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Brunn, Heinrich: Geschichte der griechischen Künstler. T. 2, Abt. 1. Braunschweig, 1856.

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schichte fehlt. Auf eine, nemlich die des Bildhauers Kalli-
machos, glaube ich mit besonderem Nachdrucke verweisen
zu dürfen. Denn ihm, der wegen seiner übertriebenen Sorg-
falt sogar berüchtigt wurde, war ebenso, wie dem Nikopha-
nes, jene zierliche Anmuth (leptotes kai kharis) eigen, welche
den einen, wie den andern zu einer freieren und grossartigen
Entfaltung ihrer Kunst nicht gelangen liess, so verdienst-
voll ihre Werke in der Durchführung sonst sein mochten.

Schon bei Gelegenheit des Pausias wurde erwähnt, dass
Polemo 1) den Nikophanes unter den pornographoi anführt.
Wenn wir nun diese Bezeichnung von einer tadelnden Neben-
beziehung nicht freisprechen können, so werden wir auch
keinen Anstand nehmen, mit Wyttenbach bei Plutarch 2) den
Namen des Chaerephanes, als eines Malers, welcher akolastous
omilias guuaikon pros andras gemalt, in den des Nikophanes
zu verändern. Denn da in demselben Satze von Timomachos,
Theon, Parrhasios, also Künstlern ersten Ranges, die Rede
ist, so können wir in dieser ausgesuchten Reihe als vierten
einen Unbekannten um so weniger dulden, als sich Niko-
phanes, ein Künstler von anerkanntem Rufe, ohne Schwie-
rigkeit an seine Stelle setzen lässt, sowohl der äusseren
Namensverwandtschaft wegen, als besonders auch deshalb,
weil die bei Plutarch erwähnte und nicht eben vielen gemein-
same Richtung der Kunsthätigkeit gerade dem Nikophanes
noch durch ein anderes Zeugniss beigelegt wird.


An diese Maler, welche den eigentlichen Kern der si-
kyonischen Schule bilden, schliessen wir wegen der Gemein-
samkeit des Vaterlandes noch die folgenden an:

Eutychides
von Plinius unter den Künstlern zweiter Ordnung angeführt
malte ein von Victoria gelenktes Zweigespann: 35, 141.
Wahrscheinlich ist er identisch mit dem bekannten Bildhauer,
einem Schüler des Lysipp.

Arkesilas,
Sohn des Tisikrates, welcher letztere ebenfalls der Schule
des Lysipp angehörte, aus Sikyon, erscheint bei Plinius unter

1) Bei Athenaeus XIII, p. 567 B.
2) De aud. poet. p. 18 A.

schichte fehlt. Auf eine, nemlich die des Bildhauers Kalli-
machos, glaube ich mit besonderem Nachdrucke verweisen
zu dürfen. Denn ihm, der wegen seiner übertriebenen Sorg-
falt sogar berüchtigt wurde, war ebenso, wie dem Nikopha-
nes, jene zierliche Anmuth (λεπτότης καὶ χάϱις) eigen, welche
den einen, wie den andern zu einer freieren und grossartigen
Entfaltung ihrer Kunst nicht gelangen liess, so verdienst-
voll ihre Werke in der Durchführung sonst sein mochten.

Schon bei Gelegenheit des Pausias wurde erwähnt, dass
Polemo 1) den Nikophanes unter den ποϱνογϱάφοι anführt.
Wenn wir nun diese Bezeichnung von einer tadelnden Neben-
beziehung nicht freisprechen können, so werden wir auch
keinen Anstand nehmen, mit Wyttenbach bei Plutarch 2) den
Namen des Chaerephanes, als eines Malers, welcher ἀκολάστους
ὁμιλίας γυυαικῶν πϱὸς ἄνδϱας gemalt, in den des Nikophanes
zu verändern. Denn da in demselben Satze von Timomachos,
Theon, Parrhasios, also Künstlern ersten Ranges, die Rede
ist, so können wir in dieser ausgesuchten Reihe als vierten
einen Unbekannten um so weniger dulden, als sich Niko-
phanes, ein Künstler von anerkanntem Rufe, ohne Schwie-
rigkeit an seine Stelle setzen lässt, sowohl der äusseren
Namensverwandtschaft wegen, als besonders auch deshalb,
weil die bei Plutarch erwähnte und nicht eben vielen gemein-
same Richtung der Kunsthätigkeit gerade dem Nikophanes
noch durch ein anderes Zeugniss beigelegt wird.


