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Brümmer, Franz: Lexikon der deutschen Dichter und Prosaisten vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart. Bd. 4. 6. Aufl. Leipzig, 1913.

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Kol
für abzubüßen. Großes Verdienst er-
warb er sich durch die Gründung des
evangelischen Schullehrerseminars in
Ödenburg, zu welchem Zwecke er wie-
derholt Reisen in das Ausland unter-
nahm, um das Jnteresse der dortigen
Evangelischen dafür zu erwecken und
ihre Gaben einzusammeln.

S:

Unter
den Linden (Ep. G.), 1872. - Toldi
(Poet. E. von Johann Arany; übers.),
1855. - Toldis Abend (Poet. E. von
Joh. Arany); übers. 1856. - Geschichte
der ungarischen Literatur im Mittel-
alter v. Franz Toldy; übers. 1877. -
Toldis Liebe (Poet. E. von Johann
Arany); übers. 1883.

*Kolisch, Sigmund,

wurde am 21.
Septbr. 1816 (nicht 1817) zu Korit-
schan, einem kleinen Marktflecken in
Mähren, geboren, erhielt seine erste
Bildung in Piaristenschulen u. wid-
mete sich dann in der philosophischen
Fakultät der Wiener Universität dem
Studium der klassischen Literatur,
Ästhetik, Kunstgeschichte, und mit be-
sonderer Vorliebe der Geschichte und
Philosophie der Geschichte. Ganz dem
idealen Streben hingegeben, fing er
bald genug an, sich als Schriftsteller
an verschiedenen Zeitschriften und
Blättern zu betätigen, so am "Wan-
derer", an Witthauers "Wiener Zeit-
schrift", der "Theater-Zeitung", an
dem "Humorist", an Gutzkows "Te-
legraph", für welche er Erzählun-
gen, Novellen, Kritiken u. besonders
Theaterbesprechungen lieferte. Jm
Herbste des Jahres 1847 machte K.
eine Reise nach Jtalien, kam jedoch
nicht über Florenz hinaus. An der
Bewegung des Jahres 1848 nahm er
den tatkräftigsten Anteil, nicht nur
als Mitherausgeber des politischen
Blattes "Der Radikale", sondern auch
als Volksredner und schließlich, vom
Oktober ab, mit den Waffen in der
Hand. Nach der Einnahme der Stadt
durch die kaiserl. Truppen in größter
Lebensgefahr schwebend, konnte er
nur mit Hilfe eines k. k. Hauptmanns
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Kol
aus Wien und dann aus Österreich
entweichen. Er ging über Breslau
nach Leipzig, wo er mit seinen Ge-
sinnungsgenossen Gustav Frank, Gritz-
ner, Engländer die "Wiener Boten"
zu redigieren begann, mußte aber, da
ihn inzwischen das Wiener Kriegs-
gericht in contumaciam zum Tode
verurteilt hatte und die sächsische Re-
gierung ihn nicht länger in Leipzig
dulden wollte, diese Stadt verlassen.
Aus Weimar ebenfalls verwiesen, be-
gab sich K. im April 1850 nach Paris.
Viele u. harte Kämpfe mit Nahrungs-
sorgen und andern Schwierigkeiten
hatte K. hier zu bestehen, bis es ihm
endlich gelang, durch Arbeit u. Aus-
dauer sich eine angenehme und ge-
sicherte Stellung zu gründen. Seine
Berichte über die Napoleonische Wirt-
schaft in Frankreich, die in Deutsch-
land mit stetem Jnteresse gelesen wur-
den, trugen ihm zweimal eine Ver-
weisung aus Frankreich ein, die indes
nicht zur Ausführung kam. Jm Jahre
1854 nnternahm K. eine zweite Reise
nach Jtalien, die er bis nach Sizilien
ausdehnte. Als nach der Niederlage
der Österreicher (1859) in Jtalien den
Völkern des östlichen Großstaates eine
Konstitution gegeben wurde, glaubte
K. den Zeitpunkt gekommen, die Er-
laubnis eines Besuches von einigen
Wochen bei seiner Familie nachzu-
suchen, doch wurde sein Gesuch abge-
schlagen. Erst 1866 erteilte ihm das
Ministerium Belcredi diese Erlaubnis,
und 1868, nach erfolgter Amnestie,
kehrte er für immer nach Wien zurück,
wo er sich noch in demselben Jahre
verheiratete und als Mitarbeiter der
"Neuen freien Presse" schriftstellerisch
tätig war. Er siedelte später nach
Göding über und lebte hier, fern vom
Getriebe der Welt, nur seiner Familie
und seinen Studien; nur wenn die
Sache der Deutschen eine Abwehr der
slawischen Übergriffe forderte, trat er
heraus aus der Stille seiner Zurück-
gezogenheit, um mitzukämpfen für

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Kol
für abzubüßen. Großes Verdienſt er-
warb er ſich durch die Gründung des
evangeliſchen Schullehrerſeminars in
Ödenburg, zu welchem Zwecke er wie-
derholt Reiſen in das Ausland unter-
nahm, um das Jntereſſe der dortigen
Evangeliſchen dafür zu erwecken und
ihre Gaben einzuſammeln.

