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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853.

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dienst desselben bildet, kann sie, obwohl an sich ein Lob, in
mancher Beziehung sogar zum Tadel gereichen, da sie nicht
sowohl zur Bewunderung des Werkes, als des Künstlers und
des von ihm dargelegten Wissens auffordert. Dies ist aber
nach den bisherigen Bemerkungen in der That bei dem Fech-
ter der Fall; und er schliesst sich gerade in dieser Beziehung
den Werken der vorigen Periode nicht weniger eng an, als in
Rücksicht auf den in der ganzen Composition gesuchten Effect.

Ist nun, wie ich hoffe, der innere Zusammenhang zwi-
schen den kleinasiatischen Kunstschulen der Diadochen- und
der römischen Periode hinlänglich nachgewiesen, so werden
nur noch wenige Worte über das Verhältniss ihres gegensei-
tigen Werthes hinzuzufügen sein. Hierbei macht es sich al-
lerdings als ein grosser Mangel fühlbar, dass wir von der
Composition des Ganzen, von dem der Fechter nur einen Theil
bildet, keinen genügenden Begriff haben. Denn wenn wir auch
bei den Gruppen des Laokoon und des Stiers nicht anders, als
beim Fechter, auf das Studirte und Berechnete in Technik und
Behandlung der Form und Composition hinweisen mussten,
wodurch die Künstler ihre Meisterschaft geltend zu machen
sich bestrebten, so waren doch selbst diese Bestrebungen noch
immer einem höheren Zwecke untergeordnet, nemlich in ihrer
Vereinigung dem dramatischen Pathos der dargestellten Hand-
lung den höchsten und prägnantesten Ausdruck zu leihen.
Auf jeden Fall hatten die Künstler zweierlei verstanden, eines
Theils die Aufmerksamkeit des Beschauers so scharf auf die-
ses Pathos hinzulenken, dass alle übrigen Eigenthümlichkeiten
aus diesem Grundcharakter wie mit Nothwendigkeit hervor-
gegangen schienen, anderen Theils, jeden Theil ihrer Aufgabe
in dem Sinne und in der Absicht, in welcher sie denselben
erfasst hatten, mit einem hohen Grade von Vollkommenheit
zu lösen. Gerade in diesen beiden Beziehungen, werden wir
nun nach den bisherigen Erörterungen behaupten dürfen, stand
der Künstler des Fechters seinen Vorgängern nach. Mag auch
sein noch erhaltenes Werk in Verbindung mit anderen Glie-
dern einer Composition ein höheres geistiges oder poetisches
Interesse in Anspruch genommen haben, als in seiner Verein-
zelung, immer wird weder die äussere Einheit des Ganzen
eine so eng geschlossene gewesen sein, noch die Handlung
selbst eine so ergreifende Wirkung auf das Gemüth des Be-

dienst desselben bildet, kann sie, obwohl an sich ein Lob, in
mancher Beziehung sogar zum Tadel gereichen, da sie nicht
sowohl zur Bewunderung des Werkes, als des Künstlers und
des von ihm dargelegten Wissens auffordert. Dies ist aber
nach den bisherigen Bemerkungen in der That bei dem Fech-
ter der Fall; und er schliesst sich gerade in dieser Beziehung
den Werken der vorigen Periode nicht weniger eng an, als in
Rücksicht auf den in der ganzen Composition gesuchten Effect.

