Ueber den Geist der Darstellung giebt Plutarch (a. a. O.) einige Winke. -- Eine Copie dieses Gemäldes sah Pausanias in Mantinea: VIII, 9, 8.
Von dem vierten Werke sagt Plinius: "Ein berühmtes Bild von ihm ist zu Ephesos: Odysseus, der in erheucheltem Wahnsinn einen Ochsen mit einem Pferde zusammengespannt hat, nachdenkende Männer im Mantel, und der Führer, wel- cher das Schwert einsteckt." Richtig hat, wie schon v. Jan vermuthete, Bergk 1) diese sämmtlichen Figuren auf ein ein- ziges Bild bezogen, nach Anleitung einer Stelle des Lucian, 2) in welcher ein ähnliches, wenn nicht dasselbe Gemälde be- schrieben wird: "Es folgt das Bild des Odysseus im Wahnsinn, nemlich weil er nicht mit den Atriden fortziehen will. Die Ge- sandten sind jedoch schon da, ihn zu rufen. Und seine ganze Verstellung ist sehr täuschend angelegt, das Gespann, der Mangel an Uebereinstimmung der Jochthiere, die Unwissenheit über das, was vorgeht: und doch wird er über dem Knaben ertappt. Denn Palamedes, des Nauplios Sohn, erkannte wohl, um was es sich handelte, raubt den Telemach, droht ihn, die Hand am Schwerte, zu morden, und erheuchelt dem ver- stellten Wahnsinn gegenüber selbst Zorn. Odysseus aber wird durch diese Furcht wieder vernünftig, zeigt sich als Vater und lässt ab von seiner Verstellung." Hier stimmt fast alles mit Plinius überein: erheuchelter Wahnsinn, un- gleiches Gespann, die Gesandten wohl als aufmerksame Zu- schauer (palliati cogitantes), Palamedes als ihr Anführer zwar nicht eigentlich das Schwert einsteckend (gladium con- dens), aber, wie Bergk meint, mit der Hand an dem halb entblössten Schwerte, so dass der Zuschauer ungewiss sein konnte, ob es herausgezogen oder eingesteckt werde. Dass also Lucian die Composition des Euphranor beschreibe, kann kaum zweifelhaft sein.
Es leuchtet ein, dass aus den bisher angeführten Nach- richten ein Einfluss des Aristides auf Euphranor als seinen Schüler sich nicht unmittelbar nachweisen lässt. Wenn nun auch Plutarch von dem Bilde der Schlacht bei Mantinea be- merkt, dass es in der Auffassung einen nicht geringen Grad
1) Annal. d. Inst. 1846, p. 303.
2) de domo 30.
Ueber den Geist der Darstellung giebt Plutarch (a. a. O.) einige Winke. — Eine Copie dieses Gemäldes sah Pausanias in Mantinea: VIII, 9, 8.
Von dem vierten Werke sagt Plinius: „Ein berühmtes Bild von ihm ist zu Ephesos: Odysseus, der in erheucheltem Wahnsinn einen Ochsen mit einem Pferde zusammengespannt hat, nachdenkende Männer im Mantel, und der Führer, wel- cher das Schwert einsteckt.“ Richtig hat, wie schon v. Jan vermuthete, Bergk 1) diese sämmtlichen Figuren auf ein ein- ziges Bild bezogen, nach Anleitung einer Stelle des Lucian, 2) in welcher ein ähnliches, wenn nicht dasselbe Gemälde be- schrieben wird: „Es folgt das Bild des Odysseus im Wahnsinn, nemlich weil er nicht mit den Atriden fortziehen will. Die Ge- sandten sind jedoch schon da, ihn zu rufen. Und seine ganze Verstellung ist sehr täuschend angelegt, das Gespann, der Mangel an Uebereinstimmung der Jochthiere, die Unwissenheit über das, was vorgeht: und doch wird er über dem Knaben ertappt. Denn Palamedes, des Nauplios Sohn, erkannte wohl, um was es sich handelte, raubt den Telemach, droht ihn, die Hand am Schwerte, zu morden, und erheuchelt dem ver- stellten Wahnsinn gegenüber selbst Zorn. Odysseus aber wird durch diese Furcht wieder vernünftig, zeigt sich als Vater und lässt ab von seiner Verstellung.“ Hier stimmt fast alles mit Plinius überein: erheuchelter Wahnsinn, un- gleiches Gespann, die Gesandten wohl als aufmerksame Zu- schauer (palliati cogitantes), Palamedes als ihr Anführer zwar nicht eigentlich das Schwert einsteckend (gladium con- dens), aber, wie Bergk meint, mit der Hand an dem halb entblössten Schwerte, so dass der Zuschauer ungewiss sein konnte, ob es herausgezogen oder eingesteckt werde. Dass also Lucian die Composition des Euphranor beschreibe, kann kaum zweifelhaft sein.
