Dem älteren Polykles der 102ten Olympiade haben wir si- cher nur eine Statue des Alkibiades beilegen können.
Der jüngere Polykles, des Stadieus Schüler, arbeitete mit Dionysios den Juppiter, für sich allein eine Juno im Porticus der Octavia, ferner die Siegerstatue des Pankratiastenknaben Amyntas. Sein Werk war wahrscheinlich auch der vorzüg- liche Hermaphrodit, von welchem Plinius (34, 80) spricht. Denn das weichlich Ueppige ähnlicher Bildungen entspricht mehr der Zeit nach, als vor Skopas und Praxiteles, welche zuerst die Aphrodite zu entkleiden wagten. Ob freilich eine der noch erhaltenen Statuen auf das Vorbild des Polykles zu- rückzuführen ist, und welche unter ihnen, sind wir zu be- stimmen ausser Stande. Auch von einer Statue des Herakles besitzen wir nichts, als die Notiz, dass ein Bild des Scipio zu Rom ad POLUKLIeOU Herculem aufgestellt sei: so nemlich hat Mommsen die Worte des Cicero (ad Att. VI, 1, 17) aus mediceischen Handschriften emendirt: Zeitschr. f. Altw. 1845, S. 786. Dass uns nicht das Werk selbst in der eher- nen Statue des Hercules im Capitol erhalten ist, wie Bergk vermuthet, lehrt der Augenschein (über d. Standort vgl. arch. Zeit. 1846, S. 357.) Von einem anderen Werke hat man nur die jetzt wieder verlorene Basis mit der Inschrift:
[Abbildung]
in Rom dem Teatro Argentina gegenüber gefunden, bis wohin sich der Porticus hinter dem Theater des Pompeius erstreckte: Canina Arch. Rom. III, p. 310. Nur eine Vermuthung ist es, dass Polykles auch eine Gruppe der Musen gemacht habe, indem man in einem verderbten Fragment des Varro bei Nonius (s. v. ducere und aerificium), Nihil sunt Musae policis vestrae quos aerifice duxti, den Namen des Polykles zu finden meint.
Von Dionysios kennen wir ausser der Junostatue und sei- nem Antheil an dem Juppiter kein weiteres Werk.
Auch dem älteren Timarchides können wir mit Sicherheit nur die einzige Statue des Apollo mit der Cither beilegen.
Von Werken des Timokles und des jüngeren Timarchides kennen wir nur die aus Pausanias bereits angeführten: die Statue des Faustkämpfers Agesarchos, den bärtigen Askle- pios zu Elatea und ebendaselbst die zum Kampfe gerüstete Athene Kranaea, deren Schild nach dem der Parthenos zu Athen copirt war. Unentschieden lassen wir, ob von Plinius
Dem älteren Polykles der 102ten Olympiade haben wir si- cher nur eine Statue des Alkibiades beilegen können.
Der jüngere Polykles, des Stadieus Schüler, arbeitete mit Dionysios den Juppiter, für sich allein eine Juno im Porticus der Octavia, ferner die Siegerstatue des Pankratiastenknaben Amyntas. Sein Werk war wahrscheinlich auch der vorzüg- liche Hermaphrodit, von welchem Plinius (34, 80) spricht. Denn das weichlich Ueppige ähnlicher Bildungen entspricht mehr der Zeit nach, als vor Skopas und Praxiteles, welche zuerst die Aphrodite zu entkleiden wagten. Ob freilich eine der noch erhaltenen Statuen auf das Vorbild des Polykles zu- rückzuführen ist, und welche unter ihnen, sind wir zu be- stimmen ausser Stande. Auch von einer Statue des Herakles besitzen wir nichts, als die Notiz, dass ein Bild des Scipio zu Rom ad ΠΟΛΥΚΛЄΟΥϹ Herculem aufgestellt sei: so nemlich hat Mommsen die Worte des Cicero (ad Att. VI, 1, 17) aus mediceischen Handschriften emendirt: Zeitschr. f. Altw. 1845, S. 786. Dass uns nicht das Werk selbst in der eher- nen Statue des Hercules im Capitol erhalten ist, wie Bergk vermuthet, lehrt der Augenschein (über d. Standort vgl. arch. Zeit. 1846, S. 357.) Von einem anderen Werke hat man nur die jetzt wieder verlorene Basis mit der Inschrift:
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in Rom dem Teatro Argentina gegenüber gefunden, bis wohin sich der Porticus hinter dem Theater des Pompeius erstreckte: Canina Arch. Rom. III, p. 310. Nur eine Vermuthung ist es, dass Polykles auch eine Gruppe der Musen gemacht habe, indem man in einem verderbten Fragment des Varro bei Nonius (s. v. ducere und aerificium), Nihil sunt Musae policis vestrae quos aerifice duxti, den Namen des Polykles zu finden meint.
