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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.

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Erstes Buch.
empfünde/ welche ihr ohn zweiffel in kurzem den Lebenssadem brechen würde. Fr. Sophia
fragete sie/ wodurch sie dann meynete/ daß ihre Seele in Ruhe könte gesetzet werden; wor-
auff sie antwortete: Durch süsse Vergnügung/ oder durch den Tod. Sehet so/ mein
Schwesterchen/ gab sie zur wiederantwort; also habt ihr freilich ein ander heimliches
Leyden als daß aus Beschimpffung entstehet/ massen dieses nicht durch süsse Vergnü-
gung/ sondern durch andere Mittel müste vertrieben werden. Jene hatte sich verhauen/
und sagte: Man müste einem geängsteten Herzen nicht verübeln/ wann es zu zeiten unge-
reimete reden führete/ und währe ihr nichts angenehmer/ als daß man Sie über ihr An-
liegen nicht zu scharff befragete/ insonderheit/ wann man nicht wolte oder nicht könte raht
und Enderung schaffen. So muß ich mich dann nach eurem Willen richten/ sagte Fr.
Sophia/ wann ihr mich aber in dem Verdacht habet/ daß ich zu eurem besten mich nicht
wolle gebrauchen lassen/ tuht ihr mir daß grösseste Unrecht von der Welt/ welches ich doch
auff den unverhoffeten Fall gerne verschmerzen/ und nicht destoweniger eure geträueste
Freundin und Schwester seyn und bleiben wil; womit sie zu diesemmahle beschlossen/ weil
Fr. Ursul zu ihnen trat/ und anmeldete/ daß der morgende Tag zur Lustfahrt berahmet
währe; welches Frl. Helena beantwortete; so müsten nur die Lust-vollen ihre Geselschaft
vermehren und die Angst-traurigen daheim bleiben; wie man sie auch darzu nicht vermögen
kunte/ daß sie mit gefahren währe; Und wann Herkules abscheid (davon im anderen Bu-
che) sich nicht hätte zugetragen/ würde sie ausser allem zweiffel ihr Leben eingebüsset haben.

Es wird nunmehr Zeit seyn/ daß wir dem Alten Wenzesla dereins nachfragen/ wie
es ihm auff der Rükreise von Rom nach Prag ergangen/ auff welcher er XV wochen zu
brachte; eilete zwar anfangs/ so viel sein Pferd ertragen kunte/ aber da er in einem Dorffe
nicht weit von Salzburg benachtete/ und nach dem Heu auff einer alten Leiter stiege/ fiel er
oben herunter/ und taht einen so schweren Fall auff das Hinterhäupt/ daß er als ein Tod-
ter Mensch liegen blieb/ ward doch von den frommen Leuthen endlich wieder erquicket/
aber er lag als ein Vernunfft-loser/ und kunte sich durchaus nicht begreiffen/ so gar/ daß
er zehn Wochen ohn Verstand wahr/ hätte auch in solchem Elende sterben müssen/ wann
ihm nicht von einem alten Weibe Raht geschaffet währe/ welche ihn mit Kräutern auß-
und inwendig heilete/ daß er algemach wieder zu sich selber kam/ und seinen Wirt vor ra-
send hielt/ wie derselbe jhm die lange Zeit seiner Schwacheit zu wissen taht; dessen der gu-
te Mann lachete/ und ihm zum unfehlbaren Zeichen gab/ er möchte nur sein Haar/ Bart
und Nägel an Händen und Füssen beobachten/ die würden ihm ansagen/ wie neulich ohn-
gefehr er sich hätte putzen lassen. Er hermete sich hierüber gewaltig/ meynete vor gewiß/ sein
König würde zu Prag schon gekrönet seyn/ und wolte sich alsbald auff den Weg machen/
aber auff Raht seiner Artztin muste er noch acht Tage außhalten. Nun hatte ihm sein
Wirt alle Sachen fleissig verwahret/ ohn daß er sein Pferd im Pfluge und vor dem Wa-
gen gebraucht/ daß es nunmehr besser zum zihen als reiten wahr; welches er aber nicht ach-
tete/ sondern weil er Zehr Gelder gnug bey sich hatte/ machte er alles richtig/ und kam XV
Wochen nach seinem Abzuge aus Rom im Königreich Böhmen wieder an/ da er allent-
halben nach seines Königes Wiederkunfft fragete/ und mit Schmerzen vernam/ daß kein
Mensch die allergeringste Zeitung von ihm wüste; worüber er desto hefftiger nach Prag

