Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brunn, Heinrich: Geschichte der griechischen Künstler. T. 2, Abt. 1. Braunschweig, 1856.

Bild:
<< vorherige Seite

Kleisthenes, s. unter den Malern, S. 125.

Kleodamos, s. Athenaeos.

Kleoetas,
Bildhauer und Architekt etwa zur Zeit des Phidias; vgl.
Th. I, S. 107. Sein Werk war die Anlage der kunstreichen
Schranken im Hippodrom zu Olympia, von welcher uns Pau-
sanias (VI, 20, 10--14) eine ausführliche Beschreibung hin-
terlassen hat, deren Einzelnheiten mehrfach von Visconti
P. Cl. V, zu tav. d'a. 1; Hirt: Gesch. d. Bauk. III, 148;
G. Hermann: opusc. VII, p. 388 etc. erörtert worden sind.
Zweck der Anlage war, den Ablauf der Wagen so zu regeln,
dass keiner derselben vor dem andern in Vortheil sich be-
fände. Zu diesem Behufe waren von den beiden Endpunkten
der Längenseite des Circus aus je eine Reihe von Schuppen
gebaut, welche sich in einem zwischen denselben nach dem
Beginne der Spina zu gelegenen Punkte begegneten, so dass
das Ganze nach seiner keilförmigen Grundform mit einem
Schiffsschnabel verglichen werden konnte. Aus diesen
Schuppen nun liefen die Wagen nicht gleichzeitig aus, son-
dern es öffneten sich durch Herablassen eines vorgezogenen
Seiles die entferntesten zuerst, und so je einer auf jeder
Seite weiter bis zu den vordersten. Das Signal zum Ablauf
aber ward den Zuschauern dadurch sichtbar, dass sich ein
auf der vordern Spitze des Baues aufgestellter Delphin her-
absenkte, während zugleich ein eherner Adler von einem
Altar aufstieg, welcher in jeder Olympiade auf der Rückseite
der Schuppen gerade in der Mitte des zwischen ihnen be-
findlichen Raumes errichtet wurde. Gewisse Verfeinerungen
an dem von Kleoetas erfundenen Mechanismus hatte später
Aristides angebracht, welchen man mit dem Maler oder wohl
richtiger mit dem Bildhauer, einem Schüler des Polyklet, hat
identificiren wollen, indem dieser als Bildner von Zwei- und
Viergespannen wohl ein besonders lebhaftes Interesse für
das olympische Wettrennen besitzen mochte.

Kleomenes
aus Naukratis in Aegypten, wird von Justin (XIII, 4) Er-
bauer Alexandriens genannt, und auch Pseudo-Kallisthenes
I, 31 und Julius Valerius (de reb. gest. Alex. M. I, 21 u. 23)
führen ihn neben andern Architekten an, welche bei der
Gründung dieser Stadt thätig waren; ersterer, indem er ihn

Kleisthenes, s. unter den Malern, S. 125.

Kleodamos, s. Athenaeos.

