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Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784.

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das größte Elend und Dürftigkeit sey versetzt worden.
Jn dieser wehmüthigen Stellung nahm sie diesen al-
ten Junggesellen so ein, daß er sich ihr sogleich selbst
und alles, was er hatte, zu ihrem Beystande anbot,
welches die Wittwe mit Freuden annahm, worauf
sich der General sogleich an die Kaiserinn wandte, daß
sie ihm des Kaisers Einwilligung verschaffen möchte.
Als es dem Kaiser vorgetragen wurde, war er darü-
ber sehr unwillig, daß sich der General mit der Witt-
we eines Rebellen verheirathen wollte, und bot ihm
zugleich ein jedes anderes Frauenzimmer an, die ihm
gefallen würde. Allein der General gab zur Ant-
wort, daß es ihm unmöglich sey, ein anderes Frauen-
zimmer zu lieben, und bat den Kaiser demüthig, ihm
sein Gesuch zu gewähren, weil er sonst einen von sei-
nen getreusten Dienern verlieren würde. Da die
Kaiserinn ihn in seinem Suchen unterstützte, so wur-
de der Kaiser endlich begierig, diese Wittwe, die ei-
nen solchen Eindruck auf den alten Liebhaber gemacht
hatte, zu sehen, und sagte, als sie vor ihn gebracht
wurde, daß er sich nun nicht mehr über die Eroberung
wundere, die sie gemacht hätte, und gab nicht allein
seine Einwilligung, sondern beehrte auch ihre Hochzeit,
in Begleitung des ganzen Hofes, mit seiner Gegen-
wart. Die Dame behielt nach diesem beständig den
Nahmen der Wittwe in Thränen.

Streit unter
den Kalmu-
cken.

Es entstand damals eine große Verwirrung un-
ter den Kalmuckischen Tartarn, die durch den Tod des
ältesten Sohnes des Chans, der 5 Söhne hinterließ,
verursacht wurde. Der älteste davon war mit einer
Concubine erzeuget, und die zwey jüngsten von einer
sehr geliebten Gemahlinn. Der älteste, mit Nah-

men

das groͤßte Elend und Duͤrftigkeit ſey verſetzt worden.
Jn dieſer wehmuͤthigen Stellung nahm ſie dieſen al-
ten Junggeſellen ſo ein, daß er ſich ihr ſogleich ſelbſt
und alles, was er hatte, zu ihrem Beyſtande anbot,
welches die Wittwe mit Freuden annahm, worauf
ſich der General ſogleich an die Kaiſerinn wandte, daß
ſie ihm des Kaiſers Einwilligung verſchaffen moͤchte.
Als es dem Kaiſer vorgetragen wurde, war er daruͤ-
ber ſehr unwillig, daß ſich der General mit der Witt-
we eines Rebellen verheirathen wollte, und bot ihm
zugleich ein jedes anderes Frauenzimmer an, die ihm
gefallen wuͤrde. Allein der General gab zur Ant-
wort, daß es ihm unmoͤglich ſey, ein anderes Frauen-
zimmer zu lieben, und bat den Kaiſer demuͤthig, ihm
ſein Geſuch zu gewaͤhren, weil er ſonſt einen von ſei-
nen getreuſten Dienern verlieren wuͤrde. Da die
Kaiſerinn ihn in ſeinem Suchen unterſtuͤtzte, ſo wur-
de der Kaiſer endlich begierig, dieſe Wittwe, die ei-
nen ſolchen Eindruck auf den alten Liebhaber gemacht
hatte, zu ſehen, und ſagte, als ſie vor ihn gebracht
wurde, daß er ſich nun nicht mehr uͤber die Eroberung
wundere, die ſie gemacht haͤtte, und gab nicht allein
ſeine Einwilligung, ſondern beehrte auch ihre Hochzeit,
in Begleitung des ganzen Hofes, mit ſeiner Gegen-
wart. Die Dame behielt nach dieſem beſtaͤndig den
Nahmen der Wittwe in Thraͤnen.

Streit unter
den Kalmu-
cken.

Es entſtand damals eine große Verwirrung un-
ter den Kalmuckiſchen Tartarn, die durch den Tod des
aͤlteſten Sohnes des Chans, der 5 Soͤhne hinterließ,
verurſacht wurde. Der aͤlteſte davon war mit einer
Concubine erzeuget, und die zwey juͤngſten von einer
ſehr geliebten Gemahlinn. Der aͤlteſte, mit Nah-

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[384/0394] das groͤßte Elend und Duͤrftigkeit ſey verſetzt worden. Jn dieſer wehmuͤthigen Stellung nahm ſie dieſen al- ten Junggeſellen ſo ein, daß er ſich ihr ſogleich ſelbſt und alles, was er hatte, zu ihrem Beyſtande anbot, welches die Wittwe mit Freuden annahm, worauf ſich der General ſogleich an die Kaiſerinn wandte, daß ſie ihm des Kaiſers Einwilligung verſchaffen moͤchte. Als es dem Kaiſer vorgetragen wurde, war er daruͤ- ber ſehr unwillig, daß ſich der General mit der Witt- we eines Rebellen verheirathen wollte, und bot ihm zugleich ein jedes anderes Frauenzimmer an, die ihm gefallen wuͤrde. Allein der General gab zur Ant- wort, daß es ihm unmoͤglich ſey, ein anderes Frauen- zimmer zu lieben, und bat den Kaiſer demuͤthig, ihm ſein Geſuch zu gewaͤhren, weil er ſonſt einen von ſei- nen getreuſten Dienern verlieren wuͤrde. Da die Kaiſerinn ihn in ſeinem Suchen unterſtuͤtzte, ſo wur- de der Kaiſer endlich begierig, dieſe Wittwe, die ei- nen ſolchen Eindruck auf den alten Liebhaber gemacht hatte, zu ſehen, und ſagte, als ſie vor ihn gebracht wurde, daß er ſich nun nicht mehr uͤber die Eroberung wundere, die ſie gemacht haͤtte, und gab nicht allein ſeine Einwilligung, ſondern beehrte auch ihre Hochzeit, in Begleitung des ganzen Hofes, mit ſeiner Gegen- wart. Die Dame behielt nach dieſem beſtaͤndig den Nahmen der Wittwe in Thraͤnen. Es entſtand damals eine große Verwirrung un- ter den Kalmuckiſchen Tartarn, die durch den Tod des aͤlteſten Sohnes des Chans, der 5 Soͤhne hinterließ, verurſacht wurde. Der aͤlteſte davon war mit einer Concubine erzeuget, und die zwey juͤngſten von einer ſehr geliebten Gemahlinn. Der aͤlteſte, mit Nah- men

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Zitationshilfe: Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 384. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/394>, abgerufen am 23.11.2024.