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Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 1. Leipzig, 1887.

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§ 34. Das Personalitätsprinzip.
tular von 801 bestimmt 43, aus diesem Gesichtspunkte heraus, dass
in Italien zwar dem Herrn, der nach langobardischem oder nach
römischem Rechte lebt, dreissigjähriger Besitz der Freiheit entgegen-
gehalten werden könne 44, dass aber dem Franken und Alamannen
gegenüber die Einrede der praescriptio von Seite des Knechtes
schlechtweg ausgeschlossen sei 45.


Das persönliche Recht wird im allgemeinen durch die Abstam-
mung bestimmt, es ist die lex originis, bei ehelichen Kindern die lex
paterna, bei unehelichen das Stammesrecht der Mutter 46. Die Ehe-
frau lebte nicht nach dem Rechte ihrer Geburt, sondern nach dem
Rechte des Ehemanns. Sie behielt dieses Recht auch nach Auf-
lösung der Ehe, stand sie doch unter der Vormundschaft der Ver-
wandten ihres verstorbenen Mannes 47. In Italien ging man aber im
neunten Jahrhundert von jenem Grundsatze ab. Ein Kapitular
Lothars I. setzte fest, dass die Frau nach dem Tode des Mannes
wieder in ihr Geburtsrecht zurücktrete 48.

Das persönliche Recht der Freigelassenen bestimmte sich bei den
Franken durch die Art der Freilassung. Der durch Schatzwurf (per
denarium) freigelassene Knecht wurde Salier oder Ribuarier. Die
Freilassung durch römische carta libertatis und die Freilassung durch
Vermittlung der Kirche gaben römisches Recht. Daneben existierte
eine Freilassung zum fränkischen Liten 49. Das ältere langobardische

43 Cap. Nr 98 c. 8, I 206. Die Zugehörigkeit dieses Kapitels zu dem Kapitular
von 801 ist unsicher.
44 Mit Rücksicht auf Ed. Lang. Grim. 1. 2. In Vaissete, Hist. de Languedoc
II 373, Nr 185 von 874 klagt der Fiskus einen Freien als Fiskalsklaven ein. Dieser
antwortet: non debeo esse servus fiscalis .. quia ego et parentes mei sicut lex
Gotorum continet per 30 vel 50 annis in domos in qua nati sumus inter presentes
instetimus absque blandimento vel iugo servitutis.
45 Das Bistum Chur erhielt von Konrad I. 912 das Privileg (Mohr, Cod. dipl.
I 57): ut nullus servorum vel ancillarum ad eandem Curiensem aecclesiam pertinen-
tium se per tricennia tempora liberare deinceps audeat, sicuti hactenus .. mala
consuetudine et dissimili aliarum aecclesiarum fecerant.
46 Für die im Ehebruch erzeugten Kinder kam die langobardische Jurisprudenz
zu der Ansicht, dass sie ihr Recht beliebig wählen dürften. Quaestiones et monita
§ 30, LL IV 593: iustum est ut homo de adulterio natus vivat quali lege voluerit.
47 Liu. 127.
48 Cap. Nr 158 c. 16, I 319. Vgl. Lombardakomm. II 7.
49 Lex Rib. 57, 1; 61, 1; 58, 1. Dass bei den Burgundern der Freigelassene das
vor seiner Verknechtung genossene Geburtsrecht wieder erlangte, folgerte man mit
Unrecht aus Papian 3, 2: liberti romani natione a principe manumissi ... Die Stelle

§ 34. Das Personalitätsprinzip.
tular von 801 bestimmt 43, aus diesem Gesichtspunkte heraus, daſs
in Italien zwar dem Herrn, der nach langobardischem oder nach
römischem Rechte lebt, dreiſsigjähriger Besitz der Freiheit entgegen-
gehalten werden könne 44, daſs aber dem Franken und Alamannen
gegenüber die Einrede der praescriptio von Seite des Knechtes
schlechtweg ausgeschlossen sei 45.


Das persönliche Recht wird im allgemeinen durch die Abstam-
mung bestimmt, es ist die lex originis, bei ehelichen Kindern die lex
paterna, bei unehelichen das Stammesrecht der Mutter 46. Die Ehe-
frau lebte nicht nach dem Rechte ihrer Geburt, sondern nach dem
Rechte des Ehemanns. Sie behielt dieses Recht auch nach Auf-
lösung der Ehe, stand sie doch unter der Vormundschaft der Ver-
wandten ihres verstorbenen Mannes 47. In Italien ging man aber im
neunten Jahrhundert von jenem Grundsatze ab. Ein Kapitular
Lothars I. setzte fest, daſs die Frau nach dem Tode des Mannes
wieder in ihr Geburtsrecht zurücktrete 48.

