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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853.

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Gründe bestärkt. Wenn daher auch einzelne Ausnahmen etwa
bis zum Beginne der Kaiserzeit herabreichen mögen, so er-
scheint es doch gerathener, diesen ganzen Rest als Anhang
zur Geschichte der griechischen Kunst vor der römischen Herr-
schaft zu vereinigen, als ihn an das Ende der nächsten Pe-
riode zu versetzen, wo er gänzlich ausser Zusammenhang er-
scheinen würde. Für die äussere Anordnung dieses Abschnit-
tes erweist es sich als das Vortheilhafteste, von der Bedeutung
der einzelnen Künstler abzusehen, und sie vielmehr nach den
Schriftstellern zusammenzustellen, welche von ihnen handeln.

Unter den Statuen olympischer Sieger, welche Pausanias
in seiner Beschreibung namhaft macht, sind 130--140, deren
Alter sich nach der Zeit der Siege oder der Künstler ganz
oder ziemlich sicher bestimmen lässt. Ausserdem finden wir
bei ihm noch etwa dreizehn Statuen von Siegern unbekannter
Zeit und als Werke sonst unbekannter Künstler angeführt.
Die Frage, ob sich über dieselben nicht wenigstens annähe-
rungsweise etwas festsetzen lässt, hängt eng mit der anderen
zusammen, ob der Gebrauch, Siegerstatuen aufzustellen, auf
eine bestimmte Periode beschränkt geblieben ist. Ich glaube
dieselbe bejahen zu müssen. Die ältesten Statuen, welche
Pausanias sah, waren die des Praxidamas und Rhexibios aus
Ol. 59 und 61. Das letzte Beispiel liefert Sarapion in der
217ten Olympiade: VI, 23, 4. Allein er bildet eine Ausnahme:
denn wenn wir auch von dem Zweifel Krause's1) absehen
wollen, ob er wirklich im Faustkampfe der Knaben gesiegt
habe, so war es doch gewiss nicht dieser Sieg, sondern die
Getreideschenkung während einer Hungersnoth in Elis, welche
ihm ein Ehrendenkmal seitens der Eleer eintrug. Lassen wir
also diese Ausnahme unberücksichtigt, so werden wir mit einem
grossen Sprunge rückwärts geführt bis etwa in die Zeit der
Zerstörung Korinths. Schon unmittelbar nach der Zeit Ale-
xanders werden die Statuen seltener. Von den Künstlern aus
der Schule des Lysipp machen Daippos und Kantharos je zwei,
Eutychides und Daetondas je eine; von einem unbekannten
Künstler ist die des Deinosthenes, welcher Ol. 116 siegt. In
die Zeit zwischen Ol. 130--140 fällt nachweisbar nur die des

1) Olymp. S. 369.

Gründe bestärkt. Wenn daher auch einzelne Ausnahmen etwa
bis zum Beginne der Kaiserzeit herabreichen mögen, so er-
scheint es doch gerathener, diesen ganzen Rest als Anhang
zur Geschichte der griechischen Kunst vor der römischen Herr-
schaft zu vereinigen, als ihn an das Ende der nächsten Pe-
riode zu versetzen, wo er gänzlich ausser Zusammenhang er-
scheinen würde. Für die äussere Anordnung dieses Abschnit-
tes erweist es sich als das Vortheilhafteste, von der Bedeutung
der einzelnen Künstler abzusehen, und sie vielmehr nach den
Schriftstellern zusammenzustellen, welche von ihnen handeln.

