Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brunn, Heinrich: Geschichte der griechischen Künstler. T. 2, Abt. 1. Braunschweig, 1856.

Bild:
<< vorherige Seite

malt sein wird. Auch ausserdem scheint er seinen Wohnsitz
gewechselt oder wenigstens vielerlei Reisen unternommen zu
haben; so finden wir ihn zum Besuch auf Rhodos bei Proto-
genes 1), dann durch einen Sturm nach Aegypten verschla-
gen. 2) In Athen muss er gewesen sein, wenn ihn die beim
Fest von Eleusis aus dem Meer aufsteigende Phryne zum
Bilde der Anadyomene begeisterte, 3) in Korinth, wenn er
dort die eben aufkeimende Schönheit der Lais, als er ihr
beim Wasserholen von der Peirene begegnete, entdecken konn-
te. 4) Seine Thätigkeit für Kos ward schon erwähnt; Werke
von ihm fanden sich auch in Smyrna 5), Samos, Rhodos6) und
Alexandria. Zweifelhafter ist es, ob er auch für Pergamos
arbeitete: Solin 7) erzählt nemlich, die Pergamener hätten um
theueres Geld den Körper eines Basilisken gekauft und in
einem goldenen Netze aufgehängt, um dadurch "aedem Apol-
linis manu insignem" vor Verunreinigung durch Spinnen und
Vögel zu schützen. Hier hat Salmasius das sinnlose Apollinis
in Apellis verändern wollen, wogegen jedoch Dati 8) Apollodori
vorschlägt, was den Vorzug zu verdienen scheint, da Plinius
den Aias dieses Künstlers als in Pergamos befindlich an-
führt.

Die Grenzen der Lebenszeit des Apelles lassen sich nicht
fest bestimmen. Seine Thätigkeit mag, wie wir bereits be-
merkt, zur Zeit des Philipp begonnen haben, und erreichte
ihren Glanzpunkt unter Alexander, weshalb auch Plinius 9)
ihn in die 112te Olympiade setzt. Nachher ist er noch für
mehrere der Nachfolger dieses Königs beschäftigt; doch ver-
mögen wir nicht anzugeben, bis zu welcher Zeit dies der
Fall war.

Das Verzeichniss seiner Werke beginnen wir mit dem
berühmtesten, der

Aphrodite anadyomene. Sie war ursprünglich für
den Tempel des Asklepios auf Kos gemalt, von wo sie Au-
gustus gegen einen Nachlass von hundert Talenten an den
Abgaben nach Rom führte und im Tempel des Caesar als die
Stammmutter des iulischen Geschlechtes weihete: Strabo XIV,

1) Plin. 35, 81.
2) Plin. 35, 89; Lucian 1. 1.
3) Athen. XIII,
590 F.
4) Athen. XIII, 588 D.
5) Paus. IX, 35, 2.
6) Plin. 35, 93.
7) c. 27.
8) vite de pittori, Apelles n. 24.
9) 35, 79.

malt sein wird. Auch ausserdem scheint er seinen Wohnsitz
gewechselt oder wenigstens vielerlei Reisen unternommen zu
haben; so finden wir ihn zum Besuch auf Rhodos bei Proto-
genes 1), dann durch einen Sturm nach Aegypten verschla-
gen. 2) In Athen muss er gewesen sein, wenn ihn die beim
Fest von Eleusis aus dem Meer aufsteigende Phryne zum
Bilde der Anadyomene begeisterte, 3) in Korinth, wenn er
dort die eben aufkeimende Schönheit der Lais, als er ihr
beim Wasserholen von der Peirene begegnete, entdecken konn-
te. 4) Seine Thätigkeit für Kos ward schon erwähnt; Werke
von ihm fanden sich auch in Smyrna 5), Samos, Rhodos6) und
Alexandria. Zweifelhafter ist es, ob er auch für Pergamos
arbeitete: Solin 7) erzählt nemlich, die Pergamener hätten um
theueres Geld den Körper eines Basilisken gekauft und in
einem goldenen Netze aufgehängt, um dadurch „aedem Apol-
linis manu insignem“ vor Verunreinigung durch Spinnen und
Vögel zu schützen. Hier hat Salmasius das sinnlose Apollinis
in Apellis verändern wollen, wogegen jedoch Dati 8) Apollodori
vorschlägt, was den Vorzug zu verdienen scheint, da Plinius
den Aias dieses Künstlers als in Pergamos befindlich an-
führt.

