Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.Erstes Buch. Herzlicher Glückes-Wunsch [Beginn Spaltensatz]
An Herrn Ladisla. 1 WAnn sich Glük uns wil verbinden/Müssen wir in Sträuchen auch Unsers Herzen Labsaal finden. Seht Herr Bräutigam/ der Rauch Der Euch gestern angewehet/ Ist in lauter Lust verdrehet. 2 Eures festen Herzen StärkeTräget euch zur Weißheit hin/(Sophia heisset Weißheit) Deren Tugend/ wie ich merke/ Euren unbestritnen Sin Ihr ganz eigen hat gemachet/ Dessen ihr vor Freuden lachet. 3 Wann der schönen Weißheit FlammenUnd ein ungezwungner Muht Sich ohn arge List zusammen Halten/ muß des Unfals Wuht Seinen Neid vergeblich tragen/ Und sich durch sich selber schlagen. 4 Ladisla Eur blanker DegenWelchen ihr so herzhafft führt/ Hat der Weißheit Gunst und Segen/ Wie ein jeder gnugsam spürt/ Durch die Tugend eurer Sitten Im Pusch und Gehölz' erstritten. 5 Jezt geniest ihr aller Lüste/Welche Weißheit schaffen kan/ Ihre nimmer-leere Brüste Nähren euch jezt umb und an/ Die durch ihrer Milch außfliessen Eur Herz durch und durch begiessen. 6 Nehmet es zu gutem Danke/Daß die Weißheit Euch so wol Ist gewogen; Wann der Kranke Wird genesen; alsdann sol Seine Stimm' und Lautenklingen Euer Glük noch mehr besingen. Nach verlesung lachete Ladisla vor freuden und sagete: Höret ihr den Tichter/ herzgelieb- Nun hatte ihm der Stathalter des vorigen tages auff sein Begehren etliche Bücher machen/
Erſtes Buch. Herzlicher Gluͤckes-Wunſch [Beginn Spaltensatz]
An Herꝛn Ladiſla. 1 WAnn ſich Gluͤk uns wil verbinden/Muͤſſen wir in Straͤuchen auch Unſers Herzen Labſaal finden. Seht Herr Braͤutigam/ der Rauch Der Euch geſtern angewehet/ Iſt in lauter Luſt verdrehet. 2 Eures feſten Herzen StaͤrkeTraͤget euch zur Weißheit hin/(Sophia heiſſet Weißheit) Deren Tugend/ wie ich merke/ Euren unbeſtritnen Sin Ihr ganz eigen hat gemachet/ Deſſen ihr vor Freuden lachet. 3 Wann der ſchoͤnen Weißheit FlammenUnd ein ungezwungner Muht Sich ohn arge Liſt zuſammen Halten/ muß des Unfals Wuht Seinen Neid vergeblich tragen/ Und ſich durch ſich ſelber ſchlagen. 4 Ladiſla Eur blanker DegenWelchen ihr ſo herzhafft fuͤhrt/ Hat der Weißheit Gunſt und Segen/ Wie ein jeder gnugſam ſpuͤrt/ Durch die Tugend eurer Sitten Im Puſch und Gehoͤlz’ erſtritten. 5 Jezt genieſt ihr aller Luͤſte/Welche Weißheit ſchaffen kan/ Ihre nimmer-leere Bruͤſte Naͤhren euch jezt umb und an/ Die durch ihrer Milch außflieſſen Eur Herz durch und durch begieſſen. 6 Nehmet es zu gutem Danke/Daß die Weißheit Euch ſo wol Iſt gewogen; Wann der Kranke Wird geneſen; alsdann ſol Seine Stimm’ und Lautenklingen Euer Gluͤk noch mehr beſingen. Nach verleſung lachete Ladiſla vor freuden und ſagete: Hoͤret ihr den Tichter/ herzgelieb- Nun hatte ihm der Stathalter des vorigen tages auff ſein Begehren etliche Buͤcheꝛ machen/