Es leuchtet ein, dass aus den bisher angeführten Nach- richten ein Einfluss des Aristides auf Euphranor als seinen Schüler sich nicht unmittelbar nachweisen lässt. Wenn nun auch Plutarch von dem Bilde der Schlacht bei Mantinea be- merkt, dass es in der Auffassung einen nicht geringen Grad
1) Annal. d. Inst. 1846, p. 303.
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Ueber den Geist der Darstellung giebt Plutarch (a. a. O.)
einige Winke. — Eine Copie dieses Gemäldes sah Pausanias
in Mantinea: VIII, 9, 8.
Von dem vierten Werke sagt Plinius: „Ein berühmtes Bild
von ihm ist zu Ephesos: Odysseus, der in erheucheltem
Wahnsinn einen Ochsen mit einem Pferde zusammengespannt
hat, nachdenkende Männer im Mantel, und der Führer, wel-
cher das Schwert einsteckt.“ Richtig hat, wie schon v. Jan
vermuthete, Bergk 1) diese sämmtlichen Figuren auf ein ein-
ziges Bild bezogen, nach Anleitung einer Stelle des Lucian, 2)
in welcher ein ähnliches, wenn nicht dasselbe Gemälde be-
schrieben wird: „Es folgt das Bild des Odysseus im Wahnsinn,
nemlich weil er nicht mit den Atriden fortziehen will. Die Ge-
sandten sind jedoch schon da, ihn zu rufen. Und seine ganze
Verstellung ist sehr täuschend angelegt, das Gespann, der
Mangel an Uebereinstimmung der Jochthiere, die Unwissenheit
über das, was vorgeht: und doch wird er über dem Knaben
ertappt. Denn Palamedes, des Nauplios Sohn, erkannte wohl,
um was es sich handelte, raubt den Telemach, droht ihn,
die Hand am Schwerte, zu morden, und erheuchelt dem ver-
stellten Wahnsinn gegenüber selbst Zorn. Odysseus aber
wird durch diese Furcht wieder vernünftig, zeigt sich als
Vater und lässt ab von seiner Verstellung.“ Hier stimmt
fast alles mit Plinius überein: erheuchelter Wahnsinn, un-
gleiches Gespann, die Gesandten wohl als aufmerksame Zu-
schauer (palliati cogitantes), Palamedes als ihr Anführer
zwar nicht eigentlich das Schwert einsteckend (gladium con-
dens), aber, wie Bergk meint, mit der Hand an dem halb
entblössten Schwerte, so dass der Zuschauer ungewiss sein
konnte, ob es herausgezogen oder eingesteckt werde. Dass
also Lucian die Composition des Euphranor beschreibe, kann
kaum zweifelhaft sein.
Es leuchtet ein, dass aus den bisher angeführten Nach-
richten ein Einfluss des Aristides auf Euphranor als seinen
Schüler sich nicht unmittelbar nachweisen lässt. Wenn nun
auch Plutarch von dem Bilde der Schlacht bei Mantinea be-
merkt, dass es in der Auffassung einen nicht geringen Grad
1) Annal. d. Inst. 1846, p. 303.
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Brunn, Heinrich: Geschichte der griechischen Künstler. T. 2, Abt. 1. Braunschweig, 1856, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen0201_1856/192>, abgerufen am 24.11.2024.
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