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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853.

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auch ganz aus den gewohnten Kreisen herausführt: es ent-
spricht so ganz dem übrigen historischen Charakter dieser Epo-
che und gewährt uns gerade da, wo wir es wünschen, so
wichtige Aufschlüsse, dass wir uns gern dem Glauben hinge-
ben: es sei in diesen wenigen Nachrichten wirklich in der
Hauptsache erschöpft, was für die weitere eigenthümliche Ent-
wickelung der Kunst von Belang war.

Die alten Republiken, welche zumeist auf die Tugend
ihrer Bürger gegründet waren, sind bereits im Beginne dieses
Zeitraums vernichtet, im Innern zerfallen und machtlos ge-
worden. Selbst der achaeische Bund, mit dessen Untergang
diese Periode schliesst, war weniger aus dem Streben nach
grosser politischer Machtentfaltung, als aus einem Gefühle der
Schwäche hervorgegangen, welches den unvermeidlich drohen-
den Untergang durch gemeinsame Abwehr aufzuhalten suchte.
Von grossen künstlerischen Unternehmungen im Geiste der frü-
heren Zeit ist daher hier nicht die Rede. Die politische Macht
befand sich in den Händen des Königthums. In seinem Dien-
ste aber ward der Kunst eine andere Aufgabe zu Theil, als
in den früheren Republiken, welche, stets eifersüchtig auf den
Ruhm des Einzelnen, es vorzogen, lieber die Thaten der Vor-
fahren, als die der Zeitgenossen zu feiern. Die Könige woll-
ten Verherrlichung der eigenen Thaten; und so sehr sie da-
bei nach alter Weise der Götter als der Urheber alles Glückes
gedenken mochten, die Beziehung auf die Gegenwart musste
doch in weit schärferer Weise betont und hervorgehoben wer-
den. Dass und wie es geschehen, lehren in glänzender Weise
die noch erhaltenen Statuen der Gallier, Denkmäler der Siege
des Attalus und Eumenes über einen gefährlichen, wegen sei-
nes wilden Muthes gefürchteten Volksstamm. Sie gehören der
historischen Kunst im strengsten Sinne des Wortes an. --
Aber neben der politischen Auctorität der Könige hatte sich in
diesen Zeiten fortgeschrittener Civilisation eine andere Macht
zu hohem Ansehen zu erheben und ihre Selbstständigkeit zu
bewahren gewusst, die Macht des auf Handel und Verkehr be-
ruhenden Reichthums. Sie erscheint am reinsten und in ihrer
höchsten Entfaltung im Staate von Rhodos. Durch Bewahrung
einer gewissen Neutralität und, darauf gestützt, durch die Ver-
mittelung des Handels, selbst zwischen feindlichen Völkern und
Reichen, gewann diese Republik nicht nur Duldung bei den

auch ganz aus den gewohnten Kreisen herausführt: es ent-
spricht so ganz dem übrigen historischen Charakter dieser Epo-
che und gewährt uns gerade da, wo wir es wünschen, so
wichtige Aufschlüsse, dass wir uns gern dem Glauben hinge-
ben: es sei in diesen wenigen Nachrichten wirklich in der
Hauptsache erschöpft, was für die weitere eigenthümliche Ent-
wickelung der Kunst von Belang war.

