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Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892.

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§ 118. Spurfolge und Anefang.
Gewähre nicht weiter schieben durfte, sondern, wenn er sich nicht
als originären Erwerber auswies, die Sache herausgeben musste, aber
sich vom Verdachte des Diebstahls freischwören konnte 51. Bei den
Angelsachsen ist die Beschränkung auf drei Gewähren vermutlich unter
nordischem Einfluss eingedrungen 52. Wir finden sie ferner im Rechte
der westfränkischen Normannen 53, vereinzelt auch in französischen Cou-
tumes 54 und in jüngeren sächsischen Stadtrechten 55. Daneben giebt es
Rechte, die den Gewährszug bei dem fünften oder sechsten 56 oder sieben-
ten 57 Manne abschneiden. Die Begrenzung des Zuges will den Kläger
gegen Chikane und gegen übermässige Belästigung schützen, wie sie ihm
daraus erwuchs, dass jeder Gewähre Frist zur Ladung des Vormannes
erhielt, oder daraus, dass er jedem Gewährsmanne zu seinem Vor-
manne folgen musste. Übrigens war es sicherlich zulässig, dass der
Gewährsmann auf aussergerichtlichem Wege den etwaigen originären
Erwerber suchte und diesen mit Überspringung unmittelbarer Vor-
männer als Auctor stellte, so dass die erlaubte Zahl der Schübe nur
im Verhältnis zum Kläger nicht überschritten wurde 58.

Die fränkischen Volksrechte gestatten unbeschränkten Gewährs-
zug 59 Doch müssen nach salischem Rechte zum ersten Termin, den
der Besitzer erhält, sämtliche Gewährsmänner erscheinen, nachdem

51 Formel zu Otto I, c. 7: tunc tercius warens iuret, quod nec latro fuit,
nec collega latronis, sed cum suo proprio pretio comparavit et reddat rem. Die
Annahme, dass die Beschränkung des Zuges schon altlangobardisches Recht sei,
findet eine Stütze in Roth. 224. Siehe oben I 100, Anm. 20; I 374, Anm. 25.
52 Knut II 24, § 2. Wilh. I 45. Leges Henrici primi c. 64, § 6.
53 Tres ancien Coutumier de Normandie ed. Tardif, c. 82, § 15. 16. Somma
de legibus .. Norm. c. 50. Vgl. Glanvilla X 15, 3. Die Beschränkung galt in der
Normandie und anderwärts auch für Liegenschaften.
54 Jobbe-Duval S. 157.
55 Eichhorn, RG II 651, Anm. k. Homeyer a. O. S. 97. Laband,
Vermögensrechtliche Klagen S. 129.
56 So nach Södermannalagen und Uplandslagen. v. Amira a. O. I 560.
57 Etablissements de S. Louis I, ch. 95. Coutumes d'Anjou et dou Maigne
c. 100, ed. Beautemps-Beaupre I 123. Livres des droiz et des commandemens
(für Poitou) c. 109, Leobschützer Stadtrecht c. 49 bei Laband a. O. S. 130. Ofe-
ner Stadtrecht c. 340.
58 Vgl. Brünner Schöffensatzung 228 bei Rössler, Deutsche Rechtsdenkmäler
II 402, mit Brünner Schöffenbuch c. 98 a. O. S. 52. Laband S. 129.
59 Das Wort intertiare kann daher nicht bedeuten, dass die Sache bis an den
dritten Gewährsmann geleitet werde. Unter der dritten Hand ist vielmehr der
erste Vormann des Besitzers zu verstehen. Wenn das schwedische letha til thrithia
mans die von v. Amira angegebene Bedeutung hat, so darf es mit dem intertiare
nicht verglichen werden. Siehe oben S. 499, Anm. 25.

§ 118. Spurfolge und Anefang.
Gewähre nicht weiter schieben durfte, sondern, wenn er sich nicht
als originären Erwerber auswies, die Sache herausgeben muſste, aber
sich vom Verdachte des Diebstahls freischwören konnte 51. Bei den
Angelsachsen ist die Beschränkung auf drei Gewähren vermutlich unter
nordischem Einfluſs eingedrungen 52. Wir finden sie ferner im Rechte
der westfränkischen Normannen 53, vereinzelt auch in französischen Cou-
tumes 54 und in jüngeren sächsischen Stadtrechten 55. Daneben giebt es
Rechte, die den Gewährszug bei dem fünften oder sechsten 56 oder sieben-
ten 57 Manne abschneiden. Die Begrenzung des Zuges will den Kläger
gegen Chikane und gegen übermäſsige Belästigung schützen, wie sie ihm
daraus erwuchs, daſs jeder Gewähre Frist zur Ladung des Vormannes
erhielt, oder daraus, daſs er jedem Gewährsmanne zu seinem Vor-
manne folgen muſste. Übrigens war es sicherlich zulässig, daſs der
Gewährsmann auf auſsergerichtlichem Wege den etwaigen originären
Erwerber suchte und diesen mit Überspringung unmittelbarer Vor-
männer als Auctor stellte, so daſs die erlaubte Zahl der Schübe nur
im Verhältnis zum Kläger nicht überschritten wurde 58.