Das persönliche Recht der Freigelassenen bestimmte sich bei den
Franken durch die Art der Freilassung. Der durch Schatzwurf (per
denarium) freigelassene Knecht wurde Salier oder Ribuarier. Die
Freilassung durch römische carta libertatis und die Freilassung durch
Vermittlung der Kirche gaben römisches Recht. Daneben existierte
eine Freilassung zum fränkischen Liten 49. Das ältere langobardische

43 Cap. Nr 98 c. 8, I 206. Die Zugehörigkeit dieses Kapitels zu dem Kapitular
von 801 ist unsicher.
44 Mit Rücksicht auf Ed. Lang. Grim. 1. 2. In Vaissete, Hist. de Languedoc
II 373, Nr 185 von 874 klagt der Fiskus einen Freien als Fiskalsklaven ein. Dieser
antwortet: non debeo esse servus fiscalis .. quia ego et parentes mei sicut lex
Gotorum continet per 30 vel 50 annis in domos in qua nati sumus inter presentes
instetimus absque blandimento vel iugo servitutis.
45 Das Bistum Chur erhielt von Konrad I. 912 das Privileg (Mohr, Cod. dipl.
I 57): ut nullus servorum vel ancillarum ad eandem Curiensem aecclesiam pertinen-
tium se per tricennia tempora liberare deinceps audeat, sicuti hactenus .. mala
consuetudine et dissimili aliarum aecclesiarum fecerant.
46 Für die im Ehebruch erzeugten Kinder kam die langobardische Jurisprudenz
zu der Ansicht, daſs sie ihr Recht beliebig wählen dürften. Quaestiones et monita
§ 30, LL IV 593: iustum est ut homo de adulterio natus vivat quali lege voluerit.
47 Liu. 127.
48 Cap. Nr 158 c. 16, I 319. Vgl. Lombardakomm. II 7.
49 Lex Rib. 57, 1; 61, 1; 58, 1. Daſs bei den Burgundern der Freigelassene das
vor seiner Verknechtung genossene Geburtsrecht wieder erlangte, folgerte man mit
Unrecht aus Papian 3, 2: liberti romani natione a principe manumissi … Die Stelle
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[268/0286] § 34. Das Personalitätsprinzip. tular von 801 bestimmt 43, aus diesem Gesichtspunkte heraus, daſs in Italien zwar dem Herrn, der nach langobardischem oder nach römischem Rechte lebt, dreiſsigjähriger Besitz der Freiheit entgegen- gehalten werden könne 44, daſs aber dem Franken und Alamannen gegenüber die Einrede der praescriptio von Seite des Knechtes schlechtweg ausgeschlossen sei 45. Das persönliche Recht wird im allgemeinen durch die Abstam- mung bestimmt, es ist die lex originis, bei ehelichen Kindern die lex paterna, bei unehelichen das Stammesrecht der Mutter 46. Die Ehe- frau lebte nicht nach dem Rechte ihrer Geburt, sondern nach dem Rechte des Ehemanns. Sie behielt dieses Recht auch nach Auf- lösung der Ehe, stand sie doch unter der Vormundschaft der Ver- wandten ihres verstorbenen Mannes 47. In Italien ging man aber im neunten Jahrhundert von jenem Grundsatze ab. Ein Kapitular Lothars I. setzte fest, daſs die Frau nach dem Tode des Mannes wieder in ihr Geburtsrecht zurücktrete 48. Das persönliche Recht der Freigelassenen bestimmte sich bei den Franken durch die Art der Freilassung. Der durch Schatzwurf (per denarium) freigelassene Knecht wurde Salier oder Ribuarier. Die Freilassung durch römische carta libertatis und die Freilassung durch Vermittlung der Kirche gaben römisches Recht. Daneben existierte eine Freilassung zum fränkischen Liten 49. Das ältere langobardische 43 Cap. Nr 98 c. 8, I 206. Die Zugehörigkeit dieses Kapitels zu dem Kapitular von 801 ist unsicher. 44 Mit Rücksicht auf Ed. Lang. Grim. 1. 2. In Vaissete, Hist. de Languedoc II 373, Nr 185 von 874 klagt der Fiskus einen Freien als Fiskalsklaven ein. Dieser antwortet: non debeo esse servus fiscalis .. quia ego et parentes mei sicut lex Gotorum continet per 30 vel 50 annis in domos in qua nati sumus inter presentes instetimus absque blandimento vel iugo servitutis. 45 Das Bistum Chur erhielt von Konrad I. 912 das Privileg (Mohr, Cod. dipl. I 57): ut nullus servorum vel ancillarum ad eandem Curiensem aecclesiam pertinen- tium se per tricennia tempora liberare deinceps audeat, sicuti hactenus .. mala consuetudine et dissimili aliarum aecclesiarum fecerant. 46 Für die im Ehebruch erzeugten Kinder kam die langobardische Jurisprudenz zu der Ansicht, daſs sie ihr Recht beliebig wählen dürften. Quaestiones et monita § 30, LL IV 593: iustum est ut homo de adulterio natus vivat quali lege voluerit. 47 Liu. 127. 48 Cap. Nr 158 c. 16, I 319. Vgl. Lombardakomm. II 7. 49 Lex Rib. 57, 1; 61, 1; 58, 1. Daſs bei den Burgundern der Freigelassene das vor seiner Verknechtung genossene Geburtsrecht wieder erlangte, folgerte man mit Unrecht aus Papian 3, 2: liberti romani natione a principe manumissi … Die Stelle

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Zitationshilfe: Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 1. Leipzig, 1887, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunner_rechtsgeschichte01_1887/286>, abgerufen am 25.11.2024.