S:

Unter
den Linden (Ep. G.), 1872. ‒ Toldi
(Poet. E. von Johann Arany; überſ.),
1855. ‒ Toldis Abend (Poet. E. von
Joh. Arany); überſ. 1856. ‒ Geſchichte
der ungariſchen Literatur im Mittel-
alter v. Franz Toldy; überſ. 1877. ‒
Toldis Liebe (Poet. E. von Johann
Arany); überſ. 1883.

*Koliſch, Sigmund,

wurde am 21.
Septbr. 1816 (nicht 1817) zu Korit-
ſchan, einem kleinen Marktflecken in
Mähren, geboren, erhielt ſeine erſte
Bildung in Piariſtenſchulen u. wid-
mete ſich dann in der philoſophiſchen
Fakultät der Wiener Univerſität dem
Studium der klaſſiſchen Literatur,
Äſthetik, Kunſtgeſchichte, und mit be-
ſonderer Vorliebe der Geſchichte und
Philoſophie der Geſchichte. Ganz dem
idealen Streben hingegeben, fing er
bald genug an, ſich als Schriftſteller
an verſchiedenen Zeitſchriften und
Blättern zu betätigen, ſo am „Wan-
derer‟, an Witthauers „Wiener Zeit-
ſchrift‟, der „Theater-Zeitung‟, an
dem „Humoriſt‟, an Gutzkows „Te-
legraph‟, für welche er Erzählun-
gen, Novellen, Kritiken u. beſonders
Theaterbeſprechungen lieferte. Jm
Herbſte des Jahres 1847 machte K.
eine Reiſe nach Jtalien, kam jedoch
nicht über Florenz hinaus. An der
Bewegung des Jahres 1848 nahm er
den tatkräftigſten Anteil, nicht nur
als Mitherausgeber des politiſchen
Blattes „Der Radikale‟, ſondern auch
als Volksredner und ſchließlich, vom
Oktober ab, mit den Waffen in der
Hand. Nach der Einnahme der Stadt
durch die kaiſerl. Truppen in größter
Lebensgefahr ſchwebend, konnte er
nur mit Hilfe eines k. k. Hauptmanns
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Kol
aus Wien und dann aus Öſterreich
entweichen. Er ging über Breslau
nach Leipzig, wo er mit ſeinen Ge-
ſinnungsgenoſſen Guſtav Frank, Gritz-
ner, Engländer die „Wiener Boten‟
zu redigieren begann, mußte aber, da
ihn inzwiſchen das Wiener Kriegs-
gericht in contumaciam zum Tode
verurteilt hatte und die ſächſiſche Re-
gierung ihn nicht länger in Leipzig
dulden wollte, dieſe Stadt verlaſſen.
Aus Weimar ebenfalls verwieſen, be-
gab ſich K. im April 1850 nach Paris.
Viele u. harte Kämpfe mit Nahrungs-
ſorgen und andern Schwierigkeiten
hatte K. hier zu beſtehen, bis es ihm
endlich gelang, durch Arbeit u. Aus-
dauer ſich eine angenehme und ge-
ſicherte Stellung zu gründen. Seine
Berichte über die Napoleoniſche Wirt-
ſchaft in Frankreich, die in Deutſch-
land mit ſtetem Jntereſſe geleſen wur-
den, trugen ihm zweimal eine Ver-
weiſung aus Frankreich ein, die indes
nicht zur Ausführung kam. Jm Jahre
1854 nnternahm K. eine zweite Reiſe
nach Jtalien, die er bis nach Sizilien
ausdehnte. Als nach der Niederlage
der Öſterreicher (1859) in Jtalien den
Völkern des öſtlichen Großſtaates eine
Konſtitution gegeben wurde, glaubte
K. den Zeitpunkt gekommen, die Er-
laubnis eines Beſuches von einigen
Wochen bei ſeiner Familie nachzu-
ſuchen, doch wurde ſein Geſuch abge-
ſchlagen. Erſt 1866 erteilte ihm das
Miniſterium Belcredi dieſe Erlaubnis,
und 1868, nach erfolgter Amneſtie,
kehrte er für immer nach Wien zurück,
wo er ſich noch in demſelben Jahre
verheiratete und als Mitarbeiter der
„Neuen freien Preſſe‟ ſchriftſtelleriſch
tätig war. Er ſiedelte ſpäter nach
Göding über und lebte hier, fern vom
Getriebe der Welt, nur ſeiner Familie
und ſeinen Studien; nur wenn die
Sache der Deutſchen eine Abwehr der
ſlawiſchen Übergriffe forderte, trat er
heraus aus der Stille ſeiner Zurück-
gezogenheit, um mitzukämpfen für

