Was die von ihnen gearbeiteten Figuren anlangt, so nimmt Bergk an, dass sie einen abgeschlossenen Theil des Frieses bilden, dessen Inhalt, eine Scene der Rüstung zum Kampfe oder zu Kampfspielen, sich aus der sorgsamen Beschreibung der Schatzbeamten noch deutlich erkennen lasse. Eine Gewähr für diese Ansicht finde ich in dem Umstande, dass in einem und demselben Rechnungsabschnitte Phyromachos an drei ver- schiedenen Stellen angeführt wird, was sich nur daraus erklärt, dass die einzelnen Stücke seiner Arbeit in einer bestimmten Reihenfolge aufgezählt werden mussten. Ich gebe daher den Versuch Bergk's, den Inhalt der Composition im Einzelnen zu reconstruiren, als von einem richtigen Grundgedanken ausge- hend und im Ganzen gewiss gelungen, mit seinen eigenen Worten wieder. "Die Scene, mit deren Beschreibung die Ur- kunde beginnt, wird eröffnet durch einen Knaben, der eine Lanze trägt, während ein Ephebe im Begriff ist, den neben ihm befindlichen Panzer aufzuheben, und sich zu rüsten (oder er legt sich etwa die Beinschienen an, und der Panzer steht daneben). Darauf folgt ein Dritter, der ein schon gezäum- tes Ross mit dem Zügel zurückhält, so dass es den Nacken stolz emporhebt, wahrscheinlich ein Diener, der das Ross für jenen Epheben, der sich rüstet, bereit hält. Daran reiht sich passend ein Ephebe, der zwei Rosse an einen Wa- gen zu schirren beschäftigt ist: denn dass der Künstler eben diese Action dargestellt hatte, beweisen die bestimmten Worte der Inschrift to ippo to zeugnumeno (Partic. Praesentis). Die folgenden Figuren gehören offenbar zusammen. Wir se- hen ein Ross, welches von einem vorangehenden Diener (ip- pokomos) an einem Leitseile (agogeus) geführt wird; darauf folgt ein Mann, offenbar der Herr des Pferdes, der mehr im Scherz als Ernst mit einer Gerte (Rabdos) dasselbe schlägt; dann ist eine Stele sichtbar und hinter derselben tritt ein zwei- ter Diener heran, um dem Ross den Zügel anzulegen. Daran reihen sich endlich Zuschauer, um die Darstellung zu einem ruhigen Abschluss hinzuführen, nemlich ein Mann auf seinen Stab gestützt, und eine Frau, an die sich ein Kind lehnt, von dem Manne durch einen Altar getrennt. Vielleicht gehörte übrigens diese letztere Gruppe zu einer neuen Scene."
Was die von ihnen gearbeiteten Figuren anlangt, so nimmt Bergk an, dass sie einen abgeschlossenen Theil des Frieses bilden, dessen Inhalt, eine Scene der Rüstung zum Kampfe oder zu Kampfspielen, sich aus der sorgsamen Beschreibung der Schatzbeamten noch deutlich erkennen lasse. Eine Gewähr für diese Ansicht finde ich in dem Umstande, dass in einem und demselben Rechnungsabschnitte Phyromachos an drei ver- schiedenen Stellen angeführt wird, was sich nur daraus erklärt, dass die einzelnen Stücke seiner Arbeit in einer bestimmten Reihenfolge aufgezählt werden mussten. Ich gebe daher den Versuch Bergk’s, den Inhalt der Composition im Einzelnen zu reconstruiren, als von einem richtigen Grundgedanken ausge- hend und im Ganzen gewiss gelungen, mit seinen eigenen Worten wieder. „Die Scene, mit deren Beschreibung die Ur- kunde beginnt, wird eröffnet durch einen Knaben, der eine Lanze trägt, während ein Ephebe im Begriff ist, den neben ihm befindlichen Panzer aufzuheben, und sich zu rüsten (oder er legt sich etwa die Beinschienen an, und der Panzer steht daneben). Darauf folgt ein Dritter, der ein schon gezäum- tes Ross mit dem Zügel zurückhält, so dass es den Nacken stolz emporhebt, wahrscheinlich ein Diener, der das Ross für jenen Epheben, der sich rüstet, bereit hält. Daran reiht sich passend ein Ephebe, der zwei Rosse an einen Wa- gen zu schirren beschäftigt ist: denn dass der Künstler eben diese Action dargestellt hatte, beweisen die bestimmten Worte der Inschrift τὼ ἵππω τὼ ζευγνυμένω (Partic. Praesentis). Die folgenden Figuren gehören offenbar zusammen. Wir se- hen ein Ross, welches von einem vorangehenden Diener (ἱπ- ποκόμος) an einem Leitseile (ἀγωγεὺς) geführt wird; darauf folgt ein Mann, offenbar der Herr des Pferdes, der mehr im Scherz als Ernst mit einer Gerte (ῥάβδος) dasselbe schlägt; dann ist eine Stele sichtbar und hinter derselben tritt ein zwei- ter Diener heran, um dem Ross den Zügel anzulegen. Daran reihen sich endlich Zuschauer, um die Darstellung zu einem ruhigen Abschluss hinzuführen, nemlich ein Mann auf seinen Stab gestützt, und eine Frau, an die sich ein Kind lehnt, von dem Manne durch einen Altar getrennt. Vielleicht gehörte übrigens diese letztere Gruppe zu einer neuen Scene.”
