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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.

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Erstes Buch.
den Weg/ daß ich ja nur immer tieffer in die Schuld gerahten/ und alle Gedanken zu einer
Wiederkehr ablegen muß. Herkules gab zur Antwort: Hochgebohrnes Fräulein; es ge-
fält ihr ja so/ meine schlechte Bezeigungen dergestalt zu erheben/ da doch ich und jederman
die Geringfügigkeit derselben längst erkennet; Dann was etwa gestern mag vorgangen
seyn/ so hat mein Frevel das gute weit überwogen/ daß ich mehr umb Verzeihung zubitten/
als Vergeltung zugewarten habe; des heutigen weiß ich mich nichts zuerinnern/ als wo-
vor ich doppelt und dreyfach danken muß/ in dem mein Fräulein mir unwirdigen die Ehre
ihrer Begleitung gegönnet/ und die schlechte Gedächtniß des heutigen Streits von mir
annimt; erkenne überdas noch meine Schuld/ daß von Rechtswegen ich gehalten bin/
großgeneigete Verzeihung des bey ihr erwecketen Schreckens zu bitten/ welche/ da ich sie
nebest der gestrigen gebehtenen erhalten werde/ habe ich tausend Ursachen schon/ Eurer
Durchl. zeit meines Lebens davor in allem Gehorsam auffzuwarten. Ach mein Herr/ ant-
wortete sie/ wie gar weit überwieget doch seine Höfligkeit die Erkäntniß/ und sein erbieten
mein Unvermögen; Kan dann einem Fräulein höhere Woltaht begegnen/ als daß sie auß
Räubers Händen gerissen/ und bey Ehren erhalten wird? Ich bitte aber sehr/ sich einiger
Unbilligkeit nicht anzuklagen/ deren ich ja nicht die allergeringste von ihm eingenommen/
ohn was seiner angebohrnen Freundligkeit zu reden beliebet/ und mir durchauß nit schäd-
lich; ja/ nachdem ich sein ehrliebendes Gemüht verspüret/ durchauß nicht zuwider gewesen;
deßwegen/ wo mein bitliches ansuchen etwas bey ihm zuerhalten wirdig ist/ wolle er dessen
nicht gedenken/ sondern mir nicht weniger das nachsinnen einer gebührlichen Dankbar-
keit/ als die Betrachtung der empfangenen Rettung und Guttaht frey und ungehindert
gönnen; alsdann werde ich in der Taht erkennen/ daß sein guter Wille ohn Tichtung/ und
seine Höfligkeit ohn eitele Entschuldigung mir zugetahn und in Ehren gewogen ist. Ich
weiß nicht/ antwortete er/ warum mein Fräulein meine Erkäntniß zu binden/ und die wah-
re Erzählung meines Verbrechens auffzuheben/ so bemühet ist/ es sey dann/ daß hie durch
der helle Strahl ihrer treflichen Tugend/ mein versuchen der Nachfolge/ durch den ersten
Anschein straks überleuchten und verfinstern sol/ welches ohn das wol geschiehet/ angese-
hen meine Unmacht mich schon gnug hindert/ höflich zu seyn/ und der schwere Stein der
bäurischen Ungeschikligkeit mir an den Füssen hanget/ der mein bemühen nicht über sich
steigen/ viel weniger ihrer Volkommenheit zur seiten schweben lässet; jedoch/ weil auß jh-
rem Verboht ich die Vergebung meiner Unbescheidenheit hervorblicken sehe/ wil ich/ da-
fern sie nur kan/ solches der Vergessenheit mit stets dankbegierigem Herzen gerne überge-
ben/ demühtig bittend/ meinem schlechten Vermögen mit ihrem überfluß außzuhelffen/ als
lange sie mich Tugendbegierig kennen und halten wird/ welches/ da ichs selbst nicht kan/ wil
ich suchen/ durch meiner Fr. Schwester Fr. Sophien kräfftige Vorbitte es zuerhalten.
Ja mein Herr/ sagte sie; eben diß sind die Beweißtumsreden/ die ihn mehr höflich als (um
Vergebung zu sagen) warhafftig angeben; dann vor erst wil er durch eine Arbeit zugleich
den Glanz seiner Sonnen mit den Wolken der nichtigen Beschuldigung verbergen/ und
die kaum glimmende Funken meiner unrühmlichen Asche über alle Himmel erheben; wie-
wol mit keinem glüklichern Verfolg/ als daß er mich erstlich an seinem guten willen zwei-
feln machet/ und hernach/ weil ich stets schamroht vor ihm stehen muß/ mich von seinem

