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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853.

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zelnheiten einzugehen, scheint mir hier um so weniger nöthig,
als ich mit den von Welcker1) dargelegten Ansichten so voll-
ständig übereinstimme, dass ich auch nicht einen Punkt der-
selben aufgeben möchte. Auf seine Ausführungen verweise
ich also hiermit und begnüge mich mit der Darlegung der
Hauptpunkte.

Den Mittelpunkt der Streitfrage bildet die bekannte Stelle
des Plinius2), welche also hier in ihrer ganzen Ausdehnung
vorangestellt werden muss: Nec deinde multo plurium fama
est, quorundam claritati in operibus eximiis obstante numero
artificum, quoniam nec unus occupat gloriam nec plures pari-
ter nuncupari possunt, sicut in Laocoonte qui est in Titi impe-
ratoris domo, opus omnibus et picturae et statuariae artis
praeferendum. Ex uno lapide eum ac liberos draconumque
mirabilis nexus de consili sententia fecere summi artifices Age-
sander et Polydorus et Athenodorus Rhodii. Similiter palati-
nas domos Caesarum replevere probatissimis signis Craterus
cum Pythodoro, Polydeuces cum Hermolao, Pythodorus alius
cum Artemone et singularis Aphrodisius Trallianus. Im
36sten Buche hat Plinius zuerst die Hauptmasse der Künstler
in einem gewissen systematischen Zusammenhange aufgeführt.
Am Ende dieser Reihe folgt nun eine andere Anordnung, für
welche nicht die Person des Künstlers, sondern der Aufstel-
lungsort seiner Werke maassgebend gewesen ist: er führt die
berühmtesten früher nicht erwähnten Kunstwerke in Rom nach
den Localitäten der Stadt an: so die Werke im Besitze des
Asinius Pollio, andere im Porticus der Octavia, in den ser-
vilianischen Gärten. Darauf folgen der Laokoon im Palaste des
Titus, die Werke in den Kaiserpalästen, an dem Pantheon
des Agrippa u. s. w. Die in dieser Reihe erwähnten Künst-
ler gehören den verschiedensten Zeiten an; doch ist von de-
nen, über welche wir bestimmtere Nachrichten haben, keiner
nachweisbar jünger als Augustus. Wenn nun Plinius vom
Laokoon sagt, er befinde sich im Hause des Titus, so lässt
sich offenbar daraus allein für die Zeit der Entstehung dieses
Werkes durchaus nichts schliessen. Es findet sich aber auch
in den folgenden Worten keine Andeutung, dass das Werk

1) Alt. Denkm. I, S. 322 flgdd., 501 flgdd., namentlich 330 flgdd.
2) 36, 37.

zelnheiten einzugehen, scheint mir hier um so weniger nöthig,
als ich mit den von Welcker1) dargelegten Ansichten so voll-
ständig übereinstimme, dass ich auch nicht einen Punkt der-
selben aufgeben möchte. Auf seine Ausführungen verweise
ich also hiermit und begnüge mich mit der Darlegung der
Hauptpunkte.