<TEI> <text> <body> <div n="2"> <pb facs="#f0152" n="114"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Erſtes Buch.</hi> </fw><lb/> <lg type="poem"> <head><hi rendition="#fr">Herzlicher Gluͤckes-Wunſch</hi><lb/> An Herꝛn Ladiſla.</head><lb/> <cb type="start"/> <lg n="1"> <head>1</head> <l><hi rendition="#in">W</hi>Ann ſich Gluͤk uns wil verbinden/</l><lb/> <l>Muͤſſen wir in Straͤuchen auch</l><lb/> <l>Unſers Herzen Labſaal finden.</l><lb/> <l>Seht Herr Braͤutigam/ der Rauch</l><lb/> <l>Der Euch geſtern angewehet/</l><lb/> <l>Iſt in lauter Luſt verdrehet.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <head>2</head> <l>Eures feſten Herzen Staͤrke<lb/> Traͤget euch zur <hi rendition="#fr">Weißheit</hi> hin/</l> <note place="right">(Sophia<lb/> heiſſet<lb/> Weißheit)<lb/></note><lb/> <l>Deren Tugend/ wie ich merke/</l><lb/> <l>Euren unbeſtritnen Sin</l><lb/> <l>Ihr ganz eigen hat gemachet/</l><lb/> <l>Deſſen ihr vor Freuden lachet.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <head>3</head> <l>Wann der ſchoͤnen <hi rendition="#fr">Weißheit</hi> Flammen</l><lb/> <l>Und ein ungezwungner Muht</l><lb/> <l>Sich ohn arge Liſt zuſammen</l><lb/> <l>Halten/ muß des Unfals Wuht</l><lb/> <l>Seinen Neid vergeblich tragen/</l><lb/> <l>Und ſich durch ſich ſelber ſchlagen.</l> </lg><lb/> <cb/> <lg n="4"> <head>4</head> <l>Ladiſla Eur blanker Degen</l><lb/> <l>Welchen ihr ſo herzhafft fuͤhrt/</l><lb/> <l>Hat der <hi rendition="#fr">Weißheit</hi> Gunſt und Segen/</l><lb/> <l>Wie ein jeder gnugſam ſpuͤrt/</l><lb/> <l>Durch die Tugend eurer Sitten</l><lb/> <l>Im Puſch und Gehoͤlz’ erſtritten.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <head>5</head> <l>Jezt genieſt ihr aller Luͤſte/</l><lb/> <l>Welche <hi rendition="#fr">Weißheit</hi> ſchaffen kan/</l><lb/> <l>Ihre nimmer-leere Bruͤſte</l><lb/> <l>Naͤhren euch jezt umb und an/</l><lb/> <l>Die durch ihrer Milch außflieſſen</l><lb/> <l>Eur Herz durch und durch begieſſen.</l> </lg><lb/> <lg n="6"> <head>6</head> <l>Nehmet es zu gutem Danke/</l><lb/> <l>Daß die <hi rendition="#fr">Weißheit</hi> Euch ſo wol</l><lb/> <l>Iſt gewogen; Wann der Kranke</l><lb/> <l>Wird geneſen; alsdann ſol</l><lb/> <l>Seine Stimm’ und Lautenklingen</l><lb/> <l>Euer Gluͤk noch mehr beſingen.