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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853.

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zerne Kern des Bildes mit Oel getränkt worden sei: denn
dieser sei vor Allem zu schützen gewesen, wenn nicht das
Elfenbein, auf welches an sich die Witterung einen geringe-
ren Einfluss ausübt, durch Werfen und Springen der Unter-
lage ebenfalls Risse habe bekommen sollen. Für das Oel,
welches bei den öfter wiederkehrenden Benetzungen herab-
fliessen musste, befand sich eine eigene Vorrichtung, wie
Schubart meint, nicht auf dem Boden des Tempels, sondern
auf der oberen Fläche der Basis. Pausanias sagt davon: der
Boden vor dem Bilde sei mit schwarzem Marmor belegt; um
diesen herum aber laufe eine Leiste von weissem parischen
Marmor, um die weitere Ausbreitung des Oels zu verhindern.
Trotz dieser Vorkehrungen und der Sorge der Phaedrynten
war indessen schon 50--60 Jahre nach Phidias das Elfen-
bein aus seinen Fugen gegangen. Die Restauration wurde
aber damals von dem messenischen Künstler Demophon so ge-
schickt ausgeführt 1), dass in der späteren Zeit keine weiteren
Klagen über ähnliche Beschädigungen laut werden.

Ueber die spätere Geschichte des Zeusbildes genügen hier
kurze Angaben 2). Unter Caesar soll es ein Blitz getroffen
haben 3). Caligula wollte es nach Rom versetzen und durch
seinen eigenen Kopf verunstalten 4). Lucian 5) erwähnt, dass
man dem Bilde zwei der goldenen Locken gestohlen habe, jede
sechs Minen an Werth; Pausanias schweigt davon und sah
im Ganzen das Bild wohlerhalten. Unter Julian spricht Liba-
nius 6) vom olympischen Zeus, als einem noch vorhandenen
Kunstwerke. Unter Theodosius II, der seit 408 regierte, soll
der Tempel zu Olympia verbrannt sein, und damals hörte auch
die Feier der olympischen Spiele auf 7). Da nun bald darauf
der Peloponnes auch durch die Züge der Völkerwanderung
verheert wurde, so wird der Zeus kaum die damalige Zeit
überdauert haben. Zwar berichtet Cedrenus 8), dass bei dem
grossen Brande in Konstantinopel 475 n. Chr. der Pallast
des Lausos, und in ihm nebst anderen Kunstwerken auch
der olympische Zeus des Phidias zu Grunde gegangen

1) Paus. IV, 31, 5.
2) Ausführlich handelt davon Rathgeber S. 291 flgd.
3) Euseb. praep. ev. III, 2. p. 135, 3.
4) Sueton. Calig. 22; 57; vgl. Dio
Cass. 59, 28. Ioseph. Ant. Iud. 19, 1.
5) Iup. trag. 25; vgl. Timon 4.
6) Epist. 1052. p. 497. Auch Iulian, ep. 8.
7) Schol. Lucian. p. 221 ed.
Jacobitz.
8) Ann. p. 322 B.
Brunn, Geschichte der griech. Künstler. 12

zerne Kern des Bildes mit Oel getränkt worden sei: denn
dieser sei vor Allem zu schützen gewesen, wenn nicht das
Elfenbein, auf welches an sich die Witterung einen geringe-
ren Einfluss ausübt, durch Werfen und Springen der Unter-
lage ebenfalls Risse habe bekommen sollen. Für das Oel,
welches bei den öfter wiederkehrenden Benetzungen herab-
fliessen musste, befand sich eine eigene Vorrichtung, wie
Schubart meint, nicht auf dem Boden des Tempels, sondern
auf der oberen Fläche der Basis. Pausanias sagt davon: der
Boden vor dem Bilde sei mit schwarzem Marmor belegt; um
diesen herum aber laufe eine Leiste von weissem parischen
Marmor, um die weitere Ausbreitung des Oels zu verhindern.
Trotz dieser Vorkehrungen und der Sorge der Phaedrynten
war indessen schon 50—60 Jahre nach Phidias das Elfen-
bein aus seinen Fugen gegangen. Die Restauration wurde
aber damals von dem messenischen Künstler Demophon so ge-
schickt ausgeführt 1), dass in der späteren Zeit keine weiteren
Klagen über ähnliche Beschädigungen laut werden.

