wenigstens scheint der Diadumenos einzeln verkauft worden zu sein, zu dem beispiellosen Preise von hundert Talenten, der ihn bei den Laien besonders berühmt machen musste. Ueber die künstlerische Bedeutung des Gegensatzes ist unten aus- führlicher zu sprechen. Dort ist auch zu untersuchen, ob wir Welcker beizustimmen haben, wenn er 1) einen ähnlichen Ge- gensatz in zwei andern Werken des Polyklet vermuthet, in dem schon erwähnten Herakles Ageter, und dem
Artemon, mit Beinamen Periphoretos: Plin. l. l. Das Alterthum scheint unter diesem Namen und Beinamen zwei verschiedene Personen gekannt zu haben, den von Anakreon erwähnten Weichling, der sich in einer Sänfte herumschlep- pen liess, und einen Mechaniker zu Perikles Zeit, welcher bei der Beaufsichtigung des Baues seiner Kriegsmaschinen wegen seiner Lahmheit sich ebenfalls herumtragen lassen musste. (S. über beide Plut. Per. 27).
Der Doryphoros wird gewöhnlich für identisch mit der be- rühmten Figur gehalten, welche unter dem Namen Kanon bekannt war, weil "die Künstler von ihr, wie von einem Ge- setze, die Grundregeln der Kunst ableiteten": Plin. l. l. Diese Ansicht scheint dadurch eine Bestätigung zu erhalten, dass nach Cicero (Brut. 86) Lysipp die Statue des Doryphoros sei- nen Lehrmeister nannte und an einer andern Stelle (Orat. 2, 5) derselbe Schriftsteller sie als das vorzüglichste Werk des Po- lyklet hinstellt, wie den Zeus als das Meisterstück des Phidias. Allein Lysipp konnte, wie Thiersch (N. S. 119) bemerkt, ge- rade an dem Doryphoros besonderen Gefallen finden; und, was die folgenden, freilich nicht völlig unzweideutigen Worte des Plinius anlangt: Polycletus .. diadumenum fecit ...., idem et doryphorum viriliter puerum fecit et quem canona artifices vo- cant .., so scheinen sie ebenfalls auf zwei verschiedene Sta- tuen hinzudeuten. Wir müssen nemlich Thiersch beistimmen, wenn er nach dem fast manierirten Gebrauch des Plinius inter- pungirt: .. puerum. Fecit et quem ... Denn gegen den Vor- schlag Anderer, zu schreiben: fecit, quem et ..., spricht die Auctorität der besten Handschriften. Dass endlich bei dem Kanon nicht, wie bei den vorhergehenden und nachfolgenden Werken, eine bestimmte Handlung näher bezeichnet wird,
1) Im Rh. Mus. 1835, 3, S. 155 flgd.
wenigstens scheint der Diadumenos einzeln verkauft worden zu sein, zu dem beispiellosen Preise von hundert Talenten, der ihn bei den Laien besonders berühmt machen musste. Ueber die künstlerische Bedeutung des Gegensatzes ist unten aus- führlicher zu sprechen. Dort ist auch zu untersuchen, ob wir Welcker beizustimmen haben, wenn er 1) einen ähnlichen Ge- gensatz in zwei andern Werken des Polyklet vermuthet, in dem schon erwähnten Herakles Ageter, und dem
Artemon, mit Beinamen Periphoretos: Plin. l. l. Das Alterthum scheint unter diesem Namen und Beinamen zwei verschiedene Personen gekannt zu haben, den von Anakreon erwähnten Weichling, der sich in einer Sänfte herumschlep- pen liess, und einen Mechaniker zu Perikles Zeit, welcher bei der Beaufsichtigung des Baues seiner Kriegsmaschinen wegen seiner Lahmheit sich ebenfalls herumtragen lassen musste. (S. über beide Plut. Per. 27).
