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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853.

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p. 429. Den fehlenden Anfang ergänzt Ross: Euboulides
Eu]kheiros Kropides epoiesen, wie ich glaube, mit vollem Recht.
Denn da wir einmal in dieser Künstlerfamilie die Namen Eubu-
lides und Eucheir kennen, so erscheint es, wenn nicht durch-
aus unstatthaft, doch höchst unwahrscheinlich, nach dem Vor-
schlage von Stephani und Rangabe neben diesen beiden noch
Eukheiros (als Nominativform) anzunehmen und auf diesen, nicht
auf Eubulides als Sohn des Eucheir die Inschrift zu beziehen.
Dagegen scheinen diese Gelehrten mit Recht an Ross' anderer
Annahme zu zweifeln: dass die Inschrift zu dem von Pausa-
nias beschriebenen Werke des Eubulides gehöre, weil man
sie bei einem umfangreichen Piedestal gefunden, welches zur
Aufnahme desselben ganz geschickt sei. Ich wage nichts über
die topographischen Bedenken zu entscheiden, welche gegen
diese Ansicht erhoben sind. Doch ist der Fundort so wenig
entscheidend, dass Ross nicht sowohl auf ihn seine Behaup-
tung gründet, als vielmehr auf letztere topographische Schlüsse
bauet. Aber Pausanias scheint das Werk nicht neben, son-
dern im Hause des Polytion aufgestellt gesehen zu haben,
welches damals dem Dionysos Melpomenos (einer dem Apollo
Musagetes verwandten Gottheit) geweiht war. Noch wichti-
ger ist es, dass nach Pausanias Eubulides die Statuen nicht nur
gemacht, sondern auch geweiht hatte, was mit dem einfachen
epoiesen der Inschrift nicht wohl in Einklang zu bringen ist.

Nehmen wir alle diese Nachrichten zusammen, so lassen
sich daraus zwei verschiedene genealogische Reihen bilden:

EubulidesEucheir
EucheirEubulides
EubulidesEucheir

deren erstere von Böckh, die zweite von Raoul-Rochette
(Lettre a Mr. Schorn, p. 307) vertheidigt wird. Eine bestimmte
Entscheidung ist in dieser Streitfrage um so weniger möglich,
als wir nicht wissen können, ob sich nicht dieselben Namen
noch in mehreren Generationen wiederholten. Den einzigen
sicheren Haltpunkt gewähren wohl die Inschriften, indem nach
den Buchstabenformen die zweite die jüngere zu sein scheint.
Für die Bestimmung der Zeit ergiebt sich daraus wenigstens
so viel, dass diese Künstlerfamilie etwa gegen den Beginn der
Kaiserzeit blühte.

p. 429. Den fehlenden Anfang ergänzt Ross: Εὐβουλίδης
Εὔ]χειρος Κρωπίδης ἐποίησεν, wie ich glaube, mit vollem Recht.
Denn da wir einmal in dieser Künstlerfamilie die Namen Eubu-
lides und Eucheir kennen, so erscheint es, wenn nicht durch-
aus unstatthaft, doch höchst unwahrscheinlich, nach dem Vor-
schlage von Stephani und Rangabé neben diesen beiden noch
Εὔχειρος (als Nominativform) anzunehmen und auf diesen, nicht
auf Eubulides als Sohn des Eucheir die Inschrift zu beziehen.
Dagegen scheinen diese Gelehrten mit Recht an Ross’ anderer
Annahme zu zweifeln: dass die Inschrift zu dem von Pausa-
nias beschriebenen Werke des Eubulides gehöre, weil man
sie bei einem umfangreichen Piedestal gefunden, welches zur
Aufnahme desselben ganz geschickt sei. Ich wage nichts über
die topographischen Bedenken zu entscheiden, welche gegen
diese Ansicht erhoben sind. Doch ist der Fundort so wenig
entscheidend, dass Ross nicht sowohl auf ihn seine Behaup-
tung gründet, als vielmehr auf letztere topographische Schlüsse
bauet. Aber Pausanias scheint das Werk nicht neben, son-
dern im Hause des Polytion aufgestellt gesehen zu haben,
welches damals dem Dionysos Melpomenos (einer dem Apollo
Musagetes verwandten Gottheit) geweiht war. Noch wichti-
ger ist es, dass nach Pausanias Eubulides die Statuen nicht nur
gemacht, sondern auch geweiht hatte, was mit dem einfachen
ἐποίησεν der Inschrift nicht wohl in Einklang zu bringen ist.

