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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.

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Anderes Buch.
und taht ihr solches zuwissen/ welche alsbald kräfftige Sachen zur Hand nam/ und mit Fr.
Sophien und Frl. Sibyllen zu ihr ging/ funden sie als eine Todtenleiche/ und bestrichen
sie so lange/ biß sie wieder zu sich kam/ und mit gar schwacher Stimme und trähnenden
Augen sagte. Ach warumb lasset ihr mich meinem allerliebsten Fabius nicht folgen! oder
gedenket ihr/ daß ich nach seinem Tode lust habe länger zu leben? Fr. Sophia ward hier-
über ängstig zittern/ daß sie sich nieder auff die Erde setzen muste/ und sagte: O Herz liebe
Schwester/ was habt ihr dann neues von meinem Bruder? Ich hoffe ja nimmermehr/
daß ihr traurigere Zeitung wisset/ als wir alle mit einander; Fr. Ursula aber fuhr fort mit
ihrer Klage; Ach mein Fabius! ach Herr Ladisla! was vor grausame Fäuste haben euch
erschlagen können? und was vor Gewalt hat den Handfesten unüberwindlichen Herkules
gefangen? Als Sophia diß hörete/ rieff sie mit hartweinender Stimme, O ist dann mein
liebster Ladisla schon dahin? O ist meine einige Freude und Wollust ermordet? Mein Er-
retter! mein allerbester Schaz! mein einiges-Al? O du allerliebste Seele/ warumb bistu
nicht alsbald nach deinem Abschiede hieher geflogen/ daß du mich auffgemuntert hättest/
mit dir zuzihen? Ja warumb kömstu noch nicht/ und foderst die meine ab/ zu dir/ nach dem
sie mit dir unaufflößlich verknüpffet ist? Nun nun/ unsere Freude ist dahin/ unsere Wol-
lust ist zum Ende gelauffen/ aber leichter als der Wind/ schneller als der Schein eines auß-
gelöscheten Lichtes; geschwinder als die Gedanken selber. O du liebreiche Seele/ hastu
deine schöne Herberge/ den wolgestalten Leib schon außgezogen? Bistu dieses Lebens bereit
müde gewesen/ und hast mir so offt beteuret/ es däuchte dich solches in unser Liebe erst recht
angehen? Zwar du hast die Eitelkeit abgelegt/ und bist wol ohn zweiffel schon in der Göt-
ter Zahl angeschrieben; was solte dich dann bewägen/ diese Gebrechligkeit länger zu tra-
gen? Aber biß eingedenke/ bitte ich/ biß eingedenke der inniglichen Liebe und Gewogenheit/
womit meine Geister dir verbunden sind/ und laß mich in deinem Himmels Stolze doch
nur zu deinen Füssen ruhen/ und mich an deiner allerliebsten Gegenwart ergetzen. Bistu
noch eine Menschen Seele/ so wirstu die meine nicht beschämen/ wann sie zu dir nahet;
bistu eine göttliche Krafft worden/ O so nim die meine als deine geträueste Dienerin an/
die dich anzubehten nicht wird unwillig seyn/ dann ich kan durchaus nicht von dir geschie-
den bleiben/ so wenig jezt im Tode/ als vorhin im Leben/ nachdem ich dich einmahl geken-
net habe. Schließlich hoffe ich/ man werde unsern Leibern diese Freundschafft tuhn/ und
sie in einen Sarg beyeinander legen. Hiemit nam sie ihr kleines Messerchen von der Sei-
ten/ und sties es gleich auff ihre Kehle zu/ des gänzlichen Vorsatzes/ ihrer Seele daselbst
den leichtesten Weg zu öffnen. Aber Frl. Sibylla/ welche neben ihr auff der Erden saß/ und
aus ihren Reden ihr Vorhaben leicht abnahm/ gab eben acht auff ihre Hände/ sahe den
Stich/ und warff mit einem grossen Geschrey ihre zarte Hand vor/ welche sie ihr nicht al-
lein gar durchstach/ sondern auch noch ein zimliches Löchlein ihr selbst neben der Kehle
machte. Das Fräulein empfand der Wunde/ und riß die Hand mit Gewalt zu sich/ daß
das Messer drinnen stecken blieb. Der Stathalter trat gleich ins Zimmer/ sahe ihre bluti-
ge Hand/ und der Tochter den rohten Schweiß vom Halse die Brust hinab lauffen/ auch
sie zugleich nebest ihrer Mutter und Fr. Ursulen in tieffer Ohmacht liegen/ zog vorerst
dem Fräulein das Messer heraus/ ließ alsbald einen Wund Arzt hohlen/ und fragete/ was