Von Dionysios kennen wir ausser der Junostatue und sei- nem Antheil an dem Juppiter kein weiteres Werk.
Auch dem älteren Timarchides können wir mit Sicherheit nur die einzige Statue des Apollo mit der Cither beilegen.
Von Werken des Timokles und des jüngeren Timarchides kennen wir nur die aus Pausanias bereits angeführten: die Statue des Faustkämpfers Agesarchos, den bärtigen Askle- pios zu Elatea und ebendaselbst die zum Kampfe gerüstete Athene Kranaea, deren Schild nach dem der Parthenos zu Athen copirt war. Unentschieden lassen wir, ob von Plinius
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Dem älteren Polykles der 102ten Olympiade haben wir si-
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Der jüngere Polykles, des Stadieus Schüler, arbeitete mit
Dionysios den Juppiter, für sich allein eine Juno im Porticus
der Octavia, ferner die Siegerstatue des Pankratiastenknaben
Amyntas. Sein Werk war wahrscheinlich auch der vorzüg-
liche Hermaphrodit, von welchem Plinius (34, 80) spricht.
Denn das weichlich Ueppige ähnlicher Bildungen entspricht
mehr der Zeit nach, als vor Skopas und Praxiteles, welche
zuerst die Aphrodite zu entkleiden wagten. Ob freilich eine
der noch erhaltenen Statuen auf das Vorbild des Polykles zu-
rückzuführen ist, und welche unter ihnen, sind wir zu be-
stimmen ausser Stande. Auch von einer Statue des Herakles
besitzen wir nichts, als die Notiz, dass ein Bild des Scipio
zu Rom ad ΠΟΛΥΚΛЄΟΥϹ Herculem aufgestellt sei: so
nemlich hat Mommsen die Worte des Cicero (ad Att. VI, 1,
17) aus mediceischen Handschriften emendirt: Zeitschr. f. Altw.
1845, S. 786. Dass uns nicht das Werk selbst in der eher-
nen Statue des Hercules im Capitol erhalten ist, wie Bergk
vermuthet, lehrt der Augenschein (über d. Standort vgl. arch.
Zeit. 1846, S. 357.) Von einem anderen Werke hat man nur
die jetzt wieder verlorene Basis mit der Inschrift:
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in Rom dem Teatro Argentina gegenüber gefunden, bis wohin
sich der Porticus hinter dem Theater des Pompeius erstreckte:
Canina Arch. Rom. III, p. 310. Nur eine Vermuthung ist es, dass
Polykles auch eine Gruppe der Musen gemacht habe, indem
man in einem verderbten Fragment des Varro bei Nonius (s. v.
ducere und aerificium), Nihil sunt Musae policis vestrae quos
aerifice duxti, den Namen des Polykles zu finden meint.
Von Dionysios kennen wir ausser der Junostatue und sei-
nem Antheil an dem Juppiter kein weiteres Werk.
Auch dem älteren Timarchides können wir mit Sicherheit
nur die einzige Statue des Apollo mit der Cither beilegen.
Von Werken des Timokles und des jüngeren Timarchides
kennen wir nur die aus Pausanias bereits angeführten: die
Statue des Faustkämpfers Agesarchos, den bärtigen Askle-
pios zu Elatea und ebendaselbst die zum Kampfe gerüstete
Athene Kranaea, deren Schild nach dem der Parthenos zu
Athen copirt war. Unentschieden lassen wir, ob von Plinius
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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853, S. 541. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen01_1853/554>, abgerufen am 22.11.2024.
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