Ist nun, wie ich hoffe, der innere Zusammenhang zwi-
schen den kleinasiatischen Kunstschulen der Diadochen- und
der römischen Periode hinlänglich nachgewiesen, so werden
nur noch wenige Worte über das Verhältniss ihres gegensei-
tigen Werthes hinzuzufügen sein. Hierbei macht es sich al-
lerdings als ein grosser Mangel fühlbar, dass wir von der
Composition des Ganzen, von dem der Fechter nur einen Theil
bildet, keinen genügenden Begriff haben. Denn wenn wir auch
bei den Gruppen des Laokoon und des Stiers nicht anders, als
beim Fechter, auf das Studirte und Berechnete in Technik und
Behandlung der Form und Composition hinweisen mussten,
wodurch die Künstler ihre Meisterschaft geltend zu machen
sich bestrebten, so waren doch selbst diese Bestrebungen noch
immer einem höheren Zwecke untergeordnet, nemlich in ihrer
Vereinigung dem dramatischen Pathos der dargestellten Hand-
lung den höchsten und prägnantesten Ausdruck zu leihen.
Auf jeden Fall hatten die Künstler zweierlei verstanden, eines
Theils die Aufmerksamkeit des Beschauers so scharf auf die-
ses Pathos hinzulenken, dass alle übrigen Eigenthümlichkeiten
aus diesem Grundcharakter wie mit Nothwendigkeit hervor-
gegangen schienen, anderen Theils, jeden Theil ihrer Aufgabe
in dem Sinne und in der Absicht, in welcher sie denselben
erfasst hatten, mit einem hohen Grade von Vollkommenheit
zu lösen. Gerade in diesen beiden Beziehungen, werden wir
nun nach den bisherigen Erörterungen behaupten dürfen, stand
der Künstler des Fechters seinen Vorgängern nach. Mag auch
sein noch erhaltenes Werk in Verbindung mit anderen Glie-
dern einer Composition ein höheres geistiges oder poetisches
Interesse in Anspruch genommen haben, als in seiner Verein-
zelung, immer wird weder die äussere Einheit des Ganzen
eine so eng geschlossene gewesen sein, noch die Handlung
selbst eine so ergreifende Wirkung auf das Gemüth des Be-

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[582/0595] dienst desselben bildet, kann sie, obwohl an sich ein Lob, in mancher Beziehung sogar zum Tadel gereichen, da sie nicht sowohl zur Bewunderung des Werkes, als des Künstlers und des von ihm dargelegten Wissens auffordert. Dies ist aber nach den bisherigen Bemerkungen in der That bei dem Fech- ter der Fall; und er schliesst sich gerade in dieser Beziehung den Werken der vorigen Periode nicht weniger eng an, als in Rücksicht auf den in der ganzen Composition gesuchten Effect. Ist nun, wie ich hoffe, der innere Zusammenhang zwi- schen den kleinasiatischen Kunstschulen der Diadochen- und der römischen Periode hinlänglich nachgewiesen, so werden nur noch wenige Worte über das Verhältniss ihres gegensei- tigen Werthes hinzuzufügen sein. Hierbei macht es sich al- lerdings als ein grosser Mangel fühlbar, dass wir von der Composition des Ganzen, von dem der Fechter nur einen Theil bildet, keinen genügenden Begriff haben. Denn wenn wir auch bei den Gruppen des Laokoon und des Stiers nicht anders, als beim Fechter, auf das Studirte und Berechnete in Technik und Behandlung der Form und Composition hinweisen mussten, wodurch die Künstler ihre Meisterschaft geltend zu machen sich bestrebten, so waren doch selbst diese Bestrebungen noch immer einem höheren Zwecke untergeordnet, nemlich in ihrer Vereinigung dem dramatischen Pathos der dargestellten Hand- lung den höchsten und prägnantesten Ausdruck zu leihen. Auf jeden Fall hatten die Künstler zweierlei verstanden, eines Theils die Aufmerksamkeit des Beschauers so scharf auf die- ses Pathos hinzulenken, dass alle übrigen Eigenthümlichkeiten aus diesem Grundcharakter wie mit Nothwendigkeit hervor- gegangen schienen, anderen Theils, jeden Theil ihrer Aufgabe in dem Sinne und in der Absicht, in welcher sie denselben erfasst hatten, mit einem hohen Grade von Vollkommenheit zu lösen. Gerade in diesen beiden Beziehungen, werden wir nun nach den bisherigen Erörterungen behaupten dürfen, stand der Künstler des Fechters seinen Vorgängern nach. Mag auch sein noch erhaltenes Werk in Verbindung mit anderen Glie- dern einer Composition ein höheres geistiges oder poetisches Interesse in Anspruch genommen haben, als in seiner Verein- zelung, immer wird weder die äussere Einheit des Ganzen eine so eng geschlossene gewesen sein, noch die Handlung selbst eine so ergreifende Wirkung auf das Gemüth des Be-

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Zitationshilfe: Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853, S. 582. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen01_1853/595>, abgerufen am 25.11.2024.