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Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892.

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§ 92. Gefolgschaft und Vassallität.
durch fränkischen Einfluss in Italien eingedrungen zu sein. Zu den
Austalden sind am fränkischen Königshofe diejenigen Vassallen zu
rechnen, die als des Königs Leibwächter, als dessen satellites, milites,
scholares aulae60) dienen. Für die grosse Masse der Vassallen, die
nicht am Hofe lebt, besteht als Überrest der ursprünglichen Pflicht
der Hausgenossenschaft die Verpflichtung der Hoffahrt. Jeder Vas-
sall ist nämlich verpflichtet, an den Hof zu kommen, wenn der Herr
ihn entbietet. Es ist ein Grund der Entziehung des Benefiziums,
wenn der Vassall es hartnäckig verschmäht, den Hof des Herrn zu
suchen.

Wie der Gefolgsmann, ist der Vassall dem Herrn zu kriegerischem
Dienste verpflichtet61) und zwar zum Reiterdienste, wenn der Herr ihn
dazu ausrüstet oder ihm ein Benefizium giebt, von dem er sich als
Reiter ausrüsten kann. Da eins von beiden regelmässig geschah, sind die
meisten Vassallen als Reiter zu denken, die ihren Herrn in Krieg und
Fehden begleiten. Sowohl der rechtsgeschichtliche als der politische
Schwerpunkt der Vassallität liegt in der kriegerischen Dienstpflicht
der Vassallen. Wer sie bestreitet62), bemüht sich vergebens, die Aus-
bildung und Verbreitung der ganzen Institution zu erklären. Neben
dem Privatdienst bestand der allgemeine Heerdienst63) gegenüber der
Staatsgewalt und zwar für freie Vassallen, welche Benefizien oder
sonstiges dem Massstab der Dienstfähigkeit entsprechendes Vermögen
besassen, ausserdem aber im Gegensatz zu den allgemeinen Rechts-
grundsätzen auch für unfreie Vassallen, bei welchen jene Voraus-
setzungen zutrafen. Dabei kommt in Betracht, dass die Aufgebote,
welche den Besitz eines Kriegspferdes oder die Fähigkeit, ein solches
zu halten, der persönlichen Dienstpflicht zu Grunde legen, speziell
darauf berechnet sind, die Vassallen zum Reichswehrdienste heran-
zuziehen64), und dass den Senioren oder doch gewissen Klassen von
Senioren zur Pflicht gemacht wurde, ihre Vassallen soweit als möglich
zum Dienste des schweren Reiters, des Panzerreiters, auszurüsten65).


die Haistalden, Beyer, Mrh. UB I 145, Anm. 3, als jene, qui non tenent a curia
hereditatem. Waitz, VG IV 342, Anm. 2. Baldamus, Heerwesen S. 84.
60) Siehe Waitz, VG III 546.
61) Arg. Capit. de rebus exercitalibus v. J. 811, c. 7 f., I 165. Conventus
apud Marsnam v. J. 847, Adnuntiatio Karoli c. 5, II 71: et volumus, ut cuius-
cumque nostrum homo .. cum seniore suo in hostem vel aliis suis utilitatibus pergat.
62) So Waitz, VG IV 276. Ebenso Beaudouin, La recommandation
S. 20 ff.
63) Siehe oben S. 206.
64) Siehe oben S. 210.
65) Cap. Bon. v. J. 811, c. 10, I 167 verlangt von den Bischöfen und Äbten,
dass sie mit den Brünnen, welche die Kirche besitzt, ihre Vassallen bewaffnen sollen.

§ 92. Gefolgschaft und Vassallität.
durch fränkischen Einfluſs in Italien eingedrungen zu sein. Zu den
Austalden sind am fränkischen Königshofe diejenigen Vassallen zu
rechnen, die als des Königs Leibwächter, als dessen satellites, milites,
scholares aulae60) dienen. Für die groſse Masse der Vassallen, die
nicht am Hofe lebt, besteht als Überrest der ursprünglichen Pflicht
der Hausgenossenschaft die Verpflichtung der Hoffahrt. Jeder Vas-
sall ist nämlich verpflichtet, an den Hof zu kommen, wenn der Herr
ihn entbietet. Es ist ein Grund der Entziehung des Benefiziums,
wenn der Vassall es hartnäckig verschmäht, den Hof des Herrn zu
suchen.

Wie der Gefolgsmann, ist der Vassall dem Herrn zu kriegerischem
Dienste verpflichtet61) und zwar zum Reiterdienste, wenn der Herr ihn
dazu ausrüstet oder ihm ein Benefizium giebt, von dem er sich als
Reiter ausrüsten kann. Da eins von beiden regelmäſsig geschah, sind die
meisten Vassallen als Reiter zu denken, die ihren Herrn in Krieg und
Fehden begleiten. Sowohl der rechtsgeschichtliche als der politische
Schwerpunkt der Vassallität liegt in der kriegerischen Dienstpflicht
der Vassallen. Wer sie bestreitet62), bemüht sich vergebens, die Aus-
bildung und Verbreitung der ganzen Institution zu erklären. Neben
dem Privatdienst bestand der allgemeine Heerdienst63) gegenüber der
Staatsgewalt und zwar für freie Vassallen, welche Benefizien oder
sonstiges dem Maſsstab der Dienstfähigkeit entsprechendes Vermögen
besaſsen, auſserdem aber im Gegensatz zu den allgemeinen Rechts-
grundsätzen auch für unfreie Vassallen, bei welchen jene Voraus-
setzungen zutrafen. Dabei kommt in Betracht, daſs die Aufgebote,
welche den Besitz eines Kriegspferdes oder die Fähigkeit, ein solches
zu halten, der persönlichen Dienstpflicht zu Grunde legen, speziell
darauf berechnet sind, die Vassallen zum Reichswehrdienste heran-
zuziehen64), und daſs den Senioren oder doch gewissen Klassen von
Senioren zur Pflicht gemacht wurde, ihre Vassallen soweit als möglich
zum Dienste des schweren Reiters, des Panzerreiters, auszurüsten65).