Die Grenzen der Lebenszeit des Apelles lassen sich nicht
fest bestimmen. Seine Thätigkeit mag, wie wir bereits be-
merkt, zur Zeit des Philipp begonnen haben, und erreichte
ihren Glanzpunkt unter Alexander, weshalb auch Plinius 9)
ihn in die 112te Olympiade setzt. Nachher ist er noch für
mehrere der Nachfolger dieses Königs beschäftigt; doch ver-
mögen wir nicht anzugeben, bis zu welcher Zeit dies der
Fall war.

Das Verzeichniss seiner Werke beginnen wir mit dem
berühmtesten, der

Aphrodite anadyomene. Sie war ursprünglich für
den Tempel des Asklepios auf Kos gemalt, von wo sie Au-
gustus gegen einen Nachlass von hundert Talenten an den
Abgaben nach Rom führte und im Tempel des Caesar als die
Stammmutter des iulischen Geschlechtes weihete: Strabo XIV,

1) Plin. 35, 81.
2) Plin. 35, 89; Lucian 1. 1.
3) Athen. XIII,
590 F.
4) Athen. XIII, 588 D.
5) Paus. IX, 35, 2.
6) Plin. 35, 93.
7) c. 27.
8) vite de pittori, Apelles n. 24.
9) 35, 79.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0212" n="204"/>
malt sein wird. Auch ausserdem scheint er seinen Wohnsitz<lb/>
gewechselt oder wenigstens vielerlei Reisen unternommen zu<lb/>
haben; so finden wir ihn zum Besuch auf Rhodos bei Proto-<lb/>
genes <note place="foot" n="1)">Plin. 35, 81.</note>, dann durch einen Sturm nach Aegypten verschla-<lb/>
gen. <note place="foot" n="2)">Plin. 35, 89; Lucian 1. 1.</note> In Athen muss er gewesen sein, wenn ihn die beim<lb/>
Fest von Eleusis aus dem Meer aufsteigende Phryne zum<lb/>
Bilde der Anadyomene begeisterte, <note place="foot" n="3)">Athen. XIII,<lb/>
590 F.</note> in Korinth, wenn er<lb/>
dort die eben aufkeimende Schönheit der Lais, als er ihr<lb/>
beim Wasserholen von der Peirene begegnete, entdecken konn-<lb/>
te. <note place="foot" n="4)">Athen. XIII, 588 D.</note> Seine Thätigkeit für Kos ward schon erwähnt; Werke<lb/>
von ihm fanden sich auch in Smyrna <note place="foot" n="5)">Paus. IX, 35, 2.</note>, Samos, Rhodos<note place="foot" n="6)">Plin. 35, 93.</note> und<lb/>
Alexandria. Zweifelhafter ist es, ob er auch für Pergamos<lb/>
arbeitete: Solin <note place="foot" n="7)">c. 27.</note> erzählt nemlich, die Pergamener hätten um<lb/>
theueres Geld den Körper eines Basilisken gekauft und in<lb/>
einem goldenen Netze aufgehängt, um dadurch &#x201E;aedem Apol-<lb/>
linis manu insignem&#x201C; vor Verunreinigung durch Spinnen und<lb/>
Vögel zu schützen. Hier hat Salmasius das sinnlose Apollinis<lb/>
in Apellis verändern wollen, wogegen jedoch Dati <note place="foot" n="8)">vite de pittori, Apelles n. 24.</note> Apollodori<lb/>
vorschlägt, was den Vorzug zu verdienen scheint, da Plinius<lb/>
den Aias dieses Künstlers als in Pergamos befindlich an-<lb/>
führt.</p><lb/>
              <p>Die Grenzen der Lebenszeit des Apelles lassen sich nicht<lb/>
fest bestimmen. Seine Thätigkeit mag, wie wir bereits be-<lb/>
merkt, zur Zeit des Philipp begonnen haben, und erreichte<lb/>
ihren Glanzpunkt unter Alexander, weshalb auch Plinius <note place="foot" n="9)">35, 79.</note><lb/>
ihn in die 112te Olympiade setzt. Nachher ist er noch für<lb/>
