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Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892.

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§ 92. Gefolgschaft und Vassallität.
zu spät zur angesagten Heerfahrt erscheinen55); so die Sitte, dass der
Vassall bei dem Eintritt in die Vassallität Rosse und Waffen vom
Herrn empfängt56).

Die Pflichten des Vassallen entsprechen im wesentlichen den
Pflichten des Gefolgsmannes. Wie der Gefolgsmann, ist der Vassall
dem Herrn Treue schuldig; wie jener, verspricht er sie durch beson-
deren Treueid. Während die Gefolgsleute, soweit sie nicht etwa be-
urlaubt oder abgeschichtet waren, im Hause und in der Umgebung
des Herrn weilen mussten, besteht diese Pflicht uneingeschränkt nur
für jene Gruppe von Vassallen, die am Hofe des Herrn dient. Für
diese begegnet in italienischen Kapitularien57) des neunten Jahrhun-
derts der Name Austalden58), sprachlich identisch mit dem Hagustalt
im altsächsischen Heliand, der darunter den Gefolgsgenossen ver-
steht59). Den Langobarden ursprünglich fremd, scheint das Wort

beneficiavit (bald nach 739). Über Vergabungen an Gasinden (Vassen) siehe form.
Flavin. 44 und oben S. 250, Anm. 31. Vgl. noch Marculf II 17: in pauperes dis-
pensare aut ad vassos vestros vel bene meritis nostris.
55) Cap. Bonon. v. J. 811, c. 3, I 166. Schröder, RG S. 157, Anm. 21.
56) Bei der Commendation Thassilos III., Hibernicus exul ad Karolum regem
v. 95, Dümmler, Poetae latini II 399, des Dänen Harald, Ermoldus Nigellus IV 607,
Dümmler a. O. II 75: Mox quoque Caesar ovans Francisco more veterno
Dat sibi equum nec non ut solet arma simul, bei der Unterwerfung Remistans,
Fredeg. cont. c. 45 (128). Ein Argument für den Empfang von Ross und Waffen
ist das nach dem Tode des Mannes an den Herrn fallende Heergeräte bei den
Angelsachsen. Siehe oben I 139 und Domesdaybook I 56, Stubbs, Select Charters
S. 91: tainus vel miles regis dominicus moriens pro relevamento dimittebat regi
omnia arma sua et equum unum cum sella, alium sine sella. Ein derartiges Rele-
vium kennt aber auch das langobardische Lehnrecht. Lehnsgesetz Konrads II.
im Liber Papiensis, Conr. LL IV 583, Pertz, LL II 39: servato usu maiorum val-
vasorum in dandis equis et armis suis senioribus.
57) Cap. de exped. Corsicana v. J. 825, c. 1, I 325. Cap. Pipp. ital. 801--810,
c. 10, I 210.
58) Genannt werden Austalden des Königs, der Bischöfe und Äbte. Der
Austalde kann frei oder unfrei sein. Er kann Vassallen haben. Die Austalden
werden denjenigen Vassallen entgegengesetzt, die nicht am Hofe leben und Bene-
fizien haben. Daraus folgt nur, dass der Vassall, der nicht Austalde ist, ein Bene-
fizium hat. Andererseits kommt es ausnahmsweise vor, dass Austalden Benefizien
erhalten, von welchen sie die Einkünfte ziehen oder die sie an ihre eigenen Vas-
sallen verleihen. Vgl. Cap. Bonon. v. J. 811, c. 7, I 167.
59) Vgl. oben I 142, Anm. 40, wo noch auf das altfranzösische hestaudeau,
junger Kapaun (zum Cölibat genötigtes Tier), hätte verwiesen werden können.
Diez, Etym. WB II c. s. v. hetaudeau. Nach Grimm, WB IV 2, S. 155, ist die
Form hagustalt älter als hagastalt. Bei den Franken bezeichnet haistald einen
freien grundbesitzlosen Hofdiener. Caesarius zum Registrum Prumiense definiert

§ 92. Gefolgschaft und Vassallität.
zu spät zur angesagten Heerfahrt erscheinen55); so die Sitte, daſs der
Vassall bei dem Eintritt in die Vassallität Rosse und Waffen vom
Herrn empfängt56).