An diese Maler, welche den eigentlichen Kern der si-
kyonischen Schule bilden, schliessen wir wegen der Gemein-
samkeit des Vaterlandes noch die folgenden an:

Eutychides
von Plinius unter den Künstlern zweiter Ordnung angeführt
malte ein von Victoria gelenktes Zweigespann: 35, 141.
Wahrscheinlich ist er identisch mit dem bekannten Bildhauer,
einem Schüler des Lysipp.

Arkesilas,
Sohn des Tisikrates, welcher letztere ebenfalls der Schule
des Lysipp angehörte, aus Sikyon, erscheint bei Plinius unter

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[157/0165] schichte fehlt. Auf eine, nemlich die des Bildhauers Kalli- machos, glaube ich mit besonderem Nachdrucke verweisen zu dürfen. Denn ihm, der wegen seiner übertriebenen Sorg- falt sogar berüchtigt wurde, war ebenso, wie dem Nikopha- nes, jene zierliche Anmuth (λεπτότης καὶ χάϱις) eigen, welche den einen, wie den andern zu einer freieren und grossartigen Entfaltung ihrer Kunst nicht gelangen liess, so verdienst- voll ihre Werke in der Durchführung sonst sein mochten. Schon bei Gelegenheit des Pausias wurde erwähnt, dass Polemo 1) den Nikophanes unter den ποϱνογϱάφοι anführt. Wenn wir nun diese Bezeichnung von einer tadelnden Neben- beziehung nicht freisprechen können, so werden wir auch keinen Anstand nehmen, mit Wyttenbach bei Plutarch 2) den Namen des Chaerephanes, als eines Malers, welcher ἀκολάστους ὁμιλίας γυυαικῶν πϱὸς ἄνδϱας gemalt, in den des Nikophanes zu verändern. Denn da in demselben Satze von Timomachos, Theon, Parrhasios, also Künstlern ersten Ranges, die Rede ist, so können wir in dieser ausgesuchten Reihe als vierten einen Unbekannten um so weniger dulden, als sich Niko- phanes, ein Künstler von anerkanntem Rufe, ohne Schwie- rigkeit an seine Stelle setzen lässt, sowohl der äusseren Namensverwandtschaft wegen, als besonders auch deshalb, weil die bei Plutarch erwähnte und nicht eben vielen gemein- same Richtung der Kunsthätigkeit gerade dem Nikophanes noch durch ein anderes Zeugniss beigelegt wird. An diese Maler, welche den eigentlichen Kern der si- kyonischen Schule bilden, schliessen wir wegen der Gemein- samkeit des Vaterlandes noch die folgenden an: Eutychides von Plinius unter den Künstlern zweiter Ordnung angeführt malte ein von Victoria gelenktes Zweigespann: 35, 141. Wahrscheinlich ist er identisch mit dem bekannten Bildhauer, einem Schüler des Lysipp. Arkesilas, Sohn des Tisikrates, welcher letztere ebenfalls der Schule des Lysipp angehörte, aus Sikyon, erscheint bei Plinius unter 1) Bei Athenaeus XIII, p. 567 B. 2) De aud. poet. p. 18 A.

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Zitationshilfe: Brunn, Heinrich: Geschichte der griechischen Künstler. T. 2, Abt. 1. Braunschweig, 1856, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen0201_1856/165>, abgerufen am 22.11.2024.