Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892.§ 128. Mitthäterschaft und Teilnahme. Für Beihilfe hatte das Althochdeutsche den Ausdruck follust 27, Die Strafbarkeit der Beihilfe entwickelte sich zunächst für die 27 So in den Strassburger Eiden. Nithard III 5. 28 Zu fulljan, follon, supplere, vollmachen. Eine Zusammensetzung mit leisten scheint nicht vorzuliegen. Vgl. Graff, Ahd. Sprachschatz II 252 ff. v. Richt- hofen, WB S. 770. 29 Z. B. Lex Alam. 34, 2. Lex Baiuw. II 3. Lex Fris. 17, 4. Lex Angl. et Werin. 57. 30 Cap. Haristall. v. J. 779, c. 14, I 50. Die Belegstellen für die übrigen Ausdrücke ergeben sich aus den unten folgenden Anmerkungen. 31 Ine 13, 1; 14. Alfred 29. 30. 31, 1. Leges Henrici primi 87, 4. 32 Ine 13, 1; 15. Unrechtes Heer in den Ges. der Emsiger, § 22, Richt. hofen, Rqu. S. 230, 3. Wilda, Strafrecht S. 613, Anm. 4. Ariscild in Liu. 134. 141. Über den norwegischen herskjöldr siehe Konrad Maurer in Kr V V 305 ff. 33 Das contubernium war nach Vegetius, De re militari II 8, eine Schaar von zehn Soldaten mit einem caput contubernii an der Spitze. Waitz, VG I 488, II 1. S. 99. Hlod giebt die vetus versio mit cohors oder collectum contubernium wieder. 34 Nachmals Rädelsführer, ein der Organisation des Landsknechtwesens ent- lehnter Begriff. Rädlein (soviel wie Ring, Kreis) hiess eine Rotte von Landsknechten, war also ein Analogon des contubernium. Davon hatte der Hauptmann den Namen Rädleinführer. Grimm, WB VIII 53. 35 Roth. 19. 249. 279. 280. Liu. 35. 94. 36 Fünf Genossen, einen prior und vier homines, verlangt das langob. Recht
(Roth. 19) bei haritraib. Sechs das dänische Recht (Stemann, Retshist. S. 666, Anm. 2) § 128. Mitthäterschaft und Teilnahme. Für Beihilfe hatte das Althochdeutsche den Ausdruck follust 27, Die Strafbarkeit der Beihilfe entwickelte sich zunächst für die 27 So in den Straſsburger Eiden. Nithard III 5. 28 Zu fulljan, follôn, supplere, vollmachen. Eine Zusammensetzung mit leisten scheint nicht vorzuliegen. Vgl. Graff, Ahd. Sprachschatz II 252 ff. v. Richt- hofen, WB S. 770. 29 Z. B. Lex Alam. 34, 2. Lex Baiuw. II 3. Lex Fris. 17, 4. Lex Angl. et Werin. 57. 30 Cap. Haristall. v. J. 779, c. 14, I 50. Die Belegstellen für die übrigen Ausdrücke ergeben sich aus den unten folgenden Anmerkungen. 31 Ine 13, 1; 14. Alfred 29. 30. 31, 1. Leges Henrici primi 87, 4. 32 Ine 13, 1; 15. Unrechtes Heer in den Ges. der Emsiger, § 22, Richt. hofen, Rqu. S. 230, 3. Wilda, Strafrecht S. 613, Anm. 4. Ariscild in Liu. 134. 141. Über den norwegischen herskjöldr siehe Konrad Maurer in Kr V V 305 ff. 33 Das contubernium war nach Vegetius, De re militari II 8, eine Schaar von zehn Soldaten mit einem caput contubernii an der Spitze. Waitz, VG I 488, II 1. S. 99. Hlóđ giebt die vetus versio mit cohors oder collectum contubernium wieder. 34 Nachmals Rädelsführer, ein der Organisation des Landsknechtwesens ent- lehnter Begriff. Rädlein (soviel wie Ring, Kreis) hieſs eine Rotte von Landsknechten, war also ein Analogon des contubernium. Davon hatte der Hauptmann den Namen Rädleinführer. Grimm, WB VIII 53. 35 Roth. 19. 249. 279. 280. Liu. 35. 94. 36 Fünf Genossen, einen prior und vier homines, verlangt das langob. Recht