die Haistalden, Beyer, Mrh. UB I 145, Anm. 3, als jene, qui non tenent a curia
hereditatem. Waitz, VG IV 342, Anm. 2. Baldamus, Heerwesen S. 84.
60) Siehe Waitz, VG III 546.
61) Arg. Capit. de rebus exercitalibus v. J. 811, c. 7 f., I 165. Conventus
apud Marsnam v. J. 847, Adnuntiatio Karoli c. 5, II 71: et volumus, ut cuius-
cumque nostrum homo .. cum seniore suo in hostem vel aliis suis utilitatibus pergat.
62) So Waitz, VG IV 276. Ebenso Beaudouin, La recommandation
S. 20 ff.
63) Siehe oben S. 206.
64) Siehe oben S. 210.
65) Cap. Bon. v. J. 811, c. 10, I 167 verlangt von den Bischöfen und Äbten,
daſs sie mit den Brünnen, welche die Kirche besitzt, ihre Vassallen bewaffnen sollen.
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[268/0286] § 92. Gefolgschaft und Vassallität. durch fränkischen Einfluſs in Italien eingedrungen zu sein. Zu den Austalden sind am fränkischen Königshofe diejenigen Vassallen zu rechnen, die als des Königs Leibwächter, als dessen satellites, milites, scholares aulae 60) dienen. Für die groſse Masse der Vassallen, die nicht am Hofe lebt, besteht als Überrest der ursprünglichen Pflicht der Hausgenossenschaft die Verpflichtung der Hoffahrt. Jeder Vas- sall ist nämlich verpflichtet, an den Hof zu kommen, wenn der Herr ihn entbietet. Es ist ein Grund der Entziehung des Benefiziums, wenn der Vassall es hartnäckig verschmäht, den Hof des Herrn zu suchen. Wie der Gefolgsmann, ist der Vassall dem Herrn zu kriegerischem Dienste verpflichtet 61) und zwar zum Reiterdienste, wenn der Herr ihn dazu ausrüstet oder ihm ein Benefizium giebt, von dem er sich als Reiter ausrüsten kann. Da eins von beiden regelmäſsig geschah, sind die meisten Vassallen als Reiter zu denken, die ihren Herrn in Krieg und Fehden begleiten. Sowohl der rechtsgeschichtliche als der politische Schwerpunkt der Vassallität liegt in der kriegerischen Dienstpflicht der Vassallen. Wer sie bestreitet 62), bemüht sich vergebens, die Aus- bildung und Verbreitung der ganzen Institution zu erklären. Neben dem Privatdienst bestand der allgemeine Heerdienst 63) gegenüber der Staatsgewalt und zwar für freie Vassallen, welche Benefizien oder sonstiges dem Maſsstab der Dienstfähigkeit entsprechendes Vermögen besaſsen, auſserdem aber im Gegensatz zu den allgemeinen Rechts- grundsätzen auch für unfreie Vassallen, bei welchen jene Voraus- setzungen zutrafen. Dabei kommt in Betracht, daſs die Aufgebote, welche den Besitz eines Kriegspferdes oder die Fähigkeit, ein solches zu halten, der persönlichen Dienstpflicht zu Grunde legen, speziell darauf berechnet sind, die Vassallen zum Reichswehrdienste heran- zuziehen 64), und daſs den Senioren oder doch gewissen Klassen von Senioren zur Pflicht gemacht wurde, ihre Vassallen soweit als möglich zum Dienste des schweren Reiters, des Panzerreiters, auszurüsten 65). 59) 60) Siehe Waitz, VG III 546. 61) Arg. Capit. de rebus exercitalibus v. J. 811, c. 7 f., I 165. Conventus apud Marsnam v. J. 847, Adnuntiatio Karoli c. 5, II 71: et volumus, ut cuius- cumque nostrum homo .. cum seniore suo in hostem vel aliis suis utilitatibus pergat. 62) So Waitz, VG IV 276. Ebenso Beaudouin, La recommandation S. 20 ff. 63) Siehe oben S. 206. 64) Siehe oben S. 210. 65) Cap. Bon. v. J. 811, c. 10, I 167 verlangt von den Bischöfen und Äbten, daſs sie mit den Brünnen, welche die Kirche besitzt, ihre Vassallen bewaffnen sollen. 59) die Haistalden, Beyer, Mrh. UB I 145, Anm. 3, als jene, qui non tenent a curia hereditatem. Waitz, VG IV 342, Anm. 2. Baldamus, Heerwesen S. 84.

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Zitationshilfe: Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunner_rechtsgeschichte02_1892/286>, abgerufen am 25.11.2024.