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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853.

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was auf demselben erreicht ist, und es wird sich zeigen, dass
die Grenzen unserer Aufgabe keineswegs überschritten worden
sind. Eine grössere Ausführlichkeit war nothwendig, selbst
um nur die ersten und nothwendigsten Gesichtspunkte aufzu-
stellen, mit deren Hülfe die rein kunstgeschichtliche Forschung
es unternehmen möge, theils in der Masse erhaltener Kunst-
werke Gleichartiges zusammenzuordnen, theils den Verlauf der
Entwickelungen vollständiger und umfassender aus den Denk-
mälern selbst darzustellen. Diesen Versuch schon jetzt zu
wagen und ein abgeschlossenes Bild der griechischen Kunst
in Rom auch nur in allgemeinen Umrissen zu entwerfen, müs-
sen wir bei den geringen Mitteln, die wir hier benutzen dür-
fen, uns versagen. Wir kennen eben nur die Ausgangspunkte
der ganzen Entwickelung.

Anfangs nahm Rom, wie schon bemerkt ward, das Fremde
in seinen verschiedenen Gestalten auf, ohne selbstständige An-
forderungen zu stellen. In der Heimath der einwandernden
Künstler lebte die alte Ueberlieferung zum Theil noch fort
und sie brachten daher ihre eigene vaterländische Kunst nach
Rom. Je länger sie aber dort in Anspruch genommen wurden,
und je mehr sich dort nach und nach besondere künstlerische
Bedürfnisse geltend machten, um so weniger vermochten sie
den eigenthümlichen, auf der Natur der Heimath beruhenden
Charakter ihrer Kunst in seiner Reinheit auf die Länge fest-
zuhalten. Der so eingeleitete Auflösungsprocess aber musste
durch den Zusammenfluss der verschiedenartigsten Richtungen
in Rom nur beschleunigt werden. Denn wenn auch in dem
dadurch bedingten Wetteifer die Gegensätze zuweilen um so
schärfer hervortreten mochten, so konnte doch nach und nach
eine Wechselwirkung nicht ausbleiben. Für das Gedeihen einer
eigenthümlich römischen Kunst wirkte dieses Abschleifen des
schärferen Charakters der einzelnen Schulen wahrscheinlich
vortheilhaft: die Werke namentlich aus der Zeit des Trajan
können den Beweis dafür liefern. Aber bei dem Mangel eines
tieferen Kunstsinnes in der Gesammtheit des römischen Volkes,
bei der mit gewaltigen Schritten hereinbrechenden Auflösung
aller Ordnungen des Staates konnten auch diese mehr natio-
nalen Bestrebungen die allmählige Verflachung und endlich den
vollständigen Verfall nicht aufhalten. So ist, was wir aus der
Geschichte der Künstler kennen lernen, eigentlich nur eine

was auf demselben erreicht ist, und es wird sich zeigen, dass
die Grenzen unserer Aufgabe keineswegs überschritten worden
sind. Eine grössere Ausführlichkeit war nothwendig, selbst
um nur die ersten und nothwendigsten Gesichtspunkte aufzu-
stellen, mit deren Hülfe die rein kunstgeschichtliche Forschung
es unternehmen möge, theils in der Masse erhaltener Kunst-
werke Gleichartiges zusammenzuordnen, theils den Verlauf der
Entwickelungen vollständiger und umfassender aus den Denk-
mälern selbst darzustellen. Diesen Versuch schon jetzt zu
wagen und ein abgeschlossenes Bild der griechischen Kunst
in Rom auch nur in allgemeinen Umrissen zu entwerfen, müs-
sen wir bei den geringen Mitteln, die wir hier benutzen dür-
fen, uns versagen. Wir kennen eben nur die Ausgangspunkte
der ganzen Entwickelung.