(Roth. 19) bei haritraib. Sechs das dänische Recht (Stemann, Retshist. S. 666, Anm. 2) <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0588" n="570"/> <fw place="top" type="header">§ 128. Mitthäterschaft und Teilnahme.</fw><lb/> <p>Für Beihilfe hatte das Althochdeutsche den Ausdruck follust <note place="foot" n="27">So in den Straſsburger Eiden. Nithard III 5.</note>,<lb/> folleist, alts. fullêsti, fries. fulliste, folste, ags. fylst, wörtlich Vervoll-<lb/> ständigung, Ergänzung, Hilfe <note place="foot" n="28">Zu fulljan, follôn, supplere, vollmachen. Eine Zusammensetzung mit leisten<lb/> scheint nicht vorzuliegen. Vgl. <hi rendition="#g">Graff</hi>, Ahd. Sprachschatz II 252 ff. v. <hi rendition="#g">Richt-<lb/> hofen</hi>, WB S. 770.</note>. Die Helfer heiſsen nachmals am<lb/> häufigsten Folger, aber auch schon in den Volksrechten gelegentlich<lb/> qui secuti sunt <note place="foot" n="29">Z. B. Lex Alam. 34, 2. Lex Baiuw. II 3. Lex Fris. 17, 4. Lex Angl. et<lb/> Werin. 57.</note>.</p><lb/> <p>Die Strafbarkeit der Beihilfe entwickelte sich zunächst für die<lb/> Teilnahme an gewissen Bandenverbrechen, d. h. an Missethaten, bei<lb/> welchen es zum verbrecherischen Thatbestande gehörte, daſs sie von<lb/> einer Bande, contubernium, collecta, trustis <note place="foot" n="30">Cap. Haristall. v. J. 779, c. 14, I 50. Die Belegstellen für die übrigen<lb/> Ausdrücke ergeben sich aus den unten folgenden Anmerkungen.</note>, ags. hlóđ <note place="foot" n="31">Ine 13, 1; 14. Alfred 29. 30. 31, 1. Leges Henrici primi 87, 4.</note>, oder von<lb/> einem Heere, exercitus, einem Heerschilde, hariscild <note place="foot" n="32">Ine 13, 1; 15. Unrechtes Heer in den Ges. der Emsiger, § 22, Richt.<lb/> hofen, Rqu. S. 230, 3. <hi rendition="#g">Wilda</hi>, Strafrecht S. 613, Anm. 4. Ariscild in Liu. 134.<lb/> 141. Über den norwegischen herskjöldr siehe <hi rendition="#g">Konrad Maurer</hi> in Kr V V 305 ff.</note>, begangen worden<lb/> waren. Da die Teilnahme zu den Merkmalen des Verbrechens ge-<lb/> hört, ist der Teilnehmer für die älteste Ausgestaltung der Banden-<lb/> delikte begrifflich als Mitthäter aufzufassen; denn er vervollständigt<lb/> durch sein Zuthun (folleist) den für das Verbrechen erforderlichen<lb/> Thatbestand. Bei der Bande, die ein Verbrechen begeht, wird eine<lb/> gewisse militärische Organisation vorausgesetzt, wie denn auch etliche<lb/> Ausdrücke, welche die Bande und gewisse Bandenverbrechen bezeichnen,<lb/> der Organisation des Heerwesens entlehnt sind <note place="foot" n="33">Das contubernium war nach <hi rendition="#g">Vegetius</hi>, De re militari II 8, eine Schaar<lb/> von zehn Soldaten mit einem caput contubernii an der Spitze. <hi rendition="#g">Waitz</hi>, VG I 488,<lb/> II 1. S. 99. Hlóđ giebt die vetus versio mit cohors oder collectum contubernium<lb/> wieder.</note>. Die Quellen kennen<lb/> einen Hauptmann <note place="foot" n="34">Nachmals Rädelsführer, ein der Organisation des Landsknechtwesens ent-<lb/> lehnter Begriff. Rädlein (soviel wie Ring, Kreis) hieſs eine Rotte von Landsknechten,<lb/> war also ein Analogon des contubernium. Davon hatte der Hauptmann den Namen<lb/> Rädleinführer. <hi rendition="#g">Grimm</hi>, WB VIII 53.</note>, qui in capite est, einen prior <note place="foot" n="35">Roth. 19. 249. 279. 280. Liu. 35. 94.</note> oder mehrere<lb/> priores. Sie verlangen eine bestimmte, in den einzelnen Fällen ver-<lb/> schiedene Zahl von Genossen, fünf, sechs, sieben, neun <note xml:id="seg2pn_136_1" next="#seg2pn_136_2" place="foot" n="36">Fünf Genossen, einen prior und vier homines, verlangt das langob. Recht<lb/> (Roth. 19) bei haritraib. Sechs das dänische Recht (<hi rendition="#g">Stemann</hi>, Retshist. S. 666, Anm. 2)</note> oder mehr.<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [570/0588]
§ 128. Mitthäterschaft und Teilnahme.
