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Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892.

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§ 68. Königshort und Königsgut.
träge, durch welche öffentliche Strafen geledigt werden, der Friedlose
des Königs Frieden, der in Ungnade Gefallene des Königs Huld
erkauft, und die Anteile, die bei Rechtsgeschäften dem Fiskus für
den Fall des Vertragsbruches an der vereinbarten Strafsumme zu-
gesichert worden waren 20. Als Erbteilungsgebühr bezieht der König
einen Erbschaftszehnten, wenn die Erbteilung auf Wunsch der Erben,
die sich untereinander nicht einigen können, durch den König oder
durch seinen Missus erledigt wird 21.

Eigen des Königs wird das Gut des Friedlosen, das Vermögen
des zum Tod verurteilten Verbrechers sowie dasjenige, welches aus
sonstigen rechtlichen Gründen der Fronung verfällt. Der König
nimmt erbloses Gut 22, das Wergeld sippeloser und aus ihrer Sippe
ausgeschiedener Personen 23; er nimmt nach salischem Rechte in Er-
mangelung empfangsberechtigter Magen gewisse Gebühren, die bei Ver-
heiratung einer Witwe zu zahlen sind 24. Er empfängt Erbe und Wer-
geld der Fremden 25 und der Freigelassenen, welche durch Schatzwurf
die Freiheit erlangt hatten, sowie der cartularii, die keinen anderen
Schutzherrn besassen 26. Ebenso werden ihm die Schutzzinse und Lei-
stungen zu teil, die für den besonderen Königsschutz bezahlt werden
müssen 27, seit karolingischer Zeit die servitia der Schutzjuden 28.

Die erheblichsten Einkünfte zog der Fiskus aus dem königlichen
Grundbesitz. Schon oben ist ausgeführt worden, wie der Umfang des
Krongutes infolge der Eroberungen anschwoll 29. Die Landschenkungen
an Kirchen und Grosse haben dann zwar den Bestand des merowingi-
schen Krongutes arg geschmälert. Allein der Übergang der Königs-
würde auf die Karolinger brachte der Krone das reiche Besitztum
dieses Hauses ein, welches nunmehr als Königsgut erscheint. Dazu
kamen das Amts- und Hausgut der beseitigten Stammesherzoge, das

20 Z2 f. RG V 72 f.
21 In Marculf I 20 soll der Missus, den der König abordnet, die Erbteilungs-
gebühr für sich behalten. Cap. Aquisgr. 801--813, c. 7, I 171: de hereditate inter
heredes, si contentiose egerint et rex missum suum ad illam divisionem transmiserit,
decimum mancipium et decimam virgam hereditatis fisco regis detur.
22 Lex Sal. 60, 3. Dabei ist natürlich von dem Grundbesitz abzusehen, der
in Ermangelung von Söhnen an die Gemeinde zurückfällt.
23 Lex Sal. 62, 2. Siehe oben S. 48, Anm. 4.
24 Lex Sal. 44, 10; 72 (Hessels).
25 Oben I 274 f.
26 Oben I 244, Anm. 38, und I 246.
27 Siehe oben S. 49.
28 Siehe oben I 277.
29 Siehe oben I 203.

§ 68. Königshort und Königsgut.
träge, durch welche öffentliche Strafen geledigt werden, der Friedlose
des Königs Frieden, der in Ungnade Gefallene des Königs Huld
erkauft, und die Anteile, die bei Rechtsgeschäften dem Fiskus für
den Fall des Vertragsbruches an der vereinbarten Strafsumme zu-
gesichert worden waren 20. Als Erbteilungsgebühr bezieht der König
einen Erbschaftszehnten, wenn die Erbteilung auf Wunsch der Erben,
die sich untereinander nicht einigen können, durch den König oder
durch seinen Missus erledigt wird 21.

Eigen des Königs wird das Gut des Friedlosen, das Vermögen
des zum Tod verurteilten Verbrechers sowie dasjenige, welches aus
sonstigen rechtlichen Gründen der Fronung verfällt. Der König
nimmt erbloses Gut 22, das Wergeld sippeloser und aus ihrer Sippe
ausgeschiedener Personen 23; er nimmt nach salischem Rechte in Er-
mangelung empfangsberechtigter Magen gewisse Gebühren, die bei Ver-
heiratung einer Witwe zu zahlen sind 24. Er empfängt Erbe und Wer-
geld der Fremden 25 und der Freigelassenen, welche durch Schatzwurf
die Freiheit erlangt hatten, sowie der cartularii, die keinen anderen
Schutzherrn besaſsen 26. Ebenso werden ihm die Schutzzinse und Lei-
stungen zu teil, die für den besonderen Königsschutz bezahlt werden
müssen 27, seit karolingischer Zeit die servitia der Schutzjuden 28.