</l> </lg> </lg><lb/> <cb type="end"/> <p>Nach verleſung lachete Ladiſla vor freuden und ſagete: Hoͤret ihr den Tichter/ herzgelieb-<lb/> ter Schaz/ den kranken Tichter nicht? kein Menſch als mein beſter Herkules hat dieſe Rei-<lb/> men auffgeſezt/ und durch einen fremden abſchreiben laſſẽ? dann ſeine Art iſt mir ohn daß<lb/> mehr als zuwol bekant; hat auch ohnzweiffel ſie in allerſtille herein geſchafft/ da mein Tul-<lb/> lius geſtern Abend mir das Kleid nachbrachte. Ey ſo muͤſſen wir den allerliebſten Freund<lb/> in ſeiner Schwacheit beſuchen/ und ihm vor dieſe Ehre gebuͤhrlich danken/ ſagte ſie; gin-<lb/> gen mit einander hin/ und funden den Stathalter ſchon bey ihm vor dem Bette ſitzen/ und<lb/> die beyden Aerzte zur Seite ſtehen/ die nach auffgeloͤſetem Schaden guten Troſt gaben/<lb/> daß inwendig zehen Tagen er voͤllig ſolte geneſen/ dafern er ſich nicht mit ſchwermuͤhtigen<lb/> Gedanken plagen/ ſondern der Heilung in ungeſtoͤreter Ruhe auff ſeinem Lager fein ab-<lb/> warten wuͤrde; welches ihnen allen ſehr angenehm zu hoͤren wahr. Der junge Fabius kam<lb/> auch zu ihnen/ und als ſie ingeſamt von ihm Abſcheid nahmen/ baht er Ladiſla und den jun-<lb/> gen Fabius/ ihm noch ein Stuͤndichen Geſelſchafft zutuhn/ worzu ſie willig wahren.</p><lb/> <p>Nun hatte ihm der Stathalter des vorigen tages auff ſein Begehren etliche Buͤcheꝛ<lb/> zuſtellen laſſen/ vor die lange Weile darin zuleſen/ unter welchen des Plinius Schrifften<lb/> wahren von der Welt Geſchichten; aus deſſen andern Buche hatte Herkules die Gottes-<lb/> laͤſterlichen Worte angemerket/ welche er fuͤhret von Gottes Allmacht/ die er außdruͤklich<lb/> leugnet. Es fielen ihm gleich dazumahl ſolche laͤſterungen ein/ ſchlug den Ort auf/ und gab<lb/> ihn Ladiſla zu leſen/ mit Bitte/ ihm ungeſcheuet zu ſagen/ was er von dieſes hochgelahrten<lb/> Mannes meynung hielte. Dieſer nahm das Buch/ und laſe dieſe Worte laut uñ deutlich:<lb/> Die vornehmeſten Troͤſtungen der Unvolkommenheit am Menſchen ſind dieſe: daß auch Gott ſelbſt<lb/> nicht alles koͤnne; dann er kan ihm ſelbſt den Tod nicht antuhn/ ob er gleich wolte/ welches er doch dem<lb/> Menſchen als ſein beſtes/ in den ſo groſſen Lebensſtraffen mitgeteilet hat. Daß er auch nicht koͤnne die<lb/> Sterblichen mit der Ewigkeit begaben/ noch die Verſtorbenen wieder zum Leben hervor ruffen; noch<lb/> <fw place="bottom" type="catch">machen/</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [114/0152]
Erſtes Buch.
Herzlicher Gluͤckes-Wunſch
An Herꝛn Ladiſla.
1 WAnn ſich Gluͤk uns wil verbinden/
Muͤſſen wir in Straͤuchen auch
Unſers Herzen Labſaal finden.
Seht Herr Braͤutigam/ der Rauch
Der Euch geſtern angewehet/
Iſt in lauter Luſt verdrehet.
2 Eures feſten Herzen Staͤrke
Traͤget euch zur Weißheit hin/
Deren Tugend/ wie ich merke/
Euren unbeſtritnen Sin
Ihr ganz eigen hat gemachet/
Deſſen ihr vor Freuden lachet.
3 Wann der ſchoͤnen Weißheit Flammen
Und ein ungezwungner Muht
Sich ohn arge Liſt zuſammen
Halten/ muß des Unfals Wuht
Seinen Neid vergeblich tragen/
Und ſich durch ſich ſelber ſchlagen.