mehrere der Nachfolger dieses Königs beschäftigt; doch ver-<lb/>
mögen wir nicht anzugeben, bis zu welcher Zeit dies der<lb/>
Fall war.</p><lb/>
              <p>Das Verzeichniss seiner Werke beginnen wir mit dem<lb/>
berühmtesten, der</p><lb/>
              <p><hi rendition="#g">Aphrodite anadyomene</hi>. Sie war ursprünglich für<lb/>
den Tempel des Asklepios auf Kos gemalt, von wo sie Au-<lb/>
gustus gegen einen Nachlass von hundert Talenten an den<lb/>
Abgaben nach Rom führte und im Tempel des Caesar als die<lb/>
Stammmutter des iulischen Geschlechtes weihete: Strabo XIV,<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[204/0212] malt sein wird. Auch ausserdem scheint er seinen Wohnsitz gewechselt oder wenigstens vielerlei Reisen unternommen zu haben; so finden wir ihn zum Besuch auf Rhodos bei Proto- genes 1), dann durch einen Sturm nach Aegypten verschla- gen. 2) In Athen muss er gewesen sein, wenn ihn die beim Fest von Eleusis aus dem Meer aufsteigende Phryne zum Bilde der Anadyomene begeisterte, 3) in Korinth, wenn er dort die eben aufkeimende Schönheit der Lais, als er ihr beim Wasserholen von der Peirene begegnete, entdecken konn- te. 4) Seine Thätigkeit für Kos ward schon erwähnt; Werke von ihm fanden sich auch in Smyrna 5), Samos, Rhodos 6) und Alexandria. Zweifelhafter ist es, ob er auch für Pergamos arbeitete: Solin 7) erzählt nemlich, die Pergamener hätten um theueres Geld den Körper eines Basilisken gekauft und in einem goldenen Netze aufgehängt, um dadurch „aedem Apol- linis manu insignem“ vor Verunreinigung durch Spinnen und Vögel zu schützen. Hier hat Salmasius das sinnlose Apollinis in Apellis verändern wollen, wogegen jedoch Dati 8) Apollodori vorschlägt, was den Vorzug zu verdienen scheint, da Plinius den Aias dieses Künstlers als in Pergamos befindlich an- führt. Die Grenzen der Lebenszeit des Apelles lassen sich nicht fest bestimmen. Seine Thätigkeit mag, wie wir bereits be- merkt, zur Zeit des Philipp begonnen haben, und erreichte ihren Glanzpunkt unter Alexander, weshalb auch Plinius 9) ihn in die 112te Olympiade setzt. Nachher ist er noch für mehrere der Nachfolger dieses Königs beschäftigt; doch ver- mögen wir nicht anzugeben, bis zu welcher Zeit dies der Fall war. Das Verzeichniss seiner Werke beginnen wir mit dem berühmtesten, der Aphrodite anadyomene. Sie war ursprünglich für den Tempel des Asklepios auf Kos gemalt, von wo sie Au- gustus gegen einen Nachlass von hundert Talenten an den Abgaben nach Rom führte und im Tempel des Caesar als die Stammmutter des iulischen Geschlechtes weihete: Strabo XIV, 1) Plin. 35, 81. 2) Plin. 35, 89; Lucian 1. 1. 3) Athen. XIII, 590 F. 4) Athen. XIII, 588 D. 5) Paus. IX, 35, 2. 6) Plin. 35, 93. 7) c. 27. 8) vite de pittori, Apelles n. 24. 9) 35, 79.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen0201_1856
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen0201_1856/212
Zitationshilfe: Brunn, Heinrich: Geschichte der griechischen Künstler. T. 2, Abt. 1. Braunschweig, 1856, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen0201_1856/212>, abgerufen am 02.05.2024.