den Sohn des Achill, als den ersten Gemahl der Hermione, der Tochter der Helena. Orestes war wegen des Muttermor- des übergangen, obwohl ihm nachher die Hermione für immer als Gattin verblieb und auch einen Sohn gebar. Die Reihe schloss mit Epochos und einem andern Jünglinge; von beiden wusste Pausanias nichts, als dass sie Brüder der Oenoe wa- ren, von welcher der Demos seinen Namen führte. Die An- ordnung der Composition wage ich im Einzelnen nicht zu be- stimmen.
Ueber die Verdienste des Agorakritos um die Kunst man- geln alle weiteren Zeugnisse.
Kolotes.
Plinius 1) nennt Kolotes Schüler und Gehülfen des Phidias bei der Ausführung des olympischen Zeus. Ausserdem legt er ihm die Statue der Athene aus Gold und Elfenbein auf der Burg von Elis bei, an welcher Panaenos die innere Seite des Schildes gemalt hatte. Dem Pausanias 2) zeigte man die- ses Bild als ein Werk des Phidias, was wir in derselben Weise, wie bei den Werken des Agorakritos zu erklären ha- ben. Nebenbei erfahren wir durch Pausanias, dass der Helm- schmuck der Göttin in einem Hahn bestand, den er als Symbol der Kampflust oder als ein der Athene Ergane geheiligtes Thier zu deuten sucht. Ein anderes Werk des Kolotes aus Gold und Elfenbein, einen Asklepios bei Kyllene in Elis, erwähnt Strabo 3) mit grossen Lobsprüchen; und Eustathius 4) folgert daraus, dass ein Dionysos Kolotes als ein Werk des Künstlers dieses Namens zu erklären sei 5). -- Endlich beschreibt Pau- sanias 6) noch ein Werk des Kolotes aus Gold und Elfenbein: den Tisch, auf welchem die Kränze für die Ringer in Olym- pia ausgelegt wurden. Zu einem Kunstwerke wurde er durch die Figurenreihen, mit welchen die vier Seiten geschmückt waren. Die Beschreibung ist leider im Anfange lückenhaft, und auf der ersten Seite befanden sich daher wahrscheinlich
1) 35, 54.
2) VI, 26, 2.
3) VIII, p. 337.
4) ad Iliad. B 603.
5) Da wir von einem Dionysos Kolotes sonst nichts wissen, so liesse sich viel- leicht an eine Verwechselung mit dem Dionysos Kolonates bei Pausanias III, 13, 5 denken. Durch die Annahme eines ähnlichen Misverständnisses hat Hertz (im Rhein. Mus. N. F. II, S. 479) eine Glosse des Festus bei Paulus Diaconus (p. 58 Müll.) verbessert und erklärt, indem er liest: Colossus a Colote (anstatt Caleto) artifice, a quo formatus est.
6) V, 20, 1.
den Sohn des Achill, als den ersten Gemahl der Hermione, der Tochter der Helena. Orestes war wegen des Muttermor- des übergangen, obwohl ihm nachher die Hermione für immer als Gattin verblieb und auch einen Sohn gebar. Die Reihe schloss mit Epochos und einem andern Jünglinge; von beiden wusste Pausanias nichts, als dass sie Brüder der Oenoë wa- ren, von welcher der Demos seinen Namen führte. Die An- ordnung der Composition wage ich im Einzelnen nicht zu be- stimmen.
Ueber die Verdienste des Agorakritos um die Kunst man- geln alle weiteren Zeugnisse.
Kolotes.