Kleoetas,
Bildhauer und Architekt etwa zur Zeit des Phidias; vgl.
Th. I, S. 107. Sein Werk war die Anlage der kunstreichen
Schranken im Hippodrom zu Olympia, von welcher uns Pau-
sanias (VI, 20, 10—14) eine ausführliche Beschreibung hin-
terlassen hat, deren Einzelnheiten mehrfach von Visconti
P. Cl. V, zu tav. d’a. 1; Hirt: Gesch. d. Bauk. III, 148;
G. Hermann: opusc. VII, p. 388 etc. erörtert worden sind.
Zweck der Anlage war, den Ablauf der Wagen so zu regeln,
dass keiner derselben vor dem andern in Vortheil sich be-
fände. Zu diesem Behufe waren von den beiden Endpunkten
der Längenseite des Circus aus je eine Reihe von Schuppen
gebaut, welche sich in einem zwischen denselben nach dem
Beginne der Spina zu gelegenen Punkte begegneten, so dass
das Ganze nach seiner keilförmigen Grundform mit einem
Schiffsschnabel verglichen werden konnte. Aus diesen
Schuppen nun liefen die Wagen nicht gleichzeitig aus, son-
dern es öffneten sich durch Herablassen eines vorgezogenen
Seiles die entferntesten zuerst, und so je einer auf jeder
Seite weiter bis zu den vordersten. Das Signal zum Ablauf
aber ward den Zuschauern dadurch sichtbar, dass sich ein
auf der vordern Spitze des Baues aufgestellter Delphin her-
absenkte, während zugleich ein eherner Adler von einem
Altar aufstieg, welcher in jeder Olympiade auf der Rückseite
der Schuppen gerade in der Mitte des zwischen ihnen be-
findlichen Raumes errichtet wurde. Gewisse Verfeinerungen
an dem von Kleoetas erfundenen Mechanismus hatte später
Aristides angebracht, welchen man mit dem Maler oder wohl
richtiger mit dem Bildhauer, einem Schüler des Polyklet, hat
identificiren wollen, indem dieser als Bildner von Zwei- und
Viergespannen wohl ein besonders lebhaftes Interesse für
das olympische Wettrennen besitzen mochte.

Kleomenes
aus Naukratis in Aegypten, wird von Justin (XIII, 4) Er-
bauer Alexandriens genannt, und auch Pseudo-Kallisthenes
I, 31 und Julius Valerius (de reb. gest. Alex. M. I, 21 u. 23)
führen ihn neben andern Architekten an, welche bei der
Gründung dieser Stadt thätig waren; ersterer, indem er ihn

