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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.

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Erstes Buch.
noch eine Viertelmeile weiter fort/ und merketen an der Räuber Fußstapffen/ daß sie vom
gemeinen Wege abgewichen/ und nach der Rechten zu sich in einen Pusch begeben hatten/
sahen auch/ daß auff ihre Ankunfft ein Ungewapneter von einem Baume stieg/ und die Hecke
suchte/ eileten ihm nach/ und vernahmen auß ihrer Hunde bellen/ daß etwas wachsames
verhanden wahr. Herkules/ so bald er den Pusch erreichete/ rief mit starker Stimme hin-
ein/ dafern einiger Mensch daselbst verborgen läge/ und sich nicht melden würde/ solte es
ihm sein Leben kosten; aber niemand wolte sich kund geben; biß Klodius auff fleissiges um-
suchen/ einen geharnifchten Ritter hinter einer Nebenhecke daher traben sahe/ und es sei-
nem Herrn anzeigete/ welcher ihm gerade entgegen ritte. Dieser solches sehend/ rief ihm
mit starker Stimme zu/ was er hie suchete oder begehrete. Herkules merkend/ daß er sei-
nen Mann gefunden hatte/ gab zur Antwort: Es hätten etliche boßhaffte Schelmen ein
Römisches Fräulein auß ihrem Wagen hinweg geführet/ die er zu retten willens währe.
Der Ritter/ welcher Silvan hieß/ fragete weiter/ was ihn dieses Fräulein anginge? Er
meynete ja nicht/ daß er Ansprache an sie hätte. Es sey wie ihm wolle/ antwortete er/ so bin
ich dannoch willens/ jhr in Nöhten beyzuspringen/ wie alle redliche Ritter dem ehrlichen
Frauenzimmer verbunden sind. Beyspringen? sagte dieser; hat sie euch doch keinen Boh-
ten geschikt; und was wisset ihr/ ob sie nicht mit gutem Willen/ oder auffs wenigste zu jh-
rem guten Glük entführet ist? Zankens ist hier nicht Zeit/ sagte Herkules; ob sie mir aber
gleich keinen Bohten geschicket/ so hat sie ohn zweifel die Räuber zu diesem Bubenstük auch
nicht eingeladen; und habt ihr Wissenschafft hierumb/ so saget mirs/ dz ich mich darnach
zu richten habe. Silvan antwortete: Ob ich Wissenschafft drum hätte/ wer wolte mich
zwingen es zu sagen? Auff welchen Troz er antwortete: trauen Ritter/ eure Höfligkeit ist
klein/ wie groß jhr sonst von Leibe und Hochmuht seyd; wann ich aber wissen solte/ daß ihr
an diesem Raube schuldig wäret/ würde ich versuchen/ des übels eine Reue in euch zubrin-
gen. O du elender/ sagte Silvan/ darffstu mir noch darzu dräuen/ und währest eines Un-
terhändlers und Vorbitters so hoch benöhtiget/ wann du ohn Straffe entgehen woltest?
fassete alsbald sein Schwert/ und ran[t]e mit vollem Grim auff ihn zu/ der meynung/ ihn ei-
nes Hiebes zu fellen. Aber Herkules/ der des Schimpffs auch gewohnet/ weich ihm auß
dem Streiche/ setzete ihm nach/ daß er sich wenden muste/ und fingen einen so heftigen streit
mit einander an/ daß Silvan sich darüber entsetzete/ und zu seinem Gegener sagte: Du
must gewißlich in einer guten Schuele gelernet haben/ und jammert mich dein/ daß du so
früh sterben must. Ja wann du mich mit dem Maule überwinden köntest/ antwortete er/
würde es an deinem Willen nicht mangeln/ wie aber/ wann du Rechnung ohn den Wirt
gemacht hättest? doppelte hiemit seine Hiebe/ daß jener zu weichen gedrungen ward/ weil
er schon etliche Wunden empfangen hatte. Herkules aber ließ nicht nach/ sondern trieb
jhn/ biß er ihm endlich unter das Schwert kam/ ihm den Helm vom Häupte riß/ und den
Tod dräuete/ wo er sich nicht ergeben würde; Weil er nun merkete/ daß er außzureissen wil-
lens wahr/ warff er jhn vom Pferde/ sprang ihm nach/ sezte ihm das Schwert an die Gur-
gel/ und sagte: Bald laß mir das Fräulein kommen/ oder du must sterben. Ritter/ ihr seyd
der erste/ antwortete er/ vor dem ich mich demühtigen muß; Ihr fodert aber einen Schatz
von mir/ welcher mir eben so lieb als mein Leben ist. Daran lieget nichts/ sagte er/ und hastu

Recht
Q ij

Erſtes Buch.
