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Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892.

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§ 87. Wehrpflicht und Heerwesen.
dann durch weitere Vergabungen kleine Vassallen in den Stand setzten,
sich reitermässig auszurüsten.

Den Wendepunkt in der Geschichte des fränkischen Heerwesens
bezeichnet die Thatsache, dass Pippin 755 mit Rücksicht auf die Rei-
terei das Märzfeld in ein Maifeld verwandelte21. Die Heere Karls
des Grossen waren zum guten Teile Reiterheere. Die Schlachten, in
welchen die Söhne und Nachfolger Ludwigs I. ihre Kräfte massen,
waren im wesentlichen Reiterschlachten. Gegen Ausgang des neunten
Jahrhunderts sind die Franken des Fusskampfes so sehr entwöhnt,
dass es die Zeitgenossen etwas Ausserordentliches dünkt, als Arnulf
891 ein normannisches Lager von seinen Franken, nachdem sie ab-
gesessen, zu Fuss erstürmen liess, weil die feindliche Stellung einen
Reiterangriff unmöglich machte. Hat Karl der Grosse sicherlich noch
Fusstruppen in grösserer Zahl verwendet, so scheint Ludwig I. für
einzelne Feldzüge, Karl II. in der Regel nur berittene Mannschaften
aufgeboten zu haben. Länger hielten die ostrheinischen Stämme den
Fussdienst fest. Bei ihnen ist das Reiterwesen erst in der nachfrän-
kischen Zeit völlig durchgedrungen.

Mit der Veränderung der militärischen Technik wurde die Aus-
rüstung des Wehrmanns eine andere. Sie wurde eine kostspieligere.
In karolingischer Zeit hören wir nichts mehr von den altnationalen
Waffen der Franken, wie denn auch die keilförmige Schlachtordnung
der germanischen Infanterieheere verschwindet22. Die altfränkische
Streitaxt, die unter der geringschätzigen Bezeichnung fustis, baculus
noch im gerichtlichen Zweikampfe eine Rolle spielte23, durfte, wie es
scheint, zur Ausrüstung nicht mehr verwendet werden. Denn sie ist
wohl inbegriffen, wenn Karl der Grosse verbietet, mit einem baculus

Abt ist, dass dessen Vassall, Patericus, Güter des Klosters rechtswidrig inne
habe, und drohen, mit einer Reklamation an König Odo zu gehen. Rotbert fragt
den Vogt auf seinen Eid, um wie viel Schilde Patericus für die streitigen Güter
seinen Dienst erhöht habe. Der Vogt antwortet: nur um drei. Darauf erklärt der
Graf und Abt, um drei Schilde wolle er sein Seelenheil nicht gefährden, und re-
vestiert sofort den Vogt der Kirche mittelst eines Messers. Patericus, der Vassall
des Grafen Rotbert, hatte die Güter der Kirche von ihm als Benefizium erhalten
und zu den Benefizien geschlagen, die er sonst von seinem Senior besass. Für die
Vergrösserung des Benefiziums rüstet er drei Reiter mehr aus als vorher. Vermut-
lich hatte er die Kirchengüter an drei Aftervassallen des Grafen vergabt.
21 Siehe oben S. 128.
22 Zum Jahre 892 erwähnt sie noch Richer, Hist. I, c. 8, in einem Falle, da
die Landwehr gegen die Normannen aufgeboten war. Im Jahre 1066 verwendeten
sie die Angelsachsen in der Schlacht bei Hastings.
23 Siehe unten § 108.

§ 87. Wehrpflicht und Heerwesen.
dann durch weitere Vergabungen kleine Vassallen in den Stand setzten,
sich reitermäſsig auszurüsten.

Den Wendepunkt in der Geschichte des fränkischen Heerwesens
bezeichnet die Thatsache, daſs Pippin 755 mit Rücksicht auf die Rei-
terei das Märzfeld in ein Maifeld verwandelte21. Die Heere Karls
des Groſsen waren zum guten Teile Reiterheere. Die Schlachten, in
welchen die Söhne und Nachfolger Ludwigs I. ihre Kräfte maſsen,
waren im wesentlichen Reiterschlachten. Gegen Ausgang des neunten
Jahrhunderts sind die Franken des Fuſskampfes so sehr entwöhnt,
daſs es die Zeitgenossen etwas Auſserordentliches dünkt, als Arnulf
891 ein normannisches Lager von seinen Franken, nachdem sie ab-
gesessen, zu Fuſs erstürmen lieſs, weil die feindliche Stellung einen
Reiterangriff unmöglich machte. Hat Karl der Groſse sicherlich noch
Fuſstruppen in gröſserer Zahl verwendet, so scheint Ludwig I. für
einzelne Feldzüge, Karl II. in der Regel nur berittene Mannschaften
aufgeboten zu haben. Länger hielten die ostrheinischen Stämme den
Fuſsdienst fest. Bei ihnen ist das Reiterwesen erst in der nachfrän-
kischen Zeit völlig durchgedrungen.