dieses

Anderes Buch.
und taht ihr ſolches zuwiſſen/ welche alsbald kraͤfftige Sachen zur Hand nam/ und mit Fr.
Sophien und Frl. Sibyllen zu ihr ging/ funden ſie als eine Todtenleiche/ und beſtrichen
ſie ſo lange/ biß ſie wieder zu ſich kam/ und mit gar ſchwacher Stimme und traͤhnenden
Augen ſagte. Ach warumb laſſet ihr mich meinem allerliebſten Fabius nicht folgen! oder
gedenket ihr/ daß ich nach ſeinem Tode luſt habe laͤnger zu leben? Fr. Sophia ward hier-
uͤber aͤngſtig zittern/ daß ſie ſich nieder auff die Erde ſetzen muſte/ und ſagte: O Herz liebe
Schweſter/ was habt ihr dann neues von meinem Bruder? Ich hoffe ja nimmermehr/
daß ihr traurigere Zeitung wiſſet/ als wir alle mit einander; Fr. Urſula aber fuhr fort mit
ihrer Klage; Ach mein Fabius! ach Herr Ladiſla! was vor grauſame Faͤuſte haben euch
erſchlagen koͤnnen? und was vor Gewalt hat den Handfeſten unuͤberwindlichen Herkules
gefangen? Als Sophia diß hoͤrete/ rieff ſie mit hartweinender Stimme, O iſt dann mein
liebſter Ladiſla ſchon dahin? O iſt meine einige Freude und Wolluſt ermordet? Mein Er-
retter! mein allerbeſter Schaz! mein einiges-Al? O du allerliebſte Seele/ warumb biſtu
nicht alsbald nach deinem Abſchiede hieher geflogen/ daß du mich auffgemuntert haͤtteſt/
mit dir zuzihen? Ja warumb koͤmſtu noch nicht/ und foderſt die meine ab/ zu dir/ nach dem
ſie mit dir unauffloͤßlich verknuͤpffet iſt? Nun nun/ unſere Freude iſt dahin/ unſere Wol-
luſt iſt zum Ende gelauffen/ aber leichter als der Wind/ ſchneller als der Schein eines auß-
geloͤſcheten Lichtes; geſchwinder als die Gedanken ſelber. O du liebreiche Seele/ haſtu
deine ſchoͤne Herberge/ den wolgeſtalten Leib ſchon außgezogen? Biſtu dieſes Lebens bereit
muͤde geweſen/ und haſt mir ſo offt beteuret/ es daͤuchte dich ſolches in unſer Liebe erſt recht
angehen? Zwar du haſt die Eitelkeit abgelegt/ und biſt wol ohn zweiffel ſchon in der Goͤt-
ter Zahl angeſchrieben; was ſolte dich dann bewaͤgen/ dieſe Gebrechligkeit laͤnger zu tra-
gen? Aber biß eingedenke/ bitte ich/ biß eingedenke der inniglichen Liebe und Gewogenheit/
womit meine Geiſter dir verbunden ſind/ und laß mich in deinem Himmels Stolze doch
nur zu deinen Fuͤſſen ruhen/ und mich an deiner allerliebſten Gegenwart ergetzen. Biſtu
noch eine Menſchen Seele/ ſo wirſtu die meine nicht beſchaͤmen/ wann ſie zu dir nahet;
biſtu eine goͤttliche Krafft worden/ O ſo nim die meine als deine getraͤueſte Dienerin an/
die dich anzubehten nicht wird unwillig ſeyn/ dann ich kan durchaus nicht von dir geſchie-
den bleiben/ ſo wenig jezt im Tode/ als vorhin im Leben/ nachdem ich dich einmahl geken-
net habe. Schließlich hoffe ich/ man werde unſern Leibern dieſe Freundſchafft tuhn/ und
ſie in einen Sarg beyeinander legen. Hiemit nam ſie ihr kleines Meſſerchen von der Sei-
ten/ und ſties es gleich auff ihre Kehle zu/ des gaͤnzlichen Vorſatzes/ ihrer Seele daſelbſt
den leichteſten Weg zu oͤffnen. Aber Frl. Sibylla/ welche neben ihr auff der Erden ſaß/ uñ
aus ihren Reden ihr Vorhaben leicht abnahm/ gab eben acht auff ihre Haͤnde/ ſahe den
Stich/ und warff mit einem groſſen Geſchrey ihre zarte Hand vor/ welche ſie ihr nicht al-
lein gar durchſtach/ ſondern auch noch ein zimliches Loͤchlein ihr ſelbſt neben der Kehle
machte. Das Fraͤulein empfand der Wunde/ und riß die Hand mit Gewalt zu ſich/ daß
das Meſſer drinnen ſtecken blieb. Der Stathalter trat gleich ins Zimmer/ ſahe ihre bluti-
ge Hand/ und der Tochter den rohten Schweiß vom Halſe die Bruſt hinab lauffen/ auch
ſie zugleich nebeſt ihrer Mutter und Fr. Urſulen in tieffer Ohmacht liegen/ zog vorerſt
dem Fraͤulein das Meſſer heraus/ ließ alsbald einen Wund Arzt hohlen/ und fragete/ was

