des Künstlers bemerkt Petronius 1), er sei durch zu grosse Hingebung an die Vollendung eines einzelnen Werkes aus Mangel gestorben (Lysippum statuae unius lineamentis inhae- rentem inopia extinxit). Dem widerspricht jedoch in doppelter Hinsicht, was Plinius 2) berichtet: Lysipp habe 1500 Werke gemacht, so viele wie kein anderer, und alle von solcher Kunst, dass auch einzelne genügt hätten, ihn berühmt zu machen. Ihre Zahl sei nach dem Tode des Künstlers offenbar gewor- den, als der Erbe eine Sparkasse erbrochen, in welche Lysipp von der Bezahlung jedes Werkes regelmässig je einen Gold- denar zurückgelegt habe. Uns sind von dieser ungeheuren Masse nur die folgenden bekannt:
Ein eherner Koloss des Zeus zu Tarent von vierzig El- len Höhe. "Bewundernswerth ist an ihm, dass er mit der Hand zu bewegen sein soll -- so ist das Gleichgewicht abge- messen -- und doch von keinem Sturme erschüttert wird. Das soll auch der Künstler schon vorgesehen haben, indem er in einem mässigen Zwischenraume, wo sich der Strom des Windes hauptsächlich brechen musste, eine Säule aufstellte. Deshalb, wegen der Grösse und wegen der Schwierigkeit, ihn von der Stelle zu schaffen, hat ihn auch Fabius Verrucosus nicht an- gerührt, als er den Herakles auf dem Capitol von dort herüber- schaffte": Plin. 34, 40. Dass der Koloss einen Zeus darstellte, sagt Lucilius (bei Nonius s. v. cubitus): Lysippi Juppiter ista transivit quadraginta cubita altu' Tarento. Auch Strabo (VI, p. 278) nennt ihn, nur ohne Angabe des Künstlers, ein Bild des Zeus und den grössten aller Kolosse zunächst dem rhodischen.
Zeus aus Erz auf dem Markte von Sikyon: Paus. II, 9, 6.
Zeus Nemeios stehend, aus Erz, in seinem Tempel zu Argos: Paus II, 20, 3.
Zeus aus Erz und die Musen in einem Tempel zu Me- gara: Paus. I, 43, 6.
Poseidon aus Erz zu Korinth: Luc. Jupp. trag. 9.
Viergespann mit dem Sonnengotte der Rhodier, ein besonders berühmtes Werk: Plin. 34, 63. Auf dieses Werk beziehe ich auch die nach einem kurzen Zwischensatze bei
1) c. 88.
2) 34, 37.
des Künstlers bemerkt Petronius 1), er sei durch zu grosse Hingebung an die Vollendung eines einzelnen Werkes aus Mangel gestorben (Lysippum statuae unius lineamentis inhae- rentem inopia extinxit). Dem widerspricht jedoch in doppelter Hinsicht, was Plinius 2) berichtet: Lysipp habe 1500 Werke gemacht, so viele wie kein anderer, und alle von solcher Kunst, dass auch einzelne genügt hätten, ihn berühmt zu machen. Ihre Zahl sei nach dem Tode des Künstlers offenbar gewor- den, als der Erbe eine Sparkasse erbrochen, in welche Lysipp von der Bezahlung jedes Werkes regelmässig je einen Gold- denar zurückgelegt habe. Uns sind von dieser ungeheuren Masse nur die folgenden bekannt:
Ein eherner Koloss des Zeus zu Tarent von vierzig El- len Höhe. „Bewundernswerth ist an ihm, dass er mit der Hand zu bewegen sein soll — so ist das Gleichgewicht abge- messen — und doch von keinem Sturme erschüttert wird. Das soll auch der Künstler schon vorgesehen haben, indem er in einem mässigen Zwischenraume, wo sich der Strom des Windes hauptsächlich brechen musste, eine Säule aufstellte. Deshalb, wegen der Grösse und wegen der Schwierigkeit, ihn von der Stelle zu schaffen, hat ihn auch Fabius Verrucosus nicht an- gerührt, als er den Herakles auf dem Capitol von dort herüber- schaffte”: Plin. 34, 40. Dass der Koloss einen Zeus darstellte, sagt Lucilius (bei Nonius s. v. cubitus): Lysippi Juppiter ista transivit quadraginta cubita altu’ Tarento. Auch Strabo (VI, p. 278) nennt ihn, nur ohne Angabe des Künstlers, ein Bild des Zeus und den grössten aller Kolosse zunächst dem rhodischen.
Zeus aus Erz auf dem Markte von Sikyon: Paus. II, 9, 6.
Zeus Nemeios stehend, aus Erz, in seinem Tempel zu Argos: Paus II, 20, 3.
Zeus aus Erz und die Musen in einem Tempel zu Me- gara: Paus. I, 43, 6.
Poseidon aus Erz zu Korinth: Luc. Jupp. trag. 9.
Viergespann mit dem Sonnengotte der Rhodier, ein besonders berühmtes Werk: Plin. 34, 63. Auf dieses Werk beziehe ich auch die nach einem kurzen Zwischensatze bei
1) c. 88.
2) 34, 37.
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rentem inopia extinxit). Dem widerspricht jedoch in doppelter
Hinsicht, was Plinius 2) berichtet: Lysipp habe 1500 Werke
gemacht, so viele wie kein anderer, und alle von solcher Kunst,
dass auch einzelne genügt hätten, ihn berühmt zu machen.
Ihre Zahl sei nach dem Tode des Künstlers offenbar gewor-
den, als der Erbe eine Sparkasse erbrochen, in welche Lysipp
von der Bezahlung jedes Werkes regelmässig je einen Gold-
denar zurückgelegt habe. Uns sind von dieser ungeheuren
Masse nur die folgenden bekannt:
Ein eherner Koloss des Zeus zu Tarent von vierzig El-
len Höhe. „Bewundernswerth ist an ihm, dass er mit der
Hand zu bewegen sein soll — so ist das Gleichgewicht abge-
messen — und doch von keinem Sturme erschüttert wird. Das
soll auch der Künstler schon vorgesehen haben, indem er in
einem mässigen Zwischenraume, wo sich der Strom des Windes
hauptsächlich brechen musste, eine Säule aufstellte. Deshalb,
wegen der Grösse und wegen der Schwierigkeit, ihn von der
Stelle zu schaffen, hat ihn auch Fabius Verrucosus nicht an-
gerührt, als er den Herakles auf dem Capitol von dort herüber-
schaffte”: Plin. 34, 40. Dass der Koloss einen Zeus darstellte,
sagt Lucilius (bei Nonius s. v. cubitus):
Lysippi Juppiter ista
transivit quadraginta cubita altu’ Tarento.
Auch Strabo (VI, p. 278) nennt ihn, nur ohne Angabe des
Künstlers, ein Bild des Zeus und den grössten aller Kolosse
zunächst dem rhodischen.
Zeus aus Erz auf dem Markte von Sikyon: Paus. II, 9, 6.
Zeus Nemeios stehend, aus Erz, in seinem Tempel zu
Argos: Paus II, 20, 3.
Zeus aus Erz und die Musen in einem Tempel zu Me-
gara: Paus. I, 43, 6.
Poseidon aus Erz zu Korinth: Luc. Jupp. trag. 9.
Viergespann mit dem Sonnengotte der Rhodier, ein
besonders berühmtes Werk: Plin. 34, 63. Auf dieses Werk
beziehe ich auch die nach einem kurzen Zwischensatze bei
1) c. 88.
2) 34, 37.
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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853, S. 360. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen01_1853/373>, abgerufen am 25.11.2024.
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