Die fränkischen Volksrechte gestatten unbeschränkten Gewährs-
zug 59 Doch müssen nach salischem Rechte zum ersten Termin, den
der Besitzer erhält, sämtliche Gewährsmänner erscheinen, nachdem

51 Formel zu Otto I, c. 7: tunc tercius warens iuret, quod nec latro fuit,
nec collega latronis, sed cum suo proprio pretio comparavit et reddat rem. Die
Annahme, daſs die Beschränkung des Zuges schon altlangobardisches Recht sei,
findet eine Stütze in Roth. 224. Siehe oben I 100, Anm. 20; I 374, Anm. 25.
52 Knut II 24, § 2. Wilh. I 45. Leges Henrici primi c. 64, § 6.
53 Tres ancien Coutumier de Normandie ed. Tardif, c. 82, § 15. 16. Somma
de legibus .. Norm. c. 50. Vgl. Glanvilla X 15, 3. Die Beschränkung galt in der
Normandie und anderwärts auch für Liegenschaften.
54 Jobbé-Duval S. 157.
55 Eichhorn, RG II 651, Anm. k. Homeyer a. O. S. 97. Laband,
Vermögensrechtliche Klagen S. 129.
56 So nach Södermannalagen und Uplandslagen. v. Amira a. O. I 560.
57 Etablissements de S. Louis I, ch. 95. Coutumes d’Anjou et dou Maigne
c. 100, ed. Beautemps-Beaupré I 123. Livres des droiz et des commandemens
(für Poitou) c. 109, Leobschützer Stadtrecht c. 49 bei Laband a. O. S. 130. Ofe-
ner Stadtrecht c. 340.
58 Vgl. Brünner Schöffensatzung 228 bei Rössler, Deutsche Rechtsdenkmäler
II 402, mit Brünner Schöffenbuch c. 98 a. O. S. 52. Laband S. 129.
59 Das Wort intertiare kann daher nicht bedeuten, daſs die Sache bis an den
dritten Gewährsmann geleitet werde. Unter der dritten Hand ist vielmehr der
erste Vormann des Besitzers zu verstehen. Wenn das schwedische leþa til þriþia
mans die von v. Amira angegebene Bedeutung hat, so darf es mit dem intertiare
nicht verglichen werden. Siehe oben S. 499, Anm. 25.
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[503/0521] § 118. Spurfolge und Anefang. Gewähre nicht weiter schieben durfte, sondern, wenn er sich nicht als originären Erwerber auswies, die Sache herausgeben muſste, aber sich vom Verdachte des Diebstahls freischwören konnte 51. Bei den Angelsachsen ist die Beschränkung auf drei Gewähren vermutlich unter nordischem Einfluſs eingedrungen 52. Wir finden sie ferner im Rechte der westfränkischen Normannen 53, vereinzelt auch in französischen Cou- tumes 54 und in jüngeren sächsischen Stadtrechten 55. Daneben giebt es Rechte, die den Gewährszug bei dem fünften oder sechsten 56 oder sieben- ten 57 Manne abschneiden. Die Begrenzung des Zuges will den Kläger gegen Chikane und gegen übermäſsige Belästigung schützen, wie sie ihm daraus erwuchs, daſs jeder Gewähre Frist zur Ladung des Vormannes erhielt, oder daraus, daſs er jedem Gewährsmanne zu seinem Vor- manne folgen muſste. Übrigens war es sicherlich zulässig, daſs der Gewährsmann auf auſsergerichtlichem Wege den etwaigen originären Erwerber suchte und diesen mit Überspringung unmittelbarer Vor- männer als Auctor stellte, so daſs die erlaubte Zahl der Schübe nur im Verhältnis zum Kläger nicht überschritten wurde 58. Die fränkischen Volksrechte gestatten unbeschränkten Gewährs- zug 59 Doch müssen nach salischem Rechte zum ersten Termin, den der Besitzer erhält, sämtliche Gewährsmänner erscheinen, nachdem 51 Formel zu Otto I, c. 7: tunc tercius warens iuret, quod nec latro fuit, nec collega latronis, sed cum suo proprio pretio comparavit et reddat rem. Die Annahme, daſs die Beschränkung des Zuges schon altlangobardisches Recht sei, findet eine Stütze in Roth. 224. Siehe oben I 100, Anm. 20; I 374, Anm. 25. 52 Knut II 24, § 2. Wilh. I 45. Leges Henrici primi c. 64, § 6. 53 Tres ancien Coutumier de Normandie ed. Tardif, c. 82, § 15. 16. Somma de legibus .. Norm. c. 50. Vgl. Glanvilla X 15, 3. Die Beschränkung galt in der Normandie und anderwärts auch für Liegenschaften. 54 Jobbé-Duval S. 157. 55 Eichhorn, RG II 651, Anm. k. Homeyer a. O. S. 97. Laband, Vermögensrechtliche Klagen S. 129. 56 So nach Södermannalagen und Uplandslagen. v. Amira a. O. I 560. 57 Etablissements de S. Louis I, ch. 95. Coutumes d’Anjou et dou Maigne c. 100, ed. Beautemps-Beaupré I 123. Livres des droiz et des commandemens (für Poitou) c. 109, Leobschützer Stadtrecht c. 49 bei Laband a. O. S. 130. Ofe- ner Stadtrecht c. 340. 58 Vgl. Brünner Schöffensatzung 228 bei Rössler, Deutsche Rechtsdenkmäler II 402, mit Brünner Schöffenbuch c. 98 a. O. S. 52. Laband S. 129. 59 Das Wort intertiare kann daher nicht bedeuten, daſs die Sache bis an den dritten Gewährsmann geleitet werde. Unter der dritten Hand ist vielmehr der erste Vormann des Besitzers zu verstehen. Wenn das schwedische leþa til þriþia mans die von v. Amira angegebene Bedeutung hat, so darf es mit dem intertiare nicht verglichen werden. Siehe oben S. 499, Anm. 25.

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Zitationshilfe: Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892, S. 503. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunner_rechtsgeschichte02_1892/521>, abgerufen am 22.11.2024.