thum, den man in allen Theilen dieses Gemäldes bemerkt, beweist offenbar, dass dem alten Steinschneider ein grosses Werk in Marmor oder Erz eines der trefflichsten Künstler seiner [oder einer früheren] Zeit zum Vorbilde gedient hat, ein Werk, in welchem die höchste Ausführung an ihrem Orte war, die aber den Verfasser dieses Camee veranlasste, mehr zu geben als nöthig war, wodurch Heyne (Antiq. Aufs. I, S. 23) vermocht wurde, Zweifel gegen die Echtheit und das Alterthum des farnesischen Steines zu äussern, ein Irr- thum, dessen Ungrund Visconti bewiesen hat (op. var. II, 159, wo nur Eckhel statt Heyne angeklagt wird). Ich setze hinzu, dass kein einziges Werk aus dem fünfzehnten und sechszehnten Jahrhundert auch nur die entfernteste Aehnlich- keit mit unserer Gemme in Hinsicht der bestimmten und mar- kigen Behandlung des Nackten besitzt. Der Künstler ist zwar in den Fehler der Ueberladung gefallen, aber nirgends ist seiner Arbeit Kleinlichkeit vorzuwerfen; in ihr herrscht viel- mehr überall und unverkennbar der gewaltige und grosse Styl alter griechischer Kunst." Wegen dieser Vortrefflich- keit verbunden mit der ältern Form des [fremdsprachliches Material - fehlt] statt der später gebräuchlichen [fremdsprachliches Material - fehlt] möchte Visconti (op. var. II, p. 222) den Athenion der vorkaiserlichen Zeit zuschreiben. Dagegen be- merkt jedoch Tölken (Sendschreiben S. 38): "Allein die k. Sammlung (in Berlin) besitzt aus dem Bartholdy'schen Nach- lass das Fragment eines Camee von ziemlicher Grösse in einem den Onyx nachahmenden antiken Glasfluss, dunkelblau und weiss gefärbt, einen Triumphzug darstellend, von mei- sterhafter Arbeit an Menschen und Pferden. Darunter steht, vollständig erhalten, in erhabenen schön geformten Buchsta- ben: [fremdsprachliches Material - fehlt]. Die Züge des Triumphators, bartlos, mit gebogener Nase, von ernstem, vornehmen Ausdruck, ähneln denen des Drusus, jüngern Bruders des Tiberius, oder des- sen Sohne Germanicus. An der Echtheit dieses Fragments ist nicht zu zweifeln (Panofka Mus. Bartold. S. 172, N. 1). Es ergiebt sich also, dass der Meister jenes donnernden Ju- piter ebenfalls der Zeit des Augustus angehört, wie Diosku- rides und sein Schüler Eutyches aus Aegeae."
Boethos.
Die Inschrift [fremdsprachliches Material - fehlt] in erhaben geschnittenen Buchstaben findet sich neben dem Bilde des Philoktetes, der am Boden
thum, den man in allen Theilen dieses Gemäldes bemerkt, beweist offenbar, dass dem alten Steinschneider ein grosses Werk in Marmor oder Erz eines der trefflichsten Künstler seiner [oder einer früheren] Zeit zum Vorbilde gedient hat, ein Werk, in welchem die höchste Ausführung an ihrem Orte war, die aber den Verfasser dieses Camee veranlasste, mehr zu geben als nöthig war, wodurch Heyne (Antiq. Aufs. I, S. 23) vermocht wurde, Zweifel gegen die Echtheit und das Alterthum des farnesischen Steines zu äussern, ein Irr- thum, dessen Ungrund Visconti bewiesen hat (op. var. II, 159, wo nur Eckhel statt Heyne angeklagt wird). Ich setze hinzu, dass kein einziges Werk aus dem fünfzehnten und sechszehnten Jahrhundert auch nur die entfernteste Aehnlich- keit mit unserer Gemme in Hinsicht der bestimmten und mar- kigen Behandlung des Nackten besitzt. Der Künstler ist zwar in den Fehler der Ueberladung gefallen, aber nirgends ist seiner Arbeit Kleinlichkeit vorzuwerfen; in ihr herrscht viel- mehr überall und unverkennbar der gewaltige und grosse Styl alter griechischer Kunst.‟ Wegen dieser Vortrefflich- keit verbunden mit der ältern Form des [fremdsprachliches Material – fehlt] statt der später gebräuchlichen [fremdsprachliches Material – fehlt] möchte Visconti (op. var. II, p. 222) den Athenion der vorkaiserlichen Zeit zuschreiben. Dagegen be- merkt jedoch Tölken (Sendschreiben S. 38): „Allein die k. Sammlung (in Berlin) besitzt aus dem Bartholdy’schen Nach- lass das Fragment eines Camee von ziemlicher Grösse in einem den Onyx nachahmenden antiken Glasfluss, dunkelblau und weiss gefärbt, einen Triumphzug darstellend, von mei- sterhafter Arbeit an Menschen und Pferden. Darunter steht, vollständig erhalten, in erhabenen schön geformten Buchsta- ben: [fremdsprachliches Material – fehlt]. Die Züge des Triumphators, bartlos, mit gebogener Nase, von ernstem, vornehmen Ausdruck, ähneln denen des Drusus, jüngern Bruders des Tiberius, oder des- sen Sohne Germanicus. An der Echtheit dieses Fragments ist nicht zu zweifeln (Panofka Mus. Bartold. S. 172, N. 1). Es ergiebt sich also, dass der Meister jenes donnernden Ju- piter ebenfalls der Zeit des Augustus angehört, wie Diosku- rides und sein Schüler Eutyches aus Aegeae.‟
Boëthos.
