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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 2. Stuttgart, 1859.

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Neapel, zeigt das sehr vertieft geschnittene vorwärts gewandte
Brustbild der Athene. Der Helm ist unten mit zwei Wid-
derköpfen, oben mit zwei Greifen, die Brust mit der Aegis
geschmückt; die Haltung des linken Armes erinnert an die
Minerva Giustiniani, nur dass die Hand mehr erhoben, der
Elnbogen schärfer gebogen erscheint. Daneben findet sich
die Inschrift:

[fremdsprachliches Material - fehlt]

Stosch t. 34; Bracci II, 74; Cades I, H, 25; Müller u. Oester-
ley Denkm. II, 206. Das Alter des Steins und die Vor-
trefflichkeit der Arbeit sind allgemein anerkannt. Dagegen
behauptet Köhler S. 149, dass "diese schöne Gemme leider
durch die Aufschrift, deren Neuheit auffallend sei, verunstal-
tet worden." Die Gründe, welche er dafür anführt, sind
folgende: 1) gäbe es keine echten Gemmen mit dem Namen
des Dioskurides; 2) "man hatte die Absicht gehabt, den
Dioskurides zu einem Bürger von Aegä in der blühenden
Landschaft Aeolis zu machen, allein aus Unwissenheit ver-
wandelte der Verfälscher den Vater seines neugeschaffenen
Künstlers in einen Bürger von Aegeae in Cilicien, einer Land-
schaft, die sich durch hellenischen Sinn, Denkart und Kunst
nie ausgezeichnet hat." Dazu sei die Form [fremdsprachliches Material - fehlt]
sprachwidrig und kaum in Cilicien zu dulden; und die Abkür-
zung [fremdsprachliches Material - fehlt] widerstreite der Gewohnheit der Zeit des Diosku-
rides; 3) sei unser Brustbild ein im grossen Geschmacke er-
fundenes und ausgeführtes gänzlich manierloses Werk und
zeige mit Werken aus dem Zeitalter des Augustus nicht die
geringste Aehnlichkeit. Endlich 4) erwecke es Verdacht,
dass diese Gemme plötzlich zur Zeit des Stosch zum Vor-
schein gekommen sei. Eine ausführliche Widerlegung dieser
Behauptungen hat bereits Tölken in seinem Sendschreiben
an die petersburger Akademie S. 24 fgde. gegeben. Was
den Namen des Dioskurides anlangt, so kann ich mich hier
auf den Artikel über diesen Künstler so wie auf den späteren
über Herophilos beziehen. Die Richtigkeit der Form [fremdsprachliches Material - fehlt]-
[fremdsprachliches Material - fehlt] weist Tölken factisch aus Münzen nach und auch
sprachlich wird sie im C. I. 7192 vollkommen gerechtfertigt.
Die an sich keineswegs unverständliche Abkürzung [fremdsprachliches Material - fehlt] konnte

Neapel, zeigt das sehr vertieft geschnittene vorwärts gewandte
Brustbild der Athene. Der Helm ist unten mit zwei Wid-
derköpfen, oben mit zwei Greifen, die Brust mit der Aegis
geschmückt; die Haltung des linken Armes erinnert an die
Minerva Giustiniani, nur dass die Hand mehr erhoben, der
Elnbogen schärfer gebogen erscheint. Daneben findet sich
die Inschrift:

[fremdsprachliches Material – fehlt]