Ueber die spätere Geschichte des Zeusbildes genügen hier
kurze Angaben 2). Unter Caesar soll es ein Blitz getroffen
haben 3). Caligula wollte es nach Rom versetzen und durch
seinen eigenen Kopf verunstalten 4). Lucian 5) erwähnt, dass
man dem Bilde zwei der goldenen Locken gestohlen habe, jede
sechs Minen an Werth; Pausanias schweigt davon und sah
im Ganzen das Bild wohlerhalten. Unter Julian spricht Liba-
nius 6) vom olympischen Zeus, als einem noch vorhandenen
Kunstwerke. Unter Theodosius II, der seit 408 regierte, soll
der Tempel zu Olympia verbrannt sein, und damals hörte auch
die Feier der olympischen Spiele auf 7). Da nun bald darauf
der Peloponnes auch durch die Züge der Völkerwanderung
verheert wurde, so wird der Zeus kaum die damalige Zeit
überdauert haben. Zwar berichtet Cedrenus 8), dass bei dem
grossen Brande in Konstantinopel 475 n. Chr. der Pallast
des Lausos, und in ihm nebst anderen Kunstwerken auch
der olympische Zeus des Phidias zu Grunde gegangen

1) Paus. IV, 31, 5.
2) Ausführlich handelt davon Rathgeber S. 291 flgd.
3) Euseb. praep. ev. III, 2. p. 135, 3.
4) Sueton. Calig. 22; 57; vgl. Dio
Cass. 59, 28. Ioseph. Ant. Iud. 19, 1.
5) Iup. trag. 25; vgl. Timon 4.
6) Epist. 1052. p. 497. Auch Iulian, ep. 8.
7) Schol. Lucian. p. 221 ed.
Jacobitz.
8) Ann. p. 322 B.
Brunn, Geschichte der griech. Künstler. 12
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[177/0190] zerne Kern des Bildes mit Oel getränkt worden sei: denn dieser sei vor Allem zu schützen gewesen, wenn nicht das Elfenbein, auf welches an sich die Witterung einen geringe- ren Einfluss ausübt, durch Werfen und Springen der Unter- lage ebenfalls Risse habe bekommen sollen. Für das Oel, welches bei den öfter wiederkehrenden Benetzungen herab- fliessen musste, befand sich eine eigene Vorrichtung, wie Schubart meint, nicht auf dem Boden des Tempels, sondern auf der oberen Fläche der Basis. Pausanias sagt davon: der Boden vor dem Bilde sei mit schwarzem Marmor belegt; um diesen herum aber laufe eine Leiste von weissem parischen Marmor, um die weitere Ausbreitung des Oels zu verhindern. Trotz dieser Vorkehrungen und der Sorge der Phaedrynten war indessen schon 50—60 Jahre nach Phidias das Elfen- bein aus seinen Fugen gegangen. Die Restauration wurde aber damals von dem messenischen Künstler Demophon so ge- schickt ausgeführt 1), dass in der späteren Zeit keine weiteren Klagen über ähnliche Beschädigungen laut werden. Ueber die spätere Geschichte des Zeusbildes genügen hier kurze Angaben 2). Unter Caesar soll es ein Blitz getroffen haben 3). Caligula wollte es nach Rom versetzen und durch seinen eigenen Kopf verunstalten 4). Lucian 5) erwähnt, dass man dem Bilde zwei der goldenen Locken gestohlen habe, jede sechs Minen an Werth; Pausanias schweigt davon und sah im Ganzen das Bild wohlerhalten. Unter Julian spricht Liba- nius 6) vom olympischen Zeus, als einem noch vorhandenen Kunstwerke. Unter Theodosius II, der seit 408 regierte, soll der Tempel zu Olympia verbrannt sein, und damals hörte auch die Feier der olympischen Spiele auf 7). Da nun bald darauf der Peloponnes auch durch die Züge der Völkerwanderung verheert wurde, so wird der Zeus kaum die damalige Zeit überdauert haben. Zwar berichtet Cedrenus 8), dass bei dem grossen Brande in Konstantinopel 475 n. Chr. der Pallast des Lausos, und in ihm nebst anderen Kunstwerken auch der olympische Zeus des Phidias zu Grunde gegangen 1) Paus. IV, 31, 5. 2) Ausführlich handelt davon Rathgeber S. 291 flgd. 3) Euseb. praep. ev. III, 2. p. 135, 3. 4) Sueton. Calig. 22; 57; vgl. Dio Cass. 59, 28. Ioseph. Ant. Iud. 19, 1. 5) Iup. trag. 25; vgl. Timon 4. 6) Epist. 1052. p. 497. Auch Iulian, ep. 8. 7) Schol. Lucian. p. 221 ed. Jacobitz. 8) Ann. p. 322 B. Brunn, Geschichte der griech. Künstler. 12

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Zitationshilfe: Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen01_1853/190>, abgerufen am 28.04.2024.