eilte/

Erſtes Buch.
empfuͤnde/ welche ihr ohn zweiffel in kurzem den Lebensſadem brechen wuͤrde. Fr. Sophia
fragete ſie/ wodurch ſie dann meynete/ daß ihre Seele in Ruhe koͤnte geſetzet werden; wor-
auff ſie antwortete: Durch ſuͤſſe Vergnuͤgung/ oder durch den Tod. Sehet ſo/ mein
Schweſterchen/ gab ſie zur wiederantwort; alſo habt ihr freilich ein ander heimliches
Leyden als daß aus Beſchimpffung entſtehet/ maſſen dieſes nicht durch ſuͤſſe Vergnuͤ-
gung/ ſondern durch andere Mittel muͤſte vertrieben werden. Jene hatte ſich verhauen/
und ſagte: Man muͤſte einem geaͤngſteten Herzen nicht veruͤbeln/ wann es zu zeiten unge-
reimete reden fuͤhrete/ und waͤhre ihr nichts angenehmer/ als daß man Sie uͤber ihr An-
liegen nicht zu ſcharff befragete/ inſonderheit/ wann man nicht wolte oder nicht koͤnte raht
und Enderung ſchaffen. So muß ich mich dann nach eurem Willen richten/ ſagte Fr.
Sophia/ wann ihr mich aber in dem Verdacht habet/ daß ich zu eurem beſten mich nicht
wolle gebrauchen laſſen/ tuht ihr mir daß groͤſſeſte Unrecht von der Welt/ welches ich doch
auff den unverhoffeten Fall gerne verſchmerzen/ und nicht deſtoweniger eure getraͤueſte
Freundin und Schweſter ſeyn und bleiben wil; womit ſie zu dieſemmahle beſchloſſen/ weil
Fr. Urſul zu ihnen trat/ und anmeldete/ daß der morgende Tag zur Luſtfahrt berahmet
waͤhre; welches Frl. Helena beantwortete; ſo muͤſten nur die Luſt-vollen ihre Geſelſchaft
vermehren uñ die Angſt-traurigen daheim bleiben; wie man ſie auch darzu nicht vermoͤgẽ
kunte/ daß ſie mit gefahren waͤhre; Und wann Herkules abſcheid (davon im anderen Bu-
che) ſich nicht haͤtte zugetragen/ wuͤrde ſie auſſer allem zweiffel ihr Leben eingebuͤſſet haben.

Es wird nunmehr Zeit ſeyn/ daß wir dem Alten Wenzeſla dereins nachfragen/ wie
es ihm auff der Ruͤkreiſe von Rom nach Prag ergangen/ auff welcher er XV wochen zu
brachte; eilete zwar anfangs/ ſo viel ſein Pferd ertragen kunte/ aber da er in einem Dorffe
nicht weit von Salzburg benachtete/ und nach dem Heu auff einer alten Leiter ſtiege/ fiel er
oben herunter/ und taht einen ſo ſchweren Fall auff das Hinterhaͤupt/ daß er als ein Tod-
ter Menſch liegen blieb/ ward doch von den frommen Leuthen endlich wieder erquicket/
aber er lag als ein Vernunfft-loſer/ und kunte ſich durchaus nicht begreiffen/ ſo gar/ daß
er zehn Wochen ohn Verſtand wahr/ haͤtte auch in ſolchem Elende ſterben muͤſſen/ wann
ihm nicht von einem alten Weibe Raht geſchaffet waͤhre/ welche ihn mit Kraͤutern auß-
und inwendig heilete/ daß er algemach wieder zu ſich ſelber kam/ und ſeinen Wirt vor ra-
ſend hielt/ wie derſelbe jhm die lange Zeit ſeiner Schwacheit zu wiſſen taht; deſſen der gu-
te Mann lachete/ und ihm zum unfehlbaren Zeichen gab/ er moͤchte nur ſein Haar/ Bart
und Naͤgel an Haͤnden und Fuͤſſen beobachten/ die wuͤrden ihm anſagen/ wie neulich ohn-
gefehr er ſich haͤtte putzen laſſen. Er hermete ſich hieruͤber gewaltig/ meynete vor gewiß/ ſein
Koͤnig wuͤrde zu Prag ſchon gekroͤnet ſeyn/ und wolte ſich alsbald auff den Weg machen/
aber auff Raht ſeiner Artztin muſte er noch acht Tage außhalten. Nun hatte ihm ſein
Wirt alle Sachen fleiſſig verwahret/ ohn daß er ſein Pferd im Pfluge und vor dem Wa-
gen gebraucht/ daß es nunmehꝛ beſſer zum zihen als reiten wahr; welches er aber nicht ach-
tete/ ſondern weil er Zehr Gelder gnug bey ſich hatte/ machte er alles richtig/ und kam XV
Wochen nach ſeinem Abzuge aus Rom im Koͤnigreich Boͤhmen wieder an/ da er allent-
halben nach ſeines Koͤniges Wiederkunfft fragete/ und mit Schmerzen vernam/ daß kein
Menſch die allergeringſte Zeitung von ihm wuͤſte; woruͤber er deſto hefftiger nach Prag

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/218>, abgerufen am 30.12.2024.