Plinius 1) nennt Kolotes Schüler und Gehülfen des Phidias bei der Ausführung des olympischen Zeus. Ausserdem legt er ihm die Statue der Athene aus Gold und Elfenbein auf der Burg von Elis bei, an welcher Panaenos die innere Seite des Schildes gemalt hatte. Dem Pausanias 2) zeigte man die- ses Bild als ein Werk des Phidias, was wir in derselben Weise, wie bei den Werken des Agorakritos zu erklären ha- ben. Nebenbei erfahren wir durch Pausanias, dass der Helm- schmuck der Göttin in einem Hahn bestand, den er als Symbol der Kampflust oder als ein der Athene Ergane geheiligtes Thier zu deuten sucht. Ein anderes Werk des Kolotes aus Gold und Elfenbein, einen Asklepios bei Kyllene in Elis, erwähnt Strabo 3) mit grossen Lobsprüchen; und Eustathius 4) folgert daraus, dass ein Dionysos Kolotes als ein Werk des Künstlers dieses Namens zu erklären sei 5). — Endlich beschreibt Pau- sanias 6) noch ein Werk des Kolotes aus Gold und Elfenbein: den Tisch, auf welchem die Kränze für die Ringer in Olym- pia ausgelegt wurden. Zu einem Kunstwerke wurde er durch die Figurenreihen, mit welchen die vier Seiten geschmückt waren. Die Beschreibung ist leider im Anfange lückenhaft, und auf der ersten Seite befanden sich daher wahrscheinlich
1) 35, 54.
2) VI, 26, 2.
3) VIII, p. 337.
4) ad Iliad. B 603.
5) Da wir von einem Dionysos Kolotes sonst nichts wissen, so liesse sich viel- leicht an eine Verwechselung mit dem Dionysos Kolonates bei Pausanias III, 13, 5 denken. Durch die Annahme eines ähnlichen Misverständnisses hat Hertz (im Rhein. Mus. N. F. II, S. 479) eine Glosse des Festus bei Paulus Diaconus (p. 58 Müll.) verbessert und erklärt, indem er liest: Colossus a Colote (anstatt Caleto) artifice, a quo formatus est.
6) V, 20, 1.
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als Gattin verblieb und auch einen Sohn gebar. Die Reihe
schloss mit Epochos und einem andern Jünglinge; von beiden
wusste Pausanias nichts, als dass sie Brüder der Oenoë wa-
ren, von welcher der Demos seinen Namen führte. Die An-
ordnung der Composition wage ich im Einzelnen nicht zu be-
stimmen.
Ueber die Verdienste des Agorakritos um die Kunst man-
geln alle weiteren Zeugnisse.
Kolotes.
Plinius 1) nennt Kolotes Schüler und Gehülfen des Phidias
bei der Ausführung des olympischen Zeus. Ausserdem legt
er ihm die Statue der Athene aus Gold und Elfenbein auf
der Burg von Elis bei, an welcher Panaenos die innere Seite
des Schildes gemalt hatte. Dem Pausanias 2) zeigte man die-
ses Bild als ein Werk des Phidias, was wir in derselben
Weise, wie bei den Werken des Agorakritos zu erklären ha-
ben. Nebenbei erfahren wir durch Pausanias, dass der Helm-
schmuck der Göttin in einem Hahn bestand, den er als Symbol
der Kampflust oder als ein der Athene Ergane geheiligtes Thier
zu deuten sucht. Ein anderes Werk des Kolotes aus Gold und
Elfenbein, einen Asklepios bei Kyllene in Elis, erwähnt
Strabo 3) mit grossen Lobsprüchen; und Eustathius 4) folgert
daraus, dass ein Dionysos Kolotes als ein Werk des Künstlers
dieses Namens zu erklären sei 5). — Endlich beschreibt Pau-
sanias 6) noch ein Werk des Kolotes aus Gold und Elfenbein:
den Tisch, auf welchem die Kränze für die Ringer in Olym-
pia ausgelegt wurden. Zu einem Kunstwerke wurde er durch
die Figurenreihen, mit welchen die vier Seiten geschmückt
waren. Die Beschreibung ist leider im Anfange lückenhaft,
und auf der ersten Seite befanden sich daher wahrscheinlich
1) 35, 54.
2) VI, 26, 2.
3) VIII, p. 337.
4) ad Iliad. B 603.
5) Da wir von einem Dionysos Kolotes sonst nichts wissen, so liesse sich viel-
leicht an eine Verwechselung mit dem Dionysos Kolonates bei Pausanias III,
13, 5 denken. Durch die Annahme eines ähnlichen Misverständnisses hat Hertz
(im Rhein. Mus. N. F. II, S. 479) eine Glosse des Festus bei Paulus Diaconus
(p. 58 Müll.) verbessert und erklärt, indem er liest: Colossus a Colote (anstatt
Caleto) artifice, a quo formatus est.
6) V, 20, 1.
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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen01_1853/255>, abgerufen am 23.11.2024.
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