Ge-
T ij

Erſtes Buch.
den Weg/ daß ich ja nur immer tieffer in die Schuld gerahten/ und alle Gedanken zu einer
Wiederkehr ablegen muß. Herkules gab zur Antwort: Hochgebohrnes Fraͤulein; es ge-
faͤlt ihr ja ſo/ meine ſchlechte Bezeigungen dergeſtalt zu erheben/ da doch ich und jederman
die Geringfuͤgigkeit derſelben laͤngſt erkennet; Dann was etwa geſtern mag vorgangen
ſeyn/ ſo hat mein Frevel das gute weit uͤberwogen/ daß ich mehr umb Verzeihung zubittẽ/
als Vergeltung zugewarten habe; des heutigen weiß ich mich nichts zuerinnern/ als wo-
vor ich doppelt und dreyfach danken muß/ in dem mein Fraͤulein mir unwirdigen die Ehre
ihrer Begleitung gegoͤnnet/ und die ſchlechte Gedaͤchtniß des heutigen Streits von mir
annimt; erkenne uͤberdas noch meine Schuld/ daß von Rechtswegen ich gehalten bin/
großgeneigete Verzeihung des bey ihr erwecketen Schreckens zu bitten/ welche/ da ich ſie
nebeſt der geſtrigen gebehtenen erhalten werde/ habe ich tauſend Urſachen ſchon/ Eurer
Durchl. zeit meines Lebens davor in allem Gehorſam auffzuwarten. Ach mein Herr/ ant-
wortete ſie/ wie gar weit uͤberwieget doch ſeine Hoͤfligkeit die Erkaͤntniß/ und ſein erbieten
mein Unvermoͤgen; Kan dann einem Fraͤulein hoͤhere Woltaht begegnen/ als daß ſie auß
Raͤubers Haͤnden geriſſen/ und bey Ehren erhalten wird? Ich bitte aber ſehr/ ſich einiger
Unbilligkeit nicht anzuklagen/ deren ich ja nicht die allergeringſte von ihm eingenommen/
ohn was ſeiner angebohrnen Freundligkeit zu reden beliebet/ und mir durchauß nit ſchaͤd-
lich; ja/ nachdem ich ſein ehrliebendes Gemuͤht verſpuͤret/ durchauß nicht zuwider geweſen;
deßwegen/ wo mein bitliches anſuchen etwas bey ihm zuerhalten wirdig iſt/ wolle er deſſen
nicht gedenken/ ſondern mir nicht weniger das nachſinnen einer gebuͤhrlichen Dankbar-
keit/ als die Betrachtung der empfangenen Rettung und Guttaht frey und ungehindert
goͤnnen; alsdann werde ich in der Taht erkennen/ daß ſein guter Wille ohn Tichtung/ und
ſeine Hoͤfligkeit ohn eitele Entſchuldigung mir zugetahn und in Ehren gewogen iſt. Ich
weiß nicht/ antwortete er/ warum mein Fraͤulein meine Erkaͤntniß zu binden/ uñ die wah-
re Erzaͤhlung meines Verbrechens auffzuheben/ ſo bemuͤhet iſt/ es ſey dann/ daß hie durch
der helle Strahl ihrer treflichen Tugend/ mein verſuchen der Nachfolge/ durch den erſten
Anſchein ſtraks uͤberleuchten und verfinſtern ſol/ welches ohn das wol geſchiehet/ angeſe-
hen meine Unmacht mich ſchon gnug hindert/ hoͤflich zu ſeyn/ und der ſchwere Stein der
baͤuriſchen Ungeſchikligkeit mir an den Fuͤſſen hanget/ der mein bemuͤhen nicht uͤber ſich
ſteigen/ viel weniger ihrer Volkommenheit zur ſeiten ſchweben laͤſſet; jedoch/ weil auß jh-
rem Verboht ich die Vergebung meiner Unbeſcheidenheit hervorblicken ſehe/ wil ich/ da-
fern ſie nur kan/ ſolches der Vergeſſenheit mit ſtets dankbegierigem Herzen gerne uͤberge-
ben/ demuͤhtig bittend/ meinem ſchlechten Vermoͤgen mit ihrem uͤberfluß außzuhelffen/ als
lange ſie mich Tugendbegierig kennen und halten wiꝛd/ welches/ da ichs ſelbſt nicht kan/ wil
ich ſuchen/ durch meiner Fr. Schweſter Fr. Sophien kraͤfftige Vorbitte es zuerhalten.
Ja mein Herr/ ſagte ſie; eben diß ſind die Beweißtumsreden/ die ihn mehr hoͤflich als (um
Vergebung zu ſagen) warhafftig angeben; dann vor erſt wil er durch eine Arbeit zugleich
den Glanz ſeiner Sonnen mit den Wolken der nichtigen Beſchuldigung verbergen/ und
die kaum glimmende Funken meiner unruͤhmlichen Aſche uͤber alle Himmel erheben; wie-
wol mit keinem gluͤklichern Verfolg/ als daß er mich erſtlich an ſeinem guten willen zwei-
feln machet/ und hernach/ weil ich ſtets ſchamroht vor ihm ſtehen muß/ mich von ſeinem