Der Doryphoros wird gewöhnlich für identisch mit der be- rühmten Figur gehalten, welche unter dem Namen Kanon bekannt war, weil „die Künstler von ihr, wie von einem Ge- setze, die Grundregeln der Kunst ableiteten”: Plin. l. l. Diese Ansicht scheint dadurch eine Bestätigung zu erhalten, dass nach Cicero (Brut. 86) Lysipp die Statue des Doryphoros sei- nen Lehrmeister nannte und an einer andern Stelle (Orat. 2, 5) derselbe Schriftsteller sie als das vorzüglichste Werk des Po- lyklet hinstellt, wie den Zeus als das Meisterstück des Phidias. Allein Lysipp konnte, wie Thiersch (N. S. 119) bemerkt, ge- rade an dem Doryphoros besonderen Gefallen finden; und, was die folgenden, freilich nicht völlig unzweideutigen Worte des Plinius anlangt: Polycletus .. diadumenum fecit ...., idem et doryphorum viriliter puerum fecit et quem canona artifices vo- cant .., so scheinen sie ebenfalls auf zwei verschiedene Sta- tuen hinzudeuten. Wir müssen nemlich Thiersch beistimmen, wenn er nach dem fast manierirten Gebrauch des Plinius inter- pungirt: .. puerum. Fecit et quem ... Denn gegen den Vor- schlag Anderer, zu schreiben: fecit, quem et ..., spricht die Auctorität der besten Handschriften. Dass endlich bei dem Kanon nicht, wie bei den vorhergehenden und nachfolgenden Werken, eine bestimmte Handlung näher bezeichnet wird,
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wenigstens scheint der Diadumenos einzeln verkauft worden
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die künstlerische Bedeutung des Gegensatzes ist unten aus-
führlicher zu sprechen. Dort ist auch zu untersuchen, ob wir
Welcker beizustimmen haben, wenn er 1) einen ähnlichen Ge-
gensatz in zwei andern Werken des Polyklet vermuthet, in
dem schon erwähnten Herakles Ageter, und dem
Artemon, mit Beinamen Periphoretos: Plin. l. l. Das
Alterthum scheint unter diesem Namen und Beinamen zwei
verschiedene Personen gekannt zu haben, den von Anakreon
erwähnten Weichling, der sich in einer Sänfte herumschlep-
pen liess, und einen Mechaniker zu Perikles Zeit, welcher bei
der Beaufsichtigung des Baues seiner Kriegsmaschinen wegen
seiner Lahmheit sich ebenfalls herumtragen lassen musste.
(S. über beide Plut. Per. 27).
Der Doryphoros wird gewöhnlich für identisch mit der be-
rühmten Figur gehalten, welche unter dem Namen Kanon
bekannt war, weil „die Künstler von ihr, wie von einem Ge-
setze, die Grundregeln der Kunst ableiteten”: Plin. l. l. Diese
Ansicht scheint dadurch eine Bestätigung zu erhalten, dass
nach Cicero (Brut. 86) Lysipp die Statue des Doryphoros sei-
nen Lehrmeister nannte und an einer andern Stelle (Orat. 2, 5)
derselbe Schriftsteller sie als das vorzüglichste Werk des Po-
lyklet hinstellt, wie den Zeus als das Meisterstück des Phidias.
Allein Lysipp konnte, wie Thiersch (N. S. 119) bemerkt, ge-
rade an dem Doryphoros besonderen Gefallen finden; und, was
die folgenden, freilich nicht völlig unzweideutigen Worte des
Plinius anlangt: Polycletus .. diadumenum fecit ...., idem et
doryphorum viriliter puerum fecit et quem canona artifices vo-
cant .., so scheinen sie ebenfalls auf zwei verschiedene Sta-
tuen hinzudeuten. Wir müssen nemlich Thiersch beistimmen,
wenn er nach dem fast manierirten Gebrauch des Plinius inter-
pungirt: .. puerum. Fecit et quem ... Denn gegen den Vor-
schlag Anderer, zu schreiben: fecit, quem et ..., spricht die
Auctorität der besten Handschriften. Dass endlich bei dem
Kanon nicht, wie bei den vorhergehenden und nachfolgenden
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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen01_1853/228>, abgerufen am 09.11.2024.
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