noch eine Viertelmeile weiter fort/ und merketen an der Raͤuber Fußſtapffen/ daß ſie vom
gemeinen Wege abgewichen/ und nach der Rechten zu ſich in einen Puſch begeben hatten/
ſahen auch/ daß auff ihre Ankunfft ein Ungewapneter von einem Baume ſtieg/ uñ die Hecke
ſuchte/ eileten ihm nach/ und vernahmen auß ihrer Hunde bellen/ daß etwas wachſames
verhanden wahr. Herkules/ ſo bald er den Puſch erreichete/ rief mit ſtarker Stimme hin-
ein/ dafern einiger Menſch daſelbſt verborgen laͤge/ und ſich nicht melden wuͤrde/ ſolte es
ihm ſein Leben koſten; aber niemand wolte ſich kund geben; biß Klodius auff fleiſſiges um-
ſuchen/ einen geharnifchten Ritter hinter einer Nebenhecke daher traben ſahe/ und es ſei-
nem Herrn anzeigete/ welcher ihm gerade entgegen ritte. Dieſer ſolches ſehend/ rief ihm
mit ſtarker Stimme zu/ was er hie ſuchete oder begehrete. Herkules merkend/ daß er ſei-
nen Mann gefunden hatte/ gab zur Antwort: Es haͤtten etliche boßhaffte Schelmen ein
Roͤmiſches Fraͤulein auß ihrem Wagen hinweg gefuͤhret/ die er zu retten willens waͤhre.
Der Ritter/ welcher Silvan hieß/ fragete weiter/ was ihn dieſes Fraͤulein anginge? Er
meynete ja nicht/ daß er Anſprache an ſie haͤtte. Es ſey wie ihm wolle/ antwortete er/ ſo bin
ich dannoch willens/ jhr in Noͤhten beyzuſpringen/ wie alle redliche Ritter dem ehrlichen
Frauenzimmer verbunden ſind. Beyſpringen? ſagte dieſer; hat ſie euch doch keinen Boh-
ten geſchikt; und was wiſſet ihr/ ob ſie nicht mit gutem Willen/ oder auffs wenigſte zu jh-
rem guten Gluͤk entfuͤhret iſt? Zankens iſt hier nicht Zeit/ ſagte Herkules; ob ſie mir aber
gleich keinẽ Bohten geſchicket/ ſo hat ſie ohn zweifel die Raͤuber zu dieſem Bubenſtuͤk auch
nicht eingeladen; und habt ihr Wiſſenſchafft hierumb/ ſo ſaget mirs/ dz ich mich darnach
zu richten habe. Silvan antwortete: Ob ich Wiſſenſchafft drum haͤtte/ wer wolte mich
zwingen es zu ſagen? Auff welchen Troz er antwortete: trauen Ritter/ eure Hoͤfligkeit iſt
klein/ wie groß jhr ſonſt von Leibe und Hochmuht ſeyd; wann ich aber wiſſen ſolte/ daß ihr
an dieſem Raube ſchuldig waͤret/ wuͤrde ich verſuchen/ des uͤbels eine Reue in euch zubrin-
gen. O du elender/ ſagte Silvan/ darffſtu mir noch darzu draͤuen/ und waͤhreſt eines Un-
terhaͤndlers und Vorbitters ſo hoch benoͤhtiget/ wann du ohn Straffe entgehen wolteſt?
faſſete alsbald ſein Schwert/ und ran[t]e mit vollem Grim auff ihn zu/ der meynung/ ihn ei-
nes Hiebes zu fellen. Aber Herkules/ der des Schimpffs auch gewohnet/ weich ihm auß
dem Streiche/ ſetzete ihm nach/ daß er ſich wenden muſte/ und fingen einen ſo heftigen ſtreit
mit einander an/ daß Silvan ſich daruͤber entſetzete/ und zu ſeinem Gegener ſagte: Du
muſt gewißlich in einer guten Schuele gelernet haben/ und jammert mich dein/ daß du ſo
fruͤh ſterben muſt. Ja wann du mich mit dem Maule uͤberwinden koͤnteſt/ antwortete er/
wuͤrde es an deinem Willen nicht mangeln/ wie aber/ wann du Rechnung ohn den Wirt
gemacht haͤtteſt? doppelte hiemit ſeine Hiebe/ daß jener zu weichen gedrungen ward/ weil
er ſchon etliche Wunden empfangen hatte. Herkules aber ließ nicht nach/ ſondern trieb
jhn/ biß er ihm endlich unter das Schwert kam/ ihm den Helm vom Haͤupte riß/ und den
Tod draͤuete/ wo er ſich nicht ergeben wuͤrde; Weil er nun merkete/ daß er außzureiſſen wil-
lens wahr/ warff er jhn vom Pferde/ ſprang ihm nach/ ſezte ihm das Schwert an die Gur-
gel/ und ſagte: Bald laß mir das Fraͤulein kommen/ oder du muſt ſterben. Ritter/ ihr ſeyd
der erſte/ antwortete er/ vor dem ich mich demuͤhtigen muß; Ihr fodert aber einen Schatz