Für Beihilfe hatte das Althochdeutsche den Ausdruck follust 27,
folleist, alts. fullêsti, fries. fulliste, folste, ags. fylst, wörtlich Vervoll-
ständigung, Ergänzung, Hilfe 28. Die Helfer heiſsen nachmals am
häufigsten Folger, aber auch schon in den Volksrechten gelegentlich
qui secuti sunt 29.
Die Strafbarkeit der Beihilfe entwickelte sich zunächst für die
Teilnahme an gewissen Bandenverbrechen, d. h. an Missethaten, bei
welchen es zum verbrecherischen Thatbestande gehörte, daſs sie von
einer Bande, contubernium, collecta, trustis 30, ags. hlóđ 31, oder von
einem Heere, exercitus, einem Heerschilde, hariscild 32, begangen worden
waren. Da die Teilnahme zu den Merkmalen des Verbrechens ge-
hört, ist der Teilnehmer für die älteste Ausgestaltung der Banden-
delikte begrifflich als Mitthäter aufzufassen; denn er vervollständigt
durch sein Zuthun (folleist) den für das Verbrechen erforderlichen
Thatbestand. Bei der Bande, die ein Verbrechen begeht, wird eine
gewisse militärische Organisation vorausgesetzt, wie denn auch etliche
Ausdrücke, welche die Bande und gewisse Bandenverbrechen bezeichnen,
der Organisation des Heerwesens entlehnt sind 33. Die Quellen kennen
einen Hauptmann 34, qui in capite est, einen prior 35 oder mehrere
priores. Sie verlangen eine bestimmte, in den einzelnen Fällen ver-
schiedene Zahl von Genossen, fünf, sechs, sieben, neun 36 oder mehr.
27 So in den Straſsburger Eiden. Nithard III 5.
28 Zu fulljan, follôn, supplere, vollmachen. Eine Zusammensetzung mit leisten
scheint nicht vorzuliegen. Vgl. Graff, Ahd. Sprachschatz II 252 ff. v. Richt-
hofen, WB S. 770.
29 Z. B. Lex Alam. 34, 2. Lex Baiuw. II 3. Lex Fris. 17, 4. Lex Angl. et
Werin. 57.
30 Cap. Haristall. v. J. 779, c. 14, I 50. Die Belegstellen für die übrigen
Ausdrücke ergeben sich aus den unten folgenden Anmerkungen.
31 Ine 13, 1; 14. Alfred 29. 30. 31, 1. Leges Henrici primi 87, 4.
32 Ine 13, 1; 15. Unrechtes Heer in den Ges. der Emsiger, § 22, Richt.
hofen, Rqu. S. 230, 3. Wilda, Strafrecht S. 613, Anm. 4. Ariscild in Liu. 134.
141. Über den norwegischen herskjöldr siehe Konrad Maurer in Kr V V 305 ff.
33 Das contubernium war nach Vegetius, De re militari II 8, eine Schaar
von zehn Soldaten mit einem caput contubernii an der Spitze. Waitz, VG I 488,
II 1. S. 99. Hlóđ giebt die vetus versio mit cohors oder collectum contubernium
wieder.
34 Nachmals Rädelsführer, ein der Organisation des Landsknechtwesens ent-
lehnter Begriff. Rädlein (soviel wie Ring, Kreis) hieſs eine Rotte von Landsknechten,
war also ein Analogon des contubernium. Davon hatte der Hauptmann den Namen
Rädleinführer. Grimm, WB VIII 53.
35 Roth. 19. 249. 279. 280. Liu. 35. 94.
36 Fünf Genossen, einen prior und vier homines, verlangt das langob. Recht
(Roth. 19) bei haritraib. Sechs das dänische Recht (Stemann, Retshist. S. 666, Anm. 2)
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