Anfangs nahm Rom, wie schon bemerkt ward, das Fremde
in seinen verschiedenen Gestalten auf, ohne selbstständige An-
forderungen zu stellen. In der Heimath der einwandernden
Künstler lebte die alte Ueberlieferung zum Theil noch fort
und sie brachten daher ihre eigene vaterländische Kunst nach
Rom. Je länger sie aber dort in Anspruch genommen wurden,
und je mehr sich dort nach und nach besondere künstlerische
Bedürfnisse geltend machten, um so weniger vermochten sie
den eigenthümlichen, auf der Natur der Heimath beruhenden
Charakter ihrer Kunst in seiner Reinheit auf die Länge fest-
zuhalten. Der so eingeleitete Auflösungsprocess aber musste
durch den Zusammenfluss der verschiedenartigsten Richtungen
in Rom nur beschleunigt werden. Denn wenn auch in dem
dadurch bedingten Wetteifer die Gegensätze zuweilen um so
schärfer hervortreten mochten, so konnte doch nach und nach
eine Wechselwirkung nicht ausbleiben. Für das Gedeihen einer
eigenthümlich römischen Kunst wirkte dieses Abschleifen des
schärferen Charakters der einzelnen Schulen wahrscheinlich
vortheilhaft: die Werke namentlich aus der Zeit des Trajan
können den Beweis dafür liefern. Aber bei dem Mangel eines
tieferen Kunstsinnes in der Gesammtheit des römischen Volkes,
bei der mit gewaltigen Schritten hereinbrechenden Auflösung
aller Ordnungen des Staates konnten auch diese mehr natio-
nalen Bestrebungen die allmählige Verflachung und endlich den
vollständigen Verfall nicht aufhalten. So ist, was wir aus der
Geschichte der Künstler kennen lernen, eigentlich nur eine

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[618/0631] was auf demselben erreicht ist, und es wird sich zeigen, dass die Grenzen unserer Aufgabe keineswegs überschritten worden sind. Eine grössere Ausführlichkeit war nothwendig, selbst um nur die ersten und nothwendigsten Gesichtspunkte aufzu- stellen, mit deren Hülfe die rein kunstgeschichtliche Forschung es unternehmen möge, theils in der Masse erhaltener Kunst- werke Gleichartiges zusammenzuordnen, theils den Verlauf der Entwickelungen vollständiger und umfassender aus den Denk- mälern selbst darzustellen. Diesen Versuch schon jetzt zu wagen und ein abgeschlossenes Bild der griechischen Kunst in Rom auch nur in allgemeinen Umrissen zu entwerfen, müs- sen wir bei den geringen Mitteln, die wir hier benutzen dür- fen, uns versagen. Wir kennen eben nur die Ausgangspunkte der ganzen Entwickelung. Anfangs nahm Rom, wie schon bemerkt ward, das Fremde in seinen verschiedenen Gestalten auf, ohne selbstständige An- forderungen zu stellen. In der Heimath der einwandernden Künstler lebte die alte Ueberlieferung zum Theil noch fort und sie brachten daher ihre eigene vaterländische Kunst nach Rom. Je länger sie aber dort in Anspruch genommen wurden, und je mehr sich dort nach und nach besondere künstlerische Bedürfnisse geltend machten, um so weniger vermochten sie den eigenthümlichen, auf der Natur der Heimath beruhenden Charakter ihrer Kunst in seiner Reinheit auf die Länge fest- zuhalten. Der so eingeleitete Auflösungsprocess aber musste durch den Zusammenfluss der verschiedenartigsten Richtungen in Rom nur beschleunigt werden. Denn wenn auch in dem dadurch bedingten Wetteifer die Gegensätze zuweilen um so schärfer hervortreten mochten, so konnte doch nach und nach eine Wechselwirkung nicht ausbleiben. Für das Gedeihen einer eigenthümlich römischen Kunst wirkte dieses Abschleifen des schärferen Charakters der einzelnen Schulen wahrscheinlich vortheilhaft: die Werke namentlich aus der Zeit des Trajan können den Beweis dafür liefern. Aber bei dem Mangel eines tieferen Kunstsinnes in der Gesammtheit des römischen Volkes, bei der mit gewaltigen Schritten hereinbrechenden Auflösung aller Ordnungen des Staates konnten auch diese mehr natio- nalen Bestrebungen die allmählige Verflachung und endlich den vollständigen Verfall nicht aufhalten. So ist, was wir aus der Geschichte der Künstler kennen lernen, eigentlich nur eine

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Zitationshilfe: Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853, S. 618. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen01_1853/631>, abgerufen am 22.11.2024.