Mit der Veränderung der militärischen Technik wurde die Aus-
rüstung des Wehrmanns eine andere. Sie wurde eine kostspieligere.
In karolingischer Zeit hören wir nichts mehr von den altnationalen
Waffen der Franken, wie denn auch die keilförmige Schlachtordnung
der germanischen Infanterieheere verschwindet22. Die altfränkische
Streitaxt, die unter der geringschätzigen Bezeichnung fustis, baculus
noch im gerichtlichen Zweikampfe eine Rolle spielte23, durfte, wie es
scheint, zur Ausrüstung nicht mehr verwendet werden. Denn sie ist
wohl inbegriffen, wenn Karl der Groſse verbietet, mit einem baculus

Abt ist, daſs dessen Vassall, Patericus, Güter des Klosters rechtswidrig inne
habe, und drohen, mit einer Reklamation an König Odo zu gehen. Rotbert fragt
den Vogt auf seinen Eid, um wie viel Schilde Patericus für die streitigen Güter
seinen Dienst erhöht habe. Der Vogt antwortet: nur um drei. Darauf erklärt der
Graf und Abt, um drei Schilde wolle er sein Seelenheil nicht gefährden, und re-
vestiert sofort den Vogt der Kirche mittelst eines Messers. Patericus, der Vassall
des Grafen Rotbert, hatte die Güter der Kirche von ihm als Benefizium erhalten
und zu den Benefizien geschlagen, die er sonst von seinem Senior besaſs. Für die
Vergröſserung des Benefiziums rüstet er drei Reiter mehr aus als vorher. Vermut-
lich hatte er die Kirchengüter an drei Aftervassallen des Grafen vergabt.
21 Siehe oben S. 128.
22 Zum Jahre 892 erwähnt sie noch Richer, Hist. I, c. 8, in einem Falle, da
die Landwehr gegen die Normannen aufgeboten war. Im Jahre 1066 verwendeten
sie die Angelsachsen in der Schlacht bei Hastings.
23 Siehe unten § 108.
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[208/0226] § 87. Wehrpflicht und Heerwesen. dann durch weitere Vergabungen kleine Vassallen in den Stand setzten, sich reitermäſsig auszurüsten. Den Wendepunkt in der Geschichte des fränkischen Heerwesens bezeichnet die Thatsache, daſs Pippin 755 mit Rücksicht auf die Rei- terei das Märzfeld in ein Maifeld verwandelte 21. Die Heere Karls des Groſsen waren zum guten Teile Reiterheere. Die Schlachten, in welchen die Söhne und Nachfolger Ludwigs I. ihre Kräfte maſsen, waren im wesentlichen Reiterschlachten. Gegen Ausgang des neunten Jahrhunderts sind die Franken des Fuſskampfes so sehr entwöhnt, daſs es die Zeitgenossen etwas Auſserordentliches dünkt, als Arnulf 891 ein normannisches Lager von seinen Franken, nachdem sie ab- gesessen, zu Fuſs erstürmen lieſs, weil die feindliche Stellung einen Reiterangriff unmöglich machte. Hat Karl der Groſse sicherlich noch Fuſstruppen in gröſserer Zahl verwendet, so scheint Ludwig I. für einzelne Feldzüge, Karl II. in der Regel nur berittene Mannschaften aufgeboten zu haben. Länger hielten die ostrheinischen Stämme den Fuſsdienst fest. Bei ihnen ist das Reiterwesen erst in der nachfrän- kischen Zeit völlig durchgedrungen. Mit der Veränderung der militärischen Technik wurde die Aus- rüstung des Wehrmanns eine andere. Sie wurde eine kostspieligere. In karolingischer Zeit hören wir nichts mehr von den altnationalen Waffen der Franken, wie denn auch die keilförmige Schlachtordnung der germanischen Infanterieheere verschwindet 22. Die altfränkische Streitaxt, die unter der geringschätzigen Bezeichnung fustis, baculus noch im gerichtlichen Zweikampfe eine Rolle spielte 23, durfte, wie es scheint, zur Ausrüstung nicht mehr verwendet werden. Denn sie ist wohl inbegriffen, wenn Karl der Groſse verbietet, mit einem baculus 20 21 Siehe oben S. 128. 22 Zum Jahre 892 erwähnt sie noch Richer, Hist. I, c. 8, in einem Falle, da die Landwehr gegen die Normannen aufgeboten war. Im Jahre 1066 verwendeten sie die Angelsachsen in der Schlacht bei Hastings. 23 Siehe unten § 108. 20 Abt ist, daſs dessen Vassall, Patericus, Güter des Klosters rechtswidrig inne habe, und drohen, mit einer Reklamation an König Odo zu gehen. Rotbert fragt den Vogt auf seinen Eid, um wie viel Schilde Patericus für die streitigen Güter seinen Dienst erhöht habe. Der Vogt antwortet: nur um drei. Darauf erklärt der Graf und Abt, um drei Schilde wolle er sein Seelenheil nicht gefährden, und re- vestiert sofort den Vogt der Kirche mittelst eines Messers. Patericus, der Vassall des Grafen Rotbert, hatte die Güter der Kirche von ihm als Benefizium erhalten und zu den Benefizien geschlagen, die er sonst von seinem Senior besaſs. Für die Vergröſserung des Benefiziums rüstet er drei Reiter mehr aus als vorher. Vermut- lich hatte er die Kirchengüter an drei Aftervassallen des Grafen vergabt.

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Zitationshilfe: Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunner_rechtsgeschichte02_1892/226>, abgerufen am 22.11.2024.