Die erheblichsten Einkünfte zog der Fiskus aus dem königlichen
Grundbesitz. Schon oben ist ausgeführt worden, wie der Umfang des
Krongutes infolge der Eroberungen anschwoll 29. Die Landschenkungen
an Kirchen und Groſse haben dann zwar den Bestand des merowingi-
schen Krongutes arg geschmälert. Allein der Übergang der Königs-
würde auf die Karolinger brachte der Krone das reiche Besitztum
dieses Hauses ein, welches nunmehr als Königsgut erscheint. Dazu
kamen das Amts- und Hausgut der beseitigten Stammesherzoge, das

20 Z2 f. RG V 72 f.
21 In Marculf I 20 soll der Missus, den der König abordnet, die Erbteilungs-
gebühr für sich behalten. Cap. Aquisgr. 801—813, c. 7, I 171: de hereditate inter
heredes, si contentiose egerint et rex missum suum ad illam divisionem transmiserit,
decimum mancipium et decimam virgam hereditatis fisco regis detur.
22 Lex Sal. 60, 3. Dabei ist natürlich von dem Grundbesitz abzusehen, der
in Ermangelung von Söhnen an die Gemeinde zurückfällt.
23 Lex Sal. 62, 2. Siehe oben S. 48, Anm. 4.
24 Lex Sal. 44, 10; 72 (Hessels).
25 Oben I 274 f.
26 Oben I 244, Anm. 38, und I 246.
27 Siehe oben S. 49.
28 Siehe oben I 277.
29 Siehe oben I 203.
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[71/0089] § 68. Königshort und Königsgut. träge, durch welche öffentliche Strafen geledigt werden, der Friedlose des Königs Frieden, der in Ungnade Gefallene des Königs Huld erkauft, und die Anteile, die bei Rechtsgeschäften dem Fiskus für den Fall des Vertragsbruches an der vereinbarten Strafsumme zu- gesichert worden waren 20. Als Erbteilungsgebühr bezieht der König einen Erbschaftszehnten, wenn die Erbteilung auf Wunsch der Erben, die sich untereinander nicht einigen können, durch den König oder durch seinen Missus erledigt wird 21. Eigen des Königs wird das Gut des Friedlosen, das Vermögen des zum Tod verurteilten Verbrechers sowie dasjenige, welches aus sonstigen rechtlichen Gründen der Fronung verfällt. Der König nimmt erbloses Gut 22, das Wergeld sippeloser und aus ihrer Sippe ausgeschiedener Personen 23; er nimmt nach salischem Rechte in Er- mangelung empfangsberechtigter Magen gewisse Gebühren, die bei Ver- heiratung einer Witwe zu zahlen sind 24. Er empfängt Erbe und Wer- geld der Fremden 25 und der Freigelassenen, welche durch Schatzwurf die Freiheit erlangt hatten, sowie der cartularii, die keinen anderen Schutzherrn besaſsen 26. Ebenso werden ihm die Schutzzinse und Lei- stungen zu teil, die für den besonderen Königsschutz bezahlt werden müssen 27, seit karolingischer Zeit die servitia der Schutzjuden 28. Die erheblichsten Einkünfte zog der Fiskus aus dem königlichen Grundbesitz. Schon oben ist ausgeführt worden, wie der Umfang des Krongutes infolge der Eroberungen anschwoll 29. Die Landschenkungen an Kirchen und Groſse haben dann zwar den Bestand des merowingi- schen Krongutes arg geschmälert. Allein der Übergang der Königs- würde auf die Karolinger brachte der Krone das reiche Besitztum dieses Hauses ein, welches nunmehr als Königsgut erscheint. Dazu kamen das Amts- und Hausgut der beseitigten Stammesherzoge, das 20 Z2 f. RG V 72 f. 21 In Marculf I 20 soll der Missus, den der König abordnet, die Erbteilungs- gebühr für sich behalten. Cap. Aquisgr. 801—813, c. 7, I 171: de hereditate inter heredes, si contentiose egerint et rex missum suum ad illam divisionem transmiserit, decimum mancipium et decimam virgam hereditatis fisco regis detur. 22 Lex Sal. 60, 3. Dabei ist natürlich von dem Grundbesitz abzusehen, der in Ermangelung von Söhnen an die Gemeinde zurückfällt. 23 Lex Sal. 62, 2. Siehe oben S. 48, Anm. 4. 24 Lex Sal. 44, 10; 72 (Hessels). 25 Oben I 274 f. 26 Oben I 244, Anm. 38, und I 246. 27 Siehe oben S. 49. 28 Siehe oben I 277. 29 Siehe oben I 203.

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Zitationshilfe: Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunner_rechtsgeschichte02_1892/89>, abgerufen am 28.04.2024.