4 Ladiſla Eur blanker Degen
Welchen ihr ſo herzhafft fuͤhrt/
Hat der Weißheit Gunſt und Segen/
Wie ein jeder gnugſam ſpuͤrt/
Durch die Tugend eurer Sitten
Im Puſch und Gehoͤlz’ erſtritten.
5 Jezt genieſt ihr aller Luͤſte/
Welche Weißheit ſchaffen kan/
Ihre nimmer-leere Bruͤſte
Naͤhren euch jezt umb und an/
Die durch ihrer Milch außflieſſen
Eur Herz durch und durch begieſſen.
6 Nehmet es zu gutem Danke/
Daß die Weißheit Euch ſo wol
Iſt gewogen; Wann der Kranke
Wird geneſen; alsdann ſol
Seine Stimm’ und Lautenklingen
Euer Gluͤk noch mehr beſingen.
Nach verleſung lachete Ladiſla vor freuden und ſagete: Hoͤret ihr den Tichter/ herzgelieb-
ter Schaz/ den kranken Tichter nicht? kein Menſch als mein beſter Herkules hat dieſe Rei-
men auffgeſezt/ und durch einen fremden abſchreiben laſſẽ? dann ſeine Art iſt mir ohn daß
mehr als zuwol bekant; hat auch ohnzweiffel ſie in allerſtille herein geſchafft/ da mein Tul-
lius geſtern Abend mir das Kleid nachbrachte. Ey ſo muͤſſen wir den allerliebſten Freund
in ſeiner Schwacheit beſuchen/ und ihm vor dieſe Ehre gebuͤhrlich danken/ ſagte ſie; gin-
gen mit einander hin/ und funden den Stathalter ſchon bey ihm vor dem Bette ſitzen/ und
die beyden Aerzte zur Seite ſtehen/ die nach auffgeloͤſetem Schaden guten Troſt gaben/
daß inwendig zehen Tagen er voͤllig ſolte geneſen/ dafern er ſich nicht mit ſchwermuͤhtigen
Gedanken plagen/ ſondern der Heilung in ungeſtoͤreter Ruhe auff ſeinem Lager fein ab-
warten wuͤrde; welches ihnen allen ſehr angenehm zu hoͤren wahr. Der junge Fabius kam
auch zu ihnen/ und als ſie ingeſamt von ihm Abſcheid nahmen/ baht er Ladiſla und den jun-
gen Fabius/ ihm noch ein Stuͤndichen Geſelſchafft zutuhn/ worzu ſie willig wahren.
Nun hatte ihm der Stathalter des vorigen tages auff ſein Begehren etliche Buͤcheꝛ
zuſtellen laſſen/ vor die lange Weile darin zuleſen/ unter welchen des Plinius Schrifften
wahren von der Welt Geſchichten; aus deſſen andern Buche hatte Herkules die Gottes-
laͤſterlichen Worte angemerket/ welche er fuͤhret von Gottes Allmacht/ die er außdruͤklich
leugnet. Es fielen ihm gleich dazumahl ſolche laͤſterungen ein/ ſchlug den Ort auf/ und gab
ihn Ladiſla zu leſen/ mit Bitte/ ihm ungeſcheuet zu ſagen/ was er von dieſes hochgelahrten
Mannes meynung hielte. Dieſer nahm das Buch/ und laſe dieſe Worte laut uñ deutlich:
Die vornehmeſten Troͤſtungen der Unvolkommenheit am Menſchen ſind dieſe: daß auch Gott ſelbſt
nicht alles koͤnne; dann er kan ihm ſelbſt den Tod nicht antuhn/ ob er gleich wolte/ welches er doch dem
Menſchen als ſein beſtes/ in den ſo groſſen Lebensſtraffen mitgeteilet hat. Daß er auch nicht koͤnne die
Sterblichen mit der Ewigkeit begaben/ noch die Verſtorbenen wieder zum Leben hervor ruffen; noch
machen/
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/152 |
Zitationshilfe: | Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/152>, abgerufen am 27.07.2024. |