Die Pflichten des Vassallen entsprechen im wesentlichen den
Pflichten des Gefolgsmannes. Wie der Gefolgsmann, ist der Vassall
dem Herrn Treue schuldig; wie jener, verspricht er sie durch beson-
deren Treueid. Während die Gefolgsleute, soweit sie nicht etwa be-
urlaubt oder abgeschichtet waren, im Hause und in der Umgebung
des Herrn weilen muſsten, besteht diese Pflicht uneingeschränkt nur
für jene Gruppe von Vassallen, die am Hofe des Herrn dient. Für
diese begegnet in italienischen Kapitularien57) des neunten Jahrhun-
derts der Name Austalden58), sprachlich identisch mit dem Hagustalt
im altsächsischen Heliand, der darunter den Gefolgsgenossen ver-
steht59). Den Langobarden ursprünglich fremd, scheint das Wort

beneficiavit (bald nach 739). Über Vergabungen an Gasinden (Vassen) siehe form.
Flavin. 44 und oben S. 250, Anm. 31. Vgl. noch Marculf II 17: in pauperes dis-
pensare aut ad vassos vestros vel bene meritis nostris.
55) Cap. Bonon. v. J. 811, c. 3, I 166. Schröder, RG S. 157, Anm. 21.
56) Bei der Commendation Thassilos III., Hibernicus exul ad Karolum regem
v. 95, Dümmler, Poetae latini II 399, des Dänen Harald, Ermoldus Nigellus IV 607,
Dümmler a. O. II 75: Mox quoque Caesar ovans Francisco more veterno
Dat sibi equum nec non ut solet arma simul, bei der Unterwerfung Remistans,
Fredeg. cont. c. 45 (128). Ein Argument für den Empfang von Roſs und Waffen
ist das nach dem Tode des Mannes an den Herrn fallende Heergeräte bei den
Angelsachsen. Siehe oben I 139 und Domesdaybook I 56, Stubbs, Select Charters
S. 91: tainus vel miles regis dominicus moriens pro relevamento dimittebat regi
omnia arma sua et equum unum cum sella, alium sine sella. Ein derartiges Rele-
vium kennt aber auch das langobardische Lehnrecht. Lehnsgesetz Konrads II.
im Liber Papiensis, Conr. LL IV 583, Pertz, LL II 39: servato usu maiorum val-
vasorum in dandis equis et armis suis senioribus.
57) Cap. de exped. Corsicana v. J. 825, c. 1, I 325. Cap. Pipp. ital. 801—810,
c. 10, I 210.
58) Genannt werden Austalden des Königs, der Bischöfe und Äbte. Der
Austalde kann frei oder unfrei sein. Er kann Vassallen haben. Die Austalden
werden denjenigen Vassallen entgegengesetzt, die nicht am Hofe leben und Bene-
fizien haben. Daraus folgt nur, daſs der Vassall, der nicht Austalde ist, ein Bene-
fizium hat. Andererseits kommt es ausnahmsweise vor, daſs Austalden Benefizien
erhalten, von welchen sie die Einkünfte ziehen oder die sie an ihre eigenen Vas-
sallen verleihen. Vgl. Cap. Bonon. v. J. 811, c. 7, I 167.
59) Vgl. oben I 142, Anm. 40, wo noch auf das altfranzösische hestaudeau,
junger Kapaun (zum Cölibat genötigtes Tier), hätte verwiesen werden können.
Diez, Etym. WB II c. s. v. hétaudeau. Nach Grimm, WB IV 2, S. 155, ist die
Form hagustalt älter als hagastalt. Bei den Franken bezeichnet haistald einen
freien grundbesitzlosen Hofdiener. Caesarius zum Registrum Prumiense definiert