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0375" n="367"/>
          <p><hi rendition="#g">Kleisthenes</hi>, s. unter den Malern, S. 125.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#g">Kleodamos</hi>, s. Athenaeos.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#g">Kleoetas</hi>,<lb/>
Bildhauer und Architekt etwa zur Zeit des Phidias; vgl.<lb/>
Th. I, S. 107. Sein Werk war die Anlage der kunstreichen<lb/>
Schranken im Hippodrom zu Olympia, von welcher uns Pau-<lb/>
sanias (VI, 20, 10&#x2014;14) eine ausführliche Beschreibung hin-<lb/>
terlassen hat, deren Einzelnheiten mehrfach von Visconti<lb/>
P. Cl. V, zu tav. d&#x2019;a. 1; Hirt: Gesch. d. Bauk. III, 148;<lb/>
G. Hermann: opusc. VII, p. 388 etc. erörtert worden sind.<lb/>
Zweck der Anlage war, den Ablauf der Wagen so zu regeln,<lb/>
dass keiner derselben vor dem andern in Vortheil sich be-<lb/>
fände. Zu diesem Behufe waren von den beiden Endpunkten<lb/>
der Längenseite des Circus aus je eine Reihe von Schuppen<lb/>
gebaut, welche sich in einem zwischen denselben nach dem<lb/>
Beginne der Spina zu gelegenen Punkte begegneten, so dass<lb/>
das Ganze nach seiner keilförmigen Grundform mit einem<lb/>
Schiffsschnabel verglichen werden konnte. Aus diesen<lb/>
Schuppen nun liefen die Wagen nicht gleichzeitig aus, son-<lb/>
dern es öffneten sich durch Herablassen eines vorgezogenen<lb/>
Seiles die entferntesten zuerst, und so je einer auf jeder<lb/>
Seite weiter bis zu den vordersten. Das Signal zum Ablauf<lb/>
aber ward den Zuschauern dadurch sichtbar, dass sich ein<lb/>
auf der vordern Spitze des Baues aufgestellter Delphin her-<lb/>
absenkte, während zugleich ein eherner Adler von einem<lb/>
Altar aufstieg, welcher in jeder Olympiade auf der Rückseite<lb/>
der Schuppen gerade in der Mitte des zwischen ihnen be-<lb/>
findlichen Raumes errichtet wurde. Gewisse Verfeinerungen<lb/>
an dem von Kleoetas erfundenen Mechanismus hatte später<lb/>
Aristides angebracht, welchen man mit dem Maler oder wohl<lb/>
richtiger mit dem Bildhauer, einem Schüler des Polyklet, hat<lb/>
identificiren wollen, indem dieser als Bildner von Zwei- und<lb/>
Viergespannen wohl ein besonders lebhaftes Interesse für<lb/>
das olympische Wettrennen besitzen mochte.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#g">Kleomenes</hi><lb/>
aus Naukratis in Aegypten, wird von Justin (XIII, 4) Er-<lb/>
bauer Alexandriens genannt, und auch Pseudo-Kallisthenes<lb/>
I, 31 und Julius Valerius (de reb. gest. Alex. M. I, 21 u. 23)<lb/>
führen ihn neben andern Architekten an, welche bei der<lb/>
Gründung dieser Stadt thätig waren; ersterer, indem er ihn<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[367/0375] Kleisthenes, s. unter den Malern, S. 125. Kleodamos, s. Athenaeos. Kleoetas, Bildhauer und Architekt etwa zur Zeit des Phidias; vgl. Th. I, S. 107. Sein Werk war die Anlage der kunstreichen Schranken im Hippodrom zu Olympia, von welcher uns Pau- sanias (VI, 20, 10—14) eine ausführliche Beschreibung hin- terlassen hat, deren Einzelnheiten mehrfach von Visconti P. Cl. V, zu tav. d’a. 1; Hirt: Gesch. d. Bauk. III, 148; G. Hermann: opusc. VII, p. 388 etc. erörtert worden sind. Zweck der Anlage war, den Ablauf der Wagen so zu regeln, dass keiner derselben vor dem andern in Vortheil sich be- fände. Zu diesem Behufe waren von den beiden Endpunkten der Längenseite des Circus aus je eine Reihe von Schuppen gebaut, welche sich in einem zwischen denselben nach dem Beginne der Spina zu gelegenen Punkte begegneten, so dass das Ganze nach seiner keilförmigen Grundform mit einem Schiffsschnabel verglichen werden konnte. Aus diesen Schuppen nun liefen die Wagen nicht gleichzeitig aus, son- dern es öffneten sich durch Herablassen eines vorgezogenen Seiles die entferntesten zuerst, und so je einer auf jeder Seite weiter bis zu den vordersten. Das Signal zum Ablauf aber ward den Zuschauern dadurch sichtbar, dass sich ein auf der vordern Spitze des Baues aufgestellter Delphin her- absenkte, während zugleich ein eherner Adler von einem Altar aufstieg, welcher in jeder Olympiade auf der Rückseite der Schuppen gerade in der Mitte des zwischen ihnen be- findlichen Raumes errichtet wurde. Gewisse Verfeinerungen an dem von Kleoetas erfundenen Mechanismus hatte später Aristides angebracht, welchen man mit dem Maler oder wohl richtiger mit dem Bildhauer, einem Schüler des Polyklet, hat identificiren wollen, indem dieser als Bildner von Zwei- und Viergespannen wohl ein besonders lebhaftes Interesse für das olympische Wettrennen besitzen mochte. Kleomenes aus Naukratis in Aegypten, wird von Justin (XIII, 4) Er- bauer Alexandriens genannt, und auch Pseudo-Kallisthenes I, 31 und Julius Valerius (de reb. gest. Alex. M. I, 21 u. 23) führen ihn neben andern Architekten an, welche bei der Gründung dieser Stadt thätig waren; ersterer, indem er ihn

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen0201_1856
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen0201_1856/375
Zitationshilfe: Brunn, Heinrich: Geschichte der griechischen Künstler. T. 2, Abt. 1. Braunschweig, 1856, S. 367. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen0201_1856/375>, abgerufen am 13.05.2024.