Die Inschrift [fremdsprachliches Material – fehlt] in erhaben geschnittenen Buchstaben findet sich neben dem Bilde des Philoktetes, der am Boden
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thum, den man in allen Theilen dieses Gemäldes bemerkt,
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Werk in Marmor oder Erz eines der trefflichsten Künstler
seiner [oder einer früheren] Zeit zum Vorbilde gedient hat,
ein Werk, in welchem die höchste Ausführung an ihrem
Orte war, die aber den Verfasser dieses Camee veranlasste,
mehr zu geben als nöthig war, wodurch Heyne (Antiq. Aufs.
I, S. 23) vermocht wurde, Zweifel gegen die Echtheit und
das Alterthum des farnesischen Steines zu äussern, ein Irr-
thum, dessen Ungrund Visconti bewiesen hat (op. var. II,
159, wo nur Eckhel statt Heyne angeklagt wird). Ich setze
hinzu, dass kein einziges Werk aus dem fünfzehnten und
sechszehnten Jahrhundert auch nur die entfernteste Aehnlich-
keit mit unserer Gemme in Hinsicht der bestimmten und mar-
kigen Behandlung des Nackten besitzt. Der Künstler ist zwar
in den Fehler der Ueberladung gefallen, aber nirgends ist
seiner Arbeit Kleinlichkeit vorzuwerfen; in ihr herrscht viel-
mehr überall und unverkennbar der gewaltige und grosse
Styl alter griechischer Kunst.‟ Wegen dieser Vortrefflich-
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gebräuchlichen _ möchte Visconti (op. var. II, p. 222) den
Athenion der vorkaiserlichen Zeit zuschreiben. Dagegen be-
merkt jedoch Tölken (Sendschreiben S. 38): „Allein die k.
Sammlung (in Berlin) besitzt aus dem Bartholdy’schen Nach-
lass das Fragment eines Camee von ziemlicher Grösse in
einem den Onyx nachahmenden antiken Glasfluss, dunkelblau
und weiss gefärbt, einen Triumphzug darstellend, von mei-
sterhafter Arbeit an Menschen und Pferden. Darunter steht,
vollständig erhalten, in erhabenen schön geformten Buchsta-
ben: _ . Die Züge des Triumphators, bartlos, mit
gebogener Nase, von ernstem, vornehmen Ausdruck, ähneln
denen des Drusus, jüngern Bruders des Tiberius, oder des-
sen Sohne Germanicus. An der Echtheit dieses Fragments
ist nicht zu zweifeln (Panofka Mus. Bartold. S. 172, N. 1).
Es ergiebt sich also, dass der Meister jenes donnernden Ju-
piter ebenfalls der Zeit des Augustus angehört, wie Diosku-
rides und sein Schüler Eutyches aus Aegeae.‟
Boëthos.
Die Inschrift _ in erhaben geschnittenen Buchstaben
findet sich neben dem Bilde des Philoktetes, der am Boden
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Der zweite Band der "Geschichte der griechischen … [mehr]
Der zweite Band der "Geschichte der griechischen Künstler" von Heinrich von Brunn enthält ebenfalls den "Zweiten Teil der ersten Abteilung", die im Deutschen Textarchiv als eigenständiges Werk verzeichnet ist.
Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 2. Stuttgart, 1859, S. 478. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen02_1859/495>, abgerufen am 24.11.2024.
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