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[250/0263]
einzelner Arbeiten wiederkehren: Agathanor, Antiphanes,
Jasos, Mynnion, Phyromachos, Praxias, Soklos.
Was die von ihnen gearbeiteten Figuren anlangt, so nimmt
Bergk an, dass sie einen abgeschlossenen Theil des Frieses
bilden, dessen Inhalt, eine Scene der Rüstung zum Kampfe
oder zu Kampfspielen, sich aus der sorgsamen Beschreibung
der Schatzbeamten noch deutlich erkennen lasse. Eine Gewähr
für diese Ansicht finde ich in dem Umstande, dass in einem
und demselben Rechnungsabschnitte Phyromachos an drei ver-
schiedenen Stellen angeführt wird, was sich nur daraus erklärt,
dass die einzelnen Stücke seiner Arbeit in einer bestimmten
Reihenfolge aufgezählt werden mussten. Ich gebe daher den
Versuch Bergk’s, den Inhalt der Composition im Einzelnen zu
reconstruiren, als von einem richtigen Grundgedanken ausge-
hend und im Ganzen gewiss gelungen, mit seinen eigenen
Worten wieder. „Die Scene, mit deren Beschreibung die Ur-
kunde beginnt, wird eröffnet durch einen Knaben, der eine
Lanze trägt, während ein Ephebe im Begriff ist, den neben
ihm befindlichen Panzer aufzuheben, und sich zu rüsten (oder
er legt sich etwa die Beinschienen an, und der Panzer steht
daneben). Darauf folgt ein Dritter, der ein schon gezäum-
tes Ross mit dem Zügel zurückhält, so dass es den
Nacken stolz emporhebt, wahrscheinlich ein Diener, der das
Ross für jenen Epheben, der sich rüstet, bereit hält. Daran
reiht sich passend ein Ephebe, der zwei Rosse an einen Wa-
gen zu schirren beschäftigt ist: denn dass der Künstler eben
diese Action dargestellt hatte, beweisen die bestimmten Worte
der Inschrift τὼ ἵππω τὼ ζευγνυμένω (Partic. Praesentis).
Die folgenden Figuren gehören offenbar zusammen. Wir se-
hen ein Ross, welches von einem vorangehenden Diener (ἱπ-
ποκόμος) an einem Leitseile (ἀγωγεὺς) geführt wird; darauf
folgt ein Mann, offenbar der Herr des Pferdes, der mehr im
Scherz als Ernst mit einer Gerte (ῥάβδος) dasselbe schlägt;
dann ist eine Stele sichtbar und hinter derselben tritt ein zwei-
ter Diener heran, um dem Ross den Zügel anzulegen. Daran
reihen sich endlich Zuschauer, um die Darstellung zu einem
ruhigen Abschluss hinzuführen, nemlich ein Mann auf seinen
Stab gestützt, und eine Frau, an die sich ein Kind lehnt, von
dem Manne durch einen Altar getrennt. Vielleicht gehörte
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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen01_1853/263>, abgerufen am 24.11.2024.
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