Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 2. Stuttgart, 1859.

Bild:
<< vorherige Seite

Herakles aus dem Alterthum her, worüber nur der Anblick
der Gemme selbst entscheiden kann, so ist die Aufschrift ...
dennoch nichts anderes als neuer Zusatz. Der Anfangsbuch-
stabe ist grösser als die folgenden, das [fremdsprachliches Material - fehlt] beweist die Un-
kunde des Verfälschers, und in einiger Entfernung vom letz-
ten Buchstaben steht ein Punkt. Was man durch dieses
Wort hat sagen wollen, bleibt ungewiss. Hätte man es aber,
wie es nur zu wahrscheinlich, um die Zeit des Stosch in der
Absicht, den Steinschneider zu nennen, und um der Reihe der
Künstler durch ein A einen schicklichen Anfang zu geben [!],
auf den Stein gesetzt, so war die Wahl theils sehr unglück-
lich, theils ein Beweis grober Unkunde." Auf einem Ab-
drucke der Stoschischen und einem andern der Cades'schen
Sammlung ist jener Punkt am Ende entschieden nicht vor-
handen. Wie das [fremdsprachliches Material - fehlt] ein Beweis der Unkunde sein soll, ver-
stehe ich nicht, da es sich ja z. B. auch auf dem Herakles-
torso des Belvedere findet. Die Differenz in der Grösse des
ersten Buchstabens ist durchaus unerheblich: die Inschrift
hat vielmehr etwas derbes, sorgloses, keineswegs ängstlich
abgemessenes. Es scheint daher, dass Köhler nach einem
andern, als dem mir vorliegenden Exemplare des Steins ge-
urtheilt hat. Leider vermag ich im Augenblick nicht nach-
zuweisen, ob nicht die Vitelleschi'sche eine ältere in den Be-
sitz der Familie Verospi übergegangene Sammlung war, wo-
durch der Vorwurf gegen Stosch von selbst wegfallen würde.
Aber auch davon abgesehen, welcher Anlass konnte vorlie-
gen, den so gut wie unbekannten Namen des Admon auf den
Stein zu setzen? und noch dazu in einer für Steinschneider-
namen ganz unverhältnissmässigen Grösse? Denn die Schrift
ist nicht nur relativ, sondern absolut wohl die grösste unter
allen Künstlerinschriften. Wenn hiernach kein gegründeter
Zweifel gegen die Echtheit der Inschrift vorliegt, so kann es
allerdings nach der letzten Bemerkung (und vielleicht auch
wegen des Nominativ, vgl. oben S. 447) bedenklich erschei-
nen, den Namen des Admon als den eines Steinschneiders
anzuerkennen; und dieses Bedenken werden wir nicht auf-
geben dürfen, so lange sich nicht ein Stein mit gleicher Auf-
schrift von unbezweifeltem Alterthum nachweisen lässt. Das
aber scheint, bis jetzt wenigstens, nicht der Fall zu sein,
und namentlich muss die angebliche Vorliebe des Künstlers