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[288/0326] Anderes Buch. und taht ihr ſolches zuwiſſen/ welche alsbald kraͤfftige Sachen zur Hand nam/ und mit Fr. Sophien und Frl. Sibyllen zu ihr ging/ funden ſie als eine Todtenleiche/ und beſtrichen ſie ſo lange/ biß ſie wieder zu ſich kam/ und mit gar ſchwacher Stimme und traͤhnenden Augen ſagte. Ach warumb laſſet ihr mich meinem allerliebſten Fabius nicht folgen! oder gedenket ihr/ daß ich nach ſeinem Tode luſt habe laͤnger zu leben? Fr. Sophia ward hier- uͤber aͤngſtig zittern/ daß ſie ſich nieder auff die Erde ſetzen muſte/ und ſagte: O Herz liebe Schweſter/ was habt ihr dann neues von meinem Bruder? Ich hoffe ja nimmermehr/ daß ihr traurigere Zeitung wiſſet/ als wir alle mit einander; Fr. Urſula aber fuhr fort mit ihrer Klage; Ach mein Fabius! ach Herr Ladiſla! was vor grauſame Faͤuſte haben euch erſchlagen koͤnnen? und was vor Gewalt hat den Handfeſten unuͤberwindlichen Herkules gefangen? Als Sophia diß hoͤrete/ rieff ſie mit hartweinender Stimme, O iſt dann mein liebſter Ladiſla ſchon dahin? O iſt meine einige Freude und Wolluſt ermordet? Mein Er- retter! mein allerbeſter Schaz! mein einiges-Al? O du allerliebſte Seele/ warumb biſtu nicht alsbald nach deinem Abſchiede hieher geflogen/ daß du mich auffgemuntert haͤtteſt/ mit dir zuzihen? Ja warumb koͤmſtu noch nicht/ und foderſt die meine ab/ zu dir/ nach dem ſie mit dir unauffloͤßlich verknuͤpffet iſt? Nun nun/ unſere Freude iſt dahin/ unſere Wol- luſt iſt zum Ende gelauffen/ aber leichter als der Wind/ ſchneller als der Schein eines auß- geloͤſcheten Lichtes; geſchwinder als die Gedanken ſelber. O du liebreiche Seele/ haſtu deine ſchoͤne Herberge/ den wolgeſtalten Leib ſchon außgezogen? Biſtu dieſes Lebens bereit muͤde geweſen/ und haſt mir ſo offt beteuret/ es daͤuchte dich ſolches in unſer Liebe erſt recht angehen? Zwar du haſt die Eitelkeit abgelegt/ und biſt wol ohn zweiffel ſchon in der Goͤt- ter Zahl angeſchrieben; was ſolte dich dann bewaͤgen/ dieſe Gebrechligkeit laͤnger zu tra- gen? Aber biß eingedenke/ bitte ich/ biß eingedenke der inniglichen Liebe und Gewogenheit/ womit meine Geiſter dir verbunden ſind/ und laß mich in deinem Himmels Stolze doch nur zu deinen Fuͤſſen ruhen/ und mich an deiner allerliebſten Gegenwart ergetzen. Biſtu noch eine Menſchen Seele/ ſo wirſtu die meine nicht beſchaͤmen/ wann ſie zu dir nahet; biſtu eine goͤttliche Krafft worden/ O ſo nim die meine als deine getraͤueſte Dienerin an/ die dich anzubehten nicht wird unwillig ſeyn/ dann ich kan durchaus nicht von dir geſchie- den bleiben/ ſo wenig jezt im Tode/ als vorhin im Leben/ nachdem ich dich einmahl geken- net habe. Schließlich hoffe ich/ man werde unſern Leibern dieſe Freundſchafft tuhn/ und ſie in einen Sarg beyeinander legen. Hiemit nam ſie ihr kleines Meſſerchen von der Sei- ten/ und ſties es gleich auff ihre Kehle zu/ des gaͤnzlichen Vorſatzes/ ihrer Seele daſelbſt den leichteſten Weg zu oͤffnen. Aber Frl. Sibylla/ welche neben ihr auff der Erden ſaß/ uñ aus ihren Reden ihr Vorhaben leicht abnahm/ gab eben acht auff ihre Haͤnde/ ſahe den Stich/ und warff mit einem groſſen Geſchrey ihre zarte Hand vor/ welche ſie ihr nicht al- lein gar durchſtach/ ſondern auch noch ein zimliches Loͤchlein ihr ſelbſt neben der Kehle machte. Das Fraͤulein empfand der Wunde/ und riß die Hand mit Gewalt zu ſich/ daß das Meſſer drinnen ſtecken blieb. Der Stathalter trat gleich ins Zimmer/ ſahe ihre bluti- ge Hand/ und der Tochter den rohten Schweiß vom Halſe die Bruſt hinab lauffen/ auch ſie zugleich nebeſt ihrer Mutter und Fr. Urſulen in tieffer Ohmacht liegen/ zog vorerſt dem Fraͤulein das Meſſer heraus/ ließ alsbald einen Wund Arzt hohlen/ und fragete/ was dieſes

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/326>, abgerufen am 27.07.2024.