Unter den Statuen olympischer Sieger, welche Pausanias
in seiner Beschreibung namhaft macht, sind 130—140, deren
Alter sich nach der Zeit der Siege oder der Künstler ganz
oder ziemlich sicher bestimmen lässt. Ausserdem finden wir
bei ihm noch etwa dreizehn Statuen von Siegern unbekannter
Zeit und als Werke sonst unbekannter Künstler angeführt.
Die Frage, ob sich über dieselben nicht wenigstens annähe-
rungsweise etwas festsetzen lässt, hängt eng mit der anderen
zusammen, ob der Gebrauch, Siegerstatuen aufzustellen, auf
eine bestimmte Periode beschränkt geblieben ist. Ich glaube
dieselbe bejahen zu müssen. Die ältesten Statuen, welche
Pausanias sah, waren die des Praxidamas und Rhexibios aus
Ol. 59 und 61. Das letzte Beispiel liefert Sarapion in der
217ten Olympiade: VI, 23, 4. Allein er bildet eine Ausnahme:
denn wenn wir auch von dem Zweifel Krause’s1) absehen
wollen, ob er wirklich im Faustkampfe der Knaben gesiegt
habe, so war es doch gewiss nicht dieser Sieg, sondern die
Getreideschenkung während einer Hungersnoth in Elis, welche
ihm ein Ehrendenkmal seitens der Eleer eintrug. Lassen wir
also diese Ausnahme unberücksichtigt, so werden wir mit einem
grossen Sprunge rückwärts geführt bis etwa in die Zeit der
Zerstörung Korinths. Schon unmittelbar nach der Zeit Ale-
xanders werden die Statuen seltener. Von den Künstlern aus
der Schule des Lysipp machen Daïppos und Kantharos je zwei,
Eutychides und Daetondas je eine; von einem unbekannten
Künstler ist die des Deinosthenes, welcher Ol. 116 siegt. In
die Zeit zwischen Ol. 130—140 fällt nachweisbar nur die des

1) Olymp. S. 369.
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[520/0533] Gründe bestärkt. Wenn daher auch einzelne Ausnahmen etwa bis zum Beginne der Kaiserzeit herabreichen mögen, so er- scheint es doch gerathener, diesen ganzen Rest als Anhang zur Geschichte der griechischen Kunst vor der römischen Herr- schaft zu vereinigen, als ihn an das Ende der nächsten Pe- riode zu versetzen, wo er gänzlich ausser Zusammenhang er- scheinen würde. Für die äussere Anordnung dieses Abschnit- tes erweist es sich als das Vortheilhafteste, von der Bedeutung der einzelnen Künstler abzusehen, und sie vielmehr nach den Schriftstellern zusammenzustellen, welche von ihnen handeln. Unter den Statuen olympischer Sieger, welche Pausanias in seiner Beschreibung namhaft macht, sind 130—140, deren Alter sich nach der Zeit der Siege oder der Künstler ganz oder ziemlich sicher bestimmen lässt. Ausserdem finden wir bei ihm noch etwa dreizehn Statuen von Siegern unbekannter Zeit und als Werke sonst unbekannter Künstler angeführt. Die Frage, ob sich über dieselben nicht wenigstens annähe- rungsweise etwas festsetzen lässt, hängt eng mit der anderen zusammen, ob der Gebrauch, Siegerstatuen aufzustellen, auf eine bestimmte Periode beschränkt geblieben ist. Ich glaube dieselbe bejahen zu müssen. Die ältesten Statuen, welche Pausanias sah, waren die des Praxidamas und Rhexibios aus Ol. 59 und 61. Das letzte Beispiel liefert Sarapion in der 217ten Olympiade: VI, 23, 4. Allein er bildet eine Ausnahme: denn wenn wir auch von dem Zweifel Krause’s 1) absehen wollen, ob er wirklich im Faustkampfe der Knaben gesiegt habe, so war es doch gewiss nicht dieser Sieg, sondern die Getreideschenkung während einer Hungersnoth in Elis, welche ihm ein Ehrendenkmal seitens der Eleer eintrug. Lassen wir also diese Ausnahme unberücksichtigt, so werden wir mit einem grossen Sprunge rückwärts geführt bis etwa in die Zeit der Zerstörung Korinths. Schon unmittelbar nach der Zeit Ale- xanders werden die Statuen seltener. Von den Künstlern aus der Schule des Lysipp machen Daïppos und Kantharos je zwei, Eutychides und Daetondas je eine; von einem unbekannten Künstler ist die des Deinosthenes, welcher Ol. 116 siegt. In die Zeit zwischen Ol. 130—140 fällt nachweisbar nur die des 1) Olymp. S. 369.

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Zitationshilfe: Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853, S. 520. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen01_1853/533>, abgerufen am 16.05.2024.