Die alten Republiken, welche zumeist auf die Tugend
ihrer Bürger gegründet waren, sind bereits im Beginne dieses
Zeitraums vernichtet, im Innern zerfallen und machtlos ge-
worden. Selbst der achaeische Bund, mit dessen Untergang
diese Periode schliesst, war weniger aus dem Streben nach
grosser politischer Machtentfaltung, als aus einem Gefühle der
Schwäche hervorgegangen, welches den unvermeidlich drohen-
den Untergang durch gemeinsame Abwehr aufzuhalten suchte.
Von grossen künstlerischen Unternehmungen im Geiste der frü-
heren Zeit ist daher hier nicht die Rede. Die politische Macht
befand sich in den Händen des Königthums. In seinem Dien-
ste aber ward der Kunst eine andere Aufgabe zu Theil, als
in den früheren Republiken, welche, stets eifersüchtig auf den
Ruhm des Einzelnen, es vorzogen, lieber die Thaten der Vor-
fahren, als die der Zeitgenossen zu feiern. Die Könige woll-
ten Verherrlichung der eigenen Thaten; und so sehr sie da-
bei nach alter Weise der Götter als der Urheber alles Glückes
gedenken mochten, die Beziehung auf die Gegenwart musste
doch in weit schärferer Weise betont und hervorgehoben wer-
den. Dass und wie es geschehen, lehren in glänzender Weise
die noch erhaltenen Statuen der Gallier, Denkmäler der Siege
des Attalus und Eumenes über einen gefährlichen, wegen sei-
nes wilden Muthes gefürchteten Volksstamm. Sie gehören der
historischen Kunst im strengsten Sinne des Wortes an. —
Aber neben der politischen Auctorität der Könige hatte sich in
diesen Zeiten fortgeschrittener Civilisation eine andere Macht
zu hohem Ansehen zu erheben und ihre Selbstständigkeit zu
bewahren gewusst, die Macht des auf Handel und Verkehr be-
ruhenden Reichthums. Sie erscheint am reinsten und in ihrer
höchsten Entfaltung im Staate von Rhodos. Durch Bewahrung
einer gewissen Neutralität und, darauf gestützt, durch die Ver-
mittelung des Handels, selbst zwischen feindlichen Völkern und
Reichen, gewann diese Republik nicht nur Duldung bei den

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[507/0520] auch ganz aus den gewohnten Kreisen herausführt: es ent- spricht so ganz dem übrigen historischen Charakter dieser Epo- che und gewährt uns gerade da, wo wir es wünschen, so wichtige Aufschlüsse, dass wir uns gern dem Glauben hinge- ben: es sei in diesen wenigen Nachrichten wirklich in der Hauptsache erschöpft, was für die weitere eigenthümliche Ent- wickelung der Kunst von Belang war. Die alten Republiken, welche zumeist auf die Tugend ihrer Bürger gegründet waren, sind bereits im Beginne dieses Zeitraums vernichtet, im Innern zerfallen und machtlos ge- worden. Selbst der achaeische Bund, mit dessen Untergang diese Periode schliesst, war weniger aus dem Streben nach grosser politischer Machtentfaltung, als aus einem Gefühle der Schwäche hervorgegangen, welches den unvermeidlich drohen- den Untergang durch gemeinsame Abwehr aufzuhalten suchte. Von grossen künstlerischen Unternehmungen im Geiste der frü- heren Zeit ist daher hier nicht die Rede. Die politische Macht befand sich in den Händen des Königthums. In seinem Dien- ste aber ward der Kunst eine andere Aufgabe zu Theil, als in den früheren Republiken, welche, stets eifersüchtig auf den Ruhm des Einzelnen, es vorzogen, lieber die Thaten der Vor- fahren, als die der Zeitgenossen zu feiern. Die Könige woll- ten Verherrlichung der eigenen Thaten; und so sehr sie da- bei nach alter Weise der Götter als der Urheber alles Glückes gedenken mochten, die Beziehung auf die Gegenwart musste doch in weit schärferer Weise betont und hervorgehoben wer- den. Dass und wie es geschehen, lehren in glänzender Weise die noch erhaltenen Statuen der Gallier, Denkmäler der Siege des Attalus und Eumenes über einen gefährlichen, wegen sei- nes wilden Muthes gefürchteten Volksstamm. Sie gehören der historischen Kunst im strengsten Sinne des Wortes an. — Aber neben der politischen Auctorität der Könige hatte sich in diesen Zeiten fortgeschrittener Civilisation eine andere Macht zu hohem Ansehen zu erheben und ihre Selbstständigkeit zu bewahren gewusst, die Macht des auf Handel und Verkehr be- ruhenden Reichthums. Sie erscheint am reinsten und in ihrer höchsten Entfaltung im Staate von Rhodos. Durch Bewahrung einer gewissen Neutralität und, darauf gestützt, durch die Ver- mittelung des Handels, selbst zwischen feindlichen Völkern und Reichen, gewann diese Republik nicht nur Duldung bei den

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Zitationshilfe: Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853, S. 507. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen01_1853/520>, abgerufen am 24.11.2024.