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[267/0285] § 92. Gefolgschaft und Vassallität. zu spät zur angesagten Heerfahrt erscheinen 55); so die Sitte, daſs der Vassall bei dem Eintritt in die Vassallität Rosse und Waffen vom Herrn empfängt 56). Die Pflichten des Vassallen entsprechen im wesentlichen den Pflichten des Gefolgsmannes. Wie der Gefolgsmann, ist der Vassall dem Herrn Treue schuldig; wie jener, verspricht er sie durch beson- deren Treueid. Während die Gefolgsleute, soweit sie nicht etwa be- urlaubt oder abgeschichtet waren, im Hause und in der Umgebung des Herrn weilen muſsten, besteht diese Pflicht uneingeschränkt nur für jene Gruppe von Vassallen, die am Hofe des Herrn dient. Für diese begegnet in italienischen Kapitularien 57) des neunten Jahrhun- derts der Name Austalden 58), sprachlich identisch mit dem Hagustalt im altsächsischen Heliand, der darunter den Gefolgsgenossen ver- steht 59). Den Langobarden ursprünglich fremd, scheint das Wort 54) 55) Cap. Bonon. v. J. 811, c. 3, I 166. Schröder, RG S. 157, Anm. 21. 56) Bei der Commendation Thassilos III., Hibernicus exul ad Karolum regem v. 95, Dümmler, Poetae latini II 399, des Dänen Harald, Ermoldus Nigellus IV 607, Dümmler a. O. II 75: Mox quoque Caesar ovans Francisco more veterno Dat sibi equum nec non ut solet arma simul, bei der Unterwerfung Remistans, Fredeg. cont. c. 45 (128). Ein Argument für den Empfang von Roſs und Waffen ist das nach dem Tode des Mannes an den Herrn fallende Heergeräte bei den Angelsachsen. Siehe oben I 139 und Domesdaybook I 56, Stubbs, Select Charters S. 91: tainus vel miles regis dominicus moriens pro relevamento dimittebat regi omnia arma sua et equum unum cum sella, alium sine sella. Ein derartiges Rele- vium kennt aber auch das langobardische Lehnrecht. Lehnsgesetz Konrads II. im Liber Papiensis, Conr. LL IV 583, Pertz, LL II 39: servato usu maiorum val- vasorum in dandis equis et armis suis senioribus. 57) Cap. de exped. Corsicana v. J. 825, c. 1, I 325. Cap. Pipp. ital. 801—810, c. 10, I 210. 58) Genannt werden Austalden des Königs, der Bischöfe und Äbte. Der Austalde kann frei oder unfrei sein. Er kann Vassallen haben. Die Austalden werden denjenigen Vassallen entgegengesetzt, die nicht am Hofe leben und Bene- fizien haben. Daraus folgt nur, daſs der Vassall, der nicht Austalde ist, ein Bene- fizium hat. Andererseits kommt es ausnahmsweise vor, daſs Austalden Benefizien erhalten, von welchen sie die Einkünfte ziehen oder die sie an ihre eigenen Vas- sallen verleihen. Vgl. Cap. Bonon. v. J. 811, c. 7, I 167. 59) Vgl. oben I 142, Anm. 40, wo noch auf das altfranzösische hestaudeau, junger Kapaun (zum Cölibat genötigtes Tier), hätte verwiesen werden können. Diez, Etym. WB II c. s. v. hétaudeau. Nach Grimm, WB IV 2, S. 155, ist die Form hagustalt älter als hagastalt. Bei den Franken bezeichnet haistald einen freien grundbesitzlosen Hofdiener. Caesarius zum Registrum Prumiense definiert 54) beneficiavit (bald nach 739). Über Vergabungen an Gasinden (Vassen) siehe form. Flavin. 44 und oben S. 250, Anm. 31. Vgl. noch Marculf II 17: in pauperes dis- pensare aut ad vassos vestros vel bene meritis nostris.

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Zitationshilfe: Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunner_rechtsgeschichte02_1892/285>, abgerufen am 23.11.2024.