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[60/0064] Kol Kol für abzubüßen. Großes Verdienſt er- warb er ſich durch die Gründung des evangeliſchen Schullehrerſeminars in Ödenburg, zu welchem Zwecke er wie- derholt Reiſen in das Ausland unter- nahm, um das Jntereſſe der dortigen Evangeliſchen dafür zu erwecken und ihre Gaben einzuſammeln. S: Unter den Linden (Ep. G.), 1872. ‒ Toldi (Poet. E. von Johann Arany; überſ.), 1855. ‒ Toldis Abend (Poet. E. von Joh. Arany); überſ. 1856. ‒ Geſchichte der ungariſchen Literatur im Mittel- alter v. Franz Toldy; überſ. 1877. ‒ Toldis Liebe (Poet. E. von Johann Arany); überſ. 1883. *Koliſch, Sigmund, wurde am 21. Septbr. 1816 (nicht 1817) zu Korit- ſchan, einem kleinen Marktflecken in Mähren, geboren, erhielt ſeine erſte Bildung in Piariſtenſchulen u. wid- mete ſich dann in der philoſophiſchen Fakultät der Wiener Univerſität dem Studium der klaſſiſchen Literatur, Äſthetik, Kunſtgeſchichte, und mit be- ſonderer Vorliebe der Geſchichte und Philoſophie der Geſchichte. Ganz dem idealen Streben hingegeben, fing er bald genug an, ſich als Schriftſteller an verſchiedenen Zeitſchriften und Blättern zu betätigen, ſo am „Wan- derer‟, an Witthauers „Wiener Zeit- ſchrift‟, der „Theater-Zeitung‟, an dem „Humoriſt‟, an Gutzkows „Te- legraph‟, für welche er Erzählun- gen, Novellen, Kritiken u. beſonders Theaterbeſprechungen lieferte. Jm Herbſte des Jahres 1847 machte K. eine Reiſe nach Jtalien, kam jedoch nicht über Florenz hinaus. An der Bewegung des Jahres 1848 nahm er den tatkräftigſten Anteil, nicht nur als Mitherausgeber des politiſchen Blattes „Der Radikale‟, ſondern auch als Volksredner und ſchließlich, vom Oktober ab, mit den Waffen in der Hand. Nach der Einnahme der Stadt durch die kaiſerl. Truppen in größter Lebensgefahr ſchwebend, konnte er nur mit Hilfe eines k. k. Hauptmanns aus Wien und dann aus Öſterreich entweichen. Er ging über Breslau nach Leipzig, wo er mit ſeinen Ge- ſinnungsgenoſſen Guſtav Frank, Gritz- ner, Engländer die „Wiener Boten‟ zu redigieren begann, mußte aber, da ihn inzwiſchen das Wiener Kriegs- gericht in contumaciam zum Tode verurteilt hatte und die ſächſiſche Re- gierung ihn nicht länger in Leipzig dulden wollte, dieſe Stadt verlaſſen. Aus Weimar ebenfalls verwieſen, be- gab ſich K. im April 1850 nach Paris. Viele u. harte Kämpfe mit Nahrungs- ſorgen und andern Schwierigkeiten hatte K. hier zu beſtehen, bis es ihm endlich gelang, durch Arbeit u. Aus- dauer ſich eine angenehme und ge- ſicherte Stellung zu gründen. Seine Berichte über die Napoleoniſche Wirt- ſchaft in Frankreich, die in Deutſch- land mit ſtetem Jntereſſe geleſen wur- den, trugen ihm zweimal eine Ver- weiſung aus Frankreich ein, die indes nicht zur Ausführung kam. Jm Jahre 1854 nnternahm K. eine zweite Reiſe nach Jtalien, die er bis nach Sizilien ausdehnte. Als nach der Niederlage der Öſterreicher (1859) in Jtalien den Völkern des öſtlichen Großſtaates eine Konſtitution gegeben wurde, glaubte K. den Zeitpunkt gekommen, die Er- laubnis eines Beſuches von einigen Wochen bei ſeiner Familie nachzu- ſuchen, doch wurde ſein Geſuch abge- ſchlagen. Erſt 1866 erteilte ihm das Miniſterium Belcredi dieſe Erlaubnis, und 1868, nach erfolgter Amneſtie, kehrte er für immer nach Wien zurück, wo er ſich noch in demſelben Jahre verheiratete und als Mitarbeiter der „Neuen freien Preſſe‟ ſchriftſtelleriſch tätig war. Er ſiedelte ſpäter nach Göding über und lebte hier, fern vom Getriebe der Welt, nur ſeiner Familie und ſeinen Studien; nur wenn die Sache der Deutſchen eine Abwehr der ſlawiſchen Übergriffe forderte, trat er heraus aus der Stille ſeiner Zurück- gezogenheit, um mitzukämpfen für *

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Zitationshilfe: Brümmer, Franz: Lexikon der deutschen Dichter und Prosaisten vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart. Bd. 4. 6. Aufl. Leipzig, 1913, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruemmer_lexikon04_1913/64>, abgerufen am 24.11.2024.