Nehmen wir alle diese Nachrichten zusammen, so lassen
sich daraus zwei verschiedene genealogische Reihen bilden:

EubulidesEucheir
EucheirEubulides
EubulidesEucheir

deren erstere von Böckh, die zweite von Raoul-Rochette
(Lettre à Mr. Schorn, p. 307) vertheidigt wird. Eine bestimmte
Entscheidung ist in dieser Streitfrage um so weniger möglich,
als wir nicht wissen können, ob sich nicht dieselben Namen
noch in mehreren Generationen wiederholten. Den einzigen
sicheren Haltpunkt gewähren wohl die Inschriften, indem nach
den Buchstabenformen die zweite die jüngere zu sein scheint.
Für die Bestimmung der Zeit ergiebt sich daraus wenigstens
so viel, dass diese Künstlerfamilie etwa gegen den Beginn der
Kaiserzeit blühte.

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[552/0565] p. 429. Den fehlenden Anfang ergänzt Ross: Εὐβουλίδης Εὔ]χειρος Κρωπίδης ἐποίησεν, wie ich glaube, mit vollem Recht. Denn da wir einmal in dieser Künstlerfamilie die Namen Eubu- lides und Eucheir kennen, so erscheint es, wenn nicht durch- aus unstatthaft, doch höchst unwahrscheinlich, nach dem Vor- schlage von Stephani und Rangabé neben diesen beiden noch Εὔχειρος (als Nominativform) anzunehmen und auf diesen, nicht auf Eubulides als Sohn des Eucheir die Inschrift zu beziehen. Dagegen scheinen diese Gelehrten mit Recht an Ross’ anderer Annahme zu zweifeln: dass die Inschrift zu dem von Pausa- nias beschriebenen Werke des Eubulides gehöre, weil man sie bei einem umfangreichen Piedestal gefunden, welches zur Aufnahme desselben ganz geschickt sei. Ich wage nichts über die topographischen Bedenken zu entscheiden, welche gegen diese Ansicht erhoben sind. Doch ist der Fundort so wenig entscheidend, dass Ross nicht sowohl auf ihn seine Behaup- tung gründet, als vielmehr auf letztere topographische Schlüsse bauet. Aber Pausanias scheint das Werk nicht neben, son- dern im Hause des Polytion aufgestellt gesehen zu haben, welches damals dem Dionysos Melpomenos (einer dem Apollo Musagetes verwandten Gottheit) geweiht war. Noch wichti- ger ist es, dass nach Pausanias Eubulides die Statuen nicht nur gemacht, sondern auch geweiht hatte, was mit dem einfachen ἐποίησεν der Inschrift nicht wohl in Einklang zu bringen ist. Nehmen wir alle diese Nachrichten zusammen, so lassen sich daraus zwei verschiedene genealogische Reihen bilden: Eubulides Eucheir Eucheir Eubulides Eubulides Eucheir deren erstere von Böckh, die zweite von Raoul-Rochette (Lettre à Mr. Schorn, p. 307) vertheidigt wird. Eine bestimmte Entscheidung ist in dieser Streitfrage um so weniger möglich, als wir nicht wissen können, ob sich nicht dieselben Namen noch in mehreren Generationen wiederholten. Den einzigen sicheren Haltpunkt gewähren wohl die Inschriften, indem nach den Buchstabenformen die zweite die jüngere zu sein scheint. Für die Bestimmung der Zeit ergiebt sich daraus wenigstens so viel, dass diese Künstlerfamilie etwa gegen den Beginn der Kaiserzeit blühte.

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Zitationshilfe: Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853, S. 552. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen01_1853/565>, abgerufen am 21.05.2024.