groſſen Leuten/ ja von Goͤttern ſelbſt ſind ſie entſproſſen; wie herꝛliche Tahten haben ſie verrichtet/ und umb die ganze Welt ſich ſo hoch verdient gemacht/ dz man ſie

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/56>, abgerufen am 21.12.2024.