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Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784.

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Die Kalmucken fürchten sich vor den Blat-
tern eben so sehr als vor der Pest. Wenn je-
mand damit befallen wird, so brechen sie sogleich ihr
Lager auf, und nehmen die Flucht, und lassen die
kranke Person in einem der schlechtsten Kibbets nebst
einem getödteten Schafe, wovon sie einen Theil bra-
ten und den andern roh lassen, nebst einer Flasche
Wasser und etwas Holz zum Brennen, zurück. Wenn
sich diese wieder erholt, so folgt sie der Horde nach,
welches aber selten geschieht, weil sie aus Mangel an
Pflege gemeiniglich stirbt.

Sie halten sich aufs höchste nur 4 Monate in
der Steppe auf, und bewohnen die übrige Zeit des
Jahres eines der angenehmsten Länder. Jhre Le-
bensart kommt genau mit der Lebensart der alten Pa-
triarchen überein, und ihre ganze Beschäftigung be-
stehet in Wartung ihrer Heerden, im Fischen und Ja-
gen. Wenn sie auf eine Expedition ausgehen, so
nimmt jeder ein Schaf zu seinem Unterhalte, und 3
Pferde mit sich, wovon er eines um das andere reitet;
wenn eines davon umfällt, so tödten sie es und theilen
das Fleisch unter sich, legen Stücke davon unter ihre
Sättel, reiten eine Zeit lang darauf, und essen es ohne fer-
nere Zubereitung. Dieses ist ihrer Meynung nach die
beste Zurichtung. Sie kommen gemeiniglich nur mit ei-
nem Pferde zurück und haben die übrigen alle gegessen.

Baranetz
oder Lamms-
fell.

Jch hatte von einem Kraute, das um Astrakan
herum wachsen soll und Baranetz oder Lammsfell
genannt wird, gehöret und gelesen, von dem man sag-
te, daß es auf einem einzigen Stiele in Gestalt eines
Lammes wächset, wenn es reif wird, über und über
mit Haar oder Wolle bedeckt ist, und alles Gras,

welches

Die Kalmucken fuͤrchten ſich vor den Blat-
tern eben ſo ſehr als vor der Peſt. Wenn je-
mand damit befallen wird, ſo brechen ſie ſogleich ihr
Lager auf, und nehmen die Flucht, und laſſen die
kranke Perſon in einem der ſchlechtſten Kibbets nebſt
einem getoͤdteten Schafe, wovon ſie einen Theil bra-
ten und den andern roh laſſen, nebſt einer Flaſche
Waſſer und etwas Holz zum Brennen, zuruͤck. Wenn
ſich dieſe wieder erholt, ſo folgt ſie der Horde nach,
welches aber ſelten geſchieht, weil ſie aus Mangel an
Pflege gemeiniglich ſtirbt.

Sie halten ſich aufs hoͤchſte nur 4 Monate in
der Steppe auf, und bewohnen die uͤbrige Zeit des
Jahres eines der angenehmſten Laͤnder. Jhre Le-
bensart kommt genau mit der Lebensart der alten Pa-
triarchen uͤberein, und ihre ganze Beſchaͤftigung be-
ſtehet in Wartung ihrer Heerden, im Fiſchen und Ja-
gen. Wenn ſie auf eine Expedition ausgehen, ſo
nimmt jeder ein Schaf zu ſeinem Unterhalte, und 3
Pferde mit ſich, wovon er eines um das andere reitet;
wenn eines davon umfaͤllt, ſo toͤdten ſie es und theilen
das Fleiſch unter ſich, legen Stuͤcke davon unter ihre
Saͤttel, reiten eine Zeit lang darauf, und eſſen es ohne fer-
nere Zubereitung. Dieſes iſt ihrer Meynung nach die
beſte Zurichtung. Sie kommen gemeiniglich nur mit ei-
nem Pferde zuruͤck und haben die uͤbrigen alle gegeſſen.

Baranetz
oder Lamms-
fell.

Jch hatte von einem Kraute, das um Aſtrakan
herum wachſen ſoll und Baranetz oder Lammsfell
genannt wird, gehoͤret und geleſen, von dem man ſag-
te, daß es auf einem einzigen Stiele in Geſtalt eines
Lammes waͤchſet, wenn es reif wird, uͤber und uͤber
mit Haar oder Wolle bedeckt iſt, und alles Gras,

welches
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[394/0404] Die Kalmucken fuͤrchten ſich vor den Blat- tern eben ſo ſehr als vor der Peſt. Wenn je- mand damit befallen wird, ſo brechen ſie ſogleich ihr Lager auf, und nehmen die Flucht, und laſſen die kranke Perſon in einem der ſchlechtſten Kibbets nebſt einem getoͤdteten Schafe, wovon ſie einen Theil bra- ten und den andern roh laſſen, nebſt einer Flaſche Waſſer und etwas Holz zum Brennen, zuruͤck. Wenn ſich dieſe wieder erholt, ſo folgt ſie der Horde nach, welches aber ſelten geſchieht, weil ſie aus Mangel an Pflege gemeiniglich ſtirbt. Sie halten ſich aufs hoͤchſte nur 4 Monate in der Steppe auf, und bewohnen die uͤbrige Zeit des Jahres eines der angenehmſten Laͤnder. Jhre Le- bensart kommt genau mit der Lebensart der alten Pa- triarchen uͤberein, und ihre ganze Beſchaͤftigung be- ſtehet in Wartung ihrer Heerden, im Fiſchen und Ja- gen. Wenn ſie auf eine Expedition ausgehen, ſo nimmt jeder ein Schaf zu ſeinem Unterhalte, und 3 Pferde mit ſich, wovon er eines um das andere reitet; wenn eines davon umfaͤllt, ſo toͤdten ſie es und theilen das Fleiſch unter ſich, legen Stuͤcke davon unter ihre Saͤttel, reiten eine Zeit lang darauf, und eſſen es ohne fer- nere Zubereitung. Dieſes iſt ihrer Meynung nach die beſte Zurichtung. Sie kommen gemeiniglich nur mit ei- nem Pferde zuruͤck und haben die uͤbrigen alle gegeſſen. Jch hatte von einem Kraute, das um Aſtrakan herum wachſen ſoll und Baranetz oder Lammsfell genannt wird, gehoͤret und geleſen, von dem man ſag- te, daß es auf einem einzigen Stiele in Geſtalt eines Lammes waͤchſet, wenn es reif wird, uͤber und uͤber mit Haar oder Wolle bedeckt iſt, und alles Gras, welches

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Zitationshilfe: Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 394. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/404>, abgerufen am 22.11.2024.