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[147/0185] Erſtes Buch. den Weg/ daß ich ja nur immer tieffer in die Schuld gerahten/ und alle Gedanken zu einer Wiederkehr ablegen muß. Herkules gab zur Antwort: Hochgebohrnes Fraͤulein; es ge- faͤlt ihr ja ſo/ meine ſchlechte Bezeigungen dergeſtalt zu erheben/ da doch ich und jederman die Geringfuͤgigkeit derſelben laͤngſt erkennet; Dann was etwa geſtern mag vorgangen ſeyn/ ſo hat mein Frevel das gute weit uͤberwogen/ daß ich mehr umb Verzeihung zubittẽ/ als Vergeltung zugewarten habe; des heutigen weiß ich mich nichts zuerinnern/ als wo- vor ich doppelt und dreyfach danken muß/ in dem mein Fraͤulein mir unwirdigen die Ehre ihrer Begleitung gegoͤnnet/ und die ſchlechte Gedaͤchtniß des heutigen Streits von mir annimt; erkenne uͤberdas noch meine Schuld/ daß von Rechtswegen ich gehalten bin/ großgeneigete Verzeihung des bey ihr erwecketen Schreckens zu bitten/ welche/ da ich ſie nebeſt der geſtrigen gebehtenen erhalten werde/ habe ich tauſend Urſachen ſchon/ Eurer Durchl. zeit meines Lebens davor in allem Gehorſam auffzuwarten. Ach mein Herr/ ant- wortete ſie/ wie gar weit uͤberwieget doch ſeine Hoͤfligkeit die Erkaͤntniß/ und ſein erbieten mein Unvermoͤgen; Kan dann einem Fraͤulein hoͤhere Woltaht begegnen/ als daß ſie auß Raͤubers Haͤnden geriſſen/ und bey Ehren erhalten wird? Ich bitte aber ſehr/ ſich einiger Unbilligkeit nicht anzuklagen/ deren ich ja nicht die allergeringſte von ihm eingenommen/ ohn was ſeiner angebohrnen Freundligkeit zu reden beliebet/ und mir durchauß nit ſchaͤd- lich; ja/ nachdem ich ſein ehrliebendes Gemuͤht verſpuͤret/ durchauß nicht zuwider geweſen; deßwegen/ wo mein bitliches anſuchen etwas bey ihm zuerhalten wirdig iſt/ wolle er deſſen nicht gedenken/ ſondern mir nicht weniger das nachſinnen einer gebuͤhrlichen Dankbar- keit/ als die Betrachtung der empfangenen Rettung und Guttaht frey und ungehindert goͤnnen; alsdann werde ich in der Taht erkennen/ daß ſein guter Wille ohn Tichtung/ und ſeine Hoͤfligkeit ohn eitele Entſchuldigung mir zugetahn und in Ehren gewogen iſt. Ich weiß nicht/ antwortete er/ warum mein Fraͤulein meine Erkaͤntniß zu binden/ uñ die wah- re Erzaͤhlung meines Verbrechens auffzuheben/ ſo bemuͤhet iſt/ es ſey dann/ daß hie durch der helle Strahl ihrer treflichen Tugend/ mein verſuchen der Nachfolge/ durch den erſten Anſchein ſtraks uͤberleuchten und verfinſtern ſol/ welches ohn das wol geſchiehet/ angeſe- hen meine Unmacht mich ſchon gnug hindert/ hoͤflich zu ſeyn/ und der ſchwere Stein der baͤuriſchen Ungeſchikligkeit mir an den Fuͤſſen hanget/ der mein bemuͤhen nicht uͤber ſich ſteigen/ viel weniger ihrer Volkommenheit zur ſeiten ſchweben laͤſſet; jedoch/ weil auß jh- rem Verboht ich die Vergebung meiner Unbeſcheidenheit hervorblicken ſehe/ wil ich/ da- fern ſie nur kan/ ſolches der Vergeſſenheit mit ſtets dankbegierigem Herzen gerne uͤberge- ben/ demuͤhtig bittend/ meinem ſchlechten Vermoͤgen mit ihrem uͤberfluß außzuhelffen/ als lange ſie mich Tugendbegierig kennen und halten wiꝛd/ welches/ da ichs ſelbſt nicht kan/ wil ich ſuchen/ durch meiner Fr. Schweſter Fr. Sophien kraͤfftige Vorbitte es zuerhalten. Ja mein Herr/ ſagte ſie; eben diß ſind die Beweißtumsreden/ die ihn mehr hoͤflich als (um Vergebung zu ſagen) warhafftig angeben; dann vor erſt wil er durch eine Arbeit zugleich den Glanz ſeiner Sonnen mit den Wolken der nichtigen Beſchuldigung verbergen/ und die kaum glimmende Funken meiner unruͤhmlichen Aſche uͤber alle Himmel erheben; wie- wol mit keinem gluͤklichern Verfolg/ als daß er mich erſtlich an ſeinem guten willen zwei- feln machet/ und hernach/ weil ich ſtets ſchamroht vor ihm ſtehen muß/ mich von ſeinem Ge- T ij

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/185>, abgerufen am 14.10.2024.