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Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892.

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§ 91. Das Benefizialwesen.
Versammlung nur versprochen, dass den Klöstern das Notdürftige
zurückerstattet, von dem übrigen Kirchengute ein Leihezins an die
Kirche bezahlt werden solle 20.

Die praktische Ausführung jener Versprechungen stiess auf
Schwierigkeiten, da das Bedürfnis der Heeresverwaltung neue Ein-
ziehungen von Kirchengut nötig machte, geschweige denn das ein-
gezogene entbehren konnte. War bei den früheren Massregeln das
Gut mancher Kirchen völlig in Laienhand geraten, während andere
verschont blieben, so lief die in Aussicht gestellte Restitution that-
sächlich darauf hinaus, dass das Opfer, welches die Kirche zu bringen
gezwungen war, in billiger und gerechter Weise planmässig auf die
einzelnen Kirchen verteilt wurde. Einige Zeit nachdem Karlmann
abdiciert hatte, in den Jahren 750 und 751, liess Pippin ein Verzeich-
nis des kirchlichen Grundbesitzes aufnehmen und führte eine Teilung
(divisio 21) desselben in der Weise durch, dass einzelnen Kirchen ein
Teil ihres Gutes restituiert, anderen, was sie entbehren konnten, ge-
nommen wurde 22. Die ganze Massregel, die sich als eine unter Karl
Martell beginnende, unter seinen Söhnen fortdauernde, von Pippin
systematisch geregelte Einziehung des Kirchenguts für militärische
Zwecke darstellt, traf hauptsächlich die neustrischen Kirchen, in ge-
ringerem Grade die Kirchen Austrasiens, wo es zu jener Zeit noch
verhältnismässig weniges Kirchengut gab, das der Einziehung hätte
verfallen können. Zudem war es ja gerade die südwestliche Grenze
des Reiches, die es galt durch Vermehrung der Reiterei zu schützen
und wiederzugewinnen, sodass das Bedürfnis umfassender Landver-
leihungen sich hauptsächlich in Neustrien geltend machen musste.

Da nach katholischem Kirchenrecht das Eigentum am Kirchen-
gute unveräusserlich war, konnte aus Anlass der Vergabungen, zu welchen
die Kirchengüter dienen mussten, nur ein Leiherecht des Empfängers,
ein ius in re aliena, anerkannt werden, sodass der Kirche das Eigen-
tum gewahrt blieb. Damit war es natürlich unvereinbar, dem Be-
schenkten eine beschränkte proprietas zuzuschreiben wie bei den

20 Cap. Suessionense c. 3, I 29: et de rebus ecclesiasticis subtraditis monachi
vel ancillas Dei consolentur, usque ad illorum necessitati satisfaciant; et quod
superaverit, census levetur. Den neustrischen Bistümern wurde von ihren Gütern
damals nichts zurückgegeben. Ribbeck a. O. S. 60 f.
21 Vgl. die Stellen Waitz, VG III 38, Anm. 1.
22 Annales Alam. z. J. 751, MG SS I 27: Res ecclesiarum descriptas atque
divisas. Annales Bertiniani z. J. 750: Pippinus monente sancto Bonifacio quibus-
dam episcopatibus vel medietates vel tertias rerum (reddidit) promittens in post-
modum omnia restituere.

§ 91. Das Benefizialwesen.
Versammlung nur versprochen, daſs den Klöstern das Notdürftige
zurückerstattet, von dem übrigen Kirchengute ein Leihezins an die
Kirche bezahlt werden solle 20.

Die praktische Ausführung jener Versprechungen stieſs auf
Schwierigkeiten, da das Bedürfnis der Heeresverwaltung neue Ein-
ziehungen von Kirchengut nötig machte, geschweige denn das ein-
gezogene entbehren konnte. War bei den früheren Maſsregeln das
Gut mancher Kirchen völlig in Laienhand geraten, während andere
verschont blieben, so lief die in Aussicht gestellte Restitution that-
sächlich darauf hinaus, daſs das Opfer, welches die Kirche zu bringen
gezwungen war, in billiger und gerechter Weise planmäſsig auf die
einzelnen Kirchen verteilt wurde. Einige Zeit nachdem Karlmann
abdiciert hatte, in den Jahren 750 und 751, lieſs Pippin ein Verzeich-
nis des kirchlichen Grundbesitzes aufnehmen und führte eine Teilung
(divisio 21) desselben in der Weise durch, daſs einzelnen Kirchen ein
Teil ihres Gutes restituiert, anderen, was sie entbehren konnten, ge-
nommen wurde 22. Die ganze Maſsregel, die sich als eine unter Karl
Martell beginnende, unter seinen Söhnen fortdauernde, von Pippin
systematisch geregelte Einziehung des Kirchenguts für militärische
Zwecke darstellt, traf hauptsächlich die neustrischen Kirchen, in ge-
ringerem Grade die Kirchen Austrasiens, wo es zu jener Zeit noch
verhältnismäſsig weniges Kirchengut gab, das der Einziehung hätte
verfallen können. Zudem war es ja gerade die südwestliche Grenze
des Reiches, die es galt durch Vermehrung der Reiterei zu schützen
und wiederzugewinnen, sodaſs das Bedürfnis umfassender Landver-
leihungen sich hauptsächlich in Neustrien geltend machen muſste.