Stosch t. 34; Bracci II, 74; Cades I, H, 25; Müller u. Oester-
ley Denkm. II, 206. Das Alter des Steins und die Vor-
trefflichkeit der Arbeit sind allgemein anerkannt. Dagegen
behauptet Köhler S. 149, dass „diese schöne Gemme leider
durch die Aufschrift, deren Neuheit auffallend sei, verunstal-
tet worden.‟ Die Gründe, welche er dafür anführt, sind
folgende: 1) gäbe es keine echten Gemmen mit dem Namen
des Dioskurides; 2) „man hatte die Absicht gehabt, den
Dioskurides zu einem Bürger von Aegä in der blühenden
Landschaft Aeolis zu machen, allein aus Unwissenheit ver-
wandelte der Verfälscher den Vater seines neugeschaffenen
Künstlers in einen Bürger von Aegeae in Cilicien, einer Land-
schaft, die sich durch hellenischen Sinn, Denkart und Kunst
nie ausgezeichnet hat.‟ Dazu sei die Form [fremdsprachliches Material – fehlt]
sprachwidrig und kaum in Cilicien zu dulden; und die Abkür-
zung [fremdsprachliches Material – fehlt] widerstreite der Gewohnheit der Zeit des Diosku-
rides; 3) sei unser Brustbild ein im grossen Geschmacke er-
fundenes und ausgeführtes gänzlich manierloses Werk und
zeige mit Werken aus dem Zeitalter des Augustus nicht die
geringste Aehnlichkeit. Endlich 4) erwecke es Verdacht,
dass diese Gemme plötzlich zur Zeit des Stosch zum Vor-
schein gekommen sei. Eine ausführliche Widerlegung dieser
Behauptungen hat bereits Tölken in seinem Sendschreiben
an die petersburger Akademie S. 24 fgde. gegeben. Was
den Namen des Dioskurides anlangt, so kann ich mich hier
auf den Artikel über diesen Künstler so wie auf den späteren
über Herophilos beziehen. Die Richtigkeit der Form [fremdsprachliches Material – fehlt]-
[fremdsprachliches Material – fehlt] weist Tölken factisch aus Münzen nach und auch
sprachlich wird sie im C. I. 7192 vollkommen gerechtfertigt.
Die an sich keineswegs unverständliche Abkürzung [fremdsprachliches Material – fehlt] konnte

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[500/0517] Neapel, zeigt das sehr vertieft geschnittene vorwärts gewandte Brustbild der Athene. Der Helm ist unten mit zwei Wid- derköpfen, oben mit zwei Greifen, die Brust mit der Aegis geschmückt; die Haltung des linken Armes erinnert an die Minerva Giustiniani, nur dass die Hand mehr erhoben, der Elnbogen schärfer gebogen erscheint. Daneben findet sich die Inschrift: _ Stosch t. 34; Bracci II, 74; Cades I, H, 25; Müller u. Oester- ley Denkm. II, 206. Das Alter des Steins und die Vor- trefflichkeit der Arbeit sind allgemein anerkannt. Dagegen behauptet Köhler S. 149, dass „diese schöne Gemme leider durch die Aufschrift, deren Neuheit auffallend sei, verunstal- tet worden.‟ Die Gründe, welche er dafür anführt, sind folgende: 1) gäbe es keine echten Gemmen mit dem Namen des Dioskurides; 2) „man hatte die Absicht gehabt, den Dioskurides zu einem Bürger von Aegä in der blühenden Landschaft Aeolis zu machen, allein aus Unwissenheit ver- wandelte der Verfälscher den Vater seines neugeschaffenen Künstlers in einen Bürger von Aegeae in Cilicien, einer Land- schaft, die sich durch hellenischen Sinn, Denkart und Kunst nie ausgezeichnet hat.‟ Dazu sei die Form _ sprachwidrig und kaum in Cilicien zu dulden; und die Abkür- zung _ widerstreite der Gewohnheit der Zeit des Diosku- rides; 3) sei unser Brustbild ein im grossen Geschmacke er- fundenes und ausgeführtes gänzlich manierloses Werk und zeige mit Werken aus dem Zeitalter des Augustus nicht die geringste Aehnlichkeit. Endlich 4) erwecke es Verdacht, dass diese Gemme plötzlich zur Zeit des Stosch zum Vor- schein gekommen sei. Eine ausführliche Widerlegung dieser Behauptungen hat bereits Tölken in seinem Sendschreiben an die petersburger Akademie S. 24 fgde. gegeben. Was den Namen des Dioskurides anlangt, so kann ich mich hier auf den Artikel über diesen Künstler so wie auf den späteren über Herophilos beziehen. Die Richtigkeit der Form _ - _ weist Tölken factisch aus Münzen nach und auch sprachlich wird sie im C. I. 7192 vollkommen gerechtfertigt. Die an sich keineswegs unverständliche Abkürzung _ konnte

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Zitationshilfe: Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 2. Stuttgart, 1859, S. 500. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen02_1859/517>, abgerufen am 28.11.2024.