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[123/0161] Erſtes Buch. noch eine Viertelmeile weiter fort/ und merketen an der Raͤuber Fußſtapffen/ daß ſie vom gemeinen Wege abgewichen/ und nach der Rechten zu ſich in einen Puſch begeben hatten/ ſahen auch/ daß auff ihre Ankunfft ein Ungewapneter von einem Baume ſtieg/ uñ die Hecke ſuchte/ eileten ihm nach/ und vernahmen auß ihrer Hunde bellen/ daß etwas wachſames verhanden wahr. Herkules/ ſo bald er den Puſch erreichete/ rief mit ſtarker Stimme hin- ein/ dafern einiger Menſch daſelbſt verborgen laͤge/ und ſich nicht melden wuͤrde/ ſolte es ihm ſein Leben koſten; aber niemand wolte ſich kund geben; biß Klodius auff fleiſſiges um- ſuchen/ einen geharnifchten Ritter hinter einer Nebenhecke daher traben ſahe/ und es ſei- nem Herrn anzeigete/ welcher ihm gerade entgegen ritte. Dieſer ſolches ſehend/ rief ihm mit ſtarker Stimme zu/ was er hie ſuchete oder begehrete. Herkules merkend/ daß er ſei- nen Mann gefunden hatte/ gab zur Antwort: Es haͤtten etliche boßhaffte Schelmen ein Roͤmiſches Fraͤulein auß ihrem Wagen hinweg gefuͤhret/ die er zu retten willens waͤhre. Der Ritter/ welcher Silvan hieß/ fragete weiter/ was ihn dieſes Fraͤulein anginge? Er meynete ja nicht/ daß er Anſprache an ſie haͤtte. Es ſey wie ihm wolle/ antwortete er/ ſo bin ich dannoch willens/ jhr in Noͤhten beyzuſpringen/ wie alle redliche Ritter dem ehrlichen Frauenzimmer verbunden ſind. Beyſpringen? ſagte dieſer; hat ſie euch doch keinen Boh- ten geſchikt; und was wiſſet ihr/ ob ſie nicht mit gutem Willen/ oder auffs wenigſte zu jh- rem guten Gluͤk entfuͤhret iſt? Zankens iſt hier nicht Zeit/ ſagte Herkules; ob ſie mir aber gleich keinẽ Bohten geſchicket/ ſo hat ſie ohn zweifel die Raͤuber zu dieſem Bubenſtuͤk auch nicht eingeladen; und habt ihr Wiſſenſchafft hierumb/ ſo ſaget mirs/ dz ich mich darnach zu richten habe. Silvan antwortete: Ob ich Wiſſenſchafft drum haͤtte/ wer wolte mich zwingen es zu ſagen? Auff welchen Troz er antwortete: trauen Ritter/ eure Hoͤfligkeit iſt klein/ wie groß jhr ſonſt von Leibe und Hochmuht ſeyd; wann ich aber wiſſen ſolte/ daß ihr an dieſem Raube ſchuldig waͤret/ wuͤrde ich verſuchen/ des uͤbels eine Reue in euch zubrin- gen. O du elender/ ſagte Silvan/ darffſtu mir noch darzu draͤuen/ und waͤhreſt eines Un- terhaͤndlers und Vorbitters ſo hoch benoͤhtiget/ wann du ohn Straffe entgehen wolteſt? faſſete alsbald ſein Schwert/ und rante mit vollem Grim auff ihn zu/ der meynung/ ihn ei- nes Hiebes zu fellen. Aber Herkules/ der des Schimpffs auch gewohnet/ weich ihm auß dem Streiche/ ſetzete ihm nach/ daß er ſich wenden muſte/ und fingen einen ſo heftigen ſtreit mit einander an/ daß Silvan ſich daruͤber entſetzete/ und zu ſeinem Gegener ſagte: Du muſt gewißlich in einer guten Schuele gelernet haben/ und jammert mich dein/ daß du ſo fruͤh ſterben muſt. Ja wann du mich mit dem Maule uͤberwinden koͤnteſt/ antwortete er/ wuͤrde es an deinem Willen nicht mangeln/ wie aber/ wann du Rechnung ohn den Wirt gemacht haͤtteſt? doppelte hiemit ſeine Hiebe/ daß jener zu weichen gedrungen ward/ weil er ſchon etliche Wunden empfangen hatte. Herkules aber ließ nicht nach/ ſondern trieb jhn/ biß er ihm endlich unter das Schwert kam/ ihm den Helm vom Haͤupte riß/ und den Tod draͤuete/ wo er ſich nicht ergeben wuͤrde; Weil er nun merkete/ daß er außzureiſſen wil- lens wahr/ warff er jhn vom Pferde/ ſprang ihm nach/ ſezte ihm das Schwert an die Gur- gel/ und ſagte: Bald laß mir das Fraͤulein kommen/ oder du muſt ſterben. Ritter/ ihr ſeyd der erſte/ antwortete er/ vor dem ich mich demuͤhtigen muß; Ihr fodert aber einen Schatz von mir/ welcher mir eben ſo lieb als mein Leben iſt. Daran lieget nichts/ ſagte er/ und haſtu Recht Q ij

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/161>, abgerufen am 09.10.2024.