Da nach katholischem Kirchenrecht das Eigentum am Kirchen-
gute unveräuſserlich war, konnte aus Anlaſs der Vergabungen, zu welchen
die Kirchengüter dienen muſsten, nur ein Leiherecht des Empfängers,
ein ius in re aliena, anerkannt werden, sodaſs der Kirche das Eigen-
tum gewahrt blieb. Damit war es natürlich unvereinbar, dem Be-
schenkten eine beschränkte proprietas zuzuschreiben wie bei den

20 Cap. Suessionense c. 3, I 29: et de rebus ecclesiasticis subtraditis monachi
vel ancillas Dei consolentur, usque ad illorum necessitati satisfaciant; et quod
superaverit, census levetur. Den neustrischen Bistümern wurde von ihren Gütern
damals nichts zurückgegeben. Ribbeck a. O. S. 60 f.
21 Vgl. die Stellen Waitz, VG III 38, Anm. 1.
22 Annales Alam. z. J. 751, MG SS I 27: Res ecclesiarum descriptas atque
divisas. Annales Bertiniani z. J. 750: Pippinus monente sancto Bonifacio quibus-
dam episcopatibus vel medietates vel tertias rerum (reddidit) promittens in post-
modum omnia restituere.
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[248/0266] § 91. Das Benefizialwesen. Versammlung nur versprochen, daſs den Klöstern das Notdürftige zurückerstattet, von dem übrigen Kirchengute ein Leihezins an die Kirche bezahlt werden solle 20. Die praktische Ausführung jener Versprechungen stieſs auf Schwierigkeiten, da das Bedürfnis der Heeresverwaltung neue Ein- ziehungen von Kirchengut nötig machte, geschweige denn das ein- gezogene entbehren konnte. War bei den früheren Maſsregeln das Gut mancher Kirchen völlig in Laienhand geraten, während andere verschont blieben, so lief die in Aussicht gestellte Restitution that- sächlich darauf hinaus, daſs das Opfer, welches die Kirche zu bringen gezwungen war, in billiger und gerechter Weise planmäſsig auf die einzelnen Kirchen verteilt wurde. Einige Zeit nachdem Karlmann abdiciert hatte, in den Jahren 750 und 751, lieſs Pippin ein Verzeich- nis des kirchlichen Grundbesitzes aufnehmen und führte eine Teilung (divisio 21) desselben in der Weise durch, daſs einzelnen Kirchen ein Teil ihres Gutes restituiert, anderen, was sie entbehren konnten, ge- nommen wurde 22. Die ganze Maſsregel, die sich als eine unter Karl Martell beginnende, unter seinen Söhnen fortdauernde, von Pippin systematisch geregelte Einziehung des Kirchenguts für militärische Zwecke darstellt, traf hauptsächlich die neustrischen Kirchen, in ge- ringerem Grade die Kirchen Austrasiens, wo es zu jener Zeit noch verhältnismäſsig weniges Kirchengut gab, das der Einziehung hätte verfallen können. Zudem war es ja gerade die südwestliche Grenze des Reiches, die es galt durch Vermehrung der Reiterei zu schützen und wiederzugewinnen, sodaſs das Bedürfnis umfassender Landver- leihungen sich hauptsächlich in Neustrien geltend machen muſste. Da nach katholischem Kirchenrecht das Eigentum am Kirchen- gute unveräuſserlich war, konnte aus Anlaſs der Vergabungen, zu welchen die Kirchengüter dienen muſsten, nur ein Leiherecht des Empfängers, ein ius in re aliena, anerkannt werden, sodaſs der Kirche das Eigen- tum gewahrt blieb. Damit war es natürlich unvereinbar, dem Be- schenkten eine beschränkte proprietas zuzuschreiben wie bei den 20 Cap. Suessionense c. 3, I 29: et de rebus ecclesiasticis subtraditis monachi vel ancillas Dei consolentur, usque ad illorum necessitati satisfaciant; et quod superaverit, census levetur. Den neustrischen Bistümern wurde von ihren Gütern damals nichts zurückgegeben. Ribbeck a. O. S. 60 f. 21 Vgl. die Stellen Waitz, VG III 38, Anm. 1. 22 Annales Alam. z. J. 751, MG SS I 27: Res ecclesiarum descriptas atque divisas. Annales Bertiniani z. J. 750: Pippinus monente sancto Bonifacio quibus- dam episcopatibus vel medietates vel tertias rerum (reddidit) promittens in post- modum omnia restituere.

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Zitationshilfe: Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunner_rechtsgeschichte02_1892/266>, abgerufen am 22.11.2024.