Den Mittelpunkt der Streitfrage bildet die bekannte Stelle
des Plinius2), welche also hier in ihrer ganzen Ausdehnung
vorangestellt werden muss: Nec deinde multo plurium fama
est, quorundam claritati in operibus eximiis obstante numero
artificum, quoniam nec unus occupat gloriam nec plures pari-
ter nuncupari possunt, sicut in Laocoonte qui est in Titi impe-
ratoris domo, opus omnibus et picturae et statuariae artis
praeferendum. Ex uno lapide eum ac liberos draconumque
mirabilis nexus de consili sententia fecere summi artifices Age-
sander et Polydorus et Athenodorus Rhodii. Similiter palati-
nas domos Caesarum replevere probatissimis signis Craterus
cum Pythodoro, Polydeuces cum Hermolao, Pythodorus alius
cum Artemone et singularis Aphrodisius Trallianus. Im
36sten Buche hat Plinius zuerst die Hauptmasse der Künstler
in einem gewissen systematischen Zusammenhange aufgeführt.
Am Ende dieser Reihe folgt nun eine andere Anordnung, für
welche nicht die Person des Künstlers, sondern der Aufstel-
lungsort seiner Werke maassgebend gewesen ist: er führt die
berühmtesten früher nicht erwähnten Kunstwerke in Rom nach
den Localitäten der Stadt an: so die Werke im Besitze des
Asinius Pollio, andere im Porticus der Octavia, in den ser-
vilianischen Gärten. Darauf folgen der Laokoon im Palaste des
Titus, die Werke in den Kaiserpalästen, an dem Pantheon
des Agrippa u. s. w. Die in dieser Reihe erwähnten Künst-
ler gehören den verschiedensten Zeiten an; doch ist von de-
nen, über welche wir bestimmtere Nachrichten haben, keiner
nachweisbar jünger als Augustus. Wenn nun Plinius vom
Laokoon sagt, er befinde sich im Hause des Titus, so lässt
sich offenbar daraus allein für die Zeit der Entstehung dieses
Werkes durchaus nichts schliessen. Es findet sich aber auch
in den folgenden Worten keine Andeutung, dass das Werk

1) Alt. Denkm. I, S. 322 flgdd., 501 flgdd., namentlich 330 flgdd.
2) 36, 37.
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[475/0488] zelnheiten einzugehen, scheint mir hier um so weniger nöthig, als ich mit den von Welcker 1) dargelegten Ansichten so voll- ständig übereinstimme, dass ich auch nicht einen Punkt der- selben aufgeben möchte. Auf seine Ausführungen verweise ich also hiermit und begnüge mich mit der Darlegung der Hauptpunkte. Den Mittelpunkt der Streitfrage bildet die bekannte Stelle des Plinius 2), welche also hier in ihrer ganzen Ausdehnung vorangestellt werden muss: Nec deinde multo plurium fama est, quorundam claritati in operibus eximiis obstante numero artificum, quoniam nec unus occupat gloriam nec plures pari- ter nuncupari possunt, sicut in Laocoonte qui est in Titi impe- ratoris domo, opus omnibus et picturae et statuariae artis praeferendum. Ex uno lapide eum ac liberos draconumque mirabilis nexus de consili sententia fecere summi artifices Age- sander et Polydorus et Athenodorus Rhodii. Similiter palati- nas domos Caesarum replevere probatissimis signis Craterus cum Pythodoro, Polydeuces cum Hermolao, Pythodorus alius cum Artemone et singularis Aphrodisius Trallianus. Im 36sten Buche hat Plinius zuerst die Hauptmasse der Künstler in einem gewissen systematischen Zusammenhange aufgeführt. Am Ende dieser Reihe folgt nun eine andere Anordnung, für welche nicht die Person des Künstlers, sondern der Aufstel- lungsort seiner Werke maassgebend gewesen ist: er führt die berühmtesten früher nicht erwähnten Kunstwerke in Rom nach den Localitäten der Stadt an: so die Werke im Besitze des Asinius Pollio, andere im Porticus der Octavia, in den ser- vilianischen Gärten. Darauf folgen der Laokoon im Palaste des Titus, die Werke in den Kaiserpalästen, an dem Pantheon des Agrippa u. s. w. Die in dieser Reihe erwähnten Künst- ler gehören den verschiedensten Zeiten an; doch ist von de- nen, über welche wir bestimmtere Nachrichten haben, keiner nachweisbar jünger als Augustus. Wenn nun Plinius vom Laokoon sagt, er befinde sich im Hause des Titus, so lässt sich offenbar daraus allein für die Zeit der Entstehung dieses Werkes durchaus nichts schliessen. Es findet sich aber auch in den folgenden Worten keine Andeutung, dass das Werk 1) Alt. Denkm. I, S. 322 flgdd., 501 flgdd., namentlich 330 flgdd. 2) 36, 37.

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Zitationshilfe: Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853, S. 475. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen01_1853/488>, abgerufen am 01.09.2024.