Herakles aus dem Alterthum her, worüber nur der Anblick
der Gemme selbst entscheiden kann, so ist die Aufschrift …
dennoch nichts anderes als neuer Zusatz. Der Anfangsbuch-
stabe ist grösser als die folgenden, das [fremdsprachliches Material – fehlt] beweist die Un-
kunde des Verfälschers, und in einiger Entfernung vom letz-
ten Buchstaben steht ein Punkt. Was man durch dieses
Wort hat sagen wollen, bleibt ungewiss. Hätte man es aber,
wie es nur zu wahrscheinlich, um die Zeit des Stosch in der
Absicht, den Steinschneider zu nennen, und um der Reihe der
Künstler durch ein A einen schicklichen Anfang zu geben [!],
auf den Stein gesetzt, so war die Wahl theils sehr unglück-
lich, theils ein Beweis grober Unkunde.‟ Auf einem Ab-
drucke der Stoschischen und einem andern der Cades’schen
Sammlung ist jener Punkt am Ende entschieden nicht vor-
handen. Wie das [fremdsprachliches Material – fehlt] ein Beweis der Unkunde sein soll, ver-
stehe ich nicht, da es sich ja z. B. auch auf dem Herakles-
torso des Belvedere findet. Die Differenz in der Grösse des
ersten Buchstabens ist durchaus unerheblich: die Inschrift
hat vielmehr etwas derbes, sorgloses, keineswegs ängstlich
abgemessenes. Es scheint daher, dass Köhler nach einem
andern, als dem mir vorliegenden Exemplare des Steins ge-
urtheilt hat. Leider vermag ich im Augenblick nicht nach-
zuweisen, ob nicht die Vitelleschi’sche eine ältere in den Be-
sitz der Familie Verospi übergegangene Sammlung war, wo-
durch der Vorwurf gegen Stosch von selbst wegfallen würde.
Aber auch davon abgesehen, welcher Anlass konnte vorlie-
gen, den so gut wie unbekannten Namen des Admon auf den
Stein zu setzen? und noch dazu in einer für Steinschneider-
namen ganz unverhältnissmässigen Grösse? Denn die Schrift
ist nicht nur relativ, sondern absolut wohl die grösste unter
allen Künstlerinschriften. Wenn hiernach kein gegründeter
Zweifel gegen die Echtheit der Inschrift vorliegt, so kann es
allerdings nach der letzten Bemerkung (und vielleicht auch
wegen des Nominativ, vgl. oben S. 447) bedenklich erschei-
nen, den Namen des Admon als den eines Steinschneiders
anzuerkennen; und dieses Bedenken werden wir nicht auf-
geben dürfen, so lange sich nicht ein Stein mit gleicher Auf-
schrift von unbezweifeltem Alterthum nachweisen lässt. Das
aber scheint, bis jetzt wenigstens, nicht der Fall zu sein,
und namentlich muss die angebliche Vorliebe des Künstlers

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0551" n="534"/>
Herakles aus dem Alterthum her, worüber nur der Anblick<lb/>
der Gemme selbst entscheiden kann, so ist die Aufschrift &#x2026;<lb/>
dennoch nichts anderes als neuer Zusatz. Der Anfangsbuch-<lb/>
stabe ist grösser als die folgenden, das <foreign xml:lang="gre"><gap reason="fm" unit="words"/></foreign> beweist die Un-<lb/>
kunde des Verfälschers, und in einiger Entfernung vom letz-<lb/>
ten Buchstaben steht ein Punkt. Was man durch dieses<lb/>
Wort hat sagen wollen, bleibt ungewiss. Hätte man es aber,<lb/>
wie es nur zu wahrscheinlich, um die Zeit des Stosch in der<lb/>
Absicht, den Steinschneider zu nennen, und um der Reihe der<lb/>
Künstler durch ein <hi rendition="#i">A</hi> einen schicklichen Anfang zu geben [!],<lb/>
auf den Stein gesetzt, so war die Wahl theils sehr unglück-<lb/>
lich, theils ein Beweis grober Unkunde.&#x201F; Auf einem Ab-<lb/>
drucke der Stoschischen und einem andern der Cades&#x2019;schen<lb/>
Sammlung ist jener Punkt am Ende entschieden nicht vor-<lb/>
handen. Wie das <foreign xml:lang="gre"><gap reason="fm" unit="words"/></foreign> ein Beweis der Unkunde sein soll, ver-<lb/>
stehe ich nicht, da es sich ja z. B. auch auf dem Herakles-<lb/>
torso des Belvedere findet. Die Differenz in der Grösse des<lb/>
ersten Buchstabens ist durchaus unerheblich: die Inschrift<lb/>
hat vielmehr etwas derbes, sorgloses, keineswegs ängstlich<lb/>
abgemessenes. Es scheint daher, dass Köhler nach einem<lb/>
andern, als dem mir vorliegenden Exemplare des Steins ge-<lb/>
urtheilt hat. Leider vermag ich im Augenblick nicht nach-<lb/>
zuweisen, ob nicht die Vitelleschi&#x2019;sche eine ältere in den Be-<lb/>
sitz der Familie Verospi übergegangene Sammlung war, wo-<lb/>
durch der Vorwurf gegen Stosch von selbst wegfallen würde.<lb/>
Aber auch davon abgesehen, welcher Anlass konnte vorlie-<lb/>
gen, den so gut wie unbekannten Namen des Admon auf den<lb/>
Stein zu setzen? und noch dazu in einer für Steinschneider-<lb/>
namen ganz unverhältnissmässigen Grösse? Denn die Schrift<lb/>
ist nicht nur relativ, sondern absolut wohl die grösste unter<lb/>
allen Künstlerinschriften. Wenn hiernach kein gegründeter<lb/>
Zweifel gegen die Echtheit der Inschrift vorliegt, so kann es<lb/>
allerdings nach der letzten Bemerkung (und vielleicht auch<lb/>
wegen des Nominativ, vgl. oben S. 447) bedenklich erschei-<lb/>
nen, den Namen des Admon als den eines Steinschneiders<lb/>
anzuerkennen; und dieses Bedenken werden wir nicht auf-<lb/>
geben dürfen, so lange sich nicht ein Stein mit gleicher Auf-<lb/>
schrift von unbezweifeltem Alterthum nachweisen lässt. Das<lb/>
aber scheint, bis jetzt wenigstens, nicht der Fall zu sein,<lb/>
und namentlich muss die angebliche Vorliebe des Künstlers<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[534/0551] Herakles aus dem Alterthum her, worüber nur der Anblick der Gemme selbst entscheiden kann, so ist die Aufschrift … dennoch nichts anderes als neuer Zusatz. Der Anfangsbuch- stabe ist grösser als die folgenden, das _ beweist die Un- kunde des Verfälschers, und in einiger Entfernung vom letz- ten Buchstaben steht ein Punkt. Was man durch dieses Wort hat sagen wollen, bleibt ungewiss. Hätte man es aber, wie es nur zu wahrscheinlich, um die Zeit des Stosch in der Absicht, den Steinschneider zu nennen, und um der Reihe der Künstler durch ein A einen schicklichen Anfang zu geben [!], auf den Stein gesetzt, so war die Wahl theils sehr unglück- lich, theils ein Beweis grober Unkunde.‟ Auf einem Ab- drucke der Stoschischen und einem andern der Cades’schen Sammlung ist jener Punkt am Ende entschieden nicht vor- handen. Wie das _ ein Beweis der Unkunde sein soll, ver- stehe ich nicht, da es sich ja z. B. auch auf dem Herakles- torso des Belvedere findet. Die Differenz in der Grösse des ersten Buchstabens ist durchaus unerheblich: die Inschrift hat vielmehr etwas derbes, sorgloses, keineswegs ängstlich abgemessenes. Es scheint daher, dass Köhler nach einem andern, als dem mir vorliegenden Exemplare des Steins ge- urtheilt hat. Leider vermag ich im Augenblick nicht nach- zuweisen, ob nicht die Vitelleschi’sche eine ältere in den Be- sitz der Familie Verospi übergegangene Sammlung war, wo- durch der Vorwurf gegen Stosch von selbst wegfallen würde. Aber auch davon abgesehen, welcher Anlass konnte vorlie- gen, den so gut wie unbekannten Namen des Admon auf den Stein zu setzen? und noch dazu in einer für Steinschneider- namen ganz unverhältnissmässigen Grösse? Denn die Schrift ist nicht nur relativ, sondern absolut wohl die grösste unter allen Künstlerinschriften. Wenn hiernach kein gegründeter Zweifel gegen die Echtheit der Inschrift vorliegt, so kann es allerdings nach der letzten Bemerkung (und vielleicht auch wegen des Nominativ, vgl. oben S. 447) bedenklich erschei- nen, den Namen des Admon als den eines Steinschneiders anzuerkennen; und dieses Bedenken werden wir nicht auf- geben dürfen, so lange sich nicht ein Stein mit gleicher Auf- schrift von unbezweifeltem Alterthum nachweisen lässt. Das aber scheint, bis jetzt wenigstens, nicht der Fall zu sein, und namentlich muss die angebliche Vorliebe des Künstlers

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Der zweite Band der "Geschichte der griechischen … [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen02_1859
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen02_1859/551
Zitationshilfe: Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 2. Stuttgart, 1859, S. 534. